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Christliche Märtyrer

Sunnyboy

New Member
Registriert
10. März 2005
Beiträge
542
Hallo an alle.

Neulich hab ich einen Bericht über meinen Namenspatron St.Thomas gesehen.
Er soll angeblich in Indien missioniert haben und dort den Märtyrertod gestorben sein.
Der Bericht hat mich beschäftigt.

Sicher, die Menschen, die für den christlichen Glauben gestorben sind, haben Mut und Entschlossenheit gezeigt. Aber war es richtig?

War es richtig das Leben, das uns, nach christlichem Glauben, von Gott geschenkt wurde zu opfern, bloß um den Namen Gottes zu ehren?
Ehren wir Gott nicht viel mehr, wenn wir das Leben genießen und versuchen es uns zu erhalten?

Was war überhaupt der Erfolg für den christlichen Glauben, den die Märtyrer sich durch ihren Tod erhofften?

Außerdem hatten einige doch auch bestimmt Familien: Ist es nicht auch ein Stück weit unverantwortlich sich töten zu lassen, während der Ehepartner und vielleicht sogar die Kinder auf einen warten?
Kann es im Interesse der christlichen Religion liegen, wenn ein Kind ohne Mutter oder Vater aufwächst? Vielleicht sogar ohne beide?
Ich meine: Gott kann sich doch auch selber helfen, ein Kind aber nicht.

Was denkt ihr zu diesem Thema?

Liebe Grüße,
Thomas, der Zweifler (aka Sunnyboy)
 
Zuletzt bearbeitet:
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War es richtig das Leben, das uns, nach christlichem Glauben, von Gott geschenkt wurde zu opfern, bloß um den Namen Gottes zu ehren?
Ehren wir Gott nicht viel mehr, wenn wir das Leben genießen und versuchen es uns zu erhalten?

Märtyrer gehen bewusst in den Tod

manche melden sich für ein Himmelfahrtskommando

manche haben einfach Pech,
werden womöglich sogar zum Tode verurteilt,
verzweifeln aber nicht an ihrem Schicksal,
sondern versuchen bis zuletzt das Beste daraus zu machen

ergo
nicht alle Märtyrer hatten Todessehnsucht
 
Scilla, ich meine herausgelesen zu haben, dass Sunnyboy ausschließlich von christlichen Märtyrern schrieb, und man sollte schon einen Unterschied zwischen denen und den heutigen Fanatikern machen, die sich vor aller Augen in die Luft sprengen in der Hoffnung, möglichst viele "Ungläubige" mitzunehmen.

Die frühchristlichen Märtyrer und auch die, die während des Krieges aufgrund ihres Widerstandes gegen das Nazi-Regime und dem Beibehalten ihrer christlichen Normen umgebracht wurden, gingen ganz sicher nicht mit einem fröhlichen Liedchen auf den Lippen zu ihrer Verbrennung, Vierteilung oder modernen Form der Exekution. Im Gegenteil. Sie hatten sicher genausoviel Angst vor dem Sterben, wie wir alle; und waren sich bestimmt darüber im Klaren, dass sie Angehörige zurücklassen.
M.E. wurde und wird kein Mensch freiwillig zum Märtyrer (ausgenommen natürlich terroristische Selbstmordattentäter, die glauben, durch ihren sinnlosen Tod zu Märtyrern zu werden). Der Glaube an die Richtigkeit ihrer christlichen Religion muss unvorstellbar stark gewesen sein, wenn er sie das alles ertragen ließ. Vielleicht sollte man heute keinen Unterschied zwischen den Märtyrern von damals und den heutigen Menschen machen, die in irgendeinem diktatorisch regierten Land im Widerstand arbeiten und ihren eigenen Tod u.U. miteinkalkulieren, um den Familien und Landsleuten wieder zu einem freien und menschwürdigeren Leben zu verhelfen. Märtyrer sind nicht nur die, die wegen ihrer Religion starben, sondern auch jene, die aufgrund ihrer Ideologie und politischen Einstellung ermordet wurden.

Rhona
 
Ist es bei den Martyrern nicht eher so, dass die für eine Sache, eine Idee oder einen Glauben stehen, dass sie sich aus dieser Motivation heraus dazu entschließen, dem Unrecht zu begegnen und etwas zum Guten zu ändern?

Ich glaube nicht, dass der durchschnittliche Martyrer einen Todeswunsch hat, sondern eher, dass der Martyrer absolut zu seiner Überzeugung steht und in Kauf nimmt, dass ihm dies das Leben kosten kann und dies obwohl er immer darauf hofft, dass es nicht dazu kommen wird.

Der Vater, der sich dem Angreifer entgegensetzt, um seine Kinder und Frau zu retten, der Arzt, der sich in Afrika engagiert und weiß, dass er sich dort auch mit tödlichen Krankheiten anstecken kann, der Missionar, der sich in unbekannte Gegenden begibt und Gefahr läuft umgebracht zu werden – sie alle wollen nicht sterben, sondern etwas verändern, etwas Gutes erreichen und dies bis zur letzten Konsequenz.

Was wäre die andere Seite?

Keiner riskiert mehr etwas für andere, keiner setzt sich für die Schwachen ein und keiner steht mehr zu seiner Überzeugung, wenn dadurch Nachteile für ihn entstehen können?

Willkommen in der modernen Gesellschaft!
 
hallo,

ich denke nicht, dass es eine direkte folge der modernen gesellschaft ist, sich nicht mehr für andere zu opfern
wenn es um leben und tod geht, geschieht das sehr wohl noch
auch soldaten gehen für ihr land in den tod (auch sie sterben letztendlich für ihre überzeugungen bzw setzen ihr leben aufs spiel)

in der modernen gesellschaft, in der wir uns befinden, gibt es eben nur mehr sehr selten situationen, in denen man überhaupt zum märtyrer werden kann
wir führen keine kriege, unsere freiheit ist nicht akut bedroht, wir dürfen unsere religion frei ausüben, die sicherheit, in der wir leben ist groß, und unsere lebensgrundlage ist nicht gefährdet

fazit: ich denke, nicht die bereitschaft zum märtyrium ist in der modernen gesellschaft zurückgegangen, sondern die situationen, sich als solcher zu profilieren

lg,
Muzmuz
 
Muzmuz schrieb:
auch soldaten gehen für ihr land in den tod (auch sie sterben letztendlich für ihre überzeugungen bzw setzen ihr leben aufs spiel)
Meist stellt sich im Nachhinein heraus, dass es die falsche Überzeugung und ein sinnloser Tod war.

Jane
 
ja, selbstverständlich
aber ob man die überzeugung für richtig oder falsch hält, ist mMn sekundär
sind selbstmordattentäter märtyrer ?
aus unserer sicht sind sie nur irregeleitete mörder
aus sicht mancher imame sind sie märtyrer
wenn man märtyrer als jene definiert, die für ihre überzeugung ihr leben bewusst riskierten und letztendlich dafür gestorben sind, muss man auch jene attentäter und und auch soldaten dazurechnen
auch wenn wir ihre überzeugung oder ihre taten ablehnen

lg,
Muzmuz

zusatz: ich denke, ein märtyrer muss auch eine sinnlosigkeit in größerem maßstab in kauf nehmen, also auch das ausbleiben von post-mortem-lob oder anerkennung
ist seine absicht ruhm und ehre, die ihm nach seinem tod zuteil wird oder werden kann, ist es in meinen augen nur selbstmord aus eitelkeit
 
Zuletzt bearbeitet:
<<Ich glaube nicht, dass der durchschnittliche Martyrer einen Todeswunsch hat, sondern eher, dass der Martyrer absolut zu seiner Überzeugung steht und in Kauf nimmt, dass ihm dies das Leben kosten kann und dies obwohl er immer darauf hofft, dass es nicht dazu kommen wird.>>

louis,ich denke das ist richtig.
rhona, auch sehr differenzierte sicht:-)

ich denke, man muss zum einen unterscheiden was den märtyrer im frühen christentum ausmacht (das ist ja erst entstanden, und kriterien wen man als wahren märtyrer bezeichnen kann, sind damit erst erschlossen worden) und dem , das sich heute als märtyrertum bezeichnet, die "selbstmordattentäter. man kann das nciht auf die selbe ebene setzen.

martys:(griech.) heißt in erster linie "Zeugnis" bzw. "Zeuge" (für den christlichen Glauben), hat mit tod noch nichts zu tun. der tod ist nur die letzte konsequenz dessen, was ein "evangeliumsgemäßes" martyrium ausmacht.
der erste christl. märtyrer, polcarp von smyrna, von dem ist seine märtyrerakte erhalten, anhand der man ganz deutlich ausmachen kann, was ein martyrium sein soll und welche pathologien entstehen können wird auch beschrieben (z.B das einer das seiner selbst willen macht: aus eigenleistung und selbstdarstellung... oder dass einer ganz freimütig in den tod springt, also den tod bzw. seine peiniger provoziert) das soll nicht sein.


ein relativ junger, (er wird noch nicht als märtyrer bezeichnet offiziell, aber man kann es annehmen) ist pére christian de chergé, ein priester (trapistenorden), der in algerien umkam. ein link führt zu seinem letzten breif. der ist höchst interessant zu analysieren-->http://users.skynet.be/bs775533/script/contemp/Atlas/testa-deu.htm
 
Eure Antworten sind überzeugend.

Allerdings, Louiz

Zitat von Louiz30:
Keiner riskiert mehr etwas für andere, keiner setzt sich für die Schwachen ein und keiner steht mehr zu seiner Überzeugung, wenn dadurch Nachteile für ihn entstehen können?

Willkommen in der modernen Gesellschaft!

Man sollte nicht außer Acht lassen, dass das, was die besagten Märtyrer immerhin nicht einfach nur "was" riskiert haben sondern alles was sie besitzen, nämlich ihr Leben.

Und meiner Ansicht nach sollte ein Familienvater oder eine Mutter sich zunächst um sein/ihr Kind kümmern bevor er/sie für seine/ihre Ideologie auf dem Scheiterhaufen oder wo auch immer stirbt.
Ein Kind ist schließlich auch eine Aufgabe, die Gott den Eltern zugewiesen hat.

Übrigens:
Versteht mich bitte nicht falsch, auch ich bewundere die Märtyrer und bin (mehr oder weniger) gläubiger Christ.
Allerdings habe ich manchmal Zweifel, ob es für viele nicht noch eine andere Alternative als den Tod gegeben hätte.
 
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Ich glaube nicht, sunnboy, dass sich für frühchristliche Märtyrer großartige Alternativen boten.
Die Alternative, ihrem Glauben abzuschwören und öffentlich zu widerrufen, hätte sie ebenso das Leben gekostet. Und selbst wenn man sie am Leben gelassen hätte, so wären sie u.U. bis an ihr Lebensende verfolgt worden.
Vielleicht war für solche Menschen schon allein der Gedanke, dass sie mit der Schuld des "Verrates", an das, was sie glaubten, weiter leben müssten, so unvorstellbar, dass sie stattdessen den Tod in Kauf nahmen.
Aber doch nicht nur Christen wurden zu Märtyrern. Damals wurden viele Menschen, die später als große Denker, Theologen oder Wissenschaftler in die Geschichte eingingen, wegen ihrer Überzeugung oder dem Glauben an der Richtigkeit ihrer Entdeckung, verurteilt.
Galilei z.B. ist doch nur knapp einer Verurteilung als Ketzer entgangen, weil die Kirche seine Behauptung, dass die Erde rund ist, als Ketzerei ansah.

Du sagst, dass du Märtyrer bewunderst. Ich bewundere alle Menschen, die bereit sind, für ihre Überzeugung oder ihren Glauben (muss nicht der an Gott sein) einzustehen, deswegen u.U. persönliche Einbußen in Kauf zu nehmen, ohne dabei fanatisch zu sein, und trotzdem so objektiv und offen, sich die Argumente Anderer anzuhören und darüber nachzudenken.

Rhona
 
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