Sofern es die Basiskompetenzen (Lesen und Schreiben lernen) betrifft, haben sich verbale Rückmeldungen tatsächlich bewährt, zumal eine Notengebung die Kinder in diesem Alter auch generell überfordern würde. Sie könnten die geforderten Kriterien vermutlich nicht sinnvoll gezielt umsetzen und daher wäre dann die Note tatsächlich auch wenig aussagekräftig. Da bin ich also voll auf deiner Seite. Nun kann man aber darüber streiten, ob ab einem gewissen Punkt die kognitive Reife vorhanden ist, um bewertete Testaufgaben (3. und 4. Klasse bei uns an Regelgrundschulen) zu schreiben, die dann Eltern wie Kindern per Ziffernnote eine Rückmeldung über den Lernerfolg geben.
Mehr sollen Noten ja auch nicht leisten. Sie sind eine Rückmeldung über den meist unmittelbaren Lernerfolg einer Lerneinheit. Das ist effizient und an weiterführenden Schulen im Grunde auch alternativlos, da der Aufwand zu hoch wäre, hunderte Schüler/innen verbal zu beurteilen. Das machen wir zwar auch, jedoch nur bei Elternsprechabenden, im Falle gezielter Nachfragen oder etwa, wenn es Probleme/Auffälligkeiten geben sollte. Ich kenne natürlich Schulen (bei uns Gemeinschaftsschulen), die bis zur 8. Klasse Verbalbeurteilungen ausstellen und keine Zeugnisse mit Ziffernnoten. Gelegentlich wechseln Schüler von dort zu uns. Diese Zeugnisse sind meines Erachtens kaum aussagekräftiger als benotete Zeugnisse; im Gegenteil: Die sich stets wiederholenden Textbausteine wirken phrasenhaft und bleiben im Kern vage. Daher soll es verständlicherweise nicht selten vorkommen, dass Eltern zusätzlich Ziffernnoten verlangen, um Klarheit über den tatsächlichen Leistungsstand zu erhalten.
Ich möchte solche Ansätze nicht abwerten, der Gedanke dahinter ist freilich lobenswert. Nur fehlen uns schlicht die Ressourcen, derartige Konzepte sinnvoll und flächendeckend anzuwenden. Wenn ein Grundschullehrer seiner Klasse von 20-30 Kindern, die er über mehrere Jahre betreut, individuelle Verbalbeurteilungen ausstellt, dann ist dies eben nicht vergleichbar mit einem Sekundarlehrer einer weiterführenden Schule, der 200 oder mehr Schüler in verschiedensten Klassenstufen unterrichtet. Daher kann ich es auch verstehen, dass in solchen Fällen eben vergleichsweise nichtssagende Textbausteine zum Einsatz kommen (müssen).
Übrigens: Das Verhalten (Klassenregeln befolgen etc.) wird ohnehin nicht über die regulären Noten bewertet (Ausnahme sind die sogenannten 'Kopfnoten', ein zurecht umstrittenes Konzept); sollte es hier in der Schule Probleme geben, wird sich jeder engagierte (Klassen)Lehrer natürlich mit den Eltern (faktisch besteht zwischen Lehrkräften und Eltern schließlich eine Erziehungspartnerschaft) in Verbindung setzen und nach individuellen Lösungsmöglichkeiten suchen.