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Demokratie und Globalisierung

Miriam

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26. Juni 2005
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9.722
In einer Reihe von Berichten zur Demokratie, so wie sie sich in unserer heutigen Welt wandelt, bzw. welche spezifischen Probleme sich mit den alten Demokratiegedanken nun verbinden, äusserten sich einige namhafte Politiker, Politikwissenschaftler, Soziologen oder auch Industriemanager wie der Franzose Daniel Goeudevert, der sogar behauptet: "die Demokratie wie sie war, - hat keine große Zukunft".

Welche sind denn die Hauptaspekte die nun den Gedanken, besser gesagt das Wesen der Demokratie beeinflußen könnten? Über was müsste man haupsächlich nachdenken um uns dieses hohe Gut, die Demokratie, vielleicht in einer veränderten Form zu bewahren?

Eines der Aspekte ist sicherlich die Globalisierung. Über diesen Aspekt möchte ich heute einiges sagen - und ich tue es eigentlich in der Hoffnung, dass mein Beitrag Anlass zu einer lebhaften Diskussion sein wird.
Mein Beitrag aber möchte nur einige Stimmen wiedergeben, die sich mit dieser komplexen Problematik befasst haben.

Vorweg einige andere Aspekte, die in weiteren Beiträgen vielleicht auch zu berücksichtigen wären: die Notwendigkeit sich in den demokratischen Staaten mit dem Thema Terrorismus zu befassen, aber auch die Demokratie und die Gesellschaft die wie nie zuvor von den Medien beeinflusst oder sogar beherrscht wird.

Aber jetzt erstmal zur Demokratie und der Globalisierung.

Unsere Welt rückt immer mehr zusammen. Und eines der Ziele die sich die Völkergemeinschaft gestellt hat, ist die globale Demokratisierung. Doch nicht alle Gremien die zu diesem globalen Demokratiegedanken gehören, sind auch vom Volke gewählt. Dies betrifft zum Beispiel die UN, oder den G8-Gipfel, die Nato, etc...
Darin sieht z.B. der Publizist und Soziologe Lord Dahrendorf ein Problem, wenn:
"...Entscheidungen getroffen werden an Orten, auf die man keinen Zugriff mehr hat als Bürger. Aber da braucht man nicht in Depressionen zu verfallen, sondern könnte sich überlegen, was könnte unter Umständen an die Stelle der klassischen Instrumente gewählter Parlamente und Parteien treten, um trotzdem Kontrolle auszuüben."

Dazu noch eine andere Stimme, die des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler:
"Wir sind gegenwärtig in einer Situation, in der das klassische Modell der Demokratie, das wir als Deutsche - in der Geschichte der BRD, in der DDR war das bekanntlich so nicht der Fall - einsozialisiert worden sind, zunehmend zerbröselt und sich verändert, ohne, dass sichtbar ist, was genau an seine Stelle treten wird."

Weiter sagt Münkler:
"dass bestimmte Reaktionen der Bevölkerung - das Nein der Franzosen und der Niederländer zum EU Verfassungsvertrag - etwas zu tun haben mit dem verzweifelten Versuch von Bevölkerungen, die Rahmenbedingungen wieder einzufangen für demokratische Kontroll- und Entscheidungsstrukturen, die sich zunehmend aufgelöst haben. Man könnte in gewisser Hinsicht auch sagen, dass sind reaktionäre Versuche, weil sie etwas wieder herstellen oder das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen, in eine Zeit, die nun dahin ist, und die wir auch so nicht wiederherstellen können."

Als ich mich mit dem Thema befasste, fand ich es sehr ermutigend, dass so viele gute Gedanken, sprich auch Modelle, dazu geäussert werden. Besonders hat mich die Aussage Lord Dahrendorfs beeindruckt, der uns auffordert unsere Fantasie auch einzuschalten:
"...um das, was wir erreichen wollen, nämlich effektive Kontrollen und die Eingabe von Bürgermeinungen und Bürgerinteressen, auf andere Weise zu erreichen, dort wo die Entscheidungen nicht national getroffen werden".

Noch eine Stimme, die des Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie, der auch an unsere Fantasie appelliert und uns sagt:
"dass wir institutionelle Fantasie entwickeln, dass wir im Sinne John Deweys so etwas machen wie experimentelle Formen von Demokratie. Dass wir das ausprobieren, dass wir hier mit Trial-and-Error, mit Versuch- und Irrtumsverfahren, weiterzukommen versuchen. Und die europäische Ebene, die vielfach gescholten wird, ist eine hervorragende Ebene, um das auszuprobieren."

Weiter Leggewie:

.... "Uns allen ist doch bewusst, dass die Themen, über die wir die letzen 20 Jahre geredet haben, nämlich Wirtschaftswachstum, völlige Nebenschauplätze sind im Verhältnis zu den Umweltproblematiken, mit denen wir es jetzt zu tun haben", sagt Leggewie. "Und hier eine Art Weltfachparlamente, Weltöffentlichkeiten mit entsprechenden parlamentarischen Gremien, einzurichten, die sich nun in der Tat dieser Umweltproblematiken, die nur global zu beherrschen sind, auch global aunehmen. Das halte ich für die große Herausforderung von Demokratie."

Die Zitate sind hauptsächlich einem Bericht von 3sat entnommen.
 
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Ein Aspekt, der vielleicht auch noch mit zur Debatte gezogen werden könnte: Eh klar. Ein feministischer “
Vor ein paar Jahren las ich:Sauer, Birgit: Die Asche des Souveräns. Staat und Demokratie in der Geschlechterdebatte. Frankfurt/M., New York: Campus, 2001.




Hier eine ( ich gebe es zu, abgekupferte) Rezension:


Eine feministische Analyse von Staat und Demokratie


In ihrer Arbeit führt die Politikwissenschaftlerin Birgit Sauer verschiedene Aspekte politikwissenschaftlicher Staats- und Demokratiedebatten unter Einbeziehung der Kategorie Geschlecht zusammen und analysiert „Facetten multipler Maskulinismen“ (S. 24) in demokratischen Verfahren und staatlichen Strukturen. Die Autorin zielt zum einen darauf ab, einen Satz von Begriffen und Kategorien für eine empirische Staatsanalyse zu entwickeln. Zum anderen sollen ihre Überlegungen auch einen Beitrag zu einer Neupositionierung von Frauen- und Geschlechterpolitik in Zeiten der Globalisierung leisten. Obwohl, so Sauer, der Staat nicht geschlechtsneutral ist, hat die Politikwissenschaft das Geschlechterverhältnis als strukturierendes Ordnungsprinzip der Politik bislang ignoriert. Diesem Defizit möchte die Verfasserin in ihrer Studie begegnen und im Rahmen einer feministischen Staatsdebatte die Konzepte Staat, Demokratie und Geschlecht kritisch beleuchten.



Nachdem im ersten der sieben Kapitel das Forschungsvorhaben skizziert und Leitfragen aufgeworfen worden sind, formuliert Kapitel 2 einen politiktauglichen Geschlechterbegriff sowie einen geschlechtersensiblen Politikbegriff, der einen kulturalistischen und diskursiven Zugang zu Politik ermöglicht. Kritisch wird von der Verfasserin angemerkt, dass feministische Politikwissenschaft in Folge poststrukturalistischer Dekonstruktion ihren weitgefassten Politikbegriff zunehmend zu verlieren droht. Geschlecht ist für Sauer eine gesellschaftliche und politische Strukturkategorie. Da Geschlecht und Politik sich gegenseitig konstituieren, sind Staat und Geschlecht komplex miteinander verwoben (vgl. S. 50).



Im dritten Kapitel untersucht Sauer unterschiedliche staatstheoretische Ansätze, wie die von Max Weber, Michel Foucault und Charles Bourdieu, aber auch neo-marxistische, systemtheoretische und neo-institutionalistische Ansätze auf deren Anschlussfähigkeit an eine geschlechtersensible Politikkritik (vgl. S. 69). Die Ansätze weisen trotz kontroverser Zielsetzungen laut Sauer mehrere Gemeinsamkeiten auf, darunter ihre Geschlechtsblindheit. Dennoch finden sich für die Autorin in diesen Staatstheorien potentielle Anknüpfungspunkte an feministische Staatskonzepte (vgl. S. 114).



Kapitel 4 sichtet feministische Theoretisierungen des Staates, wie beispielsweise Konzepte von Nancy Fraser, Rosabeth Moss Kanter, Wendy Brown und Eva Kreisky, und plädiert dafür, diese mit den zuvor diskutierten staatstheoretischen Ansätzen zu verbinden, um so den Blick zu erweitern (vgl. S. 157). Sauer entwirft einen umfassenden Staatsbegriff, der den Staat als Geschlechterverhältnis und als „ein diskursives Feld mit institutionellen Sedimenten“ begreift (S. 166).



In Kapitel 5 werden feministische Staatskonzeptionen mit demokratietheoretischen Überlegungen zusammengeführt und drei exemplarische Fragmente moderner Demokratietheorie vorgestellt, die sich auf die zentralen Konzepte Öffentlichkeit versus Privatheit, politische Partizipation und bürgerschaftliche politische Kultur beziehen (vgl. S. 169). Die Autorin strebt zwar nicht die Entwicklung einer umfassenden, geschlechtersensiblen Demokratietheorie an, sie will jedoch wesentliche Bestandteile einer Demokratietheorie reformulieren.



Die in Kapitel 5 dargelegten Kategorien werden im sechsten Kapitel auf die Politikfelder direkte Demokratie und Gleichstellungspolitik in Deutschland und Österreich angewandt. Bei den Überlegungen zu direkter Demokratie werden feministische Demokratiekritik und direktdemokratische Diskussion miteinander verknüpft. Sauer sieht auch hier eine Notwendigkeit in der Verbindung der beiden Debatten, da diese für sich genommen zentrale Aspekte vernachlässigen, miteinander verbunden jedoch wertvolle Anregungen liefern (vgl. S. 252). Sauer systematisiert Gleichstellungspolitik im Kontext einer staatskritischen Debatte und aus einer institutionenkritischen Perspektive und argumentiert, dass bei diesem Politikfeld Staat und Frauenbewegung in einem komplexen Verhältnis verwoben sind (vgl. S. 255).



Kapitel 7 gibt Diskussionen über die Transformation von Staatlichkeit in Zeiten ökonomischer Globalisierung und politischer Internationalisierung wieder und bezieht diese auf Überlegungen zu Chancen für Geschlechtergerechtigkeit (vgl. S. 283). Sauer verweist auf „die Notwendigkeit einer Neu-Erfindung des Raums frauenbewegter Intervention“ (S. 304) und einen potentiellen politischen Handlungsspielraum, der aus der Krise der Erwerbsgesellschaft resultiert. Abschließend formuliert sie vier Hinweise zur Neupositionierung von Frauenpolitik als aktiven Faktor im globalen Wandel: Erstens müsse der Geschlechterkonflikt wieder gegenhegemonial politisiert werden, zweitens sei es notwendig, einen strategischen frauenpolitischen Wechsel hin zu neuen Bündnissen und Handlungsformen zu entwickeln. Als dritten Aspekt nennt Sauer, dass sowohl Frauenbewegung als auch Gleichstellungspolitik Ungleichheiten zwischen Frauen als politisches Faktum verstehen und deshalb differenzierte Strategien entwickeln müssten. Viertens biete die sogenannte Glokalisierung, d.h. eine gleichzeitige Globalisierung und Lokalisierung, die Option, dezentrale Bewegungsnetze zu mobilisieren (vgl. S. 305-306).



Sauers Verbindung staatstheoretischer Konzepte des politikwissenschaftlichen Malestreams mit Ansätzen aus der feministischen Theorie ist spannend und anregend zugleich. Sauer zeigt in ihrer Analyse sowohl Stärken als auch Schwächen der beiden Forschungsrichtungen auf und benennt in einer konstruktiven Vorgehensweise Schnittpunkte, die diese anschlussfähig machen. Positiv hervorzuheben ist, dass Sauer es nicht bei (staats-)theoretischen Überlegungen belässt, sondern sich zudem mit der politischen Partizipation von Frauen in Deutschland und Österreich auseinandersetzt und politische sowie politikwissenschaftliche Konsequenzen zur Optimierung der Partizipationsmöglichkeiten von Frauen formuliert. In ihrem abschließenden Kapitel setzt sich Sauer kritisch mit der Frage nach Geschlechtergerechtigkeit und Staatlichkeit in Zeiten der Globalisierung auseinander und entwickelt Thesen zu Grenzverschiebungen zwischen Markt und Staat, Öffentlichkeit und Privatheit und deren Implikationen für eine feministische Handlungsperspektive.

Dem eigenen Vorhaben, neben der Formulierung eines Erklärungssystems für Staatlichkeit auch einen Beitrag zur politischen Strategiebildung der Frauenbewegung zu leisten, wird die Autorin gerecht. Es ist jedoch fraglich, ob es möglich ist, wie Sauer poststrukturalistische Konzepte bzw. die Dekonstruktion des Subjekts einerseits zu kritisieren und andererseits Ansätze dieser Denkrichtung in die eigenen Überlegungen zu integrieren, wie der explizite Bezug auf Foucault und ein Verständnis von Staat als diskursive Praxis verdeutlichen.


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Wir werden sehen, dass wir ohne Foucault bei dieser Debatte nicht herum kommen. - Feministischer Ansatz hin oder her.




Vor allem die Inhalte ab Kapitel 7 wären total themenspezifisch.


frdl. G.

Marianne
 
Miriam schrieb:
Einer der Aspekte ist sicherlich die Globalisierung. Über diesen Aspekt möchte ich heute einiges sagen - und ich tue es eigentlich in der Hoffnung, dass mein Beitrag Anlass zu einer lebhaften Diskussion sein wird.

Liebe Miriam,

ich schätze es immer, wenn man vor einer Diskussion die Begriffe klärt.

Unter Demokratie kann sich jeder etwas vorstellen. Was aber Globalisierung ist oder sein soll, darüber gibt es sicher verschiedene Meinungen.

Dass wir auf ein und demselben Globus leben, ist ja nicht zu bestreiten und kann wohl kaum den Inhalt der Globalisierung ausmachen. Also, was ist Globalisierung und vor allem: nützt sie allen auf dem Globus? Ist es nicht vielleicht so, dass sich die reichen Länder das Recht nehmen, überall auf dem Globus zu entscheiden, was rechtens ist?

Dies fragt sich, auch unter dem Eindruck des heute begonnenen Weltwirtschaftsgipfels in Davos,

Hartmut
 
Gut Hartmut, deine Anregung ist sinnvoll, denn wir benutzen den Ausdruck tatsächlich ohne ihn genau zu definieren.

Von den Nutzen und den Nachteilen (und wen diese Nutzen oder Nachteile betreffen) möchte ich erstmal absehen.

Wir verstehen unter Globalisierung die weltweite Vernetzung die im vorigen Jahrhundert anfing und Länder, Gesellschaften oder auch Individuen betrifft. Es sind natürlich die Errungenschaften der Technik die diese Entwiklung mit seinen positiven Seiten aber auch mit dessen bedenklichen Nachteilen ermöglicht hat.
Welche Bereiche werden von dieser weltweiten Vernetzung hauptsächlich betroffen? Es sind in erster Linie die Wirtschaft, der Handel - dabei sollten wir noch separat das Kapital erwähnen - dann der Transport und der Verkehr.

Aus Wikipedia übernehme ich nun:

Der aus der Ökonomie und Soziologie stammende Begriff Globalisierung, der 1961 erstmals in einem englischsprachigen Lexikon auftaucht, dringt nach 1990 in die öffentlichen Debatten und bezeichnet einen mehrdimensionalen Prozess der Zunahme der transnationalen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Beziehungen. Diesen Prozess treiben die Menschen voran, seit sie in der Lage sind, überregionalen Handel zu betreiben.

Eine andere, wenig gebräuchliche Bezeichnung ist Mondialisierung (nach dem im Französischen bevorzugten Begriff Mondialisation : Le monde heißt 'die Welt'). Einige bezeichnen den beschriebenen Prozess nicht als Globalisierung, sondern als Entnationalisierung oder Denationalisierung, um auszudrücken, dass der Nationalstaat im Zuge der Globalisierung immer mehr an Macht und Bedeutung verliert.


Nun, ich denke, dass im Laufe der Diskussion andere wertvolle Beiträge auch den Begriff Globalisierung besser beleuchten werden, um danach den Bezug zur Demokratie herzustellen.

Gruß von Miriam
 
Schade, mein feministischer Ansatz wird - und das bei einer Frau als Themenerstellerin - nicht zur Kenntnis genommen.


Aber. ich bin ja nicht stur, ich schließe mich gern Eurer Diskussion an, Miriam und Hartmut.
Vielleicht gelingt es uns, lieber Hartmut, abgesehen vom Wikipediawissen, einige Aspekte des modernen Globalisierungsbegriffs zusammen zu bekommen.
Direkt Fachfrau bin ich ja da nicht - da wären Nationalökonomen besser für.Gysi, haste keine Lust?

1. Wir müssen den Globalisierungsprozess immer mit der neoliberalen Wirtschaftsform zusammen sehen.
2.Durch diesen Neoliberalismus und die gleichzeitig rasante Steigerung im Hightechbereich beschleunigt sich gewissermaßen der Konjunktur - und Krisenzyklus

3.Im Zuge der Weltmarktorientierung und der Herausbildung der Transnationalen Konzerne (TNK) hat sich der Widerspruch zwischen Produktionskapazitäten und kaufkräftiger Nachfrage erheblich zugespitzt. Im "Wettlauf der Besten" um Weltmarktanteile werden die einzelnen Gesellschaften als "nationale Standorte" im Sinn der TNK optimiert, d.h. werden Masseneinkommen gesenkt, Sozialleistungen und Ausgaben für öffentliche Daseinsvorsorge gekürzt. Da der Weltmarkt sich aber aus den einzelnen nationalen Märkten zusammensetzt, sinkt damit die globale Nachfrage im Verhältnis zur Produktionskapazität.
4.Die Privatisierung staatlicher Wirtschaftsbereiche und sozialer Sicherungssysteme eröffneten dem transnationalen Kapital zusätzliche Verwertungs-bereiche. Sie führte aber auch zur Überakkumulation und gegenwärtigen Krise im IT-Bereich.
5.Unter der Dominanz von institutionellen Anlegern und Investmentbanken werden die Konzerne krisenanfälliger.
6.Im Zuge der Globalisierung hat die handels- und kapitalmäßige Verflechtung der Wirtschaftsräume stark zugenommen. In dieser ökonomisch zusammengewachsenen Welt bewegen sich die einzelnen Volkswirtschaften immer mehr im konjunkturellen Gleichschritt. Entscheidend ist dabei das Gewicht der US-Ökonomie: Kommt es in den USA zu einer handfesten Rezession, dann bedeutet das im Effekt zugleich eine Weltwirtschaftskrise, eine Krise des globalen Kapitalismus.

Das sind zunächst einmal Thesen, so wie ich sie halt verstanden habe.

Marianne
 
@ Miriam
Dies ist fraglos eine wichtige, gewichtige, aber wegen ihrer Komplexität eben auch schwierige Thematik, zumal Du, liebe Miriam, die Frage der Durchdemokratisierung internationaler Organe mit der Globalisierung verbunden hast.
Beginnen wir mit dem ersteren. Dahrendorfs Darstellung ist korrekt, wenngleich auch er – jedenfalls soweit ich das dem Zitat entnehmen kann – keine konkreten Lösungsvorschläge unterbreitet. Die Legitimationskette ist unüberschaubar (zu) lang geworden. – Ein einfaches Beispiel: Die EU-Kommission finanziert mit einem Aufwand von jährlich mehreren Millionen Euro eine Anti-Raucher-Kampagne. Sehr gut, sehr schön,sehr richtig – möchte man meinen. Aber gleichzeitig subventioniert sie mit noch höheren Kosten den europäischen Tabakanbau, darunter auch den deutschen. Und als größter Nettozahler der EU ist die BRD an beiden Ausgaben kräftig beteiligt.
Wer hat die Kommission zu solchem widersinnigem Handeln berechtigt? Nun die Legitimationskette lautet: Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der Mitgliedsländer einvernehmlich bestellt. Die Regierungsmitglieder werden in Deutschland nach Absprache mit den Koalitionsparteien vom Bundeskanzler vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten ernannt. Der Bundeskanzler ist vom Bundestag gewählt und dies Parlament – jetzt endlich sind wir beim eigentlichen Souverän – vom deutschen Volk gewählt. Tabakförderung und –bekämpfung ist gleichermaßen Ausdruck des Vollzuges der vom Volk allein ausgehenden Staatsgewalt, ausgeübt durch besondere Organe.
Zur Globalisierung zunächst jetzt nur soviel: Wenn es richtig ist – und das ist im Prinzip unbestritten – dass die seit über 200 Jahren bekannte Arbeitsteilung Wohlstand schafft, dann gilt das auch für die Globalisierung. Sie ist zunächst nichts weiter als eine über die Nationalwirtschaft hinausgehende weltweite Arbeitsteilung. Aber – und diese Abers wiegen schwer – sie erzeugt Gewinner und Verlierer, genauso wie die Frühphase der Industrialisierung. Doch diese Materie aufzurollen, würde hier zu weit und weitab in schwierigste ökonomische Probleme führen. Sie wäre vielleicht eines eigenen Threads wert.
 
Marianne schrieb:
Schade, mein feministischer Ansatz wird - und das bei einer Frau als Themenerstellerin - nicht zur Kenntnis genommen.

Dein Ansatz ist interessant Marianne, nur hat er nichts mit dem von mir vorgeschlagenen Thema gemeinsam. Schon das Problem der Demokratie in den Zeiten der Globalisierung ist so umfangreich und auch facettenreich, dass ein zusätzlicher Aspekt, der nichts mit der Globalisierung zutun hat, nicht dazu passt.

Ich habe ein Thema hier vorgeschlagen und angeschnitten - aber weiss auch, dass alle Aspekte die direkt den Inhalt tangieren, sehr umfangreich sein werden.
 
Zur Erinnerung:

ich zitiere noch einmal.

Kapitel 7 gibt Diskussionen über die Transformation von Staatlichkeit in Zeiten ökonomischer Globalisierung und politischer Internationalisierung wieder und bezieht diese auf Überlegungen zu Chancen für Geschlechtergerechtigkeit (vgl. S. 283). Sauer verweist auf „die Notwendigkeit einer Neu-Erfindung des Raums frauenbewegter Intervention“ (S. 304) und einen potentiellen politischen Handlungsspielraum, der aus der Krise der Erwerbsgesellschaft resultiert. Abschließend formuliert sie vier Hinweise zur Neupositionierung von Frauenpolitik als aktiven Faktor im globalen Wandel: Erstens müsse der Geschlechterkonflikt wieder gegenhegemonial politisiert werden, zweitens sei es notwendig, einen strategischen frauenpolitischen Wechsel hin zu neuen Bündnissen und Handlungsformen zu entwickeln. Als dritten Aspekt nennt Sauer, dass sowohl Frauenbewegung als auch Gleichstellungspolitik Ungleichheiten zwischen Frauen als politisches Faktum verstehen und deshalb differenzierte Strategien entwickeln müssten. Viertens biete die sogenannte Glokalisierung, d.h. eine gleichzeitige Globalisierung und Lokalisierung, die Option, dezentrale Bewegungsnetze zu mobilisieren (vgl. S. 305-306).



Aber, wie gesagt, ich beharre ja nicht auf ein Engehen auf diesem wichtigen Aspekt, obwohl ich halt glaube, dass die unterschiedlichen Frauenpolitiken allein die Thesen der Autorin stützen.( Bsp. Es gibt Länder, wo die Frauenquote in Wissenschaft und Politii und Wirtschaft schon sehr hoch ist - und Länder, in denen nioch gefragt wird: Sind Frauen auch Menschen? - Wenn Du allerdings der Meinung bist, dass wäre kein global zu sehendes demokratiepolitisches Problem, kann und will ich Dich dazu überzeugen.



Und was sagst Du zu Ziesemanns, Hartmuts und meinen anderen Diskussionsansätzen?


frdlg

Marianne
 
Hallo Ziesemann,

ganz kurz und in Eile nur noch zu Dahrendorf zurück. Er sagt weiter, dass es wohl kein Weltparlament geben wird, aber:

"ein verbreitetes Verhalten, so als ob das, was man tut, in aller Welt Gültigkeit hat. Und wenn solche Verhaltensweisen sich durchsetzen, das halte ich für möglich und sogar für wahrscheinlich - dann entsteht eine etwas befriedigendere Situation als sie jetzt in dieser diffusen Zeit des Überganges vorhanden ist".

Kann man Lord Dahrendorf glauben und also auch hoffen? Ich möchte es glauben und hoffen für uns alle...
 
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Hartmut schrieb:
Liebe Miriam,

ich schätze es immer, wenn man vor einer Diskussion die Begriffe klärt.

Unter Demokratie kann sich jeder etwas vorstellen. Was aber Globalisierung ist oder sein soll, darüber gibt es sicher verschiedene Meinungen.

Hartmut

D'accord! Ich lege auch immer großen Wert auf die Begrifflichkeit, weil die meisten Missverständnisse - wenn sie nicht böswillig herbeigeführt werden - darauf beruhen, dass die Begriffe nicht vorab geklärt sind, was man eigentlich damit meint.

Soweit ich es überhaupt zu überblicken vermag, gibt es keinen allgemein anerkannten Begriff für Globalisierung, sondern nur zum Teil sehr wertende Beschreibungen, etwa Globalisierung sei die letzte Stufe kapitalistisch-imperialistischer Ausbeutung. Mit solch einer "Definition" kann man natürlich wissenschaftlich nicht arbeiten. - Mal sehen, ob wir im Rahmen dieser lohnenden Diskussion uns näherungsweise auf einen Bergiff einigen können.
("Grün" ging leider nicht schon wieder) Besten Gruß - Ziesemann

Marianne schrieb:
Hier eine ( ich gebe es zu, abgekupferte) Rezension:
Eine feministische Analyse von Staat und Demokratie
Auch wenn ich jetzt als hoffnungsloser Machofall von allen Damen die rote Karte erhalte; ich kann einfach nicht anders:
Es gibt - sorry Marianne - keine "feministische Analyse". Es gibt eine richtige oder falsche, eine tiefschürfende und oberflächliche, eine wissenschaftliche oder laienhafte; aber eine Analyse kann so wenig feministisch sein wie maskulinistisch (oder wie das heißt). So gibt es natürlich auch keine frauliche Wissenschaft und keine männliche. Aber was es gibt, geben kann und geben sollte: Das ist eine Analyse aus der Sicht einer Frau, Aspekte von Frauen. Doch das ist etwas anderes. "Feministische Analyse" ist wie feministische Mathematik oder feministische Marmelade. Doch existieren hervorragende Mathematikerinnen und vortreffliche Köchinnen für Marmelade.


Dies ist kein antifeministischer Beitrag - aber es könnte sein, dass die eine der andere femina das nicht merkt. Hoffentlich nicht! -

Ich grüße alle Diskutantinnen - Ziesemann
 
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