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Wer bewacht die Wächter?

Ziesemann

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3. November 2005
Beiträge
929
Der neue Verbraucherminister Seehofer sprach gestern angesichts des begründeten Verdachts, dass (korrupte?) Lebensmittelkontrolleure gemeinsame Sache mit den Händlern verdorbenen Fleisches gemacht haben könnten, von einer „neuen Dimension“. Mitnichten neu, Herr Minister. Das Problem ist uralt und hat schon in der Antike den römischen Senat zu der im Titel formulierten Frage veranlasst: Wer kontrolliert die Wächter, ob sie ihren Pflichten, für den Schutz Roms zu sorgen, auch nachkommen?
In Deutschland wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oft als „Wächter der Verfassung“ bezeichnet. Schon der Ausdruck ist missverständlich, denn auch das Gericht steht nicht über dem Grundgesetz sondern ist daran gebunden. Besser wäre „Hüter der Verfassung“. Aber das Problem liegt darin, dass vor einigen Jahren dies oberste Gericht auch von renommierten Staatsrechtlern scharf kritisiert wurde, weil es sich zu einem Art Übergesetzgeber aufgeschwungen hatte – seine Urteile haben Gesetzeskraft. Und in der Tat ist beispielsweise zu fragen, ob es Aufgabe des BVerfG sein kann, genaue Mindestmaße für die Platzhaltung von Legehennen vorzuschreiben, so sympathisch einen Tierfreund das Urteil auch anmuten mag.
Man kann an diesen Beispielen, die sich nahezu beliebig vervielfachen ließen, sehen, dass trotz aller gesellschaftlicher und technischer Veränderungen, man denke nur an die Computerkriminalität, die es vor 25 Jahren nicht mal dem Begriff nach gab, erkennen, dass die Probleme der Regelung eines Gemeinwesens im Prinzip gleich geblieben sind, weil der Mensch in seinem Wesenskern sich nicht geändert hat.
 
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Ziesemann schrieb:
Der neue Verbraucherminister Seehofer sprach gestern angesichts des begründeten Verdachts, dass (korrupte?) Lebensmittelkontrolleure gemeinsame Sache mit den Händlern verdorbenen Fleisches gemacht haben könnten, von einer „neuen Dimension“. Mitnichten neu, Herr Minister. Das Problem ist uralt und hat schon in der Antike den römischen Senat zu der im Titel formulierten Frage veranlasst: Wer kontrolliert die Wächter, ob sie ihren Pflichten, für den Schutz Roms zu sorgen, auch nachkommen?
In Deutschland wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oft als „Wächter der Verfassung“ bezeichnet. Schon der Ausdruck ist missverständlich, denn auch das Gericht steht nicht über dem Grundgesetz sondern ist daran gebunden. Besser wäre „Hüter der Verfassung“. Aber das Problem liegt darin, dass vor einigen Jahren dies oberste Gericht auch von renommierten Staatsrechtlern scharf kritisiert wurde, weil es sich zu einem Art Übergesetzgeber aufgeschwungen hatte – seine Urteile haben Gesetzeskraft. Und in der Tat ist beispielsweise zu fragen, ob es Aufgabe des BVerfG sein kann, genaue Mindestmaße für die Platzhaltung von Legehennen vorzuschreiben, so sympathisch einen Tierfreund das Urteil auch anmuten mag.
Man kann an diesen Beispielen, die sich nahezu beliebig vervielfachen ließen, sehen, dass trotz aller gesellschaftlicher und technischer Veränderungen, man denke nur an die Computerkriminalität, die es vor 25 Jahren nicht mal dem Begriff nach gab, erkennen, dass die Probleme der Regelung eines Gemeinwesens im Prinzip gleich geblieben sind, weil der Mensch in seinem Wesenskern sich nicht geändert hat.


Wer bewacht die Wächter. Asche auf mein Haupt, aber selbst nach 5 Jahren Lateinunterricht, habe ich mir nicht gemerkt, wie dieser latenische Spruch lautet für Wer bewacht die Wächter. Grummel.

Das Bundesverfassungsgericht. Warum wurde es überhaupt gegründet? Eigentlich doch, um über die Verfassung zu wachen ( Wächter) und dabei gleichzeitig and diese gebunden zu sein. Eine Gradwanderung, die von verschiedenen Blickwinkeln ( meinetwegen verschiedenen Staatsrechtlern) als recht kritisch beäugt wird. Ich habe eine Hochachtung vor den Richtern, welche dort im Namen der verfassung handelt, was wahrlich nicht immer leicht ist.

Die Verfassung ( unser Grundgesetz) wurde ja von Menschen geschaffen. Wer hat in dem Moment, wo diese Verfassung geschaffen wurde, auf diese Menschen geschaut, über sie gewacht? Wer war ihr Wächter? So könnte man dies immer weiter fortführen, jedoch würde man auf keine wirkliche Antwort kennen.

Irgendjemand sagte einmal, dass manche Fragen mehr wert sind als ihre Antworten und ich finde in diesem Fall, unsere Frage betreffend, wer die Wächter bewacht, sie mehr wert ist als ihre Antwort, eben, weil sie uns daran erinnert, wer eigentlich die beobachtet, die selbst beobachten. Wachen wir nicht über andere, so, wie wir über uns selbst wachen???

Ganz nebenbei, ich finde nichts misszuverstehen an dem Begriff Wächter der verfassung. Wächter ( BverfG) bewahren etwas ( ( Grundgesetz) GG). gleichzeitig stehen sie jedoch unter dem Dach dessen, was sie bewahren sollen. So sehe ich es jedenfalls.

Der Mensch ist in seinem Wesenskern - böse. Hust. Der Mensch kann sich nicht in seinem wesentlichem ändern, weil er sonst kein mensch mehr wäre, was uns wider dazu führt, was das Mensch-Sein ausmacht.
Was ich auf teufel komm raus nicht leiden kann sind solche udn ähnliche Zwickmühlen, aus denen es scheinbar kein Entkommen gibt, was uns jedoch nicht verzweifeln lassen sollte, sondern eher dazu drängen müsste immer wieder nach Wegen aus solchen und ähnlichen Dilemmern zu führen.

Das war jetzt zwar etwas konfus meinerseits, aber ich hoffe, dass man meinen für mich selbst etwas verwinkelten Gedanken folgen konnte.
 
Kleine Antworten u Fragen

Lonelylady
etwas Mühe hatte ich schon, Deinen "verwinkelten" (oder meintest Du verwickelten?) Gedankengängen zu folgen.
Gern magst Du das BVerfG "Wächter" nennen, aber es darf sich eben nicht zum Herren des Grundgesetzes aufwerfen. Im Übrigen urteilt es nicht in seinem Namen sondern "im Namen des Volkes" was nicht bedeutet und bedeuten soll mit Willen des Volkes. - Die Aufgabe der höchsten Richter ist schwer und keine Frage ist, dass die Verfassungsinterpretation auch eine Fortentwicklung ist, notwendig durch die gesellschaflichen Veränderungen. Aber sie sollte dennoch keine Wegentwicklung vom Grundgesetz sein, denn eine Verfassungsänderung steht nur dem Verfassungsgesetzgeber zu.
Ich gestehe, Dir jetzt auch nicht auf Anhieb sagen zu können, wie der Wächterspruch auf lateinisch genau heißt, ich werde mich aber darum bemühen. Doch vielleicht ist es einfacher, Du fragst mal Deine Lateinlehrerin.
Noch eine kleine mehr scherzhafte Schlussfrage: Was bedeutet bei Dir eigentlich "Hust"? So viel kann ich garnicht husten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ziesemann schrieb:
Verfassungsgeber ist das (deutsche) Volk. -
Verfassungsgesetzgeber sind die zuständigen Gesetzgebungsorgane, also der Bundestag und Bundesrat - je mit Zweidrittelmehrheit.

Da lobe ich mir doch den Artikel 146 des Grundgesetzes, der für mich klar und deutlich formuliert:

Artikel 146
[Geltungsdauer des Grundgesetzes]
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.


bzw. des Artikels 79

Artikel 79
[Änderung des Grundgesetzes]
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
 
Ziesemann schrieb:
Lonelylady
etwas Mühe hatte ich schon, Deinen "verwinkelten" (oder meintest Du verwickelten?) Gedankengängen zu folgen.
Gern magst Du das BVerfG "Wächter" nennen, aber es darf sich eben nicht zum Herren des Grundgesetzes aufwerfen. Im Übrigen urteilt es nicht in seinem Namen sondern "im Namen des Volkes" was nicht bedeutet und bedeuten soll mit Willen des Volkes. - Die Aufgabe der höchsten Richter ist schwer und keine Frage ist, dass die Verfassungsinterpretation auch eine Fortentwicklung ist, notwendig durch die gesellschaflichen Veränderungen. Aber sie sollte dennoch keine Wegentwicklung vom Grundgesetz sein, denn eine Verfassungsänderung steht nur dem Verfassungsgesetzgeber zu.
Ich gestehe, Dir jetzt auch nicht auf Anhieb sagen zu können, wie der Wächterspruch auf lateinisch genau heißt, ich werde mich aber darum bemühen. Doch vielleicht ist es einfacher, Du fragst mal Deine Lateinlehrerin.
Noch eine kleine mehr scherzhafte Schlussfrage: Was bedeutet bei Dir eigentlich "Hust"? So viel kann ich garnicht husten


Das Hust unterstreicht den von mir angestrebten beißenden Spott ( Sarkasmus) meiner Aussage.

Bitte nenne mir ein Beispiel die Wegbewegung vom Grundgesetz betreffen. Das würde mich schon interessieren.

Eigentlich meinten ich verwinkelt. Ich springe gerne von Gedanke zu Gedanke, werde aber versuchen es einzuschränken.
 
Halllo Baerliner

baerliner schrieb:
Da lobe ich mir doch den Artikel 146 des Grundgesetzes, der für mich klar und deutlich formuliert:
[/I]

Trotz angestrengter geistiger Bemühungen war es mir leider nicht möglich zu erkennen, was Du mit dem Zitat der beiden GG-Artikeln - Du darfst davon ausgehen, dass sie mir nicht ganz fremd waren - sagen willst.
Na und? Ist doch in Ordnung so.

Im Übrigen müssen wir bei diesem Thread aufpassen, dass wir nicht auf "Europa" verschoben werden, weil wir - entgegen meiner Intention - garnicht mehr über das generelle Problem aller Staaten sprechen, wer die Wächter bewacht. Denn jetzt konzentriert sich die Diskussion auf staatsrechtliche Fragen der BRD
 
Hallo Lonelydady

Bitte lies zuerst, was ich Baerliner geantwortet habe; denn das gilt erst recht für Deine Frage.
Nur ganz kurz: Das GG ist seit Inkrafttreten über 50mal mit 200 Einzelbestimmungen förmlich geändert worden; hinzu kommt die "schleichende Weiterentwicklung" durch Urteile des BVerfG. Dazu ließen sich viele Beispiele anführen; aber das auszuführen, gehört nicht in diesen Thread - sorry.
 
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Ist in Ordnung. Jedoch sehe ich die Weiterentwicklung der Wächter oder des GG nicht unbedingt als negativ, Fortschritt um des Fortschritt willens.
 
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