AW: Der Tod ist sicher, die Stunde ungewiss.
Zunächst möchte ich mich im Forum zurückmelden.
Zwischendurch war ich in einem anderen Forum aktiv und es gab einiges zu Lesen, um sich ein Bild machen zu können.
Dann war ich eine Woche in GB zu Besuch und die letzte Woche war die Technik an meinem PC vorübergehend ausgefallen und konnte erst heute behoben werden.
Ich habe nicht den ganzen Strang gelesen, aber beim Querlesen viel mir ein Eintrag von lilith51 besonders auf und dazu möchte ich Stellung nehmen.
Der Titel des Threads ist die reine Banalität.
Trotzdem ist es nötig, dass sich jeder mit der Tatsache seines eigenen Todes auseinandersetzt, denn das hat unmittelbare Auswirkungen auf unsere Lebensweise. Deswegen beschäftigen wir uns ja auch mit dem Tod derer, die ihn schon erlitten haben.
Es waren keine berühmten Menschen, aber sie waren meine Brüder.
Hallo Lilith,
auch ich finde das Schicksal Deiner Brüder bedauerlich. Aber Niemand von uns weiß, welche Lehren die Einzelnen daraus ziehen sollten und wie weit man diese Begebenheiten im ewigen Kreislauf sehen muß.
Vorab möchte ich betonen, dass ich ähnlich wie Sibel denke und die Ansicht vertrete, dass es keinen Tod gibt lediglich Übergänge aus einer Daseinsform in eine andere um uns zu entwickeln und um am Ende des Labyrinths irgendwann die Materie überwunden haben um im göttlichen Licht die ewige Heimat zu finden.
Vor zwei Jahren hatte ich bei einer Gedenkfeier zum Gedenken der Toten und der eigenen Zeitlichkeit einen Kurzvortrag zu halten, den ich hier einstellen möchte.
„Zum Gedenken der eigenen Zeitlichkeit“
Immer wieder fragt der denkende Mensch, der das Thema Tod nicht verdrängt und in dem Bewußtsein lebt, dass das ewige Leben nicht im Stoff und den irdischen Eitelkeiten zu suchen ist, wann werde ich von dieser Bühne abtreten, um zu neuen Ufern aufzubrechen, wie es von Hermann Hesse am Ende seines Gedichtes „Stufen“ ausgedrückt wird; ich zitiere:
„Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden....
Wohl an denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“
Bisher hat noch kein Mensch darauf Antwort geben können, wann dieser Termin sein wird, und wenn eine Kartenlegerin die Todeszeit voraussagt und diese dann tatsächlich pünktlich eintritt, handelt es sich meines Erachtens eindeutig um Selbstsuggestion.
Die wahre Antwort gibt das Buch der Bücher, wo es heißt: „Wir kennen weder Zeit noch Stunde.“
Der Tod gehört zum Leben wie die Geburt. Normalerweise können wir den Zeitpunkt beider nicht bestimmen, aber worauf wir Einfluss haben, ist das Leben zwischen diesen beiden Ereignissen.
Dafür wurde uns von Gott der freie Wille gegeben. Im Gegensatz zum Tier, das nur reflexmäßig auf die Gesetze des Lebens reagieren kann, ist der Mensch in der Lage, sein Tun zu überdenken und abzuwägen, um selbst zu entscheiden, wie er wann und worauf reagieren will.
Dies gilt sowohl in der Loge, in der Familie wie im Freundeskreis, im Beruf, im Volk und in der Welt.
Wir finden die ausgefallensten Gründe als Entschuldigung, um uns zu rechtfertigen, wenn wir unsere Zeit und Energie auf Dinge verwenden, die eigentlich gar nicht so wichtig sind, die wir aber für äußerst wichtig halten.
Das Leben ist aber zu wichtig, um es nicht ernst zu nehmen!
Deshalb sollten wir jeden Tag so leben, als wäre es der letzte auf dieser schönen Erde und sich an Gottes Schöpfung erfreuen, denn wo wir auch wachen Blickes hinsehen, die Welt ist voller Schönheit, wir brauchen nur die Stärke und die Weisheit, um das Wesentliche vom Nutzlosen zu unterscheiden.
Der bekannte amerikanische Indianerhäuptling Seattle hat Mitte des 19. Jahrhunderts seine poetischen Naturbetrachtungen geschrieben, er war sich der Isolation des weißen Mannes von der Natur und ihrem wahren Wesen bewußt, und er drückte es folgendermaßen aus:
„Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der große Adler sind unsere Brüder. Die felsigen Höhen, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys – und des Menschen - sie alle gehören zur gleichen Familie.“
Hier kommt unsere besondere Verantwortung für die Erde und die Natur zum Ausdruck! Stattdessen gilt weiterhin das alttestamentliche Bibelwort: „Nach uns die Sintflut“, und die Menschen tun alles Erdenkliche, um unseren Lebensraum zu schädigen.
Wenn es uns vergönnt war, naturverbunden aufzuwachsen und wir in unserer Erinnerung weit zurückgehen, waren wir alle gewissermaßen solche Naturkinder, denn in unserer Kindheit haben wir ähnlich empfunden, jedenfalls ist es mir so ergangen und ich erinnere mich gern daran, wie ich damals die Natur um mich herum entdeckte, wie ich am Abend zum gestirnten Himmel aufsah, die wechselnden Mondphasen waren mir lange Zeit ein Rätsel. Wie schön war es, an einem Bach zu sitzen und dem Wasser zuzusehen, wie es Steine umspülte und sprudelte, oder wie fasziniert war ich von jedem Gewitter, von der Folge von Blitz und Donner.
Wie berauschend ist nicht nur die sommerliche Blütenpracht, sondern auch das Farbenspiel der herbstlichen Wälder!
Wie wunderschön ist gerade in der kommenden Jahreszeit ein winterlicher Spaziergang, wenn die Sonne den mit Rauhreif geschmückten Wald bescheint und wenn man dann das einzelne von Eiskristallen geränderte Blatt betrachtet, oder die feinen Fäden der Spinnenweben bewundern kann.
Vieles von all dem ist uns im Laufe des Lebens abhanden gekommen, da der tägliche Kampf ums Dasein Vorrang hatte. Deshalb müssen wir versuchen, unsere Innen- und Außenwelt, das heißt unsere Seele, also unser Harmonieempfinden mit der stofflichen Welt bzw. mit der Umwelt und somit unser Erleben, in Einklang zu bringen.
Begnadete Komponisten haben uns wunderschöne Musiken hinterlassen. Von großen Denkern durch alle Zeiten hinweg sind uns weise Gedanken und Texte überliefert, die uns sehr viel geben können, und hervorragende Künstler haben uns Kunstschätze gegeben, die uns in Museen zugänglich sind.
Die Freude an der Kunst, aber auch die Freude an der Natur, also an Gottes Schöpfung, hilft uns, den Staub des Alltags von der Seele zu waschen. Wir müssen uns nur umschauen, es liegt alles bereit, um uns zu erfreuen. Vielleicht müssen wir nur eine neue, besser gesagt „alte ganzheitliche“ Sicht entwickeln, um zu uns selbst zu finden. Dazu gibt es ein schönes Wort:
„Alles Sein ist Werden. Es ist gut. Wanderer der Welten hier auf Erden hör zu mit dem Herzen, versteh‘ mit offenem Geist und du wirst niemals den Mut verlieren.“
Ja, die ganze Schöpfung in all ihren Erscheinungsformen, ob Mineral, Pflanze oder Tier, das ständige Werden und Vergehen, alle vier Jahreszeiten, alles hat seinen ganz eigenen Reiz und seinen besonderen Zauber, und hinter allem steht ein weiser nie begriffener Geist.
Ja es wird Zeit zu lernen, das Leben wieder aus dieser ganzheitlichen Sicht zu betrachten. Auch die modernen Physiker gehen davon ab, alles nur nach Maß und Zahl zu beurteilen. Sie sind mittlerweile sehr wohl bereit, eine nicht nachweisbare aber doch vorhandene Kraft zu akzeptieren, die die verschiedenen Religionen Gott nennen.
Es liegt an jedem selbst, ob er sich treiben und manipulieren lässt oder ob er das Leben aktiv erlebt, und was er daraus macht oder wie er dieses verinnerlicht.
Keiner hat es treffender formuliert als Goethe in seinem Gedicht: „Selige Sehnsucht“, wenn er sagt:
„Und solange du das nicht hast,
dieses: Ewige Stirb und Werde!
Bist du nur ein trüber Gast
auf dieser dunklen Erde.“
Der November mit seinen trüben Tagen ist besonders geeignet, über uns selbst nachzudenken, damit wir uns der Zeitlichkeit bewusster werden, aber es soll nicht dazu führen, dass wir depressiv werden.
Jeder möge an seinem Platz, an den er vom Schicksal gestellt wurde, daran arbeiten, dass die Welt für alle Menschen ein Ort des Friedens wird und wo Friede herrscht, dieser nicht mutwillig in Gefahr gebracht wird.
Mit herzlichen und freundschaftlichen Grüßen
Jan Amos