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Wabi-Sabi

AW: Wabi-Sabi

Das Thema lässt mich irgendwie nicht mehr los, auch wenn das hier nun zum Monolog wird. ;)

Bin heute noch auf Material über eine (leider schon vergangene) Ausstellung des Kunstmuseums Wolfsburg gestossen mit dem Titel: "Japan und der Westen - die erfüllte Leere".

Einen längeren Text zu dieser Ausstellung, in welcher Kunstwerke der westlichen Moderne Objekten der traditionellen Japanischen Kunst gegenübergestellt wurden findet ihr hier

und hier könnt ihr euch noch ein kleines Video dazu anschauen.

Ich hab mir jetzt mal den Katalog zu dieser Ausstellung bestellt und hoffe, euch dann bald mehr darüber berichten zu können.

Liebe Grüsse
Ela
 
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AW: Wabi-Sabi

Liebe Ela,

auch wenn der Thread tatsächlich aktiv hauptsächlich von dir getragen wird: das Thema ist sehr interessant und macht auch sehr nachdenklich.

Persönlich muss ich aber bei manches umdenken, habe nochmals im Internet den Artikel gelesen in dem auch über den menschlichen Körper im Zusammenhang mit Wabi-Sabi geschrieben wird - mittlerweile denke ich, dass das eine stark europäisierte Auffassung oder Sichtweise ist.

Liebe Grüße

Miriam
 
AW: Wabi-Sabi

...wenn jemanden Misstöne missfallen ist das o.k. meine Töne dienen nicht zum Gefallen. Das Denken dient nicht dem Gefallen und der Zen-Buddhismus ist für einen westlich verwöhnten Menschen eine sehr schmerzliche Erfahrung kein Gefallen.
Da halte ich in diesem Zusammenhang typische Höflichkeitsfloskeln für eine Form das Bewusstsein zu ersticken und zu erwürgen obwohl es gerade dabei ist sich vom Ballast des Unrats der westlichen Welt zu befreien.
Zen-Buddhismus ist kein Hobby für Samstag Nachmittag sondern eine Lebensphilosophie wie künstlerische Arbeit auch, es gilt Rund um die Uhr.
Es gibt auch über Wabi Sabi eine ganze reihe Bücher um diese japanische Philosophie in den westlichen Alltag zu integrieren.
Finde Ela67 hat ein ganz aktuelles Thema unserer Zeit aufgegriffen, wir müssen der allgemeinen Hektik etwas entgegen setzen um nicht krank zu werden und da können wir von uralten fernöstlichen Traditionen lernen.

gruß fluuu

PS: Werde mir allerdings in der westlichen Welt das 'sich Wehren' nicht nehmen lassen, auch nicht wenn Nachdruck nötig ist, denn es gibt zu viele mächtige Egoisten, Jammerer und heile Welt Gläubige.
 
AW: Wabi-Sabi

Hallo fluuu,

das habe ich jetzt wirklich noch nie so empfunden, dass Höflichkeit das Bewusstsein erstickt. Habe aber anderswo im Forum von dir gelesen, dass du nicht daran glaubst, dass es möglich ist im Internet einen mehr als bloss oberflächlichen Dialog zu führen. Und irgendwo schreibst du auch, dass all deine Beiträge hier Kunst sind.
Das sind für mich Aussagen, die ich nicht zu einem sinnvollen Bild zusammen bekomme und ich merke, dass es für mich auch deshalb oft schwierig ist, deine Aussagen zu verstehen. Schade eigentlich, denn ich habe auch schon viel Bedenkenswertes und Anregendes von dir gelesen.

Aber nun wieder zum Thema:
Ich bin immer etwas skeptisch bei solchen Büchern, welche zB. fernöstliche Ideen versuchen, in meist stark an unsere Bedürfnisse angepasster und zurechtgestutzter Form, im Sinne eines Rezeptbuches als Lebenshilfe zu verkaufen.
Das geht dann für mich eben genau in diese von dir kritisierte Samstagnachmittag-Buddhismus-Richtung.

Ich meine, das Integrieren einer fremden Philosophie, die so komplett das Gegenteil der unseren beinhaltet, kann eigentlich nicht funktionieren.
Was aber funktionieren könnte, wäre die Grundhaltung dieser Philosophie zu verstehen. Gerade auch im Kontrast zu unserer eigenen Grundhaltung.

Und dann, vielleicht, die eigene Grundhaltung ein wenig zu ändern, weil man begreift, was einem darin fehlt, wo man wichtige Aspekte einfach nie gesehen hat. In diesem Sinne könnte dann tatsächlich eine Erweiterung und Ergänzung stattfinden.

Was ganz bestimmt nicht funktioniert, ist, wenn gestresste Westler irgendwelche Zenübungen machen um darin Kraft zu finden um ihren Stress besser auszuhalten.

Liebe Grüsse
Ela
 
AW: Wabi-Sabi

Hallo Ela,

ein interessantes Thema! Ich kannte "Wabi-Sabi" vorher nicht (zumindest nicht in diesen Worten). Du führst in Deinem Thema auf sehr angenehme Weise (auch in textlicher Form) zu dieser Betrachtungsweise.

Der Gedanke, sich selbst in den Hintergrund zu stellen, und das Objekt wirken zu lassen, gefällt mir. Ich glaube, dass sich dieser Gedanke auch in der Fotografie umsetzen lässt. Die Kamera, der Film, ein sehr machtvolles "Instrument". Wir sehen uns Filme in Schwarz/Weiß an, vom Beginn dieses Mediums, und beobachten fasziniert Menschen, die schon lange nicht mehr leben.
In früheren Zeiten wurden auch ganz bewusst Fotos von Verstorbenen gemacht, dargestellt als ob sie nur schliefen.
Vermutlich glaubte man, die Seele des Menschen auf diese Art und Weise "festhalten" zu können.
Das Foto, ein nicht wiederkehrender Augenblick; bewahrt für lange Zeit.

Über Zen-Buddhismus weiß ich zuwenig, um darüber philosophieren zu können.
Aber Hermann Hesse ist es gelungen die Denkweise eines Zen-Schülers in einem Gedicht darzustellen:


JUNGER NOVIZE IM ZEN-KLOSTER II

Ist auch alles Trug und Wahn
Und die Wahrheit stets unnennbar,
Dennoch blickt der Berg mich an
Zackig und genau erkennbar.

Hirsch und Rabe, rote Rose,
Meeresblau und bunte Welt:
Sammle dich - und sie zerfällt
Ins Gestalt- und Namenlose.

Sammle dich und kehre ein,
Lerne schauen, lerne lesen!
Sammle dich - und Welt wird Schein.
Sammle dich - und Schein wird Wesen.

Aus: Hermann Hesse, "Die Gedichte", Zweiter Band, Suhrkamp Taschenbuch 381

Danke Ela, für Deine Anregungen!

Grüße von FirstDay.
 
AW: Wabi-Sabi

Danke, liebe FirstDay!
Das Hesse-Gedicht kannte ich noch nicht, finde aber auch, dass es sehr gut trifft, was diese Philosophie beinhaltet.

Liebe Grüsse
Ela
 
AW: Wabi-Sabi

Hallo zusammen!

gestern habe ich das Buch "Japan und der Westen" bekommen. Es enthält neben vielen schönen Bildern von traditioneller Japanischer Kunst und modernen westlichen Werken, wie sie in der oben erwähnten Ausstellung in Wolfsburg gezeigt wurden, auch sehr gute Texte zu diesem Thema.

Ich möchte nun in der nächsten Zeit versuchen, einige dieser Gedanken vorzustellen, in hoffentlich gut verdaubarer Form, sie mit eigenen Überlegungen ergänzen und hoffe jetzt einfach mal, dass sich der eine oder die andere von euch dadurch anregen lässt, eigene Gedanken dazu zu äussern.

Als kleines Appetithäppchen hier ein Satz von Paul Klee (der in Japan übrigens hoch geschätzt wird) aus seinen Tagebüchern (1908):

Reduktion! Man will immer mehr sagen als
die Natur und macht den unmöglichen Fehler,
es mit mehr Mitteln sagen zu wollen als sie,
anstatt mit weniger Mitteln.​

Liebe Grüsse und einen schönen Sonntag
Ela
 
AW: Wabi-Sabi

Liebe Ela, das ist nun ein wahres Geschenk für mich: Paul Klee im Zusammenhang mit Wabi-Sabi. Du hast mir, so zu sagen nun den Schlüssel gegeben mit dem ich dieses Gebiet für mich eher eröffnen kann.

Ich zitiere den ganzen Absatz aus Paul Klees Tagebuch:


Reduktion! Man will immer mehr sagen als
die Natur und macht den unmöglichen Fehler, es mit mehr Mitteln sagen zu wollen als sie, anstatt mit weniger Mitteln.
Das Licht und die rationellen Formen liegen im Kampf, das Licht bringt sie in Bewegung, biegt gerade, ovalisiert parallele, dreht Kreise in die Zwischenräume, macht den Zwischenraum aktiv. Daher die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit.


Man kann Paul Klees Tagebücher nicht in einem Stück lesen - nicht weil er sich etwa kompliziert ausdrücken würde - nein, seine Texte sind klar wie es auch seine 8000 (!) Bilder sind. Aber seine Tagebücher enthalten eine solche Fülle von Gedanken, man muss und man möchte immer wieder Pausen einlegen um darüber nachzudenken.

Liebe Grüße

Miriam
 
AW: Wabi-Sabi

Hallo,
es war nicht anders zu erwarten, bin kein Fan von Paul Klee sondern eher vom Surrealismus. An dieser Bewegung hat er sich nie beteiligt. Letztendlich habe ich die Gruppe "Blauer Reiter" nie studiert und kann mich kaum dazu äußern.

Ganz im Gegensatz zu Wabi-Sabi bzw. den Zen-Buddhismus, bin eindeutig ein praktizierender Sympathisant.
Um mehr Aufschluss über die spezielle Form Wabi-Sabi zu bekommen habe ich den Katalog der Bücherei befragt und siehe da, mehrere Einträge. Einige Bücher sind ausgeliehen aber eins habe ich bekommen:

WABI SABI - Keine Zeit und trotzdem glücklich!
Wie Sie die Kostbarkeit des Augenblicks entdecken und Ihren Rhythmus finden.

Allein der Titel sagt eine Menge und mir sagt das Buch, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

gruß fluuu
 
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AW: Wabi-Sabi

Liebe Miriam,

ja, manchmal scheint es tatsächlich einfacher zu sein, sich über das Vertraute an das Fremde heranzutasten, auch wenn dieses Herantasten ebenso das Trennende, Unterschiedliche, wie auch das Verbindende zum Vorschein bringt.

Um noch ein bisschen bei Paul Klee zu verweilen zeige ich nun hier eins seiner Bilder, welches um 1938 entstanden ist und stelle es dem Bild: "Wäschesack und Wanderstab", aus der Edo-Zeit (19. Jahrhundert) gegenüber.
(Beide Bilder stammen aus dem Buch: Japan und der Westen)

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Beide Bilder zeichnen sich durch extreme Reduktion aus.
Wobei Klees Bild sich sehr weit vom Gegenstand der Natur ablöst, während der Wäschesack und Wanderstab zwar ebenfalls reduziert wird, jedoch ohne Verfremdung der eigentlichen Naturform.

Übrigens, eine Erklärung zum Wäschesack und Wanderstab:
Die gehören Hotei, der auch als "Dickbauchbuddha" bekannt ist.
Der ist ein gutmütiger und stets freundlicher Wandermönch, der nichts besitzt als seinen Wanderstab und einen Sack mit wenigen Habseligkeiten.
Erst auf dem Totenbett gibt er sich als der zukünftige Buddha zu erkennen.
In Japan wird er auch zu den "sieben Glücksgöttern" gezählt.

Eine beliebte Ikonographie ist es, den schlafenden Hotei darzustellen.
Auf diesem Blatt wird nun das Thema noch mehr reduziert, Hotei hat seine ganze Habe abgelegt und schläft irgendwo. :)

Liebe Grüsse
Ela
 
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