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Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Andreas61!

Noch ein Nachtrag, speziell für dich, Frank: Ich bin als philosophischer Laie an philosophische Fragen interessiert, weil mich sehr interessiert, ob es etwas und was es mir/uns für den Alltag geben kann. Deshalb versuche ich es mir auch leichter verständlich zu machen und leichter zu formulieren (daher auch diese Bücher).
Ich kenne dich ja nicht, Frank, aber wie ich grade kurz woanders von dir gelesen habe, scheinst du da an ziemlich spezielle Fragen interessiert zu sein.

Macht nichts, werde es trotzdem demnächst einfacher versuchen... ;)
Danke für Deine Bemühungen! Es muss für mich aber nicht alles ganz einfach erklärt sein - obwohl ich mich natürlich über einfache Erklärungen freue. Ich beschäftige mich seit Jahren mit Kant und denke, dass ich ihn zu 90 % verstehe. Dennoch bin ich mir in Einzelfällen oft unsicher, ob ich ihn verstanden habe. Er schreibt nun mal nicht leicht.
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo PhilippP!

Hallo EuFrank,

die Gottesbeweise richten sich nicht nach dem verstandesmäßigen Erkenntnishorizont, sie verlassen den Bereich der Phänomena (Sinneseindrücke+Verstehen als synthetischer Prozess) und beziehen sich auf das, was Kant mit Noumena (Ding ansich) bezeichnet und dem menschlichen Verstehen nicht zugänglich ist. Nach Kant macht die bisherige Metaphysik den Fehler, über diese Dinge ansich zu spekulieren, wobei das unredlich ist, da der Mensch allenfalls eine vage Ahnung hiervon haben kann, aber eine reine Erfahrung (also etwa der Noumena selbst) durch die zur verstandesmäßigen - und damit beweisbaren - Erkenntnis notwendigen Mischung von Sinnesdaten (a posteriori) und Verstandeskategorien (a priori) verunmöglicht ist.

Glaubensdogmen sind daher zu verwerfen, vielmehr muss der Glaube als oberstes Prinzip aus sich (den Grundsätzen der eigenen Vernunft) selbst erkannt werden. Ebenso moralische Fragen. Nicht durch äußere Einflüsse sind jene zu beantworten, sondern die eigene innere Ethik muss quasi nach außen gekehrt werden.

Soviel in aller Gröbe.

Es grüßt,

Philipp
Danke für diesen Beitrag, der mir schon ein wenig geholfen hat
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Threadteilnehmer!

Danke für Eure Antworten :)! Mit soviel SachKompetenz hatte ich nicht gerechnet.

Ich möchte in Kürze die Diskussion weiterführen.
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo nochmal,

ich würde es mal so sagen: Kant war (respektive ist) vermutlich nicht ohne Grund einer der vernutztesten Philosophen überhaupt. Vom (vermeintlich) erdfesten Empiriker bis hin zum luftigen Idealisten, Kant ist Übervater und autoritative Stütze für jeden, sofern jener Jede nur dreist genug den kantschen Formulierungsreigen in seiner Unklarheit zur eigenen Klarheit hin verklärt.

Es grüßt,

Philipp
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo PhilippP!

Hallo nochmal,

ich würde es mal so sagen: Kant war (respektive ist) vermutlich nicht ohne Grund einer der vernutztesten Philosophen überhaupt. Vom (vermeintlich) erdfesten Empiriker bis hin zum luftigen Idealisten, Kant ist Übervater und autoritative Stütze für jeden, sofern jener Jede nur dreist genug den kantschen Formulierungsreigen in seiner Unklarheit zur eigenen Klarheit hin verklärt.

Es grüßt,

Philipp
Auch mir scheint es so, dass viele Kant für ihre eigenen Meinungen einspannen wollten. Sieht man aber genauer hin, so läßt Kant nur einen relativ geringen InterpretationsSpielraum für seine eigenen Gedanken.
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Threadteilnehmer und Leser!

Liegt es an der Begrenztheit der Erkenntnisvermögen des Menschen, an der Begrenztheit der Vernunft, dass man Gott nach Kant nicht beweisen kann? Oder liegt es an der Beschaffenheit Gottes selbst, dass man ihn nach Kant nicht beweisen kann?
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Kant ist Übervater und autoritative Stütze für jeden, sofern jener Jede nur dreist genug den kantschen Formulierungsreigen in seiner Unklarheit zur eigenen Klarheit hin verklärt.
Spontan meine ich, richtig!
Aber dieses Phänomen der Idealisierung passiert nicht nur bei Kant und nicht nur mit den Philosophen, sondern auch bei anderen großen Persönlichkeiten, von den großen Dichtern bis zu Politikern.
Differenzierung und nicht Verallgemeinerung, Relativierung und nicht Absolutismus halte ich für das Wesentliche, z. B Relativierung mit dem Zeitgeist.

Drei Beispiele dazu mit Kant:
Seine Definition der Aufklärung ist aktueller denn je: Appell zur Mündigkeit und Unabhängigkeit, sich nicht von anderen (Meinungen) abhängig machen lassen, mehr auf sich selbst vertrauen usw.: Das sind doch auch Inhalte der 68er beispielsweise! Oder ich sehe darin auch Grundsätzliches bei Simone de Beauvoir, einer Vertreterin des Existenzialismus, die meint, dass das Los der Frauen auch, aber nicht nur von der durch Männer bestimmten Kultur abhängt, sondern dass sie auch Eigenverantwortung tragen müssen.

Der Kategorische Imperativ ist hingegen ziemlich umstritten: Nietzsche reagierte wütend darauf (eine Erpressungsideologie der Unterschicht).
Und gerade heute in Zeiten der Zuwanderung erleben wir das Problem mit solchen absoluten Werten, die für alle Zeiten gelten sollen und nach Kant kulturunabhängig seien.

Und drittens liegen auch Widersprüchlichkeiten in der Person Kants. Er äußerte sich öfters abfällig gegenüber den Juden und folgte damit dem Zeitgeist des 18. Jahrhunderts. Von einem großen Vertreter der Aufklärung erwartet man sich zu Recht nicht gerade solch eingegrenzte Vorurteile.
Andrerseits gehören aber gerade prominente Juden wie Moses Mendelssohn oder Markus Herz zu seinen engeren Freunden, ebenso wie seine jüdischen Studenten, mit denen er bestens auskam. Kant hat aber diese Ablehnung der Juden nicht zu einer philosophischen Ideologie gemacht und wurde auch deshalb nicht für andere Ideologien missbraucht (wie etwa Nietzsche mit seinem Übermenschen von den Nazis).

Auch bei anderen großen Philosophen wie auch bei wahrscheinlich allen großen Persönlichkeiten ist solche differenzierende Kritik möglich, zulässig und wünschenswert.

Liegt in solchen Widersprüchlichkeiten nicht auch zugleich ein Trost für uns gewöhnliche und schwache Menschen?

lg
Andreas
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Liegt es an der Begrenztheit der Erkenntnisvermögen des Menschen, an der Begrenztheit der Vernunft, dass man Gott nach Kant nicht beweisen kann? Oder liegt es an der Beschaffenheit Gottes selbst, dass man ihn nach Kant nicht beweisen kann?

die Frage hat es in sich

1) 'denken und SEIN sind dasselbe'
PARMENIDES würde nicht bezweifeln, daß man Gott denken kann​

2) reicht unser Sprachvermögen aus,
um das gedachte SEIN (darunter Gott) zu besprechen?

zumindest die indogermanische Sprachfamilie hat große Probleme,
nicht-dualistisches Denken verständlich darzustellen

Stichwort Mythos
ein Mythos ist eine Geschichte,
in welcher die ursprünglich hintereinander geschehenen Ereignisse,
gleichzeitig interagieren​

3) KANT hat nicht so weit (Punkt 1 und 2) gedacht,
daher seine Unterscheidung von vorher und nachher

er steht aus christlicher Sicht für den Beginn des Nihilismus
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Man darf nicht vergessen das Kant auch nur ein Mensch war. Vielleicht stand ihm gerade sein hoher Verstand oft im Weg.
Ich denke es ist viel wichtiger Gott zu finden, als ihn beweisen zu wollen.




Hallo Threadteilnehmer und Leser!

Liegt es an der Begrenztheit der Erkenntnisvermögen des Menschen, an der Begrenztheit der Vernunft, dass man Gott nach Kant nicht beweisen kann? Oder liegt es an der Beschaffenheit Gottes selbst, dass man ihn nach Kant nicht beweisen kann?
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Threadteilnehmer und Leser!

Liegt es an der Begrenztheit der Erkenntnisvermögen des Menschen, an der Begrenztheit der Vernunft, dass man Gott nach Kant nicht beweisen kann? Oder liegt es an der Beschaffenheit Gottes selbst, dass man ihn nach Kant nicht beweisen kann?

Es liegt an der Beschaffenheit der 'reinen Vernunft' - laut Kant, die einzige 'Instanz' die etwas zwingend beweisen kann: "Ich bin zwar nicht der Meinung, ...daß man hoffen könne, man werde dereinst noch evidente Demonstrationen der zween Kardinalsätze unserer reinen Vernunft: es ist ein Gott, es ist ein künftiges Leben, erfinden. Vielmehr bin ich gewiß, daß dieses niemals geschehen werde. Denn, wo will die Vernunft den Grund zu solchen synthetischen Behauptungen, die sich nicht auf Gegenstände der Erfahrung und deren innere Möglichkeit beziehen, hernehmen?"
Kant in seiner "Kritik der reinen Vernunft" http://[?633]HYPERLINK "/Philosophie/K/Kant-W+Bd.+4-0634.png"[634?] </Philosophie/K/Kant-W+Bd.+4-0633.png>

Dass von solchen Überlegungen sein eigener Glaube unbeeindruckt war, führt er dann in der "Kritik der praktischen Vernunft" aus, wo er zwar die Unbeweisbarkeit weiterhin gelten lässt, es aber im Sinne einer gesunden Moralität für notwendig hält, das was mit dem Herzen geglaubt wird, auch zu praktizieren.

manni
 
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