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Andreas61
Guest
Ich glaube, für uns alle, vom Jugendlichen bis zum Pensionisten und zur Pensionistin, vom Fernsehsüchtler bis zum Fernsehverweigerer, ist dieses Thema immer wieder neu und unerschöpflich, ist v.a. einschneidend für unser Leben ...lieber andreas,
das was du hier erzählst, ist für mich hochinteressant!
möchtest du vielleicht dazu einen eigenen thread aufmachen, um ausführlicher zu berichten?
Deshalb habe ich mich doch noch entschlossen, einen eigenen Thread zu eröffnen, wie Kathi es vorgeschlagen hat, auch wenn das Thema im Denkforum schon ausgiebig diskutiert wurde. Es gibt ja doch auch immer wieder neue User mit neuen Ideen und neuen Erfahrungen und neuen Fragen dazu.
Und für mich ist dieses Problem uralt und doch immer wieder ganz aktuell.
Kann man echt fernsehsüchtig sein? Ich meine so richtig physisch und nicht nur psychisch, ähnlich wie etwa beim Zigarettenkonsum?
Hat der Fernsehkonsum gravierende Auswirkungen auf uns, negative, positive? Auf unser Verhalten, auf unsere Beziehungen und unsere Beziehungsfähigkeit, auf unsere Bildung, auf unsere ganze Persönlichkeit?
Welche Erfahrungen und welche Tipps gibt es dazu?
Ein paar Antworten dazu habe ich vor kurzem erst wieder gelesen, v.a. in der aktuellen Zeitschrift „gesund + leben“, im Artikel „Fernsehen ade“ (ÄrzteVerlag, Hinterbrühl, NÖ, Heft 9/2007).
Wie so oft können wir aber natürlich nicht eine "Lösung" finden, jede Information wirft nur wieder eine Reihe von neuen Fragen auf. Jeder muss und kann nur für sich selber entscheiden, zu unterschiedlich und vielfältig sind die Voraussetzungen.
Der Kommunikationswissenschaftler Peter Sicking unterscheidet 3 Typen der Fernsehsüchtigen, siehe http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/80984/index.html
Interessant dazu finde ich dort u.a.:
Fernsehverweigerer sind informiert und meist gebildet
Manche sind zu beschäftigt, ideologisch geprägt oder üben eine Art "Entziehung"
Drei Viertel der Fernsehverweigerer haben Abitur, mehr als die Hälfte ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
"Nicht-Fernseher sind oftmals besser informiert als Menschen, die fernsehen, weil sie andere Massenmedien wie Printmedien und Hörfunk wesentlich stärker nutzen".
Aus "Fernsehen ade", s.o.:
Für Sicking, der ursprünglich von „ideologischen“ und „aktiven“ Fernsehverweigerern ausging, war das überraschendste Ergebnis die große Gruppe der Suchtgefährdeten. Merkmale der Fernsehsucht sind Unruhe bis Unwohlsein, Aggressivität, Lustlosigkeit und Passivität, wenn kein Fernseher läuft oder es ruhig ist, sofortiges, reflexartiges Einschalten des Fernsehers, sobald man nach Hause kommt…
Fernsehsüchtig macht uns laut Experten die sogenannte Orientierungsreaktion. Bei einer Bewegung oder einem Geräusch wird unsere Aufmerksamkeit sofort auf die Quelle gelenkt. Das Gehirn interpretiert die Fernsehbilder als Bewegung, vor allem Schnitte zwischen Szenen werden als Bewegungen wahrgenommen und fesseln besonders unsere Aufmerksamkeit.
Der Körper wird dadurch in einen Ruhemodus versetzt, wobei aber das Gehirn zu arbeiten beginnt und sich auf die Aufnahme von Informationen vorbereitet. Ist der Fernseher dann plötzlich aus, bleibt der Zustand aber noch eine Weile erhalten, der Körper befindet sich weiter im Ruhemodus – darum fühlt man sich schlapp und kraftlos, das Gehirn bekommt plötzlich keine Reize mehr. Das entspricht genau dem Abklingen einer Droge, da der Entzug plötzlich eintritt, abrupter als bei den Drogen.
Dazu Psychotherapeutin Münker-Kramer (aus Krems): Einsamkeit, Depression, Überforderung – all das kann zu exzessivem fernsehen als Suchtmittel führen. Ein Suchtmittel übrigens, dessen Krankheitswert oft nicht gesehen wird, weil Fernsehen gesellschaftlich kaum bis gar nicht hinterfragt wird.“
Fernsehverweigerer berichten von den Vorteilen: Zeitgewinn, intensivere Lebenserfahrungen, Zufriedenheit, innere Freiheit und Ruhe, mehr Wohlbefinden. Nur die Gruppe der aktiven Nichtfernseher beklagt teilweise gelegentliche Informationsdefizite.
Münker-Kramer: „Fernsehverweigerer sind meist Menschen, die andere soziale Werte haben als der Durchschnitt. Sie kultivieren die klassischen Tugenden der Gemeinsamkeit und Kommunikation. Eine Familie, die vor dem Fernseher zum unkommunikativen Halbkreis wird, wird durch Fernsehabstinenz zum vollen Kreis mit weniger Suchtverhalten und mehr Fantasie und Kreativität.“
So weit der Auszug aus dem Artikel "Fernsehen ade".
Wie kann man damit praktisch umgehen, wie ist das umsetzbar? Bei Geocities, wo auch über dieses Problem berichtet wird, habe ich Folgendes gefunden:
Aber mit dem Abschaffen des Fernsehgerätes ist den Kindern, nach Sickings Meinung, auch nicht geholfen. Viel wichtiger ist es, ihnen einen kompetenten und verantwortungsvollen Umgang mit dem Medium beizubringen. Denn in unserer Gesellschaft ist es fast unmöglich, sich dem Fernsehen völlig zu entziehen. Kritische Medienkompetenz heißt deshalb das Lernziel, auf das Eltern heute hinarbeiten sollten. Für den Medienkonsum gelte zwar das Motto "weniger ist mehr", sagt der Erziehungswissenschaftler Horst Opaschowski, doch sei ein maßvoller Fernsehkonsum "eine durchaus sinnvolle und befriedigende Tätigkeit". Wer allerdings Probleme mit seiner eigenen Medienkompetenz hat, dem sei das Buch von David Burke nahe gelegt, das den bezeichnenden Titel trägt: "Get a Life". http://www.geocities.com/hoefig_de/Verschiedenes/Spektrum/Fernsehgewohnheiten.html
Wem das ein Anliegen ist, der/die ist gefordert: Ideen haben, Bereitschaft zur Selbstüberwindung, für sich geeignete Alternativen finden …!
Eine Familie hat das für sich so gelöst:
«Ich bin eine absolute Fernsehverweigerin.
Ich will im Wohnzimmer nicht
Immer dieses Gerät anstarren müssen.
Deshalb haben wir für unseren Apparat
ein spezielles Zimmer im Dachstock
unseres Hauses eingerichtet. Wer in
unserer Familie fernsehen will, muss
also einen bewussten Entscheid treffen
und die Treppen hochsteigen. Meine
sechzehnjährige Tochter sieht deshalb
relativ wenig fern. Gelegentlich schaut
sie mit Schulkameradinnen DVDs. Weit
mehr Zeit als vor dem Fernseher, verbringt
sie am PC. Dort unterhält sie sich
oft stundenlang mit ihren Bekannten
über Alltagsprobleme.» Eva, 46
http://www.swissfamily.ch/PortalDat.../Familiendossier/Familien-Dossier_Juni_07.pdf
Lg
Andreas
P.S.: Ich habe dazu im Internet auch noch einige andere interessante Informationen gelesen, auf die ich für besonders Interessierte im nächsten Beitrag durch Links hinweisen möchte.