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Fremder Osten

R

Robin

Guest
Der Streit um den Grand Prix ist ja wirklich zu läppisch, um sich damit zu beschäftigen.
Aber er brachte mich auf einen Aspekt, der mich ab und an beschäftigt: Die Entfremdung vom Osten.
Nach der Widervereiniguung und dem Zusammenbruch des Ostblocks, stellte man ja fest, dass man kulturell so einiges mit Osteuropa zu tun hat: Sitten und Gebräuche, Essen, um nicht gar die geheimnisvolle Mentalität zu nennen.
Fahre ich aber nach Prag oder Budapest, bin ich ernüchtert: Ich spüre keine Bindung. Nach Polen fahr ich erst gar nicht, obwohl nur 100km entfernt.
Hör ich von Russland in den Medien, wird mir gar Unheimliches suggeriert. Oligarchen, Patriarchen und überhaupt finsteres Männertum. Nicht mal Wladimir Kaminer in Berlin ist mir sympathisch. Nichts will ich damit zu tun haben, außer ab und an Tschaikowski und Mussorgsky zu hören.

Aber abgesehen von meiner persönlichen Ignoranz: Wie kann es sein, dass die Verbindungen zum Osten so gründlich gekappt sind? Und wie lange wird es dauern, bis da wieder was zusammen wächst.
 
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AW: Fremder Osten

ja, robin, das kann ich nachempfinden.
irgendwie scheint es für mich so zu sein, als ob die menschen dieser länder "anders tickten".
das merk ich auch, wenn ich mit meiner ungarischen freundin beisammen bin.
mit ihr komm ich schon wunderbar klar - sonst wär sie ja nicht meine freundin.
aber ich merke an den anderen leuten, dass eine ganz andere einstellung zum leben allgemein zu herrschen scheint......irgendwie ein großer "fatalismus".

das wär zwar nichts, was es in unserem lande gar nicht gäbe, aber doch ist er irgendwie anders. sooooooo obrigkeitshörig, wie die leute im osten, sind wir im westen nicht (mehr). dazu sind wir ja schon viel zu eigenständige "käufer" und damit partner unserer obrigkeit (=der wirtschaft) geworden.
und genau diesen umstand gibt´s beim normalen volk in den ostländern (noch) nicht.......denn der/die einzelne hat dort schon noch das gefühl, nicht wirklich was mitbestimmen zu können....und sich auch sonst nichts schaffen zu können......und sich natürlich auch nicht wirklich einbringen zu können.....also total abhängig zu sein.......und so neben der vorgegebenen realität noch eine zweite, kleine, private innerhalb der nachbarschaft betreiben zu müssen.
denn untereinander läuft dort viel mehr, als hier.
da stehen die leute schon zueinander und helfen sich aus. weit mehr als hier.
denn sie brauchen´s ja auch, sind ja darauf angewiesen.
 
AW: Fremder Osten

Robin schrieb:
Aber abgesehen von meiner persönlichen Ignoranz: Wie kann es sein, dass die Verbindungen zum Osten so gründlich gekappt sind? Und wie lange wird es dauern, bis da wieder was zusammen wächst.

Ich denke, dass du diesen Satz eigentlich nur auf Ost- und Westdeutschland beziehst - was aber bei all dem Östlichen das du aufzählst nich genug deutlich wird. Denn für das Östliche allgemein würde sich für mich die Frage stellen warum das alles zusammenwachsen sollte?

Bei aller Sympathie bzw. Interesse für das Thema und auch für die Verfasser der Beiträge: den Osten gibt es rein geographisch - aber keineswegs als eine gemeinsame Mentalität. Es besteht vielleicht der eine gemeinsame Nenner für den Betrachter aus dem Westen: er kann Vieles nicht durchblicken, vieles erscheint ihm fremd, genau so wie der Westen einem fremd erscheint wenn man fürs erste mal aus dem Osten herkommt.

Na ja, ohne Euch zu nah treten zu wollen: in Rumänien zitierte man gerne diesen reellen Satz, der irgendwann in einem Text zu lesen war: "Bukarest ist die Hauptstadt von Budapest".

Nun, für den in Rumänien oder Ungarn oder sogar in Tschechien Geborenen ist, besser gesagt war Russland genau so fremd und nicht durchschaubar wie für den Westen. Ich sagte war, denn danach folgten die Jahre der unfreiwilligen Annäherung, die aber natürlich auch nur ein subjektives Bild vermitteln konnten.

Gruß

Miriam
 
AW: Fremder Osten

Ich denke, dass du diesen Satz eigentlich nur auf Ost- und Westdeutschland beziehst - was aber bei all dem Östlichen das du aufzählst nich genug deutlich wird. Denn für das Östliche allgemein würde sich für mich die Frage stellen warum das alles zusammenwachsen sollte?

Nein, ich rede überhaupt nicht von Ostdeutschland. [Ich meine: Ich lebe in "Ost"deutschland. Mit Ostlern in einerm Haus und Bett...) Warum da was zusammenwachsen sollte? Weil's vielleicht Europa ist?
Weil es doch auch schön wäre, so nonchalant mit der osteuropäischen Kultur zu hantieren wie mit der französischen, englischen usw.
In Berlin lebten in den 20ern 10tausende Russen - darf man das nicht als etwas Vergangenes thematisieren?
 
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AW: Fremder Osten

denn untereinander läuft dort viel mehr, als hier.
da stehen die leute schon zueinander und helfen sich aus. weit mehr als hier.
denn sie brauchen´s ja auch, sind ja darauf angewiesen.
Und sie schließen sich dabei auch ein bisschen nach Außen ab, so mein Eindruck.
Es mag ja unseriös sein, zu verallgemeinern, aber bei dem Thema sind subjektive Beiträge gerne zugelassen.
Andererseits habe ich es bei Geschichte reingestellt, weil vielleicht jemand auch historisch Stellung beziehen will. :blume1:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Fremder Osten

Und sie schließen sich dabei auch ein bisschen nach Außen ab, so mein Eindruck.
Es mag ja unseriös sein, zu verallgemeinern, aber bei dem Thema sind subjektive Beiträge gerne zugelassen.
Andererseits habe ich es bei Geschichte reingestellt, weil vielleicht jemand auch historisch Stellung beziehen will. :blume1:

ja, weiß nicht, ich bin ja immer sowas von wissensmäßig unbeleckt, dass mir nix anderes bleibt, als meine eigene erfahrung....und die meint, dass es bei den "ostvölkern" geschichtlich bedingt fast immer ( oder sehr lange) sowas wie "fremdbestimmung des volkes" gab. das volk war doch irgendwie den obrigkeiten (patriarchen) untertan. so war´s in russland, in ungarn (leibeigene)...und auch bei uns im burgenland.
sowas wie eigenes selbstbewusstsein beim "kleinen mann" gab´s da nicht.
nicht dass das in der österreichischen k.u.k. monarchie so ganz anders gewesen wäre - aber in den ostländern war´s halt noch ein bisschen (oder viel) mehr.....und dann kam da der kommunismus, der munter auf der bravheit des volkes weiter aufbauen konnte.

wenn ich mir so einen burgenländer oder einen tiroler anschaue, dann gibt´s da schon ganz große unterschiede im standesbewusstsein.

und bei uns im burgenland waren die esterhazy´s auch lange die alleinherrscher. danach übernahm für lange zeit der sozialistische landespatron die unumstößliche macht....erst jetzt bricht dieses "fraglos brav sein" und "angepasst sein" und "keine umständ machen" der bevölkerung langsam auf.
 
AW: Fremder Osten

hallo, miriam!

ich meine, da gibt es schon paar zusammenhaltende faktoren, die geschichtlich und ethnisch begründet sind.
z.b. sind fast alle osteuropäischen länder 40 jahre teil des sowjetsystems gewesen. wenn man osteuropa in einen nordslawischen (polen, tschechien, ungarn, slowakei) und einen südslawischen teil (ehemaliges jugoslawien, bulgarien, albanien) untergliedert, stellt man sogar fest, dass religionszugehörigkeiten sowie sprachen relativ ähnlich sind (klammern wir dabei mal ungarn und rumänien aus). die südslawischen staaten haben alle türkische einflüsse, da z.t. mehrere jahrhunderte von osmanen besetzt.
 
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AW: Fremder Osten

Wie kann es sein, dass die Verbindungen zum Osten so gründlich gekappt sind? Und wie lange wird es dauern, bis da wieder was zusammen wächst.

Du irrst Dich, Robin. Die Verbindungen zum Osten sind keineswegs gekappt. Westeuropa weiss sehr genau, dass es rohstoff- und energiemässig vom Osten abhängig ist. Das sieht man am besten, wenn es mal wieder einen Gipfel zwischen Merkel und Putin gibt, wie jetzt gerade. Die Merkel ist da m. E. immer in der Defensive.

Abgesehen von Merkel und Putin, habe ich selbst ein ziemlich ungetrübtes Verhältnis zum Osten. Das liegt vielleicht daran, dass ich häufiger mit Tschechen, Polen, Ungarn, Russen etc. zu tun hatte als mit Amerikanern.

Gruss
Hartmut
 
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