Wie dumm ist das Kollektiv wirklich ?
Ist die Dummheit die Summe aller Dummheiten der Individuen, aus denen das Kollektiv besteht? Oder besteht ein komplexerer Zusammenhang? Wie sieht es mit Wechselwirkungen aus? Kann die Dummheit, die aus den Dummheiten von mehreren Individuen entsteht größer sein als die Summe der individuellen Dummheiten? Kann sie auch kleiner sein? Können sich vielleicht sogar die Intelligenzen von mehreren Individuen in eine Dummheit transformieren? Heben sich Dummheit und Intelligenz gegenseitig auf oder kann mal das eine, mal das andere dominant sein? Können sich Dummheit und Intelligenz gar chaotisch verstärken, je nach Kontext, so dass aus der Dummheit der einen und der Intelligenz der anderen mal eine kollektive sehr große Dummheit und mal eine kollektive sehr große Intelligenz entsteht?
Es ist müßig ... und aufgrund der komplexen, nicht nur intellektuell sondern v.a. emotional bedingten Faktoren, der strengen Kontextabhängigkeit und der großen Zahl von Wirkungsvektoren in jedem der zahllosen Kontexte nicht berechenbar.
Vereinfacher neigen daher alles beseite zu wischen und von "Schwarmintelligenz" zu sprechen. Ich für meinen Teil neige auch zur Vereinfachung und rede lieber von "Schwarmignoranz", dabei die Gewissheit habend, dass die Individuen des Schwarms sehr intelligent sein können, diese Intelligenzen aber aufgrund der kollektiven Interaktionen einfach oft nicht wirksam werden können. Wobei der Eindruck von "Intelligenz" oder "Ignoranz" im Kontext von Kollektiven ja immer im Auge des Betrachters liegt, also davon abhängt, was der Betrachter denn als "intelligent" oder "ignorant" bewertet. Auch ist es so, dass als "ignorant" bewertetes Verhalten durchaus im Endeffekt zu Resultaten führen kann, die dann doch als "intelligent" bezeichnet werden würden, ganz im Sinne der Anhänger der "Schwarmintelligenz", - aber auch umgekehrt - als "intelligent" bewertetes Verhalten kann durchaus im Endeffekt zu Resultaten führen, die dann doch als "dumm" bezeichnet werden würden, ganz im Sinne der Anhänger der "Schwarmignoranz".
Grundsätzlich führt die Sichtweise der "Schwarmignoranz" mMn jedoch zu einer kritischeren Haltung gegenüber Zeitgeschehnissen und der Bewertung dieser durch die veröffentlichte Meinung, welche sich ja aus ökonomischen Interessen auch am "Schwarm" ausrichtet. Sie führt zu eigenständigerem Denken, welches sich nicht danach richtet, ob Zustimmung oder Anerkennung geerntet wird oder ob die eigene Position mehrheitsfähig ist.