Also, ich habe niemandem dazu geraten, z.B. täglich Vitamin E zu nehmen, sondern zu einer Seite verlinkt, in der mehrere ziemlich sinnvolle Methoden genannt werden, wie man sein Immunsystem stärken kann. Dabei ging es vor allem um ältere und alte Menschen, die sich oft nicht (mehr) besonders gesund ernähren, zu wenig trinken, sich zu wenig bewegen, etc.
Mein Einwand bezog sich auf nicht auf Dich, sondern auf den Inhalt des verlinkten Artikels. Sorry, wenn das falsch rüber gekommen ist.
Bin zwar kein Mediziner, aber (Diät-)Koch und beschäftige mich seit fast 30 Jahren mit Ernährungswissenschaften. Da mir dadurch Vergleichsmöglichleiten mit der ernährungswissenschaftlichen Literatur zur Verfügung stehen, stelle ich fest:
Im Internet findet man zu dem o.g. Thema, wie so oft, wenn nicht immer, nur Murks: Oberflächlich, falsch, ideologisch motiviert, zu Gunsten des jeweiligen Werbekunden (Nährstoffindustrie).
Und daher halte ich von den Informationen im Internet auch nichts mehr.
Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder von ihnen eine oder die gleiche Mangelerscheinung aufweisen muss. Natürlich sollte niemand einfach so auf Verdacht irgendwelche Präparate einnehmen, sondern das mit einem Arzt absprechen und ihn darum bitten, seine Blutwerte dahingehend zu überprüfen.
Genau dies tun die meisten dann leider aber.
Auch Ärzte haben von Ernährung oft nur eine Art Basiswissen - was ich ihnen nicht einmal vorwerfen möchte. Zudem neigen sie dazu, ihre Patienten mit Präparaten zu behandeln, anstatt eine Änderung der Ernährung zu bewirken, was meist der bessere Weg wäre. Auch das finde ich im Grunde nachvollziehbar, weil es sich um den aus ihrer Sicht erfolgversprechenderen Weg handelt. Es ist eben i.d.R. leichter, jemanden dazu zu bringen, täglich ein paar Pillen einzunehmen, als etwas anderes - und anders - zu essen.
Ja, das glauben einige, aber laut vieler
Experten ist das eine Fehlinformation.
Siehe dazu diesen informativen Artikel:
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/artikel/vitamine/vitaminmangel
"Zentrum der Gesundheit" ist so eine ganz halbscharige Quelle.
Im Allgemeinen halte ich das Thema Vitamine für ... nun, sagen wir: Dramatisiert.
Seit ihrer schrittweisen (zunächst indirekten) Entdeckung seit den 1920er Jahren hat man sie immer wieder zu einem Goldenen Kalb gemacht, um das alle herumtanzen. Der Anlass dazu war sicherlich berechtigt; er stammt aus Notzeiten zwischen und nach den Kriegen, in denen sich zu viele Menschen zu mangelhaft ernährt haben - z.B. wochen-, monatelang nur mit Kartoffeln und Rüben, weil es nichts anderes gab.
Seitdem hat man, auch und gerade Ärzte, oft nur zu gern Vitamine als Heilsbringer "mit der Gießkanne", "mit dem Schrotgewehr" verteilt, frei nach dem Motto "viel hilft viel" und aufgrund der Annahme, sie könnten nicht schaden. Von "Vitaminpäpsten" wie etwa Linus Pauling gar nicht erst zu reden.
In den letzten Jahren ändert sich die wissenschaftliche Sichtweise auf Vitamine langsam, es findet ein teilweises Umdenken statt.
An der Basis ist dies noch nicht wirklich angekommen, denn es wird mit Vitaminen auch Geld verdient, viel Geld.
Befasst man sich näher mit der ernährungswissenschaftlichen Literatur (1), dann ergibt sich oft ein komplexeres Bild. Für die meisten Vitamine, wenn nicht alle, lässt sich überhaupt kein genauer Bedarfswert angeben, sie sind nicht bekannt. Bei den empfohlenen Dosen handelt es sich um Schätzungen, viele davon aus dem Tierversuch, mit der Ratte als dem am Besten ernährungswissenschaftlich erforschten Tier. Zwischen einer zu kleinen Dosis (Mangelerscheinungen treten auf) und einer zu großen (Überschuss wird ausgeschieden / wirkt toxisch) liegen oft große Bandbreiten.
Im bereits genannten Beispiel Vitamin E liegt das absolute Minimum bei 4 mg / Tag - da frage ich mich, wie man da auf Empfehlungen von 400 mg / Tag kommen will, das ist mal so eben das 100-fache der Mindestdosis. Da will dann jemand mit Kanonen auf Spatzen schiessen.
Es mag stimmen, dass manche Teile der Bevölkerung einen Mangel an Vitamin A aufweisen. Was uns die Artikel (im Internet, in der Yellow Press) aber immer verschweigen, ist,
warum das so ist. Denn Carotin (Provitamin A) ist in der Nahrung fast überall vorhanden.
Tatsächlich können manche Menschen (aus genetischen Gründen, Diabetes, Schilddrüse) Carotin nicht aufnehmen oder nicht in Vitamin A umwandeln.
Da nützt dann eine Aufnahme von Beta-Carotin auch nichts (man müsste dann Lebertran nehmen, denn der enthält Vitamin A und nicht Provitamin A).
Fettlösliche Vitamine können in Überdosis gefährlich sein. Blutanalysen zu Vitaminen sagen manchmal gar nichts aus, gelegentlich sogar das Gegenteil. Der Körper setzt u.U. gespeicherte Vitamine aus der Leber frei und gibt sie ins Blut ab, gerade deshalb, weil ein Mangel besteht.
Es gibt Anzeichen dafür, dass Vitaminpräparate Krebs begünstigen können (bei bestimmten Menschen), während das durch eine ausgewogene Ernährung nicht beobachtet wurde - wahrscheinlich, weil die Dosis in denn Präparaten schon per se zu hoch ist. Auch Fehlbildungen in der Schwangerschaft sind möglich.
NB: Die Inuit essen alle Teile des Eisbären - außer der Leber. Deren Gehalt an Vitamin A ist so hoch, dass man durch den Verzehr versterben kann. Die frühesten Hinweise auf Hypervitaminose A wurden in Afrika an dem rund 1,7 Millionen Jahre alten, weiblichen Skelett
KNM-ER 1808 eines
Homo erectus entdeckt, das die für Hypervitaminose A typischen Formen von Knochenmissbildungen aufwies, verursacht vermutlich durch den Verzehr extrem großer Mengen von Leber.
Die ganzen Behauptungen "stärkt die Abwehrkräfte" oder "das Immunsystem" sind meist mehr einfach dahin gesagt, als wirklich belegt.
Man weiß zwar, dass die Menschen bei Mangelerscheinungen ein schwaches Immunsystem haben - aber das sind Extremformen, wie wir das hier im Westen nur aus Zeiten zwischen und nach dem 1. und 2. Weltkrieg kennen. Ob - und wie - sich Vitamindosen in der oft großen Breite einer lebensnotwendigen und einer überdosierten Dosis auswirken, das ist i.d.R. nicht genau bekannt.
Eine andere Frage ist, ob die synthetischen Vitamine ihren natürlich vorkommenden Varianten überhaupt entsprechen. Bei einigen ist das definitiv nicht der Fall, da die Originale chemisch zu empfindlich wären, als das man sie als Pillen lagern könnte. Synthetisch hergestelltes Vitamin C hat auch nur etwa 80% der Wirkung von natürlich vorkommenden - und keiner weiß, warum. Mutmaßlich haben andere in den Lebensmitteln vorkommende Begleitstoffe eine unterstützende Funktion. Bei Multipräparaten weiß niemand, wie sich die Stoffe chemisch und/oder biochemisch untereinander verhalten und ob sie sich gegenseitig beeinflussen.
Gerade aus den letzten Jahren gibt es eine Reihe von Beispielen von Menschen die sich obskuren, eingeschränkten Diäten aussetzen (Veganer) und auf Dauer eine Mangelernährung pflegen. Nicht wenige landen dann mit der Zeit bei langen Listen eingenommener Präparate, um am Ende festzustellen: Es funktioniert aber trotzdem nicht.
Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Modell isolierter Substanzen - es handelt sich um ein
Modell, das darf man nie vergessen -
allein so nicht funktioniert. Um eine ausgewogene Ernährung kommt man also nicht herum, wobei diese banaler ist, als viele annehmen.
(1) Elmadfa / Leitzmann. Ernährung des Menschen, 2019 (
Amazon)