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Prinzip und Neigung

Ohne kreativen oder inspirativen Funken (wo auch immer er herkommt), tut und will man nichts.
Ohne Fähigkeiten, die dann mit Prinzipien zusammenfallen, auch beim einfachsten Kunsthandwerk, kann man nichts.
 
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Das Bewusste möchte das Kunstwerk in seine Prinzipien einordnen, vielleicht besser ausgedrückt als zwingen.
Kann man etwas verstehen, ohne die Prinzipien anzuwenden? Ich "verstehe" teilweise mit Gefühl, welches wohl mehr aus dem
Unbewussten kommt.
 
Kann man etwas verstehen, ohne die Prinzipien anzuwenden? Ich "verstehe" teilweise mit Gefühl, welches wohl mehr aus dem
Unbewussten kommt.
Naja, das hängt wieder daran, was man jeweils unter den Begriffen versteht.
Das Unbewusste kann man locker in ein halbes Dutzend Arten unterteilen und Verstehen ist für Brandom ein zentraler Begriff:
„Unsere Einstellungen und Handlungen zeigen einen verstehbaren Inhalt, der erfasst oder begriffen werden kann, indem er in ein Netz von Gründen eingefügt, indem er inferentiell gegliedert wird. Verstehen, in diesem ausgezeichneten Sinne ist das Begreifen von Gründen, das Beherrschen von Richtigkeiten des theoretischen und praktischen Folgerns (der Inferenz). Wenn wir uns selbst als vernünftig auszeichnen – als diejenigen, die im Raum der Gründe leben und sich bewegen und daher für uns Dinge verstehbar sein können –, dann ziehen wir zur Abgrenzung eine Fähigkeit heran, über die durchaus auch Wesen ganz anderer Herkunft und Verhaltensweise verfügen könnten.“
(Robert Brandom, Expressive Vernunft, 1994, dt.2000,Suhrkamp, S.37)
 
Wenn man alles unterteilt und immer weiter und weiter, verliert man letztenendes das eigentliche Ziel, siehe Quantenphysik, da endet man
im Ungewissen, Möglichen und Verschwommenem, also im sogenannten Unbewussten. Nicht die Trennung ist die "Wahrheit", sondern das Fliessen auf einer Skala, will sagen, das Ineinanderübergehen.
Ich mach mal einen Versuch anhand eines einfachen Bildes, um Übergänge zu zeigen:

P1070158 (464x600).jpg

1. Ganz nett, aber was soll`s?
2. Gekonnt gemalt, die Blüte leuchtet, der Hintergrund abgedunkelt
3. Die Blüte trotzt dem Herbst, da ist was...
4. Hat sie sich selbst gemalt? Wird da etwas bewusst?
5. Gilt das etwa kollektiv? Die Menschheit trotzt dem Absterben?

Dies ist nicht vollständig, soll nur vereinfacht zeigen, was ich meine.
 
Wenn man alles unterteilt und immer weiter und weiter, verliert man letztenendes das eigentliche Ziel, siehe Quantenphysik, da endet man
im Ungewissen, Möglichen und Verschwommenem, also im sogenannten Unbewussten.
Ich sehe das Unbewusste gar nicht als diffuses Ganzes, das irgendwie breiig und unscharf ist, sondern es kann auch klar konturiert sein.
Mein Bild ist eher, dass es mehr oder weniger große Räume, vielleicht sogar Kosmen sind, die man betreten und erkunden kann.
 
Ja, das Unbewusste kann manchmal auch messerscharf sein, hab ich 2x erlebt. Aber meistens braucht es bei mir die Symbolsprache, um es
zu verstehen. Bemerkenswert ist, dass es sogar als selbstverständlich auftreten kann und man es garnicht bemerkt. Erst Andere machen einen darauf aufmerksam.
 
- Das Unbewusste wird von manchen als das beschrieben, was man nicht weiß. Wie hoch ist der K2? Äh ... müsste man gucken.
- Dann ist es für manche das, was man implizites Wissen nennt. Man weiß irgendwie intuitiv, was man tun muss, warum man das weiß, weiß man nicht.
- Das Unbewusste kann vorbewusst sein. Man trifft eine alte Freundin, die sagt: "Weißt du noch, damals, als wir ... ?", mna wusste es eigentlich nicht, aber mit einem Mal ist alles wieder da.
- Das Unbewusste kann, weil es zu gefährlich ist, sexuell oder aggressiv konnotiert, klassisch verdrängt oder verleugnet sein, im Freudaschen Sinn.
- Es kann archaisch sein, in dem Sinne, dass es aus der ontogenetisch präverbalen Zeit stammt und wir dafür keine Worte haben, die es bergen könnten.
- Das Über-Ich mit dem wir gerade identifiziert sind ist uns auch unbewusst.
- Manche vermuten, dass es ein spirituelles Unbewusstes gibt, so eine Art Hintergrund von allem, den man freileigen kann.
- Es könnte sein, dass höhere Stufen der Entwicklung bereits angelegt sind, aber mir noch unbewusst, ich bin da noch nicht.
- das Unbewusste kann sich in Symptomen, Somatisierungen, Träumen und sozialen Problemen äußern, also in Verhaltensweisen, mit denen man nicht ausgesöhnt ist.
- Man kann unbewusst hinsichtlich unserer gesellschaftlichen Produktionsbedingungen sein, als Marx' Thema.
- Man kann ebenfalls das ewas unsere Sprache verbirgt - weil bestimmte Möglichkeiten oder Aspekte durch sie nicht ausgedrückt werden können - als unbewusst bezeichnen.
 
Die ästhetischen Prinzipien entstanden erst im nachhinein, als die Menschen versuchten, Kunstwerke rational zu analysieren und hofften, damit der Kreativität auf die Schliche zu kommen. Das hat sich aber als illusorisch erwiesen.
Was ist an der Kenntnis der Prinzipien illusorisch? Wo und wie genau ist die Reflexion gescheitert?
Als illusorisch sehe ich den Glaube an, dass die Kenntnis der Prinzipien ausreichend wäre, um Kunst zu schaffen. Oder dass man ohne diese Kenntnis der akademischen Prinzipien (Notenkunde, Harmonielehre, Kompositionslehre, Formenlehre, Kontrapunkt, Musikgeschichte) keine Kunst schaffen könne. Gibt es nicht genügend Beispiele von Professoren, die keine großen Kunstwerke zustande gebracht haben und von Künstlern ohne akademische Ausbildung?
 
Als illusorisch sehe ich den Glaube an, dass die Kenntnis der Prinzipien ausreichend wäre, um Kunst zu schaffen.
Das hat hier nie jemand behauptet. Es wäre in meinen Augen auch eine ziemlich dumme Behauptung.
Oder dass man ohne diese Kenntnis der akademischen Prinzipien (Notenkunde, Harmonielehre, Kompositionslehre, Formenlehre, Kontrapunkt, Musikgeschichte) keine Kunst schaffen könne.
Auch das wurde hier an keiner Stelle behauptet. Es wäre genauso dumm.
Gibt es nicht genügend Beispiele von Professoren, die keine großen Kunstwerke zustande gebracht haben
Selbstverständlich. Das hat auch niemand bestritten. Ein Professor ist kein Künstler, ein Künstler kein Professor. Auch wenn beide Begriffe eine Schnittmenge haben.
Künstlern ohne akademische Ausbildung
Ich denke, das ist der Normalfall.
 
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Ich möchte noch einmal auf das Zitat von Marcel Reich-Ranicki zurückkommen:

"Literatur [...] soll den Menschen Freude, Vergnügen und Spaß bereiten und sogar Glück."

Ich würde das auf alle Kunst anwenden und daraus ableiten, dass der Wert eines Kunstwerks daran zu messen ist, wie viel Freude, Vergnügen, Spaß oder Glück es bereitet. Denn es kann sein, dass ein Werk die Gestaltungsprinzipien der jeweiligen Kunstgattung erfüllt, aber trotzdem keine Kunst ist, weil es das oben genannte Kriterium nicht erfüllt, sprich, die Seele weder erfreut, noch beglückt.

Mit anderen Worten, was nützt ein Musikstück, das allen Regeln der Harmonielehre, des Kontrapunkts und der Form entspricht, wenn es fad und langweilig wie eine Prüfungsarbeit ist? Ist das Kunst? Ich würde es als Fleißarbeit und nicht als Kunst bezeichnen.

Deshalb reicht es mir bei einer Rezension nicht, wenn die technischen Merkmale und formalen Vorzüge eines Werks angepriesen werden. Die formalen Aspekte interessieren mich herzlich wenig, solange das Wesentliche dabei unerwähnt bleibt: ob das Werk Freude, Spaß oder sogar Glück verspricht, ob der Kritiker von dem Werk begeistert ist, denn nur dann wäre meine Neugier geweckt.
 
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