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Der Geist, der stets verneint

an Walter - oder Vloryan

Bitte, löscht die beiden letzten Postings. Sie sind älterer Damen nicht würdig. Weder meiner noch Miriams.

Louiz, entschuldige, dass ich nicht die Contenance gewahrt habe.

Marianne
 
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louiz30 schrieb:
Ich will die folgende Sequenz aus Goethe's Faust zur Diskussion stellen und euch um eure Interpretation bitten:

Nun gut, wer bist du denn?

Ich bin ein Teil von jener Kraft,
die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?


Diese Frage kann ich nicht wirklich beantworten. Da hast du dir, lieber louiz30, auch etwas sehr Schwieriges einfallen lassen.

Natürlich kann jeder etwas Böses wollen und nachträglich feststellen, dass etwas Gutes daraus entstanden ist. Angenommen ein Mann verführt in böser Absicht eine Frau, d.h. er will nur seinen Geschlechtstrieb befriedigen, obwohl er Liebe heuchelt. Aus dieser Verbindung entsteht ein liebes Kind, also etwas Gutes.


Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
ist wer, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
mein eigentliches Element.

Mephisto bekennt sich zu seinem abwertenden Sein
er freut sich am Zugrundegehen des Materiellen und meint, es wäre besser, dass es nicht entstünde. Somit erklärt er auch seinen Willen an Zerstörung zu seinem eigentlichen Element.


Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?

Bescheidne Wahrheit sprech' ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
gewöhnlich für ein Ganzes hält -
Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war,
ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebahr,
das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,
verhaftet an den Körpern klebt.
Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön,
ein Körper hemmt's auf seinem Gange,
So, hoff' ich, dauert es nicht lange,
und mit den Körpern wird's zugrunde gehen.

Mephisto spielt sich auf als Schöpfer dieser Welt (ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar). Mit seinen Reden trägt er absichtlich zur Verwirrung des Menschen bei. Er bedauert, dass er an den Körpern klebt, obwohl dieses Etwas aus den Körpern strömt, den Körper schön macht, diesen aber auch hemmt (Alter) mit welchen er zu Grunde gehen muss.



Meine Fragen gehen zB in folgende Richtung:

* Wer ist er nun, der Mephistopheles? Er ist das böse Element schlechthin.
* Steht er stellvertretend für den Menschen? Ja, auch stellvertretend für den Menschen.* Welches Weltbild verbirgt sich hier? Ein nihilistisches.* Welches Bild des Universums liegt hinter dieser Aussage? ???????
Ich habe dieses Thema absichtlich unter die Rubrik Philosophie gestellt, da es mir nicht um eine Buchbesprechung, sondern um das hier angesprochene Verständnis der Welt und des Menschen geht.

Ich hoffe, es nimmt mir niemand übel, dass ich überfordert war. Doch Goethe hat auch im Faust gesagt: Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen. In diesem Sinne

suche
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein lieber Louiz30,

es wird aussehen, als würde ich noch mehr Verwirrung stiften, doch bitte ich dich herzlichst, dir für das Lesen und Überdenken meiner Antwort sehr viel Zeit zu nehmen, um sie anzunehmen und zu verstehen. Bitte lehne nicht sofort etwas ab, nur weil du meinen Gedanken nicht folgen kannst. Lass' es wachsen. Bitte.


Es geht um dich.


Du fragst etwas in dir, weil du erkannt hast, du bist nicht alleine in dir. Es gibt da noch etwas anderes. Also stellst du dem anderen die Frage: Nun gut, wer bist du denn?

Dieses andere antwortet dir: Ich bin ein Teil von jener Kraft,
die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

***Er sagt es objektiv. Er lügt nicht. Er weiß, dass das, was er will, stets Böse ist und er weiß auch, dass er das Böse niemals zu tuen vermag, weil am Ende alles Böse immer nur Gutes hervorbringt.




Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?

Ich bin der Geist, der stets verneint!

***Da steckt etwas in dir drin, dass sich wider der Wahrheit stellt, sie verneint, ignoriert und abstreitet und das ist er.

Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
ist wer, daß es zugrunde geht;

*** Alles in der Außenwelt entsteht und vergeht, nichts bleibt

Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
mein eigentliches Element.

***Er kommt also auch von Außen (mein eigentliches Element), ist ebenso entstanden und wird ebenso wieder vergehen. Der Mensch dualisiert in Gut und Böse (was ihr Sünde nennt), objektiv ist es weder Gut noch Böse, es ist einfach so wie es ist.



Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?

*** Er ist nicht du. Er ist etwas im Außen entstandenes und er wird vergehen, doch solange du ihm vertraust, ist er ein Teil von dir.



Bescheidne Wahrheit sprech' ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
gewöhnlich für ein Ganzes hält -

*** Der Teil *er* im Menschen hält sich für ein Ganzes, mit Narrenwelt ist die Illusion gemeint, der der Mensch verfällt. Der Mensch erkennt das Ganze nicht.


Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war,
ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebahr,
das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,
verhaftet an den Körpern klebt.

***Der Teil war von Anfang an da, umso schwerer für den Menschen ihn zu identifizieren, weil er daran gewohnt ist. Erst ungewohntes Denken, die Bereitschaft, die Dinge auch ganz anders zu sehen, eröffnet die Möglichkeit das *er* zu erkennen. Das *er* wird vergehen, da er am Körper klebt. Ohne Körper kein *er*. Er hat den Kampf schon verloren.


Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön,
ein Körper hemmt's auf seinem Gange,
So, hoff' ich, dauert es nicht lange,
und mit den Körpern wird's zugrunde gehen.


Meine Fragen gehen zB in folgende Richtung:

* Wer ist er nun, der Mephistopheles?

***Er ist in dir, du glaubst er wäre ein Teil von dir, aber er wird vergehen und hat seine Macht nur so lange, wie du ihm vertraust. Sobald du ihn durchschaut hast und erkannt, ist er verbannt.


* Steht er stellvertretend für den Menschen?

***Er ist in dir, du glaubst er wäre ein Teil von dir. Du denkst, du wärest ein Ganzes, aber da gibt es noch etwas anderes an dir, das aber nicht wirklich zu dir gehört, da es vergeht.

* Welches Weltbild verbirgt sich hier?

***Dein eigenes.

* Welches Bild des Universums liegt hinter dieser Aussage?

*** Die Objektivität oder das, was die Welt im Inneren zusammenhält.

Mit sehr viel Liebe
niemand
 
Vielen Dank für die Beiträge.

Ich denke, daß wir der Sache schon etwas näher kommen und ich hoffe, daß sich noch viele an dem Thema beteiligen werden. Es ist in der Tat nicht einfach.

Ich will mich zunächst einmal auf den Mephistopheles beschränken. Ich denke auch, daß man ihn nicht isoliert sehen kann, sondern in seiner Beziehung zum Faust und somit als dessen Alter Ego oder dessen Protagonisten. Wenn Faust zuvor sagt: "... und bin so klug als wie zuvor ...", dann deutet er damit an, daß all sein Forschen, sein Wissen und seine Logik ihn in keinster Weise dem Verständnis näher gebracht haben. Er sucht daher den Zugang zum "Geistigen", zu dem, was mit dem Verstande so nicht oder nicht so einfach zu erfassen ist. Mit diesem innigen Wunsche im Herzen tritt ihm Mephistopheles entgegen, der den Faust natürlich bereits gut kennt und um dessen Seelenpein bewußt ist.

Er bezeichnet sich als Teil, da er als Mephistopheles die eine Seite der Schöpfung vertritt, was man allgemein das "Böse" nennt. Ich sehe dies jedoch nicht als das "Böse" im allgemeinen Sinne, sondern als die Polarität zwischen Ursprung und Ende, Geburt und Tod. Damit ist er Teil des natürlichen Ablaufes in dem jede Zerstörung wieder etwas Neues hervorbringt, jeder Tod wieder ein Leben schafft.

Er ist der Geist, der stets verneint. Er stellt alles in Frage, sucht nach Fehlern, sucht nach Lösungen und stellt damit auch den gesamten Ablauf von Geburt und Tod in Frage. Für ihn ist dieser Ablauf sinnlos, ohne Ziel und "besser wär's, daß nichts entstünde", denn dann müßte auch nicht ständig alles wieder absterben.

So versucht er dem Faust auch zu erklären, daß letztlich alles wieder eins sein wird, daß mit dem Untergang des Lebens im Universum auch die gesamte Existenz untergehen wird. Um dies zu erkennen, muß sich der Mensch von seiner ihm eigenen Arroganz trennen und die Suche nach Wahrheit und nicht nach Richtigkeit anstreben.

Und immer dann, wenn der Mensch sich überschätzt und sich als das Ganze versteht, immer dann, wer er danach trachtet, die Dinge logisch und mit seinem Verstande zu erklären, dann wird er keinen Erfolg haben und letztlich an sich selbst verzweifeln.

Damit hält Mephistopheles dem Faust den Spiegel vor und zeigt ihm, daß dessen Weg zu keinem Ziel führen kann, daß Faust die von ihm gesuchten Antworten nicht in der Wissenschaft finden wird. Er versucht ihm damit auch zu zeigen, daß er sich selbst zu wichtig nimmt und die Welt um ihn herum nicht mehr sieht. "Es irrt der Mensch, solang' er strebt" soll dieses verdeutlichen.

In verschiedenen Artikeln habe ich auch den Verweis auf die Hermetik gefunden, wonach Mephistopheles der Mittler zwischen den Welten ist (Hermes - Apollo) und damit zwischen der "hellen" und der "dunklen" Welt, wie dies auch Hermann Hesse in seinem Buch "Demian" benutzt.

Habt ihr dazu weitere Anregungen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Aufgrund deines Threads habe ich nochmal meine Erinnerungen durchwühlt.

Die Faszination fing in meiner Pubertät an. Die Zeit der Rebellion gegen über den Eltern, das Erwachsen werden. Der Wille sich zu lösen und selbstständig zu werden. Auf der einen Seite das schlechte Selbstbild, weil man etwas, eine Beziehung zerstört und auf der anderen Seite schafft man etwas gutes, nämlich sich selbst.

Wer ist er nun, der Mephistopheles?
ja, das ist ein Teil von mir

Welches Weltbild verbirgt sich hier?
Kein Weltbild ein Selbstbild

Welches Bild des Universums liegt hinter dieser Aussage?
Ein Egoistisches

Nur ein paar belanglose Worte beim Mittagessen. :)
 
Wenn Faust zuvor sagt: "... und bin so klug als wie zuvor ...", dann deutet er damit an, daß all sein Forschen, sein Wissen und seine Logik ihn in keinster Weise dem Verständnis näher gebracht haben.

***that's it.

Wer ist er nun, der Mephistopheles?
ja, das ist ein Teil von mir

Welches Weltbild verbirgt sich hier?
Kein Weltbild ein Selbstbild

Welches Bild des Universums liegt hinter dieser Aussage?
Ein Egoistisches

*** Ich kann es ebenso sehen, wie fusselhirn

Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
mein eigentliches Element.

*** Es wäre besser, der Mensch würde sich kein falsches Selbstbild bzw. Weltbild machen, denn das kann nur Sünde sein. Er muss es zerstören (was der Mensch als Böses empfindet), somit wird immer aus dem Bösen das Gute. Das ist sein Element. So muss es sein. Er hat die Aufgabe erkannt zu werden und kann danach vergehen (sich auflösen, verschwinden) - und alles ist wie am Anfang.
 
Viele haben dieses Thema als interessant empfunden.

Habt ihr bereits aufgegeben oder warum beteiligt sich keiner mehr?
 
Hallo louiz30,

nein, ich lese mich gerade warm, ist ja keine Lektüre, die man so nebenbei bewältigen kann, da muss ich schon ziemlich klar im Köpfchen sein, wenn ich etwas davon haben will.

Genial finde ich es vom Herrn, dass er Mephistopheles Freiheiten über Faust lässt, da ein guter Mensch auch im Dunklen den richtigen Weg weiß.

Angst ist also immer unbegründet, denn am Ende des Spiels kann nur das Gute siegen. Es geht nicht anders.

Liebe Grüße
niemand :kuss1:
 
Na dann besteht ja noch Hoffnung auf eine Diskussion, denn ich hatte schon befürchtet, daß nun endgültig alle zu den Wortspielen gegangen sind und das Denkforum seinem Namen nicht mehr gerecht wird.
 
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auch, wenn Du mein Posting nicht mehr liest - hier eine Antwort


Es gibt hier Trendsetter, die es verhindern, dass manche sich sachgerecht äußern - bzw: wenn man als Germanistin in diesem Thread indirekt der Rechthaberei bezichtigt wird, ist das so. Da schweigt frau dann. Im Nonsens brauche ich mich für nichts zu rechtfertigen - nicht mal für eigene Gedanken. Schon gar nicht für meinen schnoddrigen Ton.

Alles Gute
Marianne
 
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