• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

What about sports?

R

Robin

Guest
Gesunder Geist - gesunder Körper. In deutschen Landen scheint dies eher ein Gegensatz zu sein. Zumindest beschäftigen sich Intellektuelle nicht gerne mit Sport. Sind sie abgestoßen von der Rohheit, der Kommerzialisierung?
Im englischsprachigen Raum scheint dies anders zu sein. Es gehört fast zum guten Ton, dass amerikanische Schriftsteller zumindest auf Base- oder Basketball stehen. Und die Engländer schreiben Romane über Fußball.

Woher diese Unterschiede?
 
Werbung:
Hallo zwischen den Jahren, Robin

Der Unterschied könnte darin begründet sein, dass im deutschsprachigen Raum nur wenige Sportarten erfunden wurden. Ich sollte es zwar besser wissen, doch fällt mir nur Handball ein (D) und vielleicht noch das Hornussen (CH). Sicher gibt es auch noch einige lustige ostfriesische Sportarten, aber es sind eindeutig zu wenige und das beschämt ;-), darum schweigt man lieber.

In der Spalte Philosophie bist du vielleicht auch falsch mit dieser Frage, weil sie sich nicht unbedingt dazu eignet, ernsthafte Philosophen anzulocken. Es ist eben kein Begriff, um den man sich griesgrämig wie um eine heilige Kuh scharen kann (wie z.B. Glück, Liebe... ), um eine Definition zu kreieren.

Aber zu Sport äusserten sich durchaus schon Leute wie Kurt Tucholsky, Gottfried Keller, Bert Brecht usw.

Und Drehbücher sind auch Bücher, was im Einzelfall sogar als Literatur bezeichnet werden könnte. Sportfilme gibt es neben den unzähligen amerikanischen auch deutsche. (Skifahrer-Heimat-filme, Bergsteiger-Heimat-Filme, Willy-Bogner-Schnee-Filme...) und jetzt sogar noch "Das Wunder von Bern", Sport-Geschichte-Film. Da gibt es den Roman zum Film oder das Drehbuch zum Roman, weiss die Reihenfolge nicht so genau :), aber Siemens/Wortmann sind die Täter.

Der Rest denkt sich vermutlich nur, Sport ist zu wenig intellektuell, um darüber zu schreiben und lässt die Sportler schreiben (Boris, Effe...). Die wiederum denken: "Ich würde ja schon gerne, aber leider kann ich nicht schreiben" und suchen sich einen Schriftsteller, der wenigstens einige Grammatikkenntnisse vorzuweisen hat, so schliesst sich der Kreis auch wieder irgendwie.

Ich weiss, dass du mich für diese wenig ernst zu nehmende Aussage nicht prügeln wirst, hab aber extra etwas Schönes ausgesucht, um dich zu versöhnen (für den Fall, dass doch...
:winken1: ):

Fussballspiel - eines der beliebtesten Kampfspiele der Spätzeit. Es wurde zwischen zwei Mannschaften ausgefochten und bestand darin, einen grossen Ball durch Fusstritte ins sogenannte Goal des Gegners hineinzubefördern. Es wird erzählt, dass die Fussballmannschaften zu internationalen Turnieren reisten, von den Behörden fremder Länder empfangen wurden und dass an den den Spielen folgenden Banketten Reden zum Preise der Völkerverständigung gewechselt wurden. Da mit Kanonen eine Verständigung schwer zu erzielen war, so versuchte man es mit Fusstritten. (Hans A. Moser)

... aber dieser Zitat gehört vermutlich wieder eher in die Spalte Politik .
Das Leben hier ist eben kein Federchen *loooooool*.

Einen wunderschönen Tag :clown2:

PS: Ich würde auf jeden Fall ein Buch über einen Snooker spielenden Sumokämpfer kaufen und mit grösstem Amüsement lesen. Es dürften sich drin sogar einige tiefsinnige Gedanken und grosse Worte versteckt halten ;) .
 
Make koshi für die deutsche Sportphilosophie

Sollte ich mich mit der Sportfrage zwischen den Jahren zwischen die Foren gesetzt haben, Celine? Vielleicht hast du recht. Deine Erklärung ist plausibel. Konsistent. Sicher nicht im Sinne einer stringenten Objekt-Subjekt-Theorie absolut. Aber für eine Frau nicht schlecht...:p

Wie heißt noch einmal der Sport, wo die Ostfriesen große Kugel über topfebene Straßen wuchten? Nicht eben ein Grund zum Stolz, gewiss.

Auch die Aussage des großen Philosophen Linneker (oder war er Stürmer?), dass Fußball ein Spiel ist, wo 22 Leute dem Ball hinterher rennen und am Schluss gewinnen die Deutschen, sollte uns nicht zu überheblich werden lassen.

Vielleicht liegt es ja auch am 3. Reich. Das passt immer. Riefenstahl, olympische Spiele '33, Kraft durch Freude...und schon ist das Thema uns Intellektuellen für immer suspekt.

Aber vielleicht ist ja Sport wie Sex. Schreibt man darüber wird es entweder peinlich oder reizlos. Der Franzose kennt da ja nix. Schreibt über Sex wie ein Brite über Fußball. Ja, ich las sogar von einem neuen intellektuellen Sex-Trend in Paris. Wie steht's damit, ist da was dran?

Und haben Sportler mehr Spaß im Bett? Oder Bettler mehr Spaß beim Sport?
Auweia...:rolleyes:

Warum verdient man in England beim Snooker Millionen? Warum hängen dort Millionen Zuschauer vor den Fernsehern wie bei uns nur bei Gottschalk?
Warum ist Zidane besser als Ballack und Federer besser las Haas?
Worum geht es beim Baseball?

Man sieht, das Terrain ist ein weißer Fleck der Weisheit und eines von erheblichen Ausmaß...

Ich schaue Euch beim Beackern zu und denke so lange über deine Buchidee nach.

P.S. Yokuzuna Musujama, der zwölfache Sumo-Turniersieger, ist zurückgetreten. Und wisst ihr, wo er her kam? Aus Hawaii. Ain't that funny?
 
Aloha Robin-san!

Während ich mir überlege, ob ich dir einen Blumenkranz umhängen soll, oder aber doch lieber einen ausgelatschten Turnschuh nachschmeissen, gebe ich natürlich als hoffnungslos in Harald vernarrte Frau zu, dass mein Grosshirn klein ist und mein Kleinhirn inexistent, dass ich an die Kette gehöre, die Kette in die Küche, die Küche in den Keller und der Keller unter Wasser (bei Harald war vermutlich auch noch Strom an dieser Stelle im Spiel *lol*). Aber die Franzosen sind eben anders! Sie schreiben nicht nur freizügig über Sex, stell dir vor, sie praktizieren ihn auch noch, und um damit nicht allein gelassen zu sein, lassen sie ihren Frauen die Ketten relativ lang. Meine reicht jetzt sogar bis zu dir und ich brauche nicht mal Angst vor Repressalien zu haben. Man bekommt im Leben immer das, was man verdient! ;)

Sport ist natürlich schon eng mit Sex verwandt. Und damit man mich nicht sofort aus der Philosophie verbannt, sage ich auch gleich, dass ich auf gar keinen Fall an komische Verrenkungen denke, wobei die natürlich einem Sportler leichter fallen als einem körperlich Ungeübten und dadurch vielleicht die Kreativität und der Spassfaktor bei Sportlern etwas grösser sein dürfte. Da aber nirgends so viel geschummelt wird wie bei Sex-Umfragen, wäre es sinnlos, eine neue zu starten. Ich dachte bei der Verwandtschaft lediglich an die Hormonausschüttung! Sport/Sex = Glückshormone ohne Ende (leider kann man ab und an in beiden Disziplinen auch gaaaaaanz negative Momente erleben, aaaaaaaaber eben man , uns kann so was nicht passieren *looool*).
Bettler können selbstverständlich auch Spass am Sport haben. Wobei das Wort Bettler so negativ besetzt ist. Aber es gab so eine internationale Fussball-Meisterschaft für Obdach- und Arbeitslose, die dabei eine ganze Menge Spass hatten und z.T. vielleicht seit Jahren zum 1. Mal auch einen anderen Ehrgeiz an den Tag legten, als nur den instinktiven Willen zum Ueberleben. Das fand ich unheimlich schön. Leider weiss ich nicht, ob daraus eine feste Institution wurde/wird, oder die Idee auch den Sparmassnahmen zum Opfer fiel und die Teilnehmer wieder durch das grobmaschig gehäckelte Sozialnetz.
Mal sehen, ob ich darüber mehr in Erfahrung bringen kann.

Die Frage, warum man beim Snooker Millionen verdient, ist nur mit einer Gegenfrage zu beantworten: warum nicht? Akzeptiert man die Millionen der Fussballer, Tennis- und Golfspieler, der Hockeyaner usw., sollte man sie Stevens und Hendry auch gönnen. Solange es Sponsoren gibt... sie versuchen doch auch nichts anderes als den "Ball" zu versenken, den Punkt zu machen. Da sie es nicht mit roher Gewalt und/oder nur mir Technik tun, sondern auch mit Köpfchen und Geometrie, Stil und manchmal Pokerface, macht sie gleichzeitig auch noch irgendwie erst recht edel. Der Stil lockt wahrscheinlich die englischen Zuschauer vor die TV-Geräte. Das kann ich (im Gegensatz zum Reiz von Herrn Gottschalk) nachvollziehen. Da ich in Geometrie grottenschlecht war, fasziniert mich immer wieder, dass jemand in der Lage ist, über mehrere Banden zwischen einer Unmenge von Kugeln die gewünschte Tasche zu treffen. Meine absolute Bewunderung ist ihm sicher. Bei Herrn Gottschalk brauche ich keine Mathe und auch kein Orakel, um vorauszusagen, was er als Nächstes von sich gibt - das ist nicht spannend.

Was es braucht, um von Super-Sportler zum absoluten Superlativ-Sportler zu werden, ist schwierig zu sagen. Reife (nicht unbedingt mit Alter gleich zu setzen), Charisma, tadellos funktionierendes Umfeld und auch Glück. Zidane ist Klasse! Aber vielleicht kannst du mir erklären, wo die Logik ist, wenn ein Weltfussballer des Jahres in europäischer Wertung nur auf Platz 6 landet? Aber Fussball ist nicht mein Thema, du kennst mein Trauma. Ich stehe nur auf Paolo Maldinis Augen, Fabien Barthez Glatze, Olis Charme und Manieren und Kais Rheuma - nur eine Frau eben! ;)

Ob Tommy das Zeug dazu hat, doch noch zu den ganz Grossen zu stossen? 2002 war er als 11. klassiert. Sein Tennis ist gut, wenn er auskuriert ist... den Kampf um den Mammon haben die Gerichte nun auch endgültig beendet... aber die Klasse eines Agassi hat im Moment nur Federer. Die Ausstrahlung auch und die göttlichen Schläge ohnehin. Ich als Orakel würde also sagen, Tommy kann da nicht dagegen anstinken. Tschuldigung.

Aber jetzt geh endlich wieder über die Sumos nachzudenken. Wie sie dann heissen, woher sie kommen usw. ist mir Wurscht, du kannst sie sogar vollkommen abgefahrenen religiösen Gemeinschaften zuordnen. Nur um etwas würde ich dich bitten: in dem Buch keine Abbildungen der unbekleideten Kämpfer. Das ist so Lust killend *loooooool*.
Ach ja, das Trendy-Paris. Keine Ahnung, was in diesem Moment in Sachen Sex angesagt ist, wenn ich mal nach Paris fahre, dann der Mode wegen, dem Flair, der Lebenskunst und der Kunst überhaupt. Meinst du eventuell den neuen Trend der Abstinenz? Als progressiv gilt, wer sich eine längere Auszeit gönnt, weil das die Empfindsamkeit steigert. Davon halte ich nichts *looool*, aber das ist dann schon überhaupt nicht philosophisch, das ist intim. Die Spalte gibt es da aber nicht. Du weisst doch, dass ich die verschiedenen Themen IMMER nur streng getrennt abhandle *looooooooool*.

Rutsche nicht ins Neue Jahr, das kann schmerzhaft werden, ich weiss es, ich habe mir letztes Jahr das Handgelenk auf dem Eis verstaucht und erst noch den Daumen, uiiiiiiii tat das Weh! Also versuche ich es dieses Jahr vielleicht etwas weniger wild und ohne Schlittschuhe. Mal gucken, was der Maître und die Kette so erlauben *loooooool*. Dir wünsche ich nur das Beste, aber das weisst du ja. Und für die Nacht des Jahres? Einen Himmel voll Sterne... jaaaaaaaaa, die elende Romantik, ich weiss...

Tschüss im Neuen Jahr, Robinchen
:clown2:
 
Salut!

Um da schreiben zu dürfen, bekenne ich mich zum exzessiven, olympischen Spazieren - mit und ohne Stöcke, philosophierend oder schweigend, bisweilen auch fluchend.

Hört mal, Ihr sexy-sportlichen Herumtreiber, habt Ihr Euch schon überlegt: wenn wir unser 'stilvolles zu Hause' nicht pflegen, finden uns Marion und Gerd nie mehr. Oder denkt Ihr, sie würden sich gleich ins Tumult stürzen? Sie brauchen eine Basis, ich übrigens auch-grins.

A bientôt!
 
Für das Thema interessiert sich wirklich niemand von den Philosophen - siehste, Robin? Sonst hätten die Millionen Oesterreicher, denen man hier im Treppenhaus, den Gängen und allen Räumen begegnet, schon lange ganz laut rufen müssen:

WIR SIND ES!!!

Es interessiert zwar nicht, aber ich hab's versprochen, also:

Obdachlose spielen in Oesterreich im 4. Jahr schon die Integrations-Fussball-Meisterschaft. "1. Homeless Streetsoccer World Championship" fand anlässlich der "Kulturhauptstadt Europas Graz" letztes Jahr statt und soll nun jährlich wiederholt werden. Es waren 18 Nationen dabei (von St. Petersburg bis nach São Paulo). Alle Kenner des Fussballs würde sicher überraschen, dass die Oesterreicher gewannen ;) . Nur... in dem A-Team waren alle Spieler afrikanische Flüchtlinge. Tja, da erklärt natürlich auch, warum die Oesterreicher unter uns nicht ganz laut riefen :D
 
Es lebe der Spoat (Fendrich)

Ach die Österreicher und Spoat - was soll da schon passieren?
Aber Mozart hat immerhin gerne Billard gespielt. Schob bequem Kugeln auf dem Filz herum und komponierte währendessen die eine oder andere Symphonie.
Was den Fußball betrifft ist es ja ganz traurig. Sie waren ja sooo verzweifelt, dass sie vorübergehend eine Passion für den Matthäus entwickelten. Später nannte man das dann "ein Missverständnis".
Seit Thomas Muster haben sie auch keinen mustergültigen Tennisprofi hervorgebracht. So aus dem Stehgreif fällt mir in der Tat überhaupt keiner ein. Aber wir Deutschen befinden uns dort auch auf dem absteigenden Ast. Ich glaube icht, dass Schüttler seinen Platz halten wird. Und bei Thommy Haas (den ich nie mochte) stimmt was im Kopf nicht. Er drückt sich vor seinem Comeback, so scheint's.
Bleibt nur: Schifoarn! Aber jetzt: Österreicher vor! Findet Verbindungen zwischen Skifahren und Naturphilosophie! Ordnet das Skifahren kulturgeschichtich zwischen dem "Kampf gegen den Berg" und Männermythos ein. Erarbeitet soziologische Funktionen von "Apres-Ski". Oder verbindet Musik und Ski. Wie schon Wolfgang Ambros sang:

"Skifoarn is des Leverste,
was ma sich nua vorstöhln ka-ann!"

P.S: Heißt es: Leverste? Und was ist das?
 
Und hier wieder einer meiner gewohnt praxisorientierten Beiträge. Ich rede nicht über Sport - ich betreibe ihn :)

Erfahrungen eines Umsteigers (1988)
von Johann Kowalczik (Johko)

Irgendwann einmal nach 20 Jahren ausgefüllten Tennislebens war er da - der Schmerz in der rechten Hand, der sich mit jedem Schlag zu einem permanent penetranten Ärgernis aufsummierte und dessen Schilderung von nun an die Tresenkonferenz mit verständnisvollen Clubkameraden bestimmte.Viele abenteuerliche und alles mögliche raubende Vorschläge zur Linderung wurden mir angetragen, woraufhin ich mich nach Überprüfung meiner gesellschaftlich- und geschäftlichen Interessen im Jahre 1986 im zarten Alter von 37 Jahren dafür entschied, mir eine Radikalkur angedeihen lassen zu können: Ich hörte auf, Tennis zu spielen. Gesagt, getan, gelitten!
Irgendwie hatte ich mich daran gewöhnt, einen runden Gegenstand mit einem Schläger über ein Netz zu befördern und außerdem beträchtliches Fachwissen darüber angehäuft. Ich hielt einen Topspin nicht mehr für einen besonders überzogenen Redebeitrag und brachte Dreisatzsiege auch nicht mehr mit ätzenden Textaufgaben aus den früheren Martermatikstunden in Verbindung. Zudem entzogen sich langsam, aber sicher meine Füße meinem spontanen Anblick, und der Spiegel präsentierte mir das (typische?) Bild eines breiten Sportlers. "Eine Nummer kleiner wäre nicht schlecht", fuhr es mir durch den Kopf, und sogleich erhellte ein Geistesblitz meinen Horizont: "Tischtennis, das ist es!" Kurz entschlossen erstand ich einen Ping - Pong - Schläger vom Wühltisch im Supermarkt und marschierte in Nachbars Keller, wo bereits Gleichgesinnte am Werke waren: Über Eck stand da ein Tischtennistisch zwischen Regalen und Bierkisten eingekeilt. Mitten über dem Netz hing eine Kellerfunzel herunter und versuchte mühsam, die Szene zu erhellen - eigentlich fehlten nur noch Revolver, Schlapphüte und Pokerkarten. Spieltaktisch gab es nur die Flucht nach vorn ins Ungewisse, denn hinter einem lechzten Rauhputz und Einmachgläser unerbittlich nach blutigen Ellenbogen und Fingerknöcheln, blauen Flecken und Kleinholz. Also galt: Bauch auf die Tischkante, Arm in wohlgesitteter Tischhaltung angelegt, den Schläger senkrecht zur Platte fixiert und die Rückhand wie einen Kolben im Zylinder vor- und zurückbewegt. Nach circa 40 Minuten war der Mief so dick, daß der Ball trotz optimaler Luftwiderstands-Beiwerte nur noch mit einem turbostarken Staubsauger übers Netz zu locken war. Das war dann das Signal für die Kontaktförderer Doppel und Flaschenbier! Bei wachsender Schwüle entwickelte sich die Aktion zu einer Art "Dirty dancing", und wenn der erste Mitwürgende einen Ball durch bloßes Rülpsen abgewehrt hatte, war Schluß.
Das wurde mir mit der Zeit alles zu feucht, und deshalb beschloß ich, einem Tischtennisverein beizutreten.Ich wußte noch,daß meine Nachbarin früher in der Bundesliga gespielt hatte und borgte mir ihren alten Kork - Schläger - sozusagen als Motivationshilfe. Doch welch ein Aufstand, als ich ihn in der Turnhalle auspackte: Jetzt ginge es nur noch mit Gummi, hieß es, und "das müsse vorne schwarz und hinten rot sein, allenfalls umgekehrt!" Darauf drückte ein wohlmeinender Mitmensch mir einen Spezialkatalog in die Hand, in dem es alle möglichen Modelle gab wie z.B.: Konkav, konvex, anatomisch, gerade, "schnell und gefühlvoll", "für Kompromißlose", "direkt und dynamisch","kontrolliert offensiv" mit "Noppen außen", "Noppen innen" (vielleicht auch ganz interessant?), "langen Noppen", "für lange Kontaktzeiten" und das alles noch in verschiedenen Schwammstärken. (Was soll denn das nun schon wieder? Ein Schelm, der Böses dabei denkt ...) Ich erinnere mich, auch etwas von "Antibelag" gelesen zu haben, aber dann habe ich wohl gedacht, das wäre auch schlicht und ergreifend mit Zahnpasta hinzukriegen. Total verstört und resigniert ob der Vielfalt des Angebots erwarb ich lediglich zwei preiswerte Allroundbeläge, mit denen ich mein mittlerweile doch recht abgenudeltes Gerät aufmotzte. Kurz und schlecht: Schwamm drüber und hinein ins Getümmel!
Neugier macht unvorsichtig und offenbar sieht man bei dieser Sportart grundsätzlich keinem seine Spielstärke von der äußeren Erscheinung her an. Mutig quatschte ich also einen rundlichen älteren Herrn an, ob wir nicht "ein paar Schläge machen könnten?" Auf ein schicksalergebenes "Jaa, warum nicht?" gings auch wirklich sofort los, nachdem dieser seinen Schläger mit einem weißen Schaum eingeseift und sorgfältig poliert hatte. Gleich beim ersten Anblick des Balls sah ich Sterne (3 schwarze), ohne das gleich als böses Omen zu werten. Beeindruckt von der Weite des Raums atmete ich tief durch, holte so richtig aus wie auf dem Centrecourt und und genoß die Ästhetik des gepflegten langen Ballwechsels. Euphorisch gestimmt zog ich in Erwägung, ein "richtiges" Spiel anzuregen - und schon hatte ich den Aufschlag gewonnen! Das war schon immer meine Spezialität: Links hinstellen, in die linke Ecke gucken - darauf mit der Rückhand zielen - und mit gekonntem Dreh den Schläger pfeilgerade diagonal und leicht überrissen nach rechts ziehen ...As! Das kam mir bekannt vor. Jetzt das gleiche noch einmal, allerdings eher unterschnitten ... ein sogenannter Servicewinner, wobei der Rückschlag die Platte deutlich verfehlte. Darauf das ganze seitenverkehrt ...4:0! Zu schlechter Letzt ein kurzer aus meiner Kellerphase .. leider ins Netz! Servicewechsel! Der da drüben erstarrt zur Skulptur Marke Diskuswerfer, und während ich das Spiel seiner nicht vorhandenen Rückenmuskulatur zu erahnen trachte, erregt das Leuchten des Balles auf seinem Handteller unterhalb der rechten Achselhöhle meine Aufmerksamkeit. Jetzt wird die Zelluloidkugel hochgeschnellt und steigt und steigt und...Ein wildes Zucken schreckt mich auf, das ich erst neulich bei meiner Frau bemerkt hatte, als sie ein klebriges Stück Sahnetorte vom dafür bestimmten Heber auf meinen Teller zu bugsieren beabsichtigte. Plopp, plopp, plopp, da rollt derBall schon unmittelbar hinter dem Netz ( leider auf meiner Seite) aus. Der nächste Aufschlag erinnert mich irgendwie an Zwiebelschneiden, wobei ich dem Hintern des Gegenübers anstandslos ein höheres Niveau als seinem Kopf (geographisch gesehen natürlich) bescheinigt hätte, und mein Rückschlag verwandelt die Turnhalle in ein Squashcenter. Der dritte Aufschlag schwebt luftig heran,tropft auf meinen Schläger, dreht dort drei anmutige Pirouetten, tänzelt meinen Arm hinauf und verschwindet letztendlich in meinem rechten Hemdsärmel ... Daraufhin entspannte sich die Lage deutlich und die nächsten Angaben erweisen sich als äußerst human, und ich werde sofort offensiv nach der Faustregel: Je härter das "Ping", desto schlaffer das "Pong"!
Alles Quatsch! Bereits mein zweites "Pong" erschien mir reichlich früh zu ertönen. Kein Wunder, das war es doch nicht mein Schläger, der geräuschte, sondern die Wand hinter mir. Ein nächster Versuch meinerseits zeigt ungewohnt hohes Niveau (ca. 2m über der Netzkante!) und ich habe viel Zeit in Erwartung des kommenden Schmetterballes, die ich mir mit respektvollem Zurückweichen vertreibe ... da kühlt bereits die grüne Platte meine Wangen, deren Kante sich meines Beckenknochens und deren Netz sich gleichzeitig meiner des Instruments beraubten Schlaghand annimmt. Scheiß Stopball: 4:6! Aber ich darf wenigstens wieder servieren! Leider scheint der Kontrahent irgendwie verstimmt: Wippend geduckt wartet er wie weiland Werner, der bodenwellenverschlingende, nicht eingedenk des abrupten Verlustes seiner Horex ... Alles vorbei, abgesehen von der Hoffnung auf ein glückliches "As"! Ich hechte von nun an nach dem Ball wie mit einer Fliegenklatsche nach einer hungrigen Mücke. In purer Notwehr bringe ich einige unkontrolliert defensiv zurück. Zwei erwischen auf unerklärlichen Wegen die Tischkante und drei ergreifen wohl im Flug Eigeninitiative, jedenfalls erschlägt sie ein sichtlich genervter Gegner unter heftigem Kopfschütteln. Einmal gelingt mir ein grandioser Volley, der leider nicht zählt, und dreimal verschlägt mein Spielpartner unter mürrischem Gemurmel! ...5:21, 7:21! Daraufhin änderten sich zwar die Gegner, die Niederlagen jedoch blieben. Endlich gab mir ein Uralt- Routinier einen grandiosen Tip, der meine Erfolgserlebnisse deutlich anhäufte: Ich tue, als wolle ich lediglich trainieren und zähle in Wirklichkeit heimlich mit. Neulich habe ich so einen Satz erst in der Verlängerung mit 29:31 verloren. Das tollste daran war, daß ich ihn sogar mit 35:33 gewonnen hätte, wenn ich nur einen Ball später mit dem Zählen begonnen hätte!
Ich spiele sogar mit dem Gedanken, demnächst die Mannschaft zu verstärken! Sie fragen, wie das angehen soll? Ich lasse mir im Chinarestaurant ein großes Schild anfertigen und stelle mich damit auf den Elbdeich: Was darauf steht? Ganz einfach: Spielertrainer gesucht - Spielstärke ca. Kreisliga Shanghai!
 
Werbung:
:guru: :guru:
Bravo, bravo!

Vielleicht gewinnst du ja jetzt, zu Thimo Boll'schen Zeiten, noch mehr solcher Sätze, weil jetzt gehen sie nur noch bis 11...
:brav:
 
Zurück
Oben