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Was ist Zeitqualität?

bribli

Well-Known Member
Registriert
30. Juni 2022
Beiträge
675
Was Zeit ist, kennen wir anhand unserer Kalender oder Uhren. Diese Zeit ist neutral oder objektiv.
Bei der Zeitqualität wird es schon schwieriger. Manchmal vergeht uns die Zeit schnell z.B. tolle Reise oder bei mir beim Bildermalen.
Manchmal vergeht sie auch sehr langsam, wenn wir auf etwas warten z.B. die Heilung einer Krankheit oder das Treffen mit einem Freund.
Auch wird von einer Pechsträhne gesprochen oder von wiederholtem "Schwein" gehabt. Es gibt auch willkürliche Zeiten wie Feiertage oder
Trauertage, die nicht unter die oben genannte objektive Zeit fallen.

Was denkt ihr über die subjektive Zeit? Was sind die Voraussetzungen dafür? Haben sie was mit Gefühlen zu tun?
Wie sind eure Erfahrungen mit der Zeitqualität?
 
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Bei dem Wort Zeitqualität fällt mir ganz spontan das Wort Qualitätszeit ein, also die Zeit, in der ich mich wohl fühle. Dabei spielt es an sich gar keine Rolle, an welchem Ort ich mich zu dieser Zeit befinde, aber wenn ich in der Natur bin, fühle ich mich meistens besonders wohl. Vielleicht gerade deshalb, weil dort die Zeit eigentlich keine Rolle spielt, sondern nur der Moment zählt. Einen ganz besonderen Moment habe ich vor einer Weile jedoch hier zu Hause erlebt, bzw. auf meinem Balkon, als die Kohlmeisen-Babys zum ersten Mal nacheinander aus dem Brutkasten herauskamen und mit Flugübungen begannen. Das eine von ihnen hat mir direkt in die Augen geschaut und hatte gar keine Angst vor mir, sondern folgte den anderen auf die kleine Terrasse ihres Häuschens und üblte mit ihnen das Fliegen, bevor es in den Baum vor dem Haus hinüber flog. :)



.
 
Zeitqualität kannte ich noch gar nicht. Habe zwar ein Sparbuch für meine gesparte Zeit, aber irgendwie will sie sich nicht verzinsen. Taugt diese Zeit nicht, fehlt ihr diese gewisse Qualität? Dass das Tempo ihres gefühlten Vergehens uns so unterschiedlich erscheint, könnte mit dem Preis des Genusses für den wir sie verbrauchen zusammenhängen. Je exquisiter das Vergnügen, desto höher der Anspruch an die Qualität de Zeit. Was nix kostet, taugt nix. Normales, dröges Leben lässt uns leiden, die ihm innewohnende billige Zeit taugt nicht, zäh und langweilig quält sie uns. Wie schlecht sitzende Kleidung oder fettige Haare. Was soll man da empfinden, wie sich gut fühlen. Im Umkehrschluss müsste man denken, der Jet Set, die Wohlhabenden und Privilegierten hätten es besser. Denkste. Die würden gern mit uns Zeitsparern tauschen, mal mit der schmierigen aber kuscheligen Langeweile eine Auszeit! nehmen. Statt in raketenhaftem Tempo nach unerreichbarem Glück zu streben ...(smiley)
 
Je exquisiter das Vergnügen, desto höher der Anspruch an die Qualität de Zeit.
Das Stichwort Anspruch liess mich Stutzen. Habe ich da Anspruch?
Wenn ich etwas sehr Bedeutendes erlebt habe, staune ich erst einmal, denn ich hatte keinerlei Erwartungen.
Ein anderer Mensch fand das vielleicht garnicht so bedeutend oder hätte es garnicht gemerkt. Dann hat es also mit mir zu tun.
Ich muss also Werte haben , sensibel sein und achtsam. Wenn ich auf den Moment achte, passieren solche Zeitqualitäten öfter.
Bin ich abgelenkt, bemerke ich sie nicht. Achtsamkeit und Abgelenktsein (Zielverfolgung) müssen aber wohl im Gleichgewicht
vorliegen, sonst kann die Sache krankhaft werden.
(Es gibt auch noch den Begriff Zeitqualität in der Astrologie...)
 
Was denkt ihr über die subjektive Zeit? Was sind die Voraussetzungen dafür? Haben sie was mit Gefühlen zu tun?
Wie sind eure Erfahrungen mit der Zeitqualität?
Ich empfinde Zeitqualität nicht als subjektive Zeit.

Subjektives Zeitempfinden, zähe Minuten gähnender Langeweile oder qualvolle Zeiten des langen Wartens bei oder im Vorfeld eines unschönen Ereignisses kennt jeder und auch wie bei einer angeregten Unterhaltung oder dem was Spaß macht, mit dem man eins ist/wird Stunden rasend schnell vergehen.

Zeitqualität meint m.E. aber, dass es für bestimmte Ereignisse günstige oder ungünstige Momente gibt. Wir wissen selbst, dass man auf einer Beerdigung keinen Witz erzählen sollte, aber oft sind globalere Bedingungen gemeint, die einen schicksalhaften Hintergrund haben.
Du sprachst die Astrologie an, aber auch in anderen Denksystemen, wie dem chinesischen Denken oder bei den alten Griechen soll es den passenden Augenblick gegeben haben. Das haben wir aus dem Blick verloren, bzw. halten es sogar für unsinnig.
 
Ja, ich bezog die subjektive Zeit erst einmal auf das tägliche normale Leben jedes Einzelnen und auf die Gefühle dabei.
In der Astrologie geht es um grössere Bereiche betreffend allgemeinerer Situationen. Dort würde ich nicht von subjektiver Zeit sprechen.
Bei den Griechen hiess es Cairos, wenn der Zeitmoment günstig war.
Und doch hängen die beiden Seiten objektiv und subjektiv irgendwie zusammen. Oder siehst Du das anders?
 
Und doch hängen die beiden Seiten objektiv und subjektiv irgendwie zusammen. Oder siehst Du das anders?
Tja, wenn ich das wüsste.

Aus der Hüfte geschossen würde ich sagen, dass es zusammen hängt, weil man im günstigen Fall ein Gefühl für den passenden Moment entwicklen kann, so wie man soziale Normen ja auch eher implizit erfasst. Auf Beerdigungen oder an Supermarktkassen werden keine Zettel mit entsprechenden Verhaltenskodizes verteilt und doch weiß man, aus der reinen Beobachtung implizit, was hier in etwa erwartet wird.
Ist man mit anderen Kulturen konfrontiert, kann man dabei schon mal ordentich daneben langen, weil man diesen Hintergrund in kurzer Zeit eben nicht aufbauen/erfassen kann.

Die Erweiterung berührt aber die Frage, ob es jenseits sohziokultureller Normen grundlegende archetypische Muster gibt, die man nach dem gleichen Prinzip wie gesellschaftliche Normen erfassen oder verfehlen - und somit auch ein Gespür für die passende Zeitqualität erwerben - kann oder ob diese (dann angeblich) archetypischen Muster selbst nur Ableitungen aus gesellschaftlichen Normen sind, die Kritik lautet, dass es sich um eurozentrische und patriarchale Normen handelt.

Das hängt im Folgenden damit zusammen, ob man Archetypen eher auf biologische Muster oder auf spirituelle zurückführt, auf diese Differenz hat Ken Wilber in dem Buch 'Das Wahre, Schöne, Gute' hingewiesen.
 
Dein erwähntes Buch habe ich nicht gelesen. Ob man Archetypen (angeborene Energiemuster) biologisch oder spirituell erklären kann,
ist für mich (ich bin ja eine Waage :-) wieder nicht mit entweder oder sondern mit BEIDEM zu beantworten. Kommt drauf an, von welcher Ebene man draufschaut. Ich vergleiche das oft mit einer mathematischen Gleichung; was links + ist, wird rechts -
Ich versuche mal eine Gleichung herzustellen, aber das braucht ein bisschen Zeit, bin kein extremer Denktyp - - -
 
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Ob man Archetypen (angeborene Energiemuster) biologisch oder spirituell erklären kann,
ist für mich (ich bin ja eine Waage :) wieder nicht mit entweder oder sondern mit BEIDEM zu beantworten. Kommt drauf an, von welcher Ebene man draufschaut.
Es gibt ja die Kritik an der Esoterik und allem, was danach riecht, man würde sich dabei stets auf das sogenannte Naturrecht berufen und philosophisch ist das in der Tat ein naturalistischer Fehlschluss. In diesem Fall würde die Esoterik auf die Weisheit der Natur, der Schöpfung, des Schöpfers usw. zurückgeführt und es ist in letzter Konsequenz immer eine Anleihe bei einer Denkfigur, die die Form hat, dass es gut ist, wie es ist und weil es so ist.
Ein spiritueller Ansatz argumentiert aber von einer ganz anderen Basis aus, nämlich von der einer spiritueller Einsicht und in der Regel heißt das, einer Zustimmung zu Behauptungen, dadurch, dass man den Weg dorthin selbst gegangen ist. Auch das kann man kritisieren, bspw. als elitaristischen Standpunkt, der auch nicht richtig diskutiert, sondern nur ein wissendes Abnicken erwartet, aber es würde die Archetypen davor schützen nur soziale oder biologische Konstrukte zu sein.

In finde es in Ordnung die Stimmen der Kritikern ernst zu nehmen, die Fairness gebietet es allerdings, auch die Kritiker zu kritisieren und m.E. sind deren Positionen in den meisten Fällen ebenso zirkulär, wie es den Esoterikern vorgeworfen wird. Aber das wäre wierderum ein eigenes Thema.
Der fundamentale Unterschied liegt aber im Glauben vs. eigener Praxis, eigenem Erleben.

Da aber auch spirituelles Erleben sprachlich. zeitlich und kulturell eingebunden ist, spielt eben auch hier die Interpretation des Erlebten eine große Rolle. Einerseits: andererseits stellt sich am anderen Ende des Spektrums die Frage, inwieweit man behaupten kann, dass alles eine Frage der Interpretation ist, auch das ist ein ewiges Thema.
 
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