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Der Perspektivismus

depolock

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Registriert
4. Oktober 2008
Beiträge
4
Hi,

ich habe schon seit längerem eine grobe Idee, eine These, im Kopf gehabt: Wie es keine Objektive Wahrheit geben kann sondern dass Wahrheit für jeden eine Andere ist und vor allem (das ist der Punkt -->) selbst die Wahrheit für einen selbst, die eigene Meinung, vom Standpunkt, den Emotionen, allgemein: von den sich ständig ändernden Umständen abhängt.
Da ich nur eine grobe Idee hatte habe ich nach einem Begriff gesucht, unter dem sich diese subsumieren lässt.
Vor kurzem habe ich, glaube ich, diesen Begriff gefunden: der Perspektivismus

Wikipedia sagt dazu:
Der Begriff Perspektivismus bezeichnet philosophische Lehren, die besagen, dass die Wirklichkeit von Standpunkt und Eigenschaften des betrachtenden Individuums abhängig ist. Das menschliche Denken, Erkennen und Handeln ist endlich, da es vielfältigen Einschränkungen unterliegt, die aus den Bedingungen von Zeit und Raum, individuellen Veranlagungen, Umgebung und Situation resultieren; beispielsweise kultureller oder gesellschaftlicher Natur sind. Dieser Position gegenüber steht die angenommene göttliche Zeitlosigkeit und Allgegenwärtigkeit, die aus dieser Totalperspektive heraus zu absolutem Bewusstsein verhilft.


Dazu zwei Fragen:

1. Was Spricht gegen diese Theorie? Mir kommt das eher wie eine empirische Tatsache vor als wie eine These. Der letzte Satz in den Wikipedia-definition stellt eine Gegenposition da, aber das geht in die religiöse Richtung und das ist Glaubenssache und die entzieht sich der Argumentation (über Gott ist es müßig und sinnlos zu argumentieren).
Die Frage ist also eher ob der Perspektivismus einen logischen knick hat den ich als Anfänger nicht sehe.

2. Welche Literatur kann man einem Anfänger(!) zu diesem Thema empfehlen?
Wenn ich bei Amazon nach Büchern unter diesem Schlagwort suche findet sich erstens sehr wenig (verwunderlich… ist diese Theorie unpopulär, unbekannt, dumm?!) und zweitens keine richtigen einleitenden Werke die erstmal grundlegend erklären und beweisen.


Hoffentlich können ein Paar etwas zu diesem Thema sagen

mfg, Depolock
 
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AW: Der Perspektivismus

in den 1970ern und 1980ern gab es Veröffentlichungen von Biologen,
die sich mit Philosophie beschäftigt haben

die entscheidende Argumentation:

die Organe und Organismen leben in einer Umwelt
und müssen sich erfolgreich angepasst haben,
sonst wären sie bereits ausgestorben

nicht verwandte Arten finden dieselben Strategien,
um mit denselben Problemen ihrer Umwelt fertig zu werden
(ökologische Konvergenz)

daraus folgt:
unsere Wahrnehmung MUSS ziemlich gut sein
die Perspektivität der eigenen Wahrnehmung wird überbewertet

man kann jetzt noch mit Fledermäusen (Ultraschall)
und Bienen (UV-Licht) kontern,
aber das geht am Thema vorbei,
weil es die entsprechenden philosophischen Schulen (beim Menschen) gar nicht gibt
 
AW: Der Perspektivismus

Hi,
.....
1. Vor kurzem habe ich, glaube ich, diesen Begriff gefunden: der Perspektivismus

2. Wikipedia sagt dazu:
Der Begriff Perspektivismus bezeichnet philosophische Lehren, die besagen, dass die Wirklichkeit von Standpunkt und Eigenschaften des betrachtenden Individuums abhängig ist. Das menschliche Denken, Erkennen und Handeln ist endlich, da es vielfältigen Einschränkungen unterliegt, die aus den Bedingungen von Zeit und Raum, individuellen Veranlagungen, Umgebung und Situation resultieren; beispielsweise kultureller oder gesellschaftlicher Natur sind. Dieser Position gegenüber steht die angenommene göttliche Zeitlosigkeit und Allgegenwärtigkeit, die aus dieser Totalperspektive heraus zu absolutem Bewusstsein verhilft.
.....

mfg, Depolock
Zu 1.:
Perspektivismus ist eine von den vielen philosophischen mus-Varianten....weitere sind:
Relativis-mus, Idealis-mus, Materialis-mus, Positivis-mus, Empiris-mus, Rationalis-mus usw.
Zu 2.:
Aus psychologischer Perpektive ist jede Wahr-nehmung von Wirklichkeit, jede Erkenntnis relativ zum Wahr-Nehmenden und seinem sog. "Stand-Punkt."
Dass Albert EINSTEIN seine Theorie "Relativitätstheorie" genannt hatte, bedeutet lediglich, dass physikalische Beobachtungen, Messungen usw. relational zum jeweiligen Bezugs-System (Standpunkt des Beobachters/Messenden usw.) sind - und in Beziehung dazu sind sie auch gültig!
Allerdings wollte er seine Theorie ursprünglich "Absolutheitstheorie" nennen, da es den Physikern darum geht, alles Relative, Subjektive, Perspektivische auszuschalten, um zu absoluten Erkenntnissen zu kommen. EINSTEIN fand diese absolute Erkenntnis in der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ( = c), die unabhängig von allen Beobachtungssystemen (im Vakuum) ca. 300.000 km/sec beträgt ...
Was heißt hier "göttliche Zeitlosigkeit"?
Wenn ein Objekt mit Lichtgeschwindigkeit fliegt, was wohl nur die Photonen/Elementarteilchen können, beträgt die messbare Zeit t = 0.
Das ist aber nur die halbe Miete bezüglich dessen, was aus philosophischer Perspektive :clown2: zu Zeit und Ewigkeit gesagt werden kann.
Dazu Meister Ludwig WITTGENSTEIN:
6.4311 "Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht. Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt."
Noch Fragen?
Gruß, moebius :clown3:
 
AW: Der Perspektivismus

@ Scilla

Da hast du recht wenn man den Begriff Wirklichkeit ganzheitlich betrachtet also sowohl die materielle Wirklichkeit ( das was vielleicht Objektiv da ist und anfassbar ist) und die Ideelle Wirklichkeit (also das subjektive was in unserem Kopf vor geht also Ideen, Gefühle, Meinung usw).

Wenn man den Perspektivismus aber nur auf die Ideelle Welt bezieht dann finde ich ist er schon richtig. Wenn er also die Relativität und Perspektivität dieser ideellen Welt beschreibt.
 
AW: Der Perspektivismus

Perspektivismus macht uns - aus meiner Sicht
- von der Vorstellung frei, dass es so etwas wie
allgemeinverbindliches, "endgültiges" Wissen oder
objektive Wahrnehmung gibt. Das ist vermutlich
viel zu kurz definiert,
hilft mir aber beim Verstehen des Begriffes.
Dieses Zitat möglicherweise auch:

In der Wissenschaft ist die großartige Perspektive
eine kümmerliche Perspektive, und ein reichhaltiges
Modell des Universums ist eines, das so arm wie
möglich an Hypothesen ist.
- Jacob Bronowski, (bei Neil Postman) The Identity of Men

_________________________________
Den Satz habe ich vor einigen Jahren
in die Sammlung

http://www.abacuscity.ch/abashop?p=productdetail&sku=238&i=yloxkXZAF8UXpe0WjCh7&s=135

übernommen. Dort steht es auf der Seite 462.
 
AW: Der Perspektivismus

Aus der Anerkennung unterschiedlicher/verschiedenartiger Perspektiven muss nicht zwingend der Perspektivis-mus resultieren ...
Denn das würde möglicherweise beinhalten:
Ich habe recht - Du hast recht - Er hat recht - Sie hat --Jeder hat recht, und ich habe meine Ruhe ...
Wozu dann noch miteinander sprechen, fragen, denken:confused:
Oder ist alles gleichgültig - im Sinne von: gleich gültig:confused:
Und wenn ja: Von welcher Perspektive aus:confused:
Ei der Daus, ...
vielleicht von der
Perspektive des Nikolaus
...:weihnacht
 
AW: Der Perspektivismus

Aus der Anerkennung unterschiedlicher/verschiedenartiger Perspektiven muss nicht zwingend der Perspektivis-mus resultieren ...
Denn das würde möglicherweise beinhalten:
Ich habe recht - Du hast recht - Er hat recht - Sie hat --Jeder hat recht, und ich habe meine Ruhe ...
Wozu dann noch miteinander sprechen, fragen, denken:confused:
Oder ist alles gleichgültig - im Sinne von: gleich gültig:confused:
Und wenn ja: Von welcher Perspektive aus:confused:
Ei der Daus, ...
vielleicht von der
Perspektive des Nikolaus
...:weihnacht

Dein Nikolaus, Mobilius :blume1:,macht mich echt
sehr nachdenklich. - Muss wohl mal wieder
in meine schlauen Nachschlagewerke schauen ... :confused:
 
AW: Der Perspektivismus

Und vergiß' den Knecht Ruprecht nicht ...das ist der mit dem dicken Sack...:clown2:
und der Rute ....
 
AW: Der Perspektivismus

Die Frage ist also eher ob der Perspektivismus einen logischen knick hat den ich als Anfänger nicht sehe.

Also der "logische Knick" zeigt doch nur das Verlogene an. Die Denkbewegungen sind nicht eckig. Ein multiperspektives Denken ist wie ein "kugelartiges Pulsieren", also eine geschmeidige Denkbewegung, welche weder abknickt, noch endet...

Der Perspektivismus ist meiner Meinung nach auch keine philosophische Grundrichtung, wie beispielsweise der Materialismus oder der Pragmatismus, sonder mit
Perspektivismus bezeichnet man:
1. jenen erkenntnistheoretischen Standpunkt, die jeder einzelwissenschaftlichen Erkenntnis eine übergeordnete philosophische Ebene zuordnet. Aus vielen einzelnen Perspektiven der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin, formt man einen Gesamtzusammenhang...
2. die geistige Einstellung zum Leben und der Welt, wobei man jedes Erkennende stets als Teilaspekt betrachtet.

Über den Wikipedia-Eintrag:
Der Begriff "TOTALPERSPEKTIVE" ist irreführend und falsch. Es kann keine Totalperspektive geben, so wie es keine Voll- oder Total-Wirklichkeit geben kann. Wenn man jene Wahrnehmungs- und Erkenntnislücke verleugnet oder aber mit TOTAL den TOD bringt, kann man bestimmt NICHT zum absoluten Bewusstsein gelangen.
Gemeint ist wahrscheinliche eine Multiperspektive, die in der Kontemplation das absolute Bewusstsein erlangen kann.

Lieben Gruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Der Perspektivismus

....
1. Der Begriff "TOTALPERSPEKTIVE" ist irreführend und falsch. Es kann keine Totalperspektive geben, so wie es keine Voll- oder Total-Wirklichkeit geben kann. Wenn man jene Wahrnehmungs- und Erkenntnislücke verleugnet oder aber mit TOTAL den TOD bringt, kann man bestimmt NICHT zum absoluten Bewusstsein gelangen.
2. Gemeint ist wahrscheinliche eine Multiperspektive, die in der Kontemplation das absolute Bewusstsein erlangen kann.

Lieben Gruß
Axl

Zu 1.:
Ja! Volle Zustimmung...:jump3:
Zu 2.:
"Absolutes Bewusstsein" spielt beispielsweise im Deutschen Idealis-mus eine zentrale Rolle...
"Kontemplation" wurde hier auch als "intellektuale Anschauung" , etwa bei J.G. FICHTE, beschrieben...
Gruß, moebius
 
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