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1. September 1939

AW: 1. September 1939

Linus' Idee zum Frieden habe ich so verstanden: der Stärkste von allen (oder die stärkste Gemeinschaft) muss selbst absolut friedfertig sein, und sie muss trotzdem fest entschlossen jeden "Unruhestifter" konsequent in die Schranken weisen, bevor der auch nur annähernd selbst zum Stärksten werden kann.

Bloß darf dabei der friedfertige Stärkste nicht außer Kontrolle geraten, und genau das wird ja durch die Idee der Gewaltenteilung erreicht. Weltweit ist das halt erst in Entwicklung.

lg Frankie

Hallo Frankie!
Ich kenne leider keine Gemeinschaft, die absolut friedfertig ist. Wie soll sich etwas entwickeln, wenn es sogar denjenigen, die Frieden wollen, nicht möglich ist zu erkennen, was "in Frieden leben" überhaupt bedeutet!

Wenn nicht jeder bei sich selbst anfängt, woraus sollte sich dann etwas entwickeln?
 
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AW: 1. September 1939

@Miriam
Pardon, aber es wäre ein Missverständnis, wenn Du meinen würdest, ich hätte den Deutschen Herbst mit dem globalen Terrorismus gleichgesetzt. - Ich wollte nur das generelle Prinzip der Wehrhaftigkeit gegenüber Gewaltanwendern an einem anderem Beispiel verdeutlichen. - Der von Dir referierte Ghetto-Aufstand ist geradezu ein Paradigma für das Recht zum Kampf, dass es moralisch nicht nur erlaubt sondern geboten sein kann, zu töten, in diesem Fall die deutschen Unterdrücker, die sich Verbrechen schuldig gemacht haben, für die ich mich als Deutscher noch heute schäme.
@Lilith
Bitte nimm mir ab, dass meine Friedenssehnsucht nicht schwächer als die Deine ist; aber gerade wer den Frieden wünscht, muss alles tun, dass ihn niemand zu brechen wagt.
@Frankie
Fast dünkt mich, dass D mit Deinem Beitrag # 10 am ehesten meinen Ansatz erfasst hat. - Zugegeben: Der Missbrauch der Macht ist stets möglich. Niemand garantiert uns, dass es keinen neuen Hitler, keinen weiteren Stalin, keinen abermaligen Mao oder auch "nur"einen Saddam Hussein gibt. Aber gerade weil diese Gefahr besteht, muss man ihr durch Wille und Fähigkeit sie abzuwehren, entgegentreten.
Die USA waren einmal ein "gütiger Hegemon"; wir können nur hoffen, dass sie zu diesem Weg zurückfinden; aber sie stehen unter dem imperialen Gebot, ihre Suprematie zu wahren, dem wird sich auch Bushs Nachfolger(in) nicht entziehen können. - Doch das ist ein anderes Thema.
 
AW: 1. September 1939

Ist das Land aber einmal in Sachen Rüstung anderen Ländern weit voraus, besteht die Versuchung sich daraus auch einen Vorteil zu schaffen.

So war es ja auch beim Dritten Reich.

Hallo Ben,

dass Hitler wegen seiner Aufrüstung in Versuchung geraten sein könnte, sich daraus einen Vorteil zu verschaffen, erscheint mir unglaubwürdig.

Ich bin mir sicher, dass Hitler von Anfang an Krieg wollte (trotz jahrelangen Geredes von Frieden) und deshalb masslos aufgerüstet hat. Ihm ging es darum, die Ergebnisse des 1. Weltkrieges (Versailler Vertrag) zu revidieren und dann seinen Hauptfeind, den Bolschewismus, zu vernichten.

Gruss
Hartmut
 
AW: 1. September 1939

Ja, ich sehe das wirklich ähnlich wie Linus, wobei mir jetzt noch ein zusätzlicher Aspekt eingefallen ist: echte Kriege zielen auf Landgewinn ab.

Das überholt sich aber mehr und mehr damit, dass sich auch eher "kleine" Länder wie Japan oder Korea als Wirtschaftsmächte viel stärker in Szene setzen können, als sie es als militärische Macht jemals könnten.

Unser Globus ist inzwischen so "klein", dass die geographischen Expansionsmöglichkeiten für viele Nationen längst lächerlich sind im Vergleich zu den wirtschaftlichen.

Damit wird (meiner Einschätzung nach) das Interesse aller Wirtschaftsmächte am Frieden so groß werden, dass sich tatsächlich mächtige Allianzen bilden werden, die jeden Kriegsansatz ernsthaft unterbinden.

Konkret sehe ich z.B. einfach nicht, dass jetzt akut Portugal seinen Nachbarn Spanien angreift. Diese Grenzen sind gezogen, und sie werden mit der EU und mit dem Internet Schritt für Schritt unwichtiger.

@Lilith: Das mit dem "friedfertig" muss ich noch präzisieren: wir alle hier im Forum können z.B. kräftig miteinander streiten, einander beschimpfen und uns gegenseitig zerfetzen: aber eben nicht mit physischer Gewalt. Das ist ja der Anfang, den wir alle bei uns selbst machen: In früheren Zeiten hätten wir einander jetzt alle persönlich aufgesucht und uns gegenseitig unsere Meinung hineingeprügelt!

Mit "friedfertig" meine ich ja bloß, dass kein Mensch durch physische Gewalt unumkehrbar zu Schaden kommt.

Aber das ist natürlich nur ein Schritt: es gibt auch seelische Gewalt, und es gibt auch wirtschaftliche Gewalt. Aber die nimmt sich die Entwicklung normalerweise nach dem Eindämmen der physischen Gewalt vor. Das zeigen ja auch alle Entwicklungen von Gesetzeswerken: "Liebe deinen nächsten wie dich selbst" stand ja auch nicht gleich in den ersten Versionen der ägyptischen und israelitischen Gesetze... :)

lg Frankie
 
AW: 1. September 1939

der Stärkste von allen (oder die stärkste Gemeinschaft) muss selbst absolut friedfertig sein, und sie muss trotzdem fest entschlossen jeden "Unruhestifter" konsequent in die Schranken weisen, bevor der auch nur annähernd selbst zum Stärksten werden kann.

Bloß darf dabei der friedfertige Stärkste nicht außer Kontrolle geraten, und genau das wird ja durch die Idee der Gewaltenteilung erreicht.

Das liest sich alles sehr schön, frankie.
Probleme entstehen, wenn man versucht, deine Maximen auf konkretes Geschehen anzuwenden.

Nehmen wir mal den Krieg der USA und einiger ihrer Verbündeten gegen den Irak im Jahre 2003. Wer war damals der "Unruhestifter"? Nach Lesart der USA natürlich Saddam, der angeblich über Massenvernichtungswaffen verfügte und den Terrorismus unterstützte. Beides erwies sich nicht nur nachträglich als Irrtum, sondern es war von Anfang an erlogen, um einen Kriegsgrund zu haben. Die UNO war gegen diesen Krieg, die USA scherten sich nicht darum.

Muss man immer zum Mittel des Krieges greifen, um einen "Unruhestifter" konsequent in die Schranken zu weisen?

Was wollen/können wir tun, um einen weiteren Krieg, nämlich gegen den Iran, zu vermeiden? Wollen wir alles dem "gütigen Hegemon" überlassen?

Was können wir tun, um den "friedfertigsten Stärksten" nicht ausser Kontrolle geraten zu lassen? Deine Idee der Gewaltenteilung ist mir jedenfalls zu diffus.

Gruss
Hartmut
 
AW: 1. September 1939

Das liest sich alles sehr schön, frankie.
Probleme entstehen, wenn man versucht, deine Maximen auf konkretes Geschehen anzuwenden.

Sorry, da wurde ich missverstanden. Ich bringe hier keine Maximen, sondern bloß meine subjektiven Einschätzungen langfristiger Entwicklungen. Die USA sind für mich ganz sicher kein Beispiel eines friedfertigen Stärksten. Bitte, sicher nicht!!

Aber dass es z.B. eine EU gibt, deren Währung den Dollar in Grund und Boden drückt, das begrenzt die USA.

Sie können auf jeden Fall nicht mehr uneingeschränkt tun, was sie wollen.

lg Frankie
 
AW: 1. September 1939

echte Kriege zielen auf Landgewinn ab.

Heutzutage wohl kaum noch. Der Globus ist aufgeteilt, wie du ja selbst bestätigst.

Nun geht es um Einflusssphären, um sich Ressourcen zu sichern.

Damit wird (meiner Einschätzung nach) das Interesse aller Wirtschaftsmächte am Frieden so groß werden, dass sich tatsächlich mächtige Allianzen bilden werden, die jeden Kriegsansatz ernsthaft unterbinden.

Solllte man denken. Ich glaube aber, dass im Kampf um die endlichen Ressourcen Kriege eher wahrscheinlicher werden. Ein grosses Aufgabengebiet für die UNO!

Gruss
Hartmut
 
AW: 1. September 1939

@Lilith: Das mit dem "friedfertig" muss ich noch präzisieren: wir alle hier im Forum können z.B. kräftig miteinander streiten, einander beschimpfen und uns gegenseitig zerfetzen: aber eben nicht mit physischer Gewalt.
Mit "friedfertig" meine ich ja bloß, dass kein Mensch durch physische Gewalt unumkehrbar zu Schaden kommt.

Danke für die Präzisierung, der ich mich gern vollinhaltlich
anschließe. Mit Kampf meinte ich in meinem Kontext nur den der Waffen, aber der Kampf mit Worten gegen Argumente, weniger gegen die Person des Argumentierenden - der ist stets erlaubt und oftmals notwendig.
Du hast, @frankie, angespielt auf den Typus der "Neuen Kriege". - Aber das ist ein anderes, eben auch ein neues Thema; nur ändert es nichts am Prinzip:
"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt"
Dem Terror, der Erpressung in bester Absicht der Friedfertigkeit nachzugeben, das bedeutet geradezu Belohnung des Terrors, verschafft dem Terroristen ein Erfolgserlebnis und hat damit für ihn eine Verstärkerfunktion.
Ich halte es mit einem Abgeordneten der frz. Nationalversammlung, der einmal gesagt hat: Ich bin strikt gegen die Tötung von Menschen, mögen bitte die Herren Mörder den Anfang dazu machen.
 
Hallo Ben,

dass Hitler wegen seiner Aufrüstung in Versuchung geraten sein könnte, sich daraus einen Vorteil zu verschaffen, erscheint mir unglaubwürdig.

Ich bin mir sicher, dass Hitler von Anfang an Krieg wollte (trotz jahrelangen Geredes von Frieden) und deshalb masslos aufgerüstet hat. Ihm ging es darum, die Ergebnisse des 1. Weltkrieges (Versailler Vertrag) zu revidieren und dann seinen Hauptfeind, den Bolschewismus, zu vernichten.

Ja, Hartmut,
ich stimme dir zu. Ich denke auch, dass Hitler einen Krieg von Beginn an wollte, noch bevor Nazi-Deutschland stark genug gerüstet war. Der Kern meiner Hypothese bleibt aber derselbe, auch wenn ich mich hier ungeschickt ausgedrückt habe.
Ein Wettrüsten mit Nazi-Deutschland hätte keinen Krieg verhindert. Und hätte es ihn doch verhindert, so wäre Europa in die nächste Wirtschaftskrise geschlittert.

mfg
Ben
 
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AW: 1. September 1939

Ja, Hartmut,
ich stimme dir zu. Ich denke auch, dass Hitler einen Krieg von Beginn an wollte, noch bevor Nazi-Deutschland stark genug gerüstet war. Der Kern meiner Hypothese bleibt aber derselbe, auch wenn ich mich hier ungeschickt ausgedrückt habe.
Ein Wettrüsten mit Nazi-Deutschland hätte keinen Krieg verhindert. Und hätte es ihn doch verhindert, so wäre Europa in die nächste Wirtschaftskrise geschlittert.

mfg
Ben

Lieber Benjamin,

ein Wettrüsten vielleicht nicht. Hitler befand sich ohnehin in einer Art pseudoreligiösem Wahn und hätte auch unter schlechten Bedingungen den Krieg begonnen, wie das Beispiel 1938 gegenüber den Tschechen zeigt. Wäre ihm der Friedenspolitiker Chamberlain damals nicht "zur Hilfe" gekommen, so hätte der - seinerzeit schlechter gerüstet als ein Jahr später gegen Polen und vor allem auch einem wesentlich stärkeren Feind gegenüber - antreten müssen. die Tschechen haben Chamberlains und Daladiers Verhalten nicht ganz zu Unrecht als unglaublichen Verrat empfunden.

Hinzu kommt, was ich glaube ich schon mal in einem Beitrag erwähnt habe, daß sich eine Gruppe von deutschen Offizieren bereits 1938 um Canaris gesammelt hatte, die Hitler für einen Fall des Einmarsches absetzen, einige sogar töten wollten. Das ging natürlich schlecht, nachdem Hitler nicht nur das Sudetenland, sondern auch den Rest des Landes ohne Blutvergießen bekam...

Der einzige, der nicht fröhlich war, war Hitler selbst, den man seinen Krieg vereitelt hat. Dieses Pschogramm macht auch deutlich, daß die Ratio des Rüstens nicht allein maßgebend ist, sondern gelegentlich auch die des Zuschlagens.

@Miriam: Ich denke, wir gehen konform in der grundsätzlichen Auffassung. Du erwähnst ausgerechnet den Getto-Aufstand. Dieser war für mich gerade kein adäquates Verteidigen im Sinne des Themas, eben kein probates Bekämpfen einer gewaltigen Übermacht, sondern ein Akt der Verzweiflung. Er war ja "militärisch" völlig sinnlos, hatte aber freilich eine große Bedeutung für das Gefühl der Opfer nicht nur im Getto selbst. Der hoffnungslose Aufstand zeigt für mich gerade, daß es gar nicht erst so weit hätte kommen dürfen, daß Menschen erst in eine so traurige Lage kommen, in der der kämpfende Selbstmord noch die beste aller Lösungen ist. Auch als die Polen versuchten, die Wehrmacht in Warschau am Ende der Besatzung zu bekämpfen, wurde dies zu einem sinnlosen Massaker (die Russen schauten übrigens tatenlos vor den Toren der Stadt zu). Effektiv bekämpfen konnten Hitler nur diejenigen, die auch die Macht dazu hatten. Und sie haben zu spät damit begonnen, so daß es dann einer weltweiten Anstrengung bedurfte, ihn zu besiegen.

@Lilith: Ich schätze Deine Auffassung sehr und sie ist auch als Grundprinzip menschlichen Miteinanders unerläßlich. Ich finde es auch gut, daß Menschen für andere Wege als die der Gewalt eintreten. Den immer wieder im Forum dafür verwendeten Begriff "Gutmensch" finde ich bekanntlich völlig daneben, auch wenn ich mit vielem, was Linus hier oder Robin im Rechtsextremismus thread schreiben, inhaltlich konform gehe. Wer weiß, wie viele Kriege verhindert worden wären, wenn andere sich ein Beispiel daran genommen hätten. Nehmen wir dazu ruhig mal den 1. Weltkrieg als Beispiel, der im übrigen als Ausgangspunkt den Aufstieg Hitlers ja erst möglich machte. Dieser hätte mit einer solchen friedlichen Gesinnung vielleicht verhindert werden können. Aber die Selbstüberschätzung und das viel zu positive Verhältnis zum Krieg als legitimes Mittel haben das verhindert. Die Folgen sind bekannt.

Es gibt aber Menschen, die von ihrer Dynamik leben, die wiederum gerade in der Schnelligkeit und Rücksichtlosigkeit gegenüber allem Menschlichen liegt. Während die friedliebenden Menschen noch nachdenken, fallen andere den Ursupatoren schon zum Opfer. Gandhi konnte sich gegen die Engländer durchsetzen. Sein Brief an Hitler war völlig wirkungslos...

Gruß
Zwetsche
 
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