AW: Eine ungelebte Zeit?
Es ist seltsam. Wir lehren uns gegenseitig alles mögliche, die Kinder sollen immer früher immer mehr lernen und die Erwachsenen beschäftigen sich mit allem möglichen, aber die grundlegenden Dinge bleiben unklar. Es bleibt unklar, wie man den Tag so verbringen kann, dass das Denken sich nicht am hätte, währe , wenn festbeißt. Erst nehmen wir dem Kind diese Fähigkeit weg, und dann soll es sie im Laufe seines Lebens wiederfinden. Aber dann ist das Netz aus Vergleichen schon gesponnen. (Vielleicht kann man dieses Netz bildlich mit Vernetzungen der Nervenzellen beschreiben. Gleichsetzungen. Muster.)
Wie bringt man die Bestrebungen des ICH´s als sich abgrenzendes, vielleicht gar nur aus Widerständen (gegenüber dem Außen) bestehendes Ich-Bewußtsein in Harmonie mit den Bestrebungen des Lebens als Organismus (der sich scheinbar im „es ist“ ausdrückt). Wir verlassen uns auf Philosophen und Religionen, aber wie man das tatsächlich erlebt, das finden noch nichteinmal viele eher durch schwere Krisen (des Ich´s) so nach und nach heraus. Wahrscheinlich kann man diese Antworten auch nicht lehren, wahrscheinlich gibt es da auch keinen einfachen Dreisatz, sondern kommen sie erst im Laufe der Erlebnisse. Es ist schade, dass man Kinder nicht in der Gewissheit aufwachsen lässt, dass die Antworten durch das Leben kommen. Wir denken, wir müssten die Antwort vorher wissen, um dann leben zu können. Das ist für mich unser zentrales Problem.
vom Aktivdenker: Das Leben ist wie eine endlose Generalprobe einer Veranstaltung, die niemals stattfindet. Und damit entscheidet man sich, ob man nun mitspielen oder nur zuschauen möchte.
Ja, das finde ich zutreffend. Es wird keine Premiere geben. Trotzdem tun wir den ganzen tag nichts anderes, als müssten wir uns darauf vorbereiten. Wie das nur entsteht?
vom Saitenhexer:die sehnsuchtsvollen Gedanken an Vergangenes resultieren wohl aus der menschlichen Eigenschaft, die Vergangenheit zu verklären und überwiegend an das Positive zu denken.
Ja, vielleicht ist es wirklich so und man vergisst das nur. Und erwartet von heute dass es ebenso wird. Nur das sich heute nicht um die Schwierigkeiten bereinigt leben lässt.
von kathi: habe lange überlegt, ob ich dir überhaupt antworten soll....denn gerade mir und meinen aussagen wirst du wahrscheinlich mit der größten skepsis gegenübertreten
Ich lese sie eigentlich nicht mehr, weil ich nicht nur bei dir, sondern auch bei anderen immer nur Antworten sehe. Ich hab aber den Eindruck, man macht sich etwas vor, wenn man sein Erleben der Welt mit Antworten festhält. Ich kann für mich meine Welt nicht in Standpunkten strukturieren und dann das was jeweils neu hinzukommt, dort irgendwo einordnen. Für mich haben diese Erkenntnisse wie „lebe im hier und jetzt“ oder das was ich hier zusammenphantasiere nur eine gewisse Zeit einen Sinn, sie sind dann eine Art Erklärungsmodell, damit ich mit dem was ist, klarkomme. Aber im nächsten Moment zerfällt das wieder. Der Inhalt dieser Erkenntnisse ist ja nicht „da“, sie sind vielleicht der Versuch, mit der Welt zurecht zu kommen. Je weiter ein Mensch in diesem „ich weiß wie leben ist“ lebt, umso erstarrter wirkt er auf mich. Dich mag ich deshalb nicht, weil ich dich als Plastikblume empfinde. Vielleicht haben andere Menschen andere Antennen, deshalb sag ich das nicht als Wertung, sondern nur für mich. Vielleicht bin ich ja für dich ein zu früh geernter Blechabpfel (der schäppernd zu Boden fällt und hol ist).
@ Pispezi, ich mache das ähnlich, ich beschäftige mich meist mit Projekten, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen...und suche mir immer wieder auch ganz neue Felder. Trotzdem empfinde ich das im Moment als mechanisch, weil ich merke wie ich dabei vorgehe. Vielleicht kann man allgemein sagen dass "etwas neues einladen" mehr neue Erfahrungen bringen kann und man damit eher die chance auf ein erfülltes leben hat, als wenn man bekanntes wiederholen will.
Vielleicht entsteht der Eindruck, dass man eine bestimmte Zeit ungenutzt verbringt tatsächlich nur, weil man seine Vergangenheit bewertet und dann eine um das Unangenehme bereinigte Summe an Erfahrungen nach vorne projiziert... und das dann einfach zu hohe Erwartungen erzeugt. Irgendwie vermute ich aber, dass es noch mehr ist.
*grübelnd*
Bernd