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Wie steht ihr zu Weihnachten?

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Rhona

Guest
Heute fiel mir auf, dass in gut 3 Wochen wieder mal der 1. Advent ist.
Abgesehen davon, dass man schon, wie in jedem Jahr, seit Ende August Lebkuchen, Marzipanbrote, Spekulatius und Christstollen kaufen kann und dass das Wetter alles andere als winterlich ist, ist mir dieses Jahr Weihnachten irgendwie zuwider.
Mag sein, dass private Gründe eine Rolle spielen, aber die allein sind es nicht. Vor vielleicht 2 Jahren ging mir zum ersten Mal durch den Kopf, dass Weihnachten eigentlich nur ein Fest für psychisch Stabile, intakte Familien, Gesunde und Zufriedene ist. Für alle anderen ist die Vorweihnachtszeit und das Fest ein Härtetest, den es zu bestehen gilt. Doch wie soll das gehen, wo doch all die Instabilen, Familienlosen, Kranken und Zweifler schon durch den Monat November und all die "stillen" Feiertage angeschlagen sind? Wundert es dann, dass gerade an Weihnachten die Suizide, Familientragödien und Exzesse vorprogrammiert sind?
Wo ist der Reiz des Weihnachtsfests geblieben? Ist es wirklich nur noch ein Fest für Kinder und Kommerz?
Als ich noch klein war, fieberte ich Weihnachten spätestens ab Ende der Herbstferien entgegen, schrieb Wunschzettel, übte Gedichte und schreckliche Lieder auf der Blockflöte. Ich liebte diese Heimlichtuerei, sogar das krampfhafte Versuchen "brav" zu sein, weil sonst der Nikolaus oder das Christkind nicht kommen würden. Ich fand Adventkalender spannend, sogar so spannend, dass ich sie immer mit der Rückseite gegen das Licht hielt, um zu sehen, was hinter den anderen Türen versteckt war. Ich mochte Tannenduft und das Licht von brennenden Kerzen auf dem Adventkranz. Ich liebte einfach die Stimmung und Atmosphäre, die diese Zeit mit sich brachte........Und am meisten liebte ich den Heiligen Abend, mit alldem, was dazugehörte.
Heute denke ich mit Unbehagen an die kommende Adventzeit und Weihnachten. Wenn es nach mir ginge, dann würde alles, was mit Weihnachten auch nur im entferntesten zu tun hat, gestrichen, abgeschafft, verbannt und aus den Kalendern, Herzen und Köpfen ausradiert. Nur so kann Weihnachten niemandem mehr Weh tun.

Rhona
 
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Ich kann dich gut verstehen, Rhona.
Man könnte Weihnachten tatsächlich wie eine Prüfung verstehen. Viele Leute haben ja Prüfungsangst - insbesondere, wenn sie schlecht vorbereitet sind.
Andere sind perfekt vorbereitet, sie haben sich alles angeeignet, was nötig ist, alles scheint in Ordnung - und trotzdem hassen sie diese Situation, die Situation der Prüfung.
Und das seltsame ist: Die Menschen sind Prüfer und Geprüfte in einem. Sie stehen vor sich selbst stramm, legen an sich sich selbst Maßstäbe an. Viele bestehen auf sinnlosen Ritualen, von denen sie wissen müssten, dass sie im Fiakso enden müssen - und trotzdem ziehen sie es durch.
Warum? Weil sie meinen, ohne das alles wäre es noch schlimmer? Oder ist es die Zeit der Selbstbestrafung, ein Resumee für das gefühlte eigene Versagen, das sich im Laufe des Jahres angesammelt hat. Eine Negativbilanz, die als masochistischen Beweis das Versagen an Weihnachten braucht?

Nein. So läuft das nicht ab, auch wenn es schaurig schlimm klingt. Die Wahrheit ist: Es läuft irgendwie ab, jedes Jahr von neuem, keiner weiß warum.
Ich habe etliche Jahre Weihnachten ignoriert, nachdem ich noch viel mehr Jahre Fiakos erlebt habe - die glücklichen Kinderjahre ausgenommen.
Jetzt gibt es da einen Jungen, der sich auf Weihnachten freut und eine neue Familie. Hier geht es entspannter zu. Und wird doch jemand kommen und eine Prüfungssituation heraufbeschwören, werde ich einfach nicht hinhören, mich nicht darauf einlassen, mir sagen: Es gibt hier keinen Wettkampf, keine Jahresprüfung. Es ist auch kein Fest der Liebe. Es ist Geselligkeit mit Sympathie und einem Mindestmaß an Respekt.
Warum das alles, weiß ich immer noch nicht. Vielleicht wird es auch dieses Jahr wieder ganz anders als zuvor. Ich lass mich überraschen - ganz wohl ist mir nicht dabei...
 
Rhona schrieb:
Wo ist der Reiz des Weihnachtsfests geblieben?

Wo ist der Sinn des Weihnachtsfests geblieben?

Da war doch noch diese komische Geschichte von wegen dem heiligen Geist und dem Ohr, durch das eine gewisse Maria schwanger geworden sein soll - erzählt man die heute auch noch, oder sind alle Erwachsenen bloß der Prüfungsangst erlegen, die richtige Lebkuchensorte (oder das richtige Computerspiel) für die Kids zu kaufen und bei der Familienfeier alles richtig zu machen?

Nur kein Stress: aber wer an Weihnachten nicht Christi Geburt im Bewußtsein von Christi Geburt feiert, kann sich die nervige heidnische Festivität auch gleich ersparen.

Für mich ist Karfreitag der wichtigere Feiertag, aber den kann man für sich selbst in stiller Einkehr begehen - wie Weihnachten übrigens auch.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Robin, ich verstehe was du meinst.
Ist man Kind, kann man Weihnachten kaum erwarten und genießt auch dementsprechend die Vorweihnachtszeit. Vielleicht ist es einfach normal, dass dieses Fest, wird man erwachsen, an Reiz verliert und nur noch als lästig und übermäßig gefühlsbedröselt erlebt. U.U. muss man - so wie du - erstmal eigene Kinder haben, um dem ganzen gelassener entgegenzusehen. Immerhin könnt ihr als Eltern das Fest so gestalten oder in die Wege leiten, wie es für euren Jungen am besten passt. Ihr habt es in der Hand, ob es kitschig, fröhlich, melancholisch oder im christlichen Sinn ablaufen soll.
Das Dummme ist nur, dass man sich trotzdem automatisch, ob man will oder nicht, dem Rest der Familie anpassen muss, spätestens dann, wenn sie zu Besuch kommen oder man zu ihnen fährt.
Ist man aber nicht in der glücklichen Situation Einfluss nehmen zu können, dann ist man Weihnachten gnadenlos ausgeliefert.
Dabei ist es eigentlich gar nicht so falsch, wenn man sich Weihnachten ausliefert. Sich ihm und seinem wahren Sinn auszuliefern, das wäre mit das beste, das man aus Weihnachten machen könnte. Aber das ist heute einfach unmöglich - oder vielleicht ginge es, wenn man während dieser Zeit wirklich allein wäre und sich jeder Beeinflussung von außen entziehen könnte.

Falls sich meine berufl. Zukunft so entwickelt, wie ich es mir heute wünsche, dann sehe ich mich Heiligabend in ca. 10 - 15 Jahren allein, inmitten von Waranen, Echsen und anderem Getier auf den Gallapagosinseln sitzen, und lauthals "Stille Nacht" grölen.:)

Gaius, der Sinn des Weihnachtsfestes, der ist mir wirklich bewusst.
Wonach ich heute nur suche, das ist der verloren gegangene Reiz, der bis vor ein paar Jahren noch für mich dieses Fest ausmachte.
Frag doch heute mal auf der Straße, was Karfreitag passierte, Palmsonntag oder Pfingsten z.B., dann bekommst du größtenteils Antworten, dass dir die Haare zu Berge stehen.
Der Sinn dieser Feiertage ist heute dem Kommerz gewichen und daran wird sich auch nichts mehr ändern lassen.

Rhona
 
Rhona, Du weißt, dass ich eine alte Frau mit einem alten Mann bin. Und so feiern wir Seniorenweihnachten.:winken1:

Bei uns läuft Weihnachten - der 24. - genaus so ab wie alle anderen Tage des Winters.
Höchstens hören wir uns das Weihnachtsoratorium von Bach an und trinken ein Schlückchen des " besseren".

Am 25. kommen dann Töchter, Schwiegersohn und ( zwei ) Enkelkinder zum Mittagessen.
Da strengt sich Oma, dann an, etwas zu finden, was allen schmeckt und möglichst der gestrengen Leckerzunge des Schwiegersohns entspricht und mindesten vier Gänge haben muss. Das ist jedes Jahr eine spannende Aufgabe für mich.


Es wird einen Nachmittag gescherzt, gelacht, ein zwei Spielchen ( UNO, wegen Madamchen ( 7 Jahre alt) ... Memory - da schneidet Opa immer so herrlich schlecht ab .....


Und das wars dann.

Den von Dir so schön kotzwürgartig beschriebenen Kauf - und sonstigen Rummel versuche ich so weit es geht zu ignorieren. - Außer, ich gehe einkaufen und die Weihnachtsmusikbedröhnung - bei Kasseschlangestehen ist unbedingt ohne Ablenkung zu ertragen - . Danach habe ich nämliche Kopfweh.


Na ja - na ja: sehr aufbauend ist ja mein Bericht nicht für junge Leute - SORRY * dickes Grins *


Marianne
 
Klar, Marianne, aber das ist eben der kleine aber feine Unterschied.
Ihr seid alle in der glücklichen Lage, das Weihnachtsfest so zu feiern wie ihr möchtet, oder aber, ihr lasst es einfach ausfallen, indem es für euch ein Tag wie jeder andere ist.
Das ist eben euer Privileg, oder das Privileg der Erwachsenen oder Alleinlebenden.
Ist man noch nicht soooo ganz erwachsen und nicht in der Lage auf eigenen Füßen zu stehen bzw. eine eigene Wohnung zu haben, dann sieht es schon anders aus. Lebt man dann auch noch in einer Familie, die Traditionen und Bräuche hochhält, dann wirds brutal.
Verletzen möchte man ja niemanden, weil man die Family ja auch mag, aber was bleibt dann noch? Kapitulation auf der ganzen Ebene. Gute Miene zum (nicht) bösen, aber ungeliebten Spiel machen.
Eigenartigerweise stellen sich nur Erwachsene freiwillig diesen Prüfungen, von denen Robin sprach.
Kinder beschränken sich aufs Geniessen und Freuen. Und was ist mit mir?? Ich gehöre weder zu den Ersten richtig dazu, noch möchte ich zu den Zweiten nochmal gehören.:schmollen

Vielleicht bin ich ja in 10 oder 15 Jahren auf den Osterinseln,flexibel wie ich so bin, und statt mir Waranen zu singen, werde ich dort diese steingewordenen Eierköpfe besprühen.:tomate:

Rhona
 
Rhona schrieb:
Eigenartigerweise stellen sich nur Erwachsene freiwillig diesen Prüfungen, von denen Robin sprach.
Kinder beschränken sich aufs Geniessen und Freuen. Und was ist mit mir?? Ich gehöre weder zu den Ersten richtig dazu, noch möchte ich zu den Zweiten nochmal gehören.
Hallo Rhona!
So ist das nun mal mit 17. Kein Kind mehr und auch keine Erwachsene. Klingt ziemlich banal, weil es auch so banal ist.
Nicht mehr "einfach hinnehmen" bedeutet erst einmal "dagegen sein", damit man Platz schaffen kann für die eigenen Vorstellungen.
Vielleicht kannst du ja inzwischen das Dagegen-Sein genießen *grins*, damit du nicht ganz ohne Weihnachtsgenuss leben musst. Vielleicht kannst du auch ein paar deiner eigenen Ideen so gaaaaaaaaaaanz vorsichtig einfließen lassen, ohne gleich alles auf den Kopf zu stellen.
:zauberer2

herzlich
lilith
 
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Da fällt mir etwas Lustiges aus unserer Familiengeschichte ein. Meine jüngere Tochter " Aubesetzerin" und so verlangte von uns Eltern kategorisch, die Unsitte des Weihnachtsbaumes abzuschaffen und so weiter und so fort.
Wir: willfährige - und erleichterte - ob des alle Jahre wieder ausbrechenden Streites beim Schmücken des Baumes - Eltern gaben diesem Wunsche sofort nach.

Einige Jahre danach:


Tocher ( damals noch nicht verheiratet und deshalb zum Fest brav nach Hause fahrend ) : O-Ton: Sagt`s mal, warum zum Teufel haben wir keinen Baum, das ist ja direkt ungemütlich .... Und es riecht immer so schön ...


Unter Gelächter wurde diese Frage abgehandelt. Und das Jahr drauf stand wieder einer --- und der liebste aller Ehegatten und ich stritten wieder so wie gewohnt ...
War uns direkt abgegangen - dieser Zusatzstress!


Nun haben wir schon jahrelang keinen Christbaum mehr ----!
Streiten tun wir uns jetzt aus anderen Gründen.

Marianne
 
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