By the way: Kannst du leicht zeigen, warum es unendlich viele Primzahlen gibt?
Das hat man schon in der Antike bewiesen. Wenn ich mich recht erinnere, dann ergibt sich das aus dem Netz des Eratosthenes zur Gewinnung von Primzahlen. Man kann es beliebig weiter führen, also muss es auch beliebig viele Primzahlen geben.
"Dennoch kann man mittels der Mathematik ein Modell der Farbe schaffen"
Wieso mittels der Mathematik? Ist es nicht vielmehr ein physikalisches (biologosches?) Modell o.ä., natürlich unter Nutzung von Mathematik? Kannst du das Modell genauer beschreiben?
Es ist relativ kompliziert. Es hier darzustellen, würde den Rahmen eines solchen Forums sprengen, man versteht es letztlich auch nur, wenn ein paar Abbildungen dabei sind.
Aber mal soweit:
Die Farbe ist eine rein menschliche Qualität in einer an sich farblosen Welt. Zwar gibt es bestimmte Aspekte der Physik, die wir als "farbig" interpretieren, aber beim Modell der Farbe handelt es sich nicht um ein physikalisches Modell.
Wir alle kennen den berühmten Newtonschen Prismenversuch, und so fing man mit dem Thema auch an. Das Prisma zerlegt das weisse Licht - "das alle Farben enthält" - in seine Bestandteile. Newton benannte sieben Farben (1), in die weisses Licht vom Prisma zerlegt wird. Das ist zwar alles schön farbig, das Prisma zeigt uns aber nicht alle Farben, bei weitem nicht.
Denk mal an solche Farben wie Braun, Magenta, Olive usw., die kann man in keinem Prismenversuch finden.
Auch biologisch kommt man nicht wirklich weiter. Zwar sind für das menschliche Auge drei verschiedene Rezeptoren für die Farbwahrnehmung bekannt (2), Rot, Grün, Blau. Tatsächlich sind die drei Rezeptoren aber nur "ungefähr" RGB, überschneiden sich in ihren Empfänglichkeiten und sind auch verglw. "breit". Man kann (und hat) diese Signalaufnahme zwar vermessen, über eine tatsächliche Farbwahrnehmung sagen sie aber nichts aus. Aus der reinen Interpretation der Signale der drei Rezeptoren sind wir dem "braun" noch keinen Schritt näher gekommen.
Die wesentlichen Farbexperimente sind immer reine Vergleichsexperimente. Auf einer geteilten Projektionsfläche projiziert man auf der einen Hälfte eine definierte Wellenlänge, sagen wir 550 nm (= rot). Auf die andere Hälfte wird ein Gemisch aus den drei Primärfarben Rot, Grün und Blau projiziert. (3) Man regelt nur die Helligkeit der drei Primärfarben so ein, dass beide Hälften farbidentisch aussehen. Tatsächlich ist es nicht immer möglich, diese Farbidentität in diesem ersten, einfachen Versuch darzustellen. Mit einer etwas veränderten Versuchsanordnung ist dies aber möglich. (4)
Die Helligkeiten der Primärfarben sind dann die Farbwerte die man dadurch ermittelt. Etwas angewandte Mathematik (und auch ein paar mathematischer und logischer Kniffe) später ergibt sich ein dreidimensionales Modell der Farbe. Da es mit drei Dimensionen einen Raum darstellt, spricht man auch von
Farbräumen. Der so definierte Farbraum wird CIELab genannt.
CIELab ist - der einzige - Farbraum, der alle sichtbaren Farben enthält. Andere Farbräume, wie z.B. RGB oder CMYK, stellen immer nur Teilmengen von CIELab dar.
Die drei Achsen sind:
a = von rot nach grün
b = von blau nach gelb
L = Helligkeit (= von schwarz nach weiß für a ,b = 0)
Theroretisch kann man Werte für a, b von +/- 170 erhalten, digitale Umsetzungen verwenden aber nur Werte von +/- 127. Tatsächlich ist in den Randbereichen die Farbwahrnehmung so schlecht, dass sich hier keine Unterschiede mehr ergeben. Die Helligkeit L läuft in Werten von 0-100.
Nehmen wir jetzt einmal sehr vereinfacht einen Würfel an, dann erhalten wir 100 x 256 x 256 = 6.553.600 verschiedene Farben, sprich 6.5 Mio. (5)
Man kann das Modell noch weiter nähern, denn in den Helligkeitextremen und auf den Wegen dahin nimmt die Fähigkeit, Farbunterschiede wahrzunehmen, immer weiter ab. Man berechnet dann eine Art Elipsoid, eine abgeplattete Kugel, die sich für L=50 von -128 bis +128 ausdehnt und in der Vertikalen von 0-100.
Dies reduziert die Anzahl sichtbarer und unterscheidbarer Farben weiter. (6)
Ich habe diesen Elipsoid irgendwann sogar mal berechnet, das will ich mir jetzt nicht antun. Man landet dann bei irgendeinem Wert zw. 3-4 Mio. Farben. (7)
Innerhalb dieses Farbraums ist CIELab nun aber konsistent. (8)
Unterschiedliche Werte für L, a, b sind auch unterschiedliche Farben (theoretisch, bei maximaler Genauigkeit). Es lässt sich nun auch ein
Farbabstand zwischen zwei Farben berechnen, es handelt sich um die Strecke zwischen zwei Punkten im dreidimensionalen Raum. Dieser Farbabstand wird Delta E genannt.
Ein Delta E = 1 ist per Definition den ein im Farbensehen geschulter Beobachter noch so eben als verschieden wahrnehmen kann. (9)
Die Differenzen von Farben sind allerding nur auf kurze Strecken einigermaßen genau.
Die weitere, praktisch angewandte Mathematik ist die Transformation ganzer Farbräume. Das kann (und wird) man machen: RGB => CMYK oder auch durch Abweichungen subtraktiver Farbmodelle (CMYK) unter verschiedenen Lichtbedingungen.
Ein Programm wie Photoshop z.B. rechnet intern mit CIELab, weil nur dieser Farbraum alle sichtbaren Farben enthält. Eine Umwandlung des Farbmodells RGB => CMYK läuft also streng genommen RGB => CIELab => CMYK ab.
Man kann, der Anschaulichkeit und Praktikabilität geschuldet, das dreidimensionale CIELab auf zwei Dimensionen reduzieren (unter Ignorierung der Helligkeit). Man erhält dann eine Parabel, die durch die Punkte der Wellenlängen des Experimentes gebildet wird. Die beiden Endpunkte der Parabel verbindet man mit einer hypothetischen Gerade, der sog. Magenta-Linie.
Diese Fläche, liebevoll auch "Hufeisen" oder "Schuhsohle" genannt, enthält alle sichtbaren Farben, unter der Ignorierung der Helligkeit. In der Mitte befindet sich der Weißpunkt.
Es gibt weitere Aspekte, die die Farbwahrnehmung weiter verkomplizieren, aber auch eine Farbreproduktion überhaupt erst möglich machen. Einer davon ist die Metamerie. Was das bedeutet, das erzähle ich dir ein anderes Mal.
Diese Experimente und Berechnungen, erstmals grundlegend durchgeführt von der CIE in den 1930er Jahren, sind praktisch die Basis jeglicher Farbdarstellung. Das alles schlummert auch unter der Haube der Farbdarstellung am Monitor, Fernseher, Druckerzeugnissen usw. usf. Selbst die Farbfotografie wurde aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelt, nur eben dann aufgrund einer chemischen Umsetzung.
Anmerkungen:
(1) Tatsächlich sind es nur sechs. Newton wollte eine Parallele zur Musiktheorie schaffen, damals sehr populär. Er postulierte daher Indigo als siebte Farbe.
(2) Selten kommt es vor, dass jemand noch einen vierten Rezeptor besitzt, für Gelb. Über diese Eigenschaft verfügen ausschließlich Frauen. Frauen haben i.A. eine bessere Farbwahrnehmung als Männer, außerdem kommen Farbfehlwahrnehmungen wie die Rot-Grün-Schwäche praktisch nur bei Männern vor. Das hat genetische Gründe.
Vielleicht ist hierin auch einer der Gründe zu sehen, warum Frauen eine größere Affinität zu Mode und Farben haben und oft auch die besseren Grafikerinnen sind.
(3) Tatsächlich müssen es nicht einmal die Primärfarben RGB sein. Es ist ausreichend, dass die Primärfarben farbmetrisch voneinander unabhängig sind. Das bedeutet, dass sich keine der Primärfarben durch eine Mischung der zwei anderen darstellen lässt. Theoretisch sind Millionen verschiedener Kombinationen denkbar. Unser RGB ist eine mehr technische Konvention der Einheitlichkeit. Real weichen auch unterschiedliche Monitore in den Primärfarben voneinander ab, wenn auch nur wenig.
Dennoch lässt sich daraus auch eine andere, beliebte Partydiskussion beantworten: Ob wir alle die Farben gleich sehen. Das kann man mit ja beantworten, denn die Mathematik von Millionen von Kombinationen würde nicht aufgehen, wäre es anders.
(4) Man "addiert" zu der Projektionshälte mit der definierten Wellenlänge eine oder zwei Primärfarben. Dann lässt sich die Farbidentität immer darstellen. Mathematisch subtrahiert man nun etwas von der anderen Seite, was in Teilen zu dem sperrigen Ergebnis "negativer" Farben führt.
(5) Wie jetzt? Und was ist mit den 16.7 Mio. RGB-Farben, die man uns seit den Anfängen des Computers versprochen hat? Noch dazu, wo der RGB-Farbraum nur ein Teilraum von CIELab ist?
Die Antwort: Die Computerindustrie hat uns da schon immer eine Milchmädchen-Rechnung präsentiert.
Es ist zwar richtig, dass sich für RGB = 256 * 256 * 256 = 16.7 Mio. verschiedene Kombinationen erstellen lassen. Real sind aber die allermeisten dieser Kombinationen untereinander farbidentisch, es handelt sich um endlose Wiederholungen identischer Farben, wenn auch mit unterschiedlichen Werten für RGB. Die reale Anzahl von Farben liegt für RGB etwa bei max. 1.5 Mio. Für einen Farbraum wie CMYK sind es noch viel weniger, da landet man dann irgendwo bei max. 350.000.
(6) Aber auch das Elipsoid ist nur eine Näherung. Tatsächlich hat dieser auch noch ein paar Dellen und Löcher an den Rändern.
(7) Es gibt ein paar Aspekte der Farbwahrnehmung, die CIELab nicht beschreibt: Reflektionen, Verstärkung durch Konträrfarben (umstritten), Fluoreszenz o.ä. Aber es handelt sich um Ausnahmen, die wir hier jetzt mal getrost auslassen dürfen.
(8) Du ahnst es schon: Auch nicht immer. Bei manchen Farben hat der Mensch ein deutlich besseres Vermögen Farbunterschiede zu erkennen, als bei anderen. Im Bereich Grün ist es am Besten, im Bereich Gelb am Schlechtesten. Dies hat physiologische und auch evolutionäre Gründe.
(9) Theoretisch, theoretisch. Eigene Experimente, im für uns noch am Besten wahrnehmbaren Bereich Grün haben mir gezeigt: Unterhalb eines Delta E von 3-5 passiert da gar nichts. Tatsächlich ist ein Delta E von 3 im grafischen Gewerbe ein festgelegter, minimaler Standard, z.B. im Rahmen von Reklamationen.