AW: Das Gold – Wert und Bedeutung in der Weltwirtschaftskrise
Jochen Steffens:
"Der Weltwirtschaft droht eine unter Umständen lange und tiefgreifende Krise.
Niemand weiß, ob die Konjunkturprogramme und die vielen anderen Maßnahmen reichen werden, um diese abzuwenden.
So ist es nur natürlich, dass sich viele Menschen fragen, wie man sein Vermögen vor einer solchen Krise schützen kann.
Gerade die Bankenkrise hat gezeigt, dass auch unser scheinbar so sicheres Geldsystem in letzter Konsequenz alles andere als sicher ist.
Kein Wunder also, dass Gold aktuell wieder zum Thema wird.
Gerade im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise kam es sogar zeitweise zu Engpässen im Zusammenhang mit der hohen Nachfrage nach physischem Gold.
Die fast perfekte Krisenanlage
Gold als Medium, um Krisen finanziell zu überleben macht dabei wirklich Sinn. Es gibt kaum etwas anderes, dessen Wert über 6.000 Jahre lang eine derartige Beständigkeit gehabt hätte. Selbst wenn die Währungen einbrechen, die Aktienkurse in den Keller rutschen, wenn Staatsanleihen nicht mehr zurückgezahlt werden - wer Gold besitzt (und diesen Besitz auch zu schützen weiß) wird seine Zahlungsfähigkeit erhalten.
Wie der ehemalige US-Notenbank*gouverneur Alan Greenspan es einmal formulierte: „Gold wird immer akzeptiert und ist daher die ultimative Form der Bezahlung“.
Allerdings gehöre ich nicht zu den Menschen, die einfach blind eine Anlage empfehlen, frei nach dem Motto: Was einmal in Krisenzeiten gut war, wird auch immer gut sein. Es wundert doch ein wenig, dass Gold trotz der weltweit starken physischen Nachfrage und trotz des Ausmaßes der aktuellen Krise kein neues Hoch ausbilden konnte.
Gold hält sich im Vergleich gut
Sicher, im Vergleich zur Entwicklung anderer Edelmetalle hat sich Gold bisher ganz gut gehalten. Es verlor vom Hoch im März 2008 bis zum Tief im Oktober "nur" lediglich 33 % an Wert. Trotzdem, was ist los mit Gold? Besonders, wenn man einmal den volatilen Dollar außen vorlässt und sich Gold einmal in Euro anschaut, erkennt man, dass sich der Goldpreis seit Ende 2007, also mit dem Anfang der Immobilien- und Kreditmarktkrise in einer Seitwärtsbewegung zwischen 520 und 650 Euro befindet.
Einige Faktoren, die den Goldpreis belasten
Die Krise selbst hat mit dazu beigetragen, dass der Goldpreis nicht weiter steigen konnte:
Viele Fonds und Hedgefonds mussten ihre Goldpositionen zum Teil aufgrund eines starken Mittelabflusses im direkten Zusammenhang mit der Kreditmarktkrise auflösen. Auch viele Anleger haben Positionen verkauft, um Verluste am Aktienmarkt zu kompensieren. Ebenso ist es gut möglich, dass einige Banken Teile ihres Goldes veräußerten, um in der Kreditmarktklemme Liquidität aufzubauen. Natürlich ist Gold darüberhinaus auch ein Industriemetall (z.B. Halbleiter) und hier wird die Nachfrage in einer Rezession stark nachlassen. Gerade der Chipsektor ist, wie die Zahlen von Intel gezeigt haben, von der Krise sehr betroffen. Aber auch in Indien und anderen Ländern, in denen Gold in Form von Schmuck gewöhnlich stark nachgefragt wird, hatsich die Krise unmittelbar auf die Bereitschaft Gold(schmuck) zu kaufen ausgewirkt.
Schlussendlich kann man auch die Deflationsgefahren, die durch eine mögliche Weltwirtschaftskrise zurzeit eingepreist werden, als Grund für eine schwache Entwicklung des Preises anführen. Gold steigt normalerweise besonders in Phasen hoher Inflation an, da eine Anlage in Gold als guter Inflationsschutz gilt.
Was bringt aber die Zukunft
Gold wird von vielen Analysten trotzdem als geeignete Krisenwährung angesehen.
Diese aktuelle Schwäche des Goldpreises sei nicht substantiell und sollte demnach schnell wieder kompensiert werden, so die allgemeine Meinung. Man sollte sich jedoch klar darüber sein, dass einige belastende Faktoren bei einer Ausweitung der Wirtschaftskrise bestehen bleiben.
Die Industrieproduktion würde im Falle einer Weltwirtschaftskrise deutlich zurückgehen. Die durchschnittliche Nachfrage aus der Industrie macht ca. 13 % der Gesamtnachfrage aus. Aber auch die Nachfrage nach Schmuck sollte in einer Weltwirtschaftskrise weiter rückläufig sein. Circa 68% der durchschnittlichen Goldnachfrage weltweit entfallen auf Schmucksachen.
Zulegen würde die Nachfrage nach Gold als Investment. Hierauf entfällt zurzeit ein Anteil von ca. 17 % des durchschnittlichen Nachfragevolumens.
Die Frage, ob die Ausweitung der Investitionsnachfrage die anderen Faktoren überkompensiert, kann ich natürlich nicht eindeutig beantworten, aber wenn man sich die Zahlen anschaut, scheint dem nicht so zu sein.
Inflationsschutz
Doch man darf bei diesen Überlegungen nicht reale Rendite und Werterhalt verwechseln. Gold wird als Schutz vor Inflation und als Krisenwährung empfohlen. Es geht dabei also weniger um die Optimierung der Rendite. Angesichts der immensen Konjunkturprogramme, die weltweit, aber insbesondere auch in den USA gestartet werden und der damit verbundenen hohen Gefahr einer massiven Geldentwertung, sollte der Goldpreis in Dollar, aber auch in den anderen Währungen bald wieder stark zulegen. Wenn man es genau nimmt, steigt dann nicht unbedingt der Wert des Goldes, sondern die Währungen, in denen der Goldpreis berechnet wird, fallen.
Und dieser Effekt wäre zusammen mit dem Anstieg der Investitionen in Gold durchaus in der Lage eine nachlassende Nachfrage in den Bereichen Industrie und Schmuck zu überkompensieren. Das bedeutet, wir würden steigende Notierungen sehen.
Wird eine ausufernde Staatsverschuldung die Staaten zu Goldverkäufen zwingen?
Doch es muss noch eine andere Frage geklärt werden, die mit dem Angebotsvolumen zusammenhängt. Immerhin 14 % des durchschnittlichen Angebots werden durch die Verkäufe von Zentralbanken generiert. Wir wissen, dass die internationale Staatsverschuldung durch die massiven Konjunkturprogramme weltweit über das gewohnte Maß hinaus zulegen wird. Sollte sich die aktuelle Krise ausweiten und erheblich länger andauern, als bisher von den Staaten angenommen, könnte es erhebliche Probleme geben, diese Schulden zu finanzieren.
Was läge also näher, als einen Teil der Goldreserven, über die viele Staaten verfügen, in einer Krise zu veräußern, um Schulden zu finanzieren oder zurückzuzahlen. Das könnte für einige Staaten in so einer Situation vielleicht sogar die letzte Rettung sein. (Wir gehen hier einmal von einem Worst–Case-Szenario aus.)
Gerade Deutschland ist das Land mit den zweitgrößten Goldreserven. Das wird Begehrlichkeiten wecken. Sie erinnern sich vielleicht an 2004, da gab es schon einmal eine Diskussion um die Goldreserven der Bundesbank. Das Thema könnte auch 2009 wieder thematisiert werden, denn das sogenannte „zweite Goldabkommen“ vom 8.März 2004, indem sich die Länder des Eurosystems zusammen mit der Schweizerischen und der Schwedischen Nationalbank darauf geeinigt haben, nicht mehr als 2.500 Tonnen Gold über einen Zeitraum von 5 Jahren zu veräußern, läuft nur noch bis September 2009 (weder die USA, noch Japan sind diesem Abkommen beigetreten).
Es ist also durchaus vorstellbar, dass gegen Mitte des Jahres, vielleicht auch im Zusammenhang mit dem Wahlkampf, dieses Thema wieder in den Medien auftauchen wird.
Aber auch die USA, die immerhin über 8.133 Tonnen Gold verfügen, könnten auf die Idee kommen, einen Teil Ihrer Goldreserven zu veräußern, um die Konjunkturprogramme zu finanzieren.
Es sind so wenig Goldreserven angesichts dieser Krise
Das Problem ist nur, die Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland belaufen sich, wenn man den aktuellen Goldpreis zugrunde legt, auf „nur“ ca. 68 Mrd. Dollar.
Und Deutschland ist, wie gesagt, bereits das Land mit den zweitgrößten Goldreserven. Das Konjunkturprogramm, das die Regierung anstoßen will, hat eine Größenordnung von 50 Mrd. Euro. Der Banken-Rettungsschirm hat immerhin schon eine Größenordnung von knapp 480 Mrd. Euro.
Wenn man die gesamten Goldreserven der Zentralbanken und Währungsinstitutionen weltweit addiert, so besitzen diese zusammen 28.600 Tonnen Gold.
Bei einem Goldpreis von 825 Dollar entspricht das gerade einmal einem Wert von 758,7 Mrd. Dollar.
Vergleicht man die Größenordnungen der Konjunktur- und Rettungsprogramme allein in den USA, die in die Billionen gehen, mit dem Wert der weltweiten Goldreserven, wird schnell deutlich, dass selbst ein kompletter Verkauf dieser hier nicht das Eisen aus dem Feuer holen könnte. Völlig außen vorgelassen ist dabei schon, dass der Goldpreis natürlich bei solchen Verkäufen massiv einbrechen würde.
Tatsächlich sind die internationalen Währungssysteme den Goldreserven mittlerweile still und heimlich, aber sehr weit davon gelaufen...
Wo soll aber das viele Geld herkommen?
Trotzdem muss man sich fragen, ob nicht gerade aufgrund dieser großen Summen, die zurzeit im Gespräch sind, die Goldreserven nicht doch angegriffen werden, um wenigstens einen kleinen Teil der Gelder zu finanzieren.
Und allein die Sorge davor könnte den Goldpreis bereits erheblich in Bedrängnis bringen. Nicht unbedingt schon 2009, aber man sollte dieses Szenario im Hinterkopf halten. Das Problem ist wie immer die Psyche der Anleger. Sollten die Anleger ein solches Szenario erwarten (zum Beispiel in den USA), könnten sich viele dazu entschließen, ihre Goldinvestitionen abzustoßen. Welche Auswirkungen ein solches Szenario auf die Kurse haben könnte, hat man 2008 an den anderen Edelmetallen gesehen. Es kam zu Einbrüchen um über 50 %.
Insofern wird es interessant, ob nicht sogar bereits im Sommer, wenn über ein neues Goldabkommen in der Eurozone diskutiert wird (ein genauer Termin ist mir noch nicht bekannt) und einigen Anlegern plötzlich diese Gefahr bewusst werden wird, ein Einfluss auf den Kurs zu erkennen sein wird.
Don’t Panic
Mir geht es nicht darum Panik zu verbreiten, sondern wie so oft im Steffens Daily möglichst frühzeitig auf Gefahren hinzuweisen. Angesichts der zum Teil etwas einseitig positiven Berichterstattung zum Thema Gold finde ich es wichtig zu erkennen, dass auch beim Gold, wie bei jeder anderen Anlageklasse, durchaus Gefahren bestehen.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Gold grundsätzlich ein krisenfestes Metall bleibt, das seinen Wert langfristig, natürlich unter Schwankungen, beibehalten wird. Damit gehört es zurzeit immer noch zu den krisensichersten Anlagen, wenn man bereit ist, unter Umständen auch zwischenzeitliche Kursrücksetzer auszusitzen.
Viele Grüße
Jochen Steffens
Steffens am 12.01.2009, 20:52
Der Text ist die persönliche Meinung des Autors und spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung von sharewise.com wieder."