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Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Johann Wilhelm

Well-Known Member
Registriert
26. August 2012
Beiträge
8.069
Wir leben in einer Übertribunalisierung der Lebenswelt. Jeder hat Schuld, aber keiner will es gewesen sein. Stattdessen bezichtigt man andere um von sich selbst abzulenken. Das führt dazu, dass jeder permanent einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt ist.

Entweder man stellt sich dumm, tut so, als hätte man von nichts gewusst oder man schlüpft in eine Opferrolle, sei es das Opfer von Personen oder Umständen, jedenfalls ist man Opfer.

Ich denke da nur an den 2.Weltkrieg. Ja sich nur selbst keine Schuld eingestehen, man hat nur die Befehle von oben ausgeführt.

Wie geht man mit Schuld richtig um?
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Oder ist es vielmehr so, dass wir uns mit Schuld im Alltag nicht auseinandersetzen zu brauchen, da wir ja keine Schuld haben. :lachen:
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Oder ist es vielmehr so, dass wir uns mit Schuld im Alltag nicht auseinandersetzen zu brauchen, da wir ja keine Schuld haben. :lachen:
Schuld ist einmal ein moralischer Begriff. Schuldbegriffe gibt es einmal so viele, so viele verschiedene Moral(Ethik)-Vorstellungen es gibt. In einer Moralvorstellung, in der es Schuld gibt, gibt es logischerweise auch Verdienst.

Die Erbschuld, Johann Wilhelm, ist etwas Sadistisches - warum soll ein Zeitgenosse für die Fehler und Untaten seiner Ahnen geradestehen ? Anders ausgedrückt, kein Kind ist schuld daran, dass sein Vater nicht mehr als ein biologischer Vater ist.

Ansonsten ist jeder Mensch dafür verantwortlich, was er bei klarem Verstand und ohne Zwang getan (in der Politik auch gesprochen) hat.

Politiker sind mMn außerdem für alle Handlungen, die in ihrem Bereich passieren, mitverantwortlich.

Wenn man sich schuldig fühlt, kann man sich in seiner Schuld suhlen oder sie eben loszukriegen versuchen.

Liebe Grüße vom nicht gerne schuldigen

Zeili
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Schuld ist einmal ein moralischer Begriff. Schuldbegriffe gibt es einmal so viele, so viele verschiedene Moral(Ethik)-Vorstellungen es gibt. In einer Moralvorstellung, in der es Schuld gibt, gibt es logischerweise auch Verdienst.

Die Erbschuld, Johann Wilhelm, ist etwas Sadistisches - warum soll ein Zeitgenosse für die Fehler und Untaten seiner Ahnen geradestehen ? Anders ausgedrückt, kein Kind ist schuld daran, dass sein Vater nicht mehr als ein biologischer Vater ist.

Ansonsten ist jeder Mensch dafür verantwortlich, was er bei klarem Verstand und ohne Zwang getan (in der Politik auch gesprochen) hat.

Politiker sind mMn außerdem für alle Handlungen, die in ihrem Bereich passieren, mitverantwortlich.

Wenn man sich schuldig fühlt, kann man sich in seiner Schuld suhlen oder sie eben loszukriegen versuchen.


Liebe Grüße vom nicht gerne schuldigen

Zeili

Du hast Schuld und Verdienst miteinander in Verbindung gebracht. Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen den beiden Begriffen?
Zwischen Schuld und Sünde besteht ein Unterschied. Es ist interessant, dass Du bei Schuld relativ rasch an einen theologischen Begriff denkst. Die Erbsünde erkläre ich so: Die Menschen wissen im Großen und Ganzen was gut ist, aber sie handeln dennoch nach anderen Maximen. Das findet sich schon im Römerbrief. "Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will" Und jeder der zu sich selbst ehrlich ist und in sein Herz blickt stellt fest, dass er nicht nur vom Guten gleitet ist, sondern auch vom Bösen. Und jetzt haben sich in der Antike Theologen Gedanken darüber gemacht, wie man sich das erklären kann. Das Erklärungsmodell das man gefunden hat, ist das der Erbsünde. Und es ist ja auch nichts Verwerfliches in diesem Begriff. Denn es ist offensichtlich, dass jeder Mensch den Stachel des Bösen in sich trägt. Und da dieser Stachel von Generation zu Generation weitergegeben wird, nennt man es die Erbsünde.

Du hast davon gesprochen, dass es die Möglichkeit gibt, sich in der Schuld zu suhlen oder sie loszukriegen.

Wie kriegt man sie richtig los? Was ist Deine Erfahrung? Welchen richtigen Umgang schlägst Du mit Schuld vor?

Liebe Grüße!
Johann Wilhelm
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Zum Beispiel: Das Kind tut etwas, das es nicht soll. Du merkst es. Wie reagierst Du? Das Kind weiß, das es Schuld hat. Wie kann das Kind mit dieser Schuld umgehen.

Kind deshalb, weil die Erlebnisse in der Kindheit prägend sind.

(Das mit dem Kind ist aber nur ein Beispiel.)
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Du hast Schuld und Verdienst miteinander in Verbindung gebracht. Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen den beiden Begriffen?
Kein sprachlogischer Zusammenhang, Johann Wilhelm, aber in einer Moralvorstellung muss es ja überall auch ein Gegenteil geben. Gut und böse bedingen sich einander.

Zwischen Schuld und Sünde besteht ein Unterschied.
Nicht in der christlichen Moralvorstellung; wer hier bewusst sündigt, macht sich schuldig. Auch nicht nach den meisten weltlichen Gesetzen: wer bewusst mordet, stiehlt, verleumdet, erpresst (usw. ja nach Gesetz) ist auch schuldig.

Es ist interessant, dass Du bei Schuld relativ rasch an einen theologischen Begriff denkst.
So religiös bin ich eben.

Die Erbsünde erkläre ich so: Die Menschen wissen im Großen und Ganzen was gut ist, aber sie handeln dennoch nach anderen Maximen. Das findet sich schon im Römerbrief. "Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will" Und jeder der zu sich selbst ehrlich ist und in sein Herz blickt stellt fest, dass er nicht nur vom Guten gleitet ist, sondern auch vom Bösen.
Stimme ich Dir im wesentlichen zu; wenn ich aber wirklich etwas Gutes tun will, dann tue ich es auch. Der Mensch im Römerbrief war halt vom Bösen zu stark beeinflusst, um etwas Gutes zu tun. Das Starke muss ja nicht unbedingt das Gute sein.

Und jetzt haben sich in der Antike Theologen Gedanken darüber gemacht, wie man sich das erklären kann. Das Erklärungsmodell das man gefunden hat, ist das der Erbsünde. Und es ist ja auch nichts Verwerfliches in diesem Begriff. Denn es ist offensichtlich, dass jeder Mensch den Stachel des Bösen in sich trägt. Und da dieser Stachel von Generation zu Generation weitergegeben wird, nennt man es die Erbsünde.
Sicherlich hat alles seine Entstehungsgeschichte, so auch der Begriff der Erbsünde; das muss aber nicht zwangsläufig heißen, dass ich ihn auch goutieren muss.

Du hast davon gesprochen, dass es die Möglichkeit gibt, sich in der Schuld zu suhlen oder sie loszukriegen.

Wie kriegt man sie richtig los? Was ist Deine Erfahrung? Welchen richtigen Umgang schlägst Du mit Schuld vor?
Wenn Du Dich bei den Menschen entschuldigst, bei denen Du Dich Deiner Meinung nach schuldig gemacht hast (ihnen wehgetan oder sie sonstwie geschädigt hast) und sie nehmen die Entschuldigung an, dann brauchst Du Dich meiner Meinung nach nicht mehr schuldig zu fühlen. Weilen diese Menschen nicht mehr unter uns, gibt es ja, zumindest im Katholizismus noch die Möglichkeit einer Beichte. Für Kirchenangehörige von anderen Religionen, bei denen es diese Möglichkeit nicht gibt bzw. bei Atheisten gibt es dann noch ein Geständnis bei der Polizei (letztere können sich ja nur nach einem von Politikern gemachten Gesetz schuldig fühlen bzw. schuldig gefühlt haben).

Liebe Grüße!

Zeii
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Zum Beispiel: Das Kind tut etwas, das es nicht soll. Du merkst es. Wie reagierst Du? Das Kind weiß, das es Schuld hat. Wie kann das Kind mit dieser Schuld umgehen.

Kind deshalb, weil die Erlebnisse in der Kindheit prägend sind.

(Das mit dem Kind ist aber nur ein Beispiel.)

Vgl. dazu ausführlich und differenziert:

Lawrence KOHLBERG, Stufen der Moralentwicklung.

Die meisten Kinder unter 9 Jahren befinden sich auf dem sog. Niveau A., dem von KOHLBERG so genannten präkonventionellen Niveau.

Und dass Kindheitserlebnisse prägend sind, ist eine schon fast trivial anmutende tiefenpsychologische Erkenntnis ..., die in der Tradition des tiefen-psychologischen Denkens seit Sigmund FREUD auch in der breiten Öffentlichkeit bekannt sein dürfte ...:dontknow:

Allerdings verläuft die sog. Prägung eines Säugetieres anders als die eines heranwachsenden, sich ent-wickelnden Menschen, :ironie: soll ich im Auftrag von Konrad LORENZ, Irenäus EIBL-EIBESFELDT und anderer Verhaltensbiologen mitteilen ....

Aus feministischer Sicht hatte übrigens die ehemalige Mitarbeiterin von KOHLBERG, Carol GILLIGAN, ihre Kritik an dem entwicklungspsychologischen Modell von Lawrence KOHLBERG begründet ..., was Sie aber wahrscheinlich überhaupt nicht interessiert ...:dontknow:
Was natürlich nichts macht ....:lachen::lachen::lachen:
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Zum Beispiel: Das Kind tut etwas, das es nicht soll. Du merkst es. Wie reagierst Du? Das Kind weiß, das es Schuld hat. Wie kann das Kind mit dieser Schuld umgehen.
Ich habe 3 Kinder ein paar Monate lang miterzogen; es wäre also vermessen, mich als Pädagogen zu bezeichnen. Wie reagiere ich ? Ich sage ihm in diesem Fall, dass sein Handeln nicht in Ordnung war, immer seinen Wortschatz berücksichtigend. Es genügt oft ein "Nein". Man kann natürlich von Kindern (und auch manchen Jugendlichen) nicht erwarten, dass es sich entschuldigt (dazu sind manche Erwachsene nicht fähig).

Kind deshalb, weil die Erlebnisse in der Kindheit prägend sind.
Ja, und meiner Meinung nach mindestens bis zum vollendeten 20. Lebensjahr.

Bitte etwas mehr Geduld mit den Antworten; ich habe auch andere Interessen als das Denkforum. Falls ich aber mit einer Antwort länger als 1 Woche säumig bin, kannst Du mich auch über Private Nachrichten, wenn es sein muss über Email kontaktieren. Natürlich kann ich auch da nicht garantieren, dass ich zu allem und jedem eine Meinung habe.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

.....Sich nicht auf "Zuruf" schuldig fühlen!.....

meint m.f.g. plotin
 
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AW: Was ist der richtige Umgang mit Schuld?

Kein sprachlogischer Zusammenhang, Johann Wilhelm, aber in einer Moralvorstellung muss es ja überall auch ein Gegenteil geben. Gut und böse bedingen sich einander.

Ich bezweifle, dass Verdienst das Gegenteil von Schuld ist. Eher würde ich an Unschuld, und an einen Raum der Vergebung denken.

Nicht in der christlichen Moralvorstellung; wer hier bewusst sündigt, macht sich schuldig. Auch nicht nach den meisten weltlichen Gesetzen: wer bewusst mordet, stiehlt, verleumdet, erpresst (usw. ja nach Gesetz) ist auch schuldig.

Aber nicht jede Schuld ist schon eine Sünde. Die Sünde bezeichnet ein gestörtes Verhältnis zu Gott. Schuld impliziert diese theologische Dimension nicht zwingend. ZB kann es Schuld zwischen 2 oder mehr Personen geben, ohne dass es sich bei dieser schon um eine Sünde handeln muss. Oder sehe ich das falsch?

So religiös bin ich eben.

Was bedeutet es, religiös zu sein? Ist das gut oder schlecht? Inwiefern ist es gut oder schlecht?

Stimme ich Dir im wesentlichen zu; wenn ich aber wirklich etwas Gutes tun will, dann tue ich es auch. Der Mensch im Römerbrief war halt vom Bösen zu stark beeinflusst, um etwas Gutes zu tun. Das Starke muss ja nicht unbedingt das Gute sein.

Der Mensch im Römerbrief ist Paulus, der den Brief schrieb. Du kannst aber nicht immer Gutes tun, wegen Deines bösen Stachels im Fleisch. (der Erbsünde sozusagen)

Sicherlich hat alles seine Entstehungsgeschichte, so auch der Begriff der Erbsünde; das muss aber nicht zwangsläufig heißen, dass ich ihn auch goutieren muss.

Wenn ich betrachte, welche Realität mit diesem Begriff zum Ausdruck kommt, finde ich ihn durchaus ok. Das ist natürlich Ansichtssache.

Wenn Du Dich bei den Menschen entschuldigst, bei denen Du Dich Deiner Meinung nach schuldig gemacht hast (ihnen wehgetan oder sie sonstwie geschädigt hast) und sie nehmen die Entschuldigung an, dann brauchst Du Dich meiner Meinung nach nicht mehr schuldig zu fühlen.

Was ist, wenn sie die Entschuldigung nicht annehmen und Dich zB auf elektrischen Stuhl sehen wollen. Ich denke hier zB an die Todesstrafe in den USA und anderen Ländern.
Fühlt sich jemand überhaupt schuldig, wenn ihm die Opfer/Geschädigten nicht vergeben wollen oder verdrängt er die Schuld bzw führt sie auf Umstände zurück, die ihm suggerieren nicht schuldig zu sein?

Weilen diese Menschen nicht mehr unter uns, gibt es ja, zumindest im Katholizismus noch die Möglichkeit einer Beichte.

Ist die Beichte hierzulande nicht außer Mode gekommen? Was spricht für die Beichte?

Für Kirchenangehörige von anderen Religionen, bei denen es diese Möglichkeit nicht gibt bzw. bei Atheisten gibt es dann noch ein Geständnis bei der Polizei (letztere können sich ja nur nach einem von Politikern gemachten Gesetz schuldig fühlen bzw. schuldig gefühlt haben).

Kommt darauf an, um welche Schuld es sich handelt. Sachen die moralisch verwerflich sind, aber strafrechtlich nicht relevant, interessiert die Polizei nicht.

lg
 
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