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Rechtschreibung und Charakter

Der reizende Reigen der deutschen Rechtschreibung

Salut!

1920 schockierte gerade in Berlin Schnitzlers 'Reigen' die Zeitgenossen, bemühte den preussischen Kuturminister und die Gerichte, und obwohl die Thematik eine ganz andere war -grins, finde ich das irgendwie komisch und passend.

Robin, Du kannst angstfrei 'fehlerfrei' schreiben, ob die Reform gekippt wird, oder bleibt. Vielleicht sollte ich aber als Ausländer zuerst um Erlaubnis fragen, mich zum Thema äussern zu dürfen ;).

Cœur Froid, Du irrst Dich.
a) Die Reform kann 'umgekehrt' werden
b) die Diskussion wurde nicht im sog. Sommerloch angeregt
c) reine Rhetorik ist nur ganz selten unterhaltsam.

Der Zeitpunkt, der etwas demagogischen Feststellung 'in der täglichen Erprobung sei die Reform gescheitert, die Schreib- und Lesefähigkeit nehme ab, die Verunsicherung zu...' ist keinesfalls willkürlich! Die Gegner der Reform wittern eine Chance, die Reform zu putschen. Der Zeitpunkt mutet eher sehr stark nach einem 'Productplacement' an -grins : Die siebenjährige Übergangsfrist läuft ab, die Reform steht auf dem Programm der Oktober-Konferenz der deutschen Ministerpräsidenten, die die def. Einführung (8.05) in Frage stellen oder sogar verhindern könnten.
Dass 'Axel Springer' und 'Spiegel' von Frank Schirrmacher 'begleitet' werden, verwundert auch nicht. FAZ frohlockt bereits: 'Die Reform ist gekippt'.
Würde aber die Rückbuchstabierung nicht noch mehr Irritationen schaffen? Sicher, viele Schriftsteller, Sprachwissenschafter und Politiker freuen sich über die medial geschürte Erregung, einige wollen tendenziell bei der Reform bleiben, FAZ kehrte bereits nach nur einem Jahr zur alten Rechtschreibung zurück, einige wollen an der Reform festhalten... vorläufig... weil 'bindend ist, was in den Schulen gelehrt wird' etc. Die Reformer reformierten während der Übergangsfrist unter schon damalig starken Druck weiter und brachten damit sicher weitere Unsicherheiten. Es wurde aber mehr Unsinniges aus der Rechtschreibung eliminiert und Du (cf) kommst nicht daran vorbei, dass ein Grossteil der Änderungen etymologisch sinnvoll ist. Würde man sich der sog. 'Mehrheit der Bevölkerung', die sich gegen die neue Orthographie 'ausgesprochen' hat, beugen, wäre freilich jede Rechtschreiberegelung -in jeder Sprache- zu kippen.
Die Kultus- und Erziehungsbehörden werden nun wieder in Wien zusammentreffen, wo sie im Juli 96 die Erklärung über die Neuregelung der deutschen Sprache unterzeichneten und werden hoffentlich die richtigen Entscheidungen treffen, 'Springer' hin und 'Spiegel' her. Die Reform wird nämlich genauso fundamentalisch bekämpft wie sie entstanden ist. Die Machtkämpfe sollen aber nicht schon wieder die Schüler ausbaden müssen, die z.T. seit sechs Jahren die neuen Regeln lernen -die Reform wurde in bindender Terminabsprache erfolgreich bis zum letzten PC-Rechtschreibeprogramm umgesetzt- und wenn nicht gute, so auch keine schlechteren Erfahrungen damit machen!
Volkswirtschaftlich ist eine Umkehr kaum zu verantworten. Die Kosten werden mit 250 Mio. € veranschlagt, sollten die Schulbücher auf einen Schlag wieder ersetzt werden müssen. Die Schulbücher- und Wörterbuch-Herausgeber wird es freuen, doch auch sie plädieren gegebenenfalls für eine grosszügige Übergangsfrist, wohl wissend, dass sich das öffentliche Bildungswesen diese Mehrkosten gar nicht leisten kann und wohl auch, die eigenen Kapazitäten sehend. Das aber würde heissen, ihr hättet zwei bis drei Generationen Schüler, die während sie lernen, bereis wieder umlernen müssen.
Pragmatisch wäre es ziemlich leicht zu lösen. In 'wenigen' Jahren sind die Herren Grass & Co., die Amtierenden in den Verlagen und Redaktionen durch die heutigen Schüler ersetzt worden. Man wird ev. wieder 'unterderhand' schreiben, aber doch eher nicht -grins und die Sprache weiter als etwas Lebendiges verstehen und nicht auf stur Festlegbares herabsetzen. Doch Grundregeln wird es immer brauchen. Wenn 'Spiegel' und 'Springer' jetzt auf der Basis der alten Rechtschreibung nachdenken, welche Vorschläge der Reform übernommen werden können, bin ich entzückt. Bis jetzt kümmerten sie sich nicht immer so sorgfältig um die Sprache. Meiner eskapistischen Seele tut so was gut - gleichzeitig geht es mir aber durch Mark und Bein. Die geographisch abgelegene Lage passt zeitweilig zu meinem Gefühl, aus der Welt verstossen zu sein...in der Weltstadt Berlin hätte ich dieses Gefühl aber erst recht.

Gerade als die Sprachreform beschlossen wurde (7.96), verstarb freiwillig die Schriftstellerin Adelheid Duvanel, die mit klarer Sprache und überraschenden Satzwendungen für mein Wohlgefallen sorgt. "Jakob nennt die Suppe, die er täglich kocht, 'Eigenbrötlersuppe' ", ist so ein Satz...

In der DDR wurde das kommunistische Regime verjagt, weil es keine Reformen zuliess. Dieselben Menschen -und viele andere natürlich- wehren sich mit fast gleicher Vehemenz gegen die Schröder-Reformen und werden sehr wahrscheinlich auch ihn zu Fall bringen. Wäre doch gelacht, 'man' schafft die Rechtschreibereform nicht auch noch.
Das Regelwerk (die Charta) der UNO ist schon lange nicht mehr zeitgemäss und bedarf einer Revision. Wer aber würde es wagen, diese anzukurbeln? Höchstens noch die Amerikaner, denn ohne sie läuft -negativ wie positiv- nichts. In Europa scheint sich durchzusetzen, dass jeder jeden behindert, um sich zu profilieren. Konsensfähigkeit ist rar geworden. Vielleicht ist das die Schattenseite unserer Freiheit. Ein Emanzipationsprozess, in dem es leider bisweilen an Grenzen fehlt. An Grenzen zwischen Freiheit und Chaos, Selbstbewusstsein und Egoismus. Ein Prozess in dem auch Mangel an Selbstreflexîon herrscht.

Mit der nächsten Schifffahrt warte ich noch etwas-bis ich weiss, wie ich sie zu schreiben habe. Zum Glück kann ich nach wie vor golfen. Rad fahren und spazieren gehen ist wesentlich problematischer.

:autsch:
 
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Hi Jérôme:

a) Da ich nie gesagt habe, reine Rhetorik sei unterhaltsam, gehe ich 'mal davon aus, dass du versehentlich das "r" erwischt hast anstatt des gewollten "d"s...
b) habe ich nicht gesagt, die Reform könnte nicht umgekehrt werden, sondern es als Zugeständniss an die Reformbefürworter als pragmatisches Argument bezeichnet, dass man so teilen könnte
c) die Anregung der Diskussion im Sommerloch ist ein Vorwurf v. Robin, dem ich ausgewichen bin, indem ich festgestellt habe, dass das wohl kaum die Sache selbst betreffen könne, wenn sich Populisten dieser Debatte bemächtigten

^^Hier sehe ich mich doch stark missverstanden, bei dem Volumen, dass ich immer von mir gebe, würde ich meine Texte aber auch nur überfliegen, darum habe ich es nur schnell richtiggestellt und behaupte also weiterhin, dass ich mich nicht irre ;)

Ansonsten stimme ich dir weitestgehend zu, im Wesentlichen wiederholst du die bekannten Argumentationsschemen (wenn ich das so verkürzt zusammenfassen darf):

1) Kostenfaktor (pragmatische Ebene, volkswirtschaftlich etc. s.o.)
2) Notwendigkeit (etymologisches Argument): ich sagte bereits, dass wir uns die Beispiele hier um die Ohren hauen könnten, ohne zu einem Schluss zu kommen: aus "wohlverdient" wird "wohl verdient": dieses führt zu einer AUFHEBUNG der bisherigen Bedeutung, alleinstehend ist das "wohl" quasi eine Modalpartikel, die das "verdient" relativiert. Das etymologische Argument ist somit mehr als zweifelhaft, zumal Etymologische Aspekte keines Falls ein Kriterium für Sprache od. Schrift sind. Im Gegenteil nehmen eben die "Normen" (ich benutze diesen Begriff öfter als mir lieb sein kann, sry) einen viel größeren Stellenwert ein. Es ist unmöglich und unsinnig Etymologie über Sprachkonvention zu setzen. Derartige Schöngeistigkeiten haben mit einer lebendigen Sprache wenig zu schaffen. Ich denke, die übrigen Uneinigkeiten in Kommasetzung und Trennung sind bekannt, es ist wenig sinnvoll, sich das um die Ohren zu schlagen.
3) Sprachkonvention: Ich möchte es schlicht als aberwitzig bezeichnen, Konventionalität in spe als Argument für eine fragwürdige Reform einzusetzen: "Wenn der Sprachformende Schöpferzirkel in einigen Generationen ausgelöscht ist, gibt es eine Mehrheit, die die Reform durchsetzt". Bis die Schüler, die NUR mit der neuen Schreibweise aufgewachsen sind, tatsächlich aktiv Texte publizieren - und zwar mehr als es in alter Schreibweise tun, dürften noch gut 10 - 20 Jahre vergehen. Ist auch selbstverständlich, davon reden wir ja, aber was hat das damit zu tun, ob / dass die Reform heute, hier und jetzt erfolgreich oder sinnvoll ist? Aber du selbst hast es ja als "pragmatisches Argument" bezeichnet, genau das ist es dann auch wohl.
4) Reformstau (DDR- Parallele, UNO, Schröder): Wunderbar, ein gesellschaftlicher Grundmechanismus ist erkannt. Ist sicher auch zutreffend, ich habe aber mehrfach betont, dass ich das für eine äußere Ebene halte, die mit der eigentlichen Debatte nichts zu schaffen haben *kann*. Oder sollen wir jetzt reformieren, damit wir Reformen haben? Ich fasse das mal eher als nette Anekdote zu momentanen politisch- gesellschaftlichen Situation auf...


Wenn ich das alles zusammenfasse, komme ich zu dem Schluss, dass wir zumindest darüber einstimmen, dass:

x) eine Umkehr der Reform kaum tragbar wäre
y) die Reform selbst auch keine Verschlechterung darstellt (ich bestreite lediglich, dass es eine Verbesserung ist, wofür du ja eintrittst.. mit diesem Widerspruch kann man leben, auch wenn ich des öfteren die Vokabel "unsinnig" einsetze ;)).
z) die Diskussion, ihre Art sie zu führen, ihr Zeitpunkt und die auftauchenden Argumentationsschemen durchaus in das momentane pol. Klima passt.

Das einzige Problem, das ich weiterhin habe, ist die Reform selbst, als staatlich Kulturintervention. Mir ist aber völlig klar, dass dieser Einwand wohl kaum die weitere Verfahrensweise bestimmen kann / sollte, da sie weder die Qualität der Regeln noch die (Un)Möglichkeit einer Umsetzung / Revision betrifft. Es sind einzig grundsätzliche Erwägungen in Bezug auf Sprachkonventionalität und Gesetzmäßigkeiten in der deutschen Schriftsprache.

Was also wirklich noch zu diskutieren bliebe wäre nun ein Ausblick auf den weiteren Verlauf der Debatte, Jérôme spricht ja z.B. eine Verantwortung der beukottierenden Verlage an.

Ganz platt stelle ich fest: Lasst und das kranke Kind zu Welt bringen, Schüler nach den *neuen* Regeln erziehen und die Verlage ihren Protest fortsetzen lassen. Tatsächlich habe ich kein Problem damit, dass unter Umständen die private Literatur von der Schulliteratur divergiert. Das Problem hat man bei Kant, Kafka, Goethe und allen anderen deutschsprachigen Autoren. Selbst die "großen" Übersetzungen - z.B. v. Shakespeare - aus älteren Tagen stimmen nicht mit unseren grammatischen, lexikalischen oder gar syntaktischen Regeln überein. Ich denke nicht, dass man damit die Kinder überfordert, in den Büchereien stehen schließlich auch heute noch immer die alten TKKG, ??? und Karl May- Schinken. Und nebenbei können wir vielleicht sogar unser Schreibsystem etwas liberalisieren. :weihnacht

Gute Nacht und frohe Weihnachten, egal ob zu Fuß, zu Rad oder wie auch immer...

cf
 
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Coeur Froid schrieb:
a) Da ich nie gesagt habe, reine Rhetorik sei unterhaltsam, gehe ich 'mal davon aus, dass du versehentlich das "r" erwischt hast anstatt des gewollten "d"s...
b) habe ich nicht gesagt, die Reform könnte nicht umgekehrt werden, sondern es als Zugeständniss an die Reformbefürworter als pragmatisches Argument bezeichnet, dass man so teilen könnte
c) die Anregung der Diskussion im Sommerloch ist ein Vorwurf v. Robin, dem ich ausgewichen bin, indem ich festgestellt habe, dass das wohl kaum die Sache selbst betreffen könne, wenn sich Populisten dieser Debatte bemächtigten...

^^Hier sehe ich mich doch stark missverstanden, bei dem Volumen, dass ich immer von mir gebe, würde ich meine Texte aber auch nur überfliegen, darum habe ich es nur schnell richtiggestellt und behaupte also weiterhin, dass ich mich nicht irre ;) cf

Salut!

zu a) Ich vermeide es üblicherweise, jemanden direkt anzugreifen, werde aber den Satz Deinem Wunsch entsprechend umformulieren:
Reine Rhetorik ist nur ganz selten unterhaltsam; ist sie mit Feindseligkeiten, die als 'aus Gründen der Polemik' legitimiert werden, durchsetzt, gehst Du falsch in der Annahme, sie vermochte mich -wenn auch nur 'ein wenig'- zu unterhalten ;).

Dass Du in den übrigen Punkten der Diskussion Recht behalten möchtest, ist nicht verwerflich und auch nicht illegal.

Generell und persönlich brach ich über der Reform auch nicht in Begeisterung aus -vgl. 'Die Reform wird genauso fundamentalistisch bekämpft wie sie entstanden ist' und 'Die Machtkämpfe sollen nicht schon wieder die Schüler ausbaden müssen').
Um die Etymone möchte ich ebenfalls nicht streiten. Möglicherweise sind sie einem Ausländer wichtiger als einem Muttersprachbenutzer. Wenn Du aber sagst, dass etymologische Aspekte keinesfalls ein Kriterium der Sprache sind, und es unmöglich und unsinnig ist, Etymologie über Sprachkonvention zu setzen, so erlaube ich mir die Frage: Woraus entsteht Deiner Meinung nach die Konvention? Und auch noch: Etymon als Ursprung und Stammwort ----> hat in Deinem Verständnis der Begriffe die Konvention nichts mit Herkunft und Form, (Ge)Brauch mit Ursprung zu tun? Für mich sind die Begriffe konvergent.

In einem gebe ich Dir gerne Recht: Die 'private' Literatur wird nach wie vor von der Schulliteratur divergieren und alle -auch die Schüler- werden damit umzugehen wissen. Es ist aber vollkomen anders geartet, wenn in der täglichen Lektüre andere Regeln herrschen dürfen als in den Schulen. Wir können auch bestens zwischen Umgangston und Schriftsprache unterscheiden, aber das, was wir üblicherweise und ev. sogar vorwiegend zu lesen bekommen, prägt die Schriftsprache mit.
Du irrst Dich auch, wenn Du meinst, heute die 'Unsterblichen' in ihrer ursprünglichen Form zu lesen. Die Mehrzahl älterer Werke wurde in der Rechtschreibung in jeder neuer Ausgabe modernisiert.

Da wären wir bei den Reformen im Allgemeinen. Wie Du ursprünglich angeregt hast, will ich versuchen, 'einen einigermassen wertfreien Blick auf gesellschaftliche Prozesse zu werfen' und "beweisen", dass Sprachreformen durchaus nicht 'völlig unsinnig, weil ungewollt und uneffektiv' und auch nicht 'völlig unmotivierte Eingriffe von Altphilologen' sind, dass aber praktisch immer von irgendeiner Seite Proteste kommen, die nicht nur Sprachreformen scheitern lassen.

GB: Über Jahrhunderte hinweg scheitern die meisten Vorschläge für eine Rechtschreibereform der englischen Sprache (für 300 Mio. Menschen = Muttersprache, für 300 Mio. Menschen = 2. Sprache). Die englische Orthographie ist eine der unregelmässigsten der gegenwärtigen Rechtschreibsysteme. Homographe und Homophone zeigen, wie stark Lautung und Schrift divergieren. Einige Wörter werden noch wie im 14.Jh. ausgesprochen, andere nicht. Dyslexie tritt unter Englischsprachigen häufiger oft auf, als bei Menschen mit Muttersprachen deren Orthographie sich von der Phonologie weniger stark unterscheidet. Mehr als anderswo ist in GB die Aussprache -und auch Syntax und Wortwahl- ein Ausdruck sozialer Schichtung und damit ein Wertmessstab im Bewusstsein der Gesellschaft. Deshalb würde eine Sprachreform nicht jeder Schicht einen Gefallen tun, deshalb scheitern wohl auch die meisten Reformvorstösse. Z.B. die der US-Organisation 'Better Education thru Simplified Spelling' 1978 und auch die der britischen 'Simplified Spelling Society'. Letztere formuliert zwar ihr Anliegen seriös -Bestreben, die Sprache zu vereinfachen, um Schülern und Ausländern das Erlernen der engl. Sprache zu erleichtern- würde aber nicht weit vom US-'Saxon-Spanglish' enden. Das Argument, andere Länder hätten bereits modernisiert, genügt eben nicht. Andere Stimmen wünschen sich statt einer Orthographie- eine Grammatikreform. Auch zu Recht - wer weiss heute noch genau, wann 'whom' und wann 'who' verwenden? In den 'besten' Zeitungen sieht man fehlerhafte Sätze. Im kommenden Herbst wird das Thema auch in England wieder zu reden geben. Englisch wird z.B. von Dr. Johnson -im Vorwort zu seinem Wörterbuch- als 'copious without order, and energetic without rules' bezeichnet. Wetten, dass sich daran nicht viel ändern wird?

E : Ähnlich und doch vollkommen anders scheitern auch hier die Sprachreformbemühungen. Die spanische Sprache distinguiert sich durch eine unkomplizierte, weitgehend phonologische Rechtschreibung und darauf begründetes Regelwerk, das aber recht inkonsequent agiert. Bestrebungen, dieses der gesprochenen Sprache noch konsequenter anzupassen, werden hier von der Real Academia Española seit fast zweihundert Jahren abgeblockt. Eine Gruppe Madrider Lehrer begann im 19.Jh. eine dem Lautstand der Sprache angepasste Orthographie zu unterrichten, worauf das Königshaus die Normen der Akademia für allein verbindlich erklärte. Seit 1844 blieb die Akademia allen Neuerungen verschlossen und dies führte zur ersten und einzigen Aufspaltung der Sprache. Chile führte damals eine radikale Reform ein, die in ihrer Form nur wenige Jahre hielt, eine gemässigtere Variante dann bis 1928. Heute sind die 400 Mio. Spanischsprechenden in ca. 20 Ländern wieder orthographisch vereint. Die Unterschiede liegen nur in lexikalischer Hinsicht. Die Hispanisten treffen sich an ihrer Tagungen; Gabriel García Márquez verlangt launig 'die Orthographie, diesen Graus des Menschen von der Wiege bis zum Grab' abzuschaffen; die Madrider Presse zeigt für einige Wochen ein Schriftbild von fast formelhafter Klarheit und die Sprache als das Liebkind des Feuilletons. Des Weiteren bleibt alles beim Alten, weil die Präzision des Phonetischen den Meisten ein Schreckbild ist.

F : Frankreich schliesslich verträgt überhaupt kaum Reformen. Diese allg. Unlust lässt sich am besten im Bereich der Sprache verifizieren. Seit über hundert Jahren hatte kein einziger Reformversuch -es gab meines Wissens neun an der Zahl- Erfolg. Alle ausgearbeiteten Vorschläge endeten auf einem Ehren-Schubladen-Platz, obwohl Sprachwissenschaftler seit gut hundert Jahren der absolut begründeter Meinung sind, man könnte mit wenigen gezielten Vereinfachungen die Sprache 'entschärfen'. Die Änderungen hier aufzuzählen macht keinen Sinn, aber nicht nur die Ausländer wären froh darüber. Der letzte Reformversuch 1990 beinhaltete Vereinfachungen, Vereinheitlichungen und auch Angleichung an die Aussprache. Wer aber ist überhaupt, ganz allgemein, dazu befähigt, legitimiert? Die Vorschläge kamen nicht von der Académie française, die als Wächterin über die 'langue de Molière' gilt. Eine legale Befugnis, die Sprache zu normieren, besitzt sie auch nicht, sie selbst bezeichnet sich lediglich als 'greffière de l'usage' = Protokollantin des Sprachgebrauchs. Auch wurde seit über hundert Jahren kein Linguist und kein Grammatiker mehr in die Acadèmie aufgenommen. Diese Vorschläge kamen von einem (anders als im deutschen Raum!) sehr breit zusammengesetzten 'Conseil supérieur de la langue française', der vom damaligen Premierminister Rocard, geschaffen worden war. Die Académie wirkte aber mit und war zunächst auch mit den Änderungen einverstanden. Danach folgte eine negierende Kampagne von Schriftstellern und Honorationen -auch einige schlecht informierte 'Unsterbliche' waren dabei und die Académie wie auch die Regierung bekamen kalte Füsse. Die Regierung hätte den Vorlagen eine legale Grundlage geben können - die Reform hätte keine neue Norm bedeutet, auch hätte sie -im Gegensatz zur deutschen Reform- die Vereinfachungen nicht zu Lasten des Sprachreichtums gebracht. Die Regierung beugte sich lediglich dem französischen Fetischismus, der noch die abstrusesten orthographischen Asonderlichkeiten als Inkarnation des ominösen 'génie de la langue' zelebriert. Gerade weil die Sprache so schwierig ist, verleiht sie demjenigen, der sie meistert, eine besondere Aura, zementiert gleichzeitig das typische 'republikanische Elitedenken', untermauert das gallische Schulsystem, das eher auf Büffeln als auf selbstständiges Denken setzt etc.

Was ich mit dieser langen Abhandlung über Reformen überhaupt sagen will? Es findet sich kontinuierlich und in jedem Land und jedem Bereich eine gewichtige Gruppe, die Reformen erfolgreich verhindert, oder wenigstens die Gemüter kontinuierlich erhitzt. In Frankreich ist sogar das Einzige, was in Sachen Rechtschreibung Kontinuität hat, die weitverbreitete grundsätzliche Reformverweigerung.

Unmotivierte Altphilologen tragen aber nur selten, wenn überhaupt die Schuld. Sie behaupten nämlich fast kontinuierlich, dass Orthographie lediglich das Kleid ist, das sich eine Sprache anzieht. Dass die Sprache heute nicht mehr nackt herumlaufen kann, sollte eigentlich auch klar sein ;).

Nachzutragen bleibt vielleicht noch, dass die Zusammenkunft der Spitzenbeamte aus D, A und CH -warum eigentlich ohne Liechtenstein?- die über die Rechtschreibereform entscheiden sollte, endete ohne Ergebnis, sie redeten angeblich nicht mal darüber. Diskutiert wurde lediglich über den deutschen Vorschlag, einen Rat für deutsche Rechtschreibung einzuführen, über dessen Aufgaben, seine Zusammensetzung und den Geltungsbereich der Regeln. Ob das bedeutet, dass die Reform als gescheitert zu betrachten ist, oder eben als vollzogen, entzieht sich noch meinem Kenntnisstand. Es darf spekuliert werden -grins.

Ich bedanke mich bei Demjenigen, der mir bis zum Schluss gefolgt ist persönlich :danke:
 
Hallo miteinander !

Jérôme schrieb:
Salut!

Würde man sich der sog. 'Mehrheit der Bevölkerung', die sich gegen die neue Orthographie 'ausgesprochen' hat, beugen, wäre freilich jede Rechtschreiberegelung -in jeder Sprache- zu kippen.
In Österreich scheint jetzt ja fix zu sein, dass die Rechtschreibreform bleibt. Obwohl nicht unbedingt ein Freund unserer schwarz-blauen Regierung, bin ich doch der Meinung, dass wir weder zur alten Orthographie zurückkehren sollen, noch eine "Reform der Reform" starten sollen. Es geht dabei m.E. weniger um die 30-Jährigen und Älteren - die könnten sich vielleicht mit Bauchweh wieder zurückgewöhnen und umgewöhnen. Es geht vielmehr um die Kinder, denen die neue Rechtschreibung ja schon eingepaukt wurde; außerdem gibt es bereits eine Umfrage und Studie, wonach sich die Kinder mit dieser Rechtschreibung leichter tun, als wir mit der alten zurechtkamen. Volkswirtschaftlich dürfte es auch kein Argument sein. Im kreativen Bereich darf man ohnehin weiter beide Spielarten verwenden !
Schriftsetzer und Hobby-Literat​

MfG
 
Wie wichtig ist eine korrekte Rechtschreibung ?

Nachdem mein Brotberuf Schriftsetzer ist und wohl alle wissenschaftlichen Aspekte hinlänglich beleuchtet wurden, möchte ich einige praktische Argumente für eine korrekte Rechtschreibung bringen.

Ich verlor einmal fast meinen Job, als ich statt Rauchfangkehrergasse - Rauchfangkehrergase, also nur mit einem "s" schrieb. Die gesamte Auflage (so im Wert um 1000,- Euro) musste neu gedruckt werden.

Beispiele, die den Sinn eines Wortes oder Satzes vernebeln oder verzerren können:

Verändert man in einem Wort nur einen Buchstaben, wird zum Beispiel aus einem
leitenden Angestellten ein ... leidender Angestellter
aus einer Veranstaltung ... eine Verunstaltung,
aus beharren ... behaaren
aus hutschen ... rutschen oder lutschen
Haar ein ... Paar
aus umwandelbar ... unwandelbar​

verändert man zwei Buchstaben, aus
historisch ... hysterisch​

lässt man einen Buchstaben weg, aus
Rauchfangkehrergasse ... Rauchfangkehrergase
Pensionsbeitrag ... Pensionsbetrag
Braumeister ... Baumeister​

lässt man zwei Buchstaben weg, aus
dynamisch ... damisch​

verschiebt man einen Buchstaben, aus
fruchtbar ... furchtbar
Überraschung ... Überarschung​

Grundsätzlich möchte ich noch einmal erwähnen: Es ist ein großer Unterschied, ob jemand kreativ schreibt (Gedicht, Roman, Werbespot, Fantasie, Epos) oder eben einen Kommentar bzw. eine Analyse. Den Kreativen soll (und kann man oft) gar nicht einengen; er sollte aber darauf aufmerksam machen, wann er kreativ schreibt. Es ist natürlich auch ein Unterschied, ob etwas sinnverzerrend ist oder nicht. Wenn jemand statt Fehler ... Fähler schreibt, wird man das tolerieren.
 
Salut Zeilinger!

Den korrekten Umgang mit der Sprache versucht uns -mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg- die Spracherziehung beizubringen. Die Notwendigkeit, mit der Sprache möglichst sorgfältig umzugehen, sehen die meisten Menschen spätestens, wenn es ihre berufliche Tätigkeit erfordert ein und kommen sie mit ihren Kommunikationsmitteln nicht weiter, dann ohnehin. Niemand wird auch bestreiten, dass es Berufe gibt, in denen man auf die korrekte Sprache ganz speziellen Wert legt; so habe ich auch Verständnis, dass Du beruflich vorbelastet bist, weil die Konsequenzen für einen Schüler, einen Arbeitnehmer, Arbeitsuchenden, Auftragsnehmer oder auch Auftragsgeber andere sind, als hier im Forum, im Privatleben überhaupt. Um Fehler möglichst zu vermeiden, beschäftigt man Assistenten/innen, Lektoren, verlangt 'gut zum Druck' etc. Trotzdem schleichen sich Fehler ein, die einerseits für Ärger, andererseits aber für Heiterkeit sorgen. Ich behaupte jetzt kühn, dass mind. 90% dieser Fehler den Sinn der Kommunikation nicht verändern, da er aus dem sprachlichen oder situativen Kontex gut ersichtlich ist. Auf eine Annonce: "Gesucht leidende/-r Angestellte/-r..." wird möglicherweise unter 50 Bewerbern ein Witzbold reagieren, die restlichen Leser schmunzeln, sofern sie es überhaupt bemerkt und nicht überlesen haben.
Die Menschen und ihre Flüchtigkeitsfehler pedantisch auch noch 'privat' zu verfolgen, ist m.E. taktlos, sucht man systematisch nach Fehlern, passiert es ausserdem leicht, dass einem die Subtilität des Textes entgeht.
Mache ich aber konstant denselben groben 'Fähler', so würde ich mich freuen, jemand macht mich darauf aufmerksam. Was aber, wenn ich Legastheniker wäre? Wäre es Dir nicht peinlich, mich brüskiert zu haben?

Die meisten Deiner Beispiele sind Flüchtigkeitsfehler -für Verwirrung dürfte hier lediglich das Wort 'hutschen' sorgen -auch richtig geschrieben!, weil es sich um einen nur in Bayern und in Österreich verwendeten Ausdruck handelt -habe das Wort extra nachgeschlagen, weil es mir nicht geläufig war -grins. Wie willst Du aber die Flüchtigkeits- oder Tippfehler nicht tolerieren? Hier ein Strafregister mit Punktekonto einführen? Warum ausgerechnet den 'wirklichen' Fehler tolerieren?
In der Kommunikation schätzt man sprachgewandte Menschen mehr als solche, die das Regelwerk in allen seinen Nuancen auswendig kennen und bei jeder passenden wie auch unpassenden Gelegenheit unter die Nase halten.

Müsste ich ständig mit einem Schild 'Achtung, ich schreibe jetzt kreativ' herumlaufen, wäre das ungefähr so amüsant wie laufend das Schild :ironie: hochzuhalten. Soll ich meine Gesprächspartner/Leser beleidigen, in dem ich ihnen Intelligenz abspreche?

Orthographie ist wichtig, unbestritten! Gleichwohl aber die Semantik; wie sich hier schon in mancher Diskussion herausstellte, sogar wesentlich wichtiger. Lässt man im Bedeutungsfeld, das an sich klare Grenzen kennt und zieht, diese willkürlich und unkonventionell fliessen, wird die Diskussion schwierig, wie Du auch schon persönlich feststellen musstest. Die Sprache ist immer ein komplexes Gebilde ;).
 
Jérôme schrieb:
Hallo Jérôme !

Ich mehme deine "Kritik meiner Kritik" großteils an, möchte aber doch noch auf einzelne Punkte gesondert eingehen.
Die Menschen und ihre Flüchtigkeitsfehler pedantisch auch noch 'privat' zu verfolgen, ist m.E. taktlos, sucht man systematisch nach Fehlern, passiert es ausserdem leicht, dass einem die Subtilität des Textes entgeht.
Der Mensch, Jérôme, hat nicht nur Körper und Geist, er hat auch eine Seele, und auch die ist verletzlich. Wenn mir jemand - fundamental-oppositionell - in einem Forum, in dem nur geschrieben wird, "Intolleranz" vorwirft, muss ich ihm schon entgegnen, dass er einmal lernen soll, wie man etwas schreibt, bevor er es einfordert.

Was aber, wenn ich Legastheniker wäre? Wäre es Dir nicht peinlich, mich brüskiert zu haben?
Legastheniker sind sicher arme Menschen; sie sollten aber - und können es mMn auch - das Rückgrat aufbringen, dies zu bekennen. Dann wird man auch entsprechend Rücksicht auf sie nehmen. Von vornherein anzunehmen, dass hier Legastheniker sind, ist meiner Meinung nach schon etwas "an den Haaren herbeigezogen" und sicher für die meisten User beleidigend.

Wie willst Du aber die Flüchtigkeits- oder Tippfehler nicht tolerieren? Hier ein Strafregister mit Punktekonto einführen?
Dazu haben wir beide kein Recht - warum aber sollten wir nicht voneinander lernen ?

Warum ausgerechnet den 'wirklichen' Fehler tolerieren?
Da hänge ich total. Was ist ein wirklicher bzw. unwirklicher Fehler ? In der Sprache gibt es orthografische Fehler, grammat(ikal)ische Fehler, von mir aus semantische und stilistische Fehler. Inhaltlich gibt es nur verschiedene Meinungen.

In der Kommunikation schätzt man sprachgewandte Menschen mehr als solche, die das Regelwerk in allen seinen Nuancen auswendig kennen und bei jeder passenden wie auch unpassenden Gelegenheit unter die Nase halten.
Gebe ich dir grundsätzlich recht; man kann sich aber sehr wohl missverständlich (ohne irgendjemandem eine Absicht dazu zu unterstellen) ausdrücken.

Lässt man im Bedeutungsfeld, das an sich klare Grenzen kennt und zieht, diese willkürlich und unkonventionell fliessen, wird die Diskussion schwierig, wie Du auch schon persönlich feststellen musstest. Die Sprache ist immer ein komplexes Gebilde ;).
Bedingt; das Bedeutungsfeld hat für den klare Grenzen, der über die verschiedenen Themen Erfahrungen bzw. klare Vorstellungen hat. Bist du dir sicher, dass dies im Forum für alle user bereits der Fall ist ?

Liebe Grüße

Zeili
 
Salut Zeilinger

Toleranz kann auch Resignation oder Auseinandersetzung bedeuten. 'Toleranz' ist ein Schwamm! Du kannst sehr vieles hineininterpretieren, der Begriff schluckt fast alles und trotzdem wirst Du nicht bestreiten können, dass 'tolerant' und 'intolerant' zusammengehören. Sich 'tolerant' zu nennen, ist immer illusorisch. Begriffe funktionieren nur in einem bestimmten Bezugsystem.
Ich weiss nicht, welches Thema Du ansprichst; wer Dich intolerant nannte, interessiert mich auch nicht. Ganz generell: Subjektiv siehst Du Dich im Recht, ihm zuerst seinen 'formellen Fehler' vorzuwerfen, was aber gewinnst Du dabei? Wolltest Du die Diskussion sistieren, bis der Betroffene seine Orthographie verbessert? Wenig sinnvoll, nicht? Objektiv ist Deine Äusserung kein Argument, um seine Behauptung zu entkräften. So gesehen, hast Du seinen 'Angriff' nicht geschickt pariert. Pardon, aber Diese Erfahrung habe auch ich mit Dir gemacht. Im ersten Ärger hast Du mir mit einem gehässigen Satz geantwortet, um später etwas ruhiger und ausführlich darauf zurückzukommen.
-Bedauere, konnte aber auf diesen Posting noch nicht eingehen, das hier scheint mir wichtiger bezügl. der Diskussionen im Forum generell sowie der erwähnten im Speziellen.-

M.E. sind Legastheniker keine armen Menschen, es sind Menschen mit einer Schwäche. Wenn Du sie als 'arm' bezeichnest, ist das eine Art Diskriminierung in meinen Augen. Wir brauchen auf sie keine besondere Rücksicht zu nehmen, es genügt vollauf, sie so taktvoll wie alle übrigen zu behandeln. Von dem Vorwurf, ich hätte die meisten User damit beleidigt, distanziere ich mich. Ich sagte ausdrücklich, 'was wäre, wenn ich...'. (Konj. + Ich-Form!)
Du fragst, warum wir nicht voneinander lernen sollen. Wir tun das doch, indem wir hier lesen und antworten. U.a. auch die Orthographie. Meist gebraucht man ohnehin denselben Ausdruck, der vielleicht falsch geschrieben wurde in der Antwort, es genügt doch, wenn man ihn richtig schreibt. Mehr braucht es m.E. nicht, wir sind nicht im Verhältnis Lehrer/Schüler zueinander. Eine der Methoden, die man in der Spracherziehung anwenden kann, heisst 'Lesen durch Schreiben', umgekehrt funktioniert sie auch. ;)
Wie ich schon erwähnte: verwende ich ständig einen Ausdruck falsch, schreibe ich ein Wort immer falsch, wäre ich froh, man würde mich darauf aufmerksam machen...

Kaum zu glauben, dass Du mich betr. 'wirklicher' Fehler nicht verstanden haben willst. Ich habe zwar dabei das Bedeutungsfeld verlassen, aber von diesem wolltest du nicht unbedingt viel halten ;). Ich schrieb es bewusst in Anführungszeichen. Bis zum 'Fähler' hattest Du an dem Ausdruck 'Flüchtigkeitsfehler' auch nichts auszusetzen. Aber gut, ich korrigiere mich: Flüchtigkeits- + Tippfehler versus faktischer Fehler / ich kann es, war aber unachtsam vs. ich weiss es nicht besser. Willst Du tats. alle Fehler gleich stark beurteilen? Wir sind hier doch nicht im Schreibmaschinen-Kurs und auch hat nicht jeder die Zeit, seinen Beitrag zweimal zu lesen; nicht jeder beherrscht das 10-Finger-System wie z.B. ev. Du etc.etc.

Bezüglich Bedeutungsfeld gibt es normalerweise kaum Unklarheiten.
Selbstverständlich kann ich mich nicht gross zu einem Thema äussern, von dem ich keine oder nur eine ungefähre Ahnung/Vorstellung habe. Mache ich das trotzdem, laufe ich Gefahr, das Bedeutungsfeld zu verlassen und kein Mensch wird mich verstehen, oder aber nicht ernst nehmen. Ich kann mich trotzdem beteiligen, mir eine Meinung/Vorstellung bilden, nachfragen und vielleicht sogar etwas beitragen, habe ich begriffen, um was es geht. Eventuell kann ich sogar die Diskussion mit meiner Frage auf etwas lenken, was man bisher nicht gesehen hat. Aber ohne Argumente werde ich die Diskussion kaum wesentlich beeinflussen können, geschweige denn erreichen, dass man mir etwas, was ich behaupte, glaubt.
Lapidar: Ich eröffne das Thema 'Schneeflocken' und behaupte: 'Ich glaube, Schneeflocken sind ellipsenförmig und aus Glas'.
Du kommst -denkst wahrscheinlich ich sei ein Irrer oder ein Witzbold, antwortest aber freundlicherweise trotzdem: 'Du irrst Dich, Schneeflocken sind sternförmig und Aggregatzustand des Wassers, ich habe mich mit ihnen beschäftigt...'
'Ich habe sie zwar noch nie gesehen, weiss auch nicht, was Aggregatzustand ist, glaube trotzdem, dass...'
'Wenn Du noch nie Schnefloken gesehen hast, wie kannst Du das behaupten?'
'Lerne zuerst 'Schneeflocken' schreiben!'

Wenig ergiebig, nicht? Ich habe keine neue Erkenntnis gewonnen -oder gebe es nicht zu und Du lediglich die, dass ich intolerant bin und/oder stur.

Ein schönes Wochenende
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, Jérôme !
Ich habe keine neue Erkenntnis gewonnen -oder gebe es nicht zu und Du lediglich die, dass ich intolerant bin und/oder stur.
Ich habe nie so pauschal behauptet, dass Du intolerant und/oder stur bist. Sicher sind wir auch nicht immer gleich tolerant (im Sinne von duldsam); wir unterliegen ja auch Stimmungsschwankungen, oder jovial ausgedrückt: "Wir sind nicht immer gleich drauf". Das Thema heißt "Rechtschreibung und Charakter" und ist mMn bis jetzt recht gut beleuchtet worden.

Liebe Grüße

Zeili
 
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Hallo Zeilinger,


"...muss ich ihm schon entgegnen, dass er einmal lernen soll, wie man etwas schreibt, bevor er es einfordert."


Ich vermute durchaus auch, dass du das musst. In dem Moment nämlich, in welchem du dich persönlich verletzt oder in die Enge getrieben fühlst, suchst du dich mit den Mitteln zu verteidigen, die du selbst auf die Schnelle zu greifen vermagst - jegliches Gefühl für Distanz und Sachlichkeit bleibt bei solch einem Selbstschutzreflex natürlich auf der Strecke.

Du versuchst also womöglich dein Gegenüber dadurch zu entkräften, indem du ihm die für dich ersichtlichen Schwächen - das, was du, deinem Wertedenken entsprechend, als Schwäche ansiehst - direkt unterbreitest, es interessiert dabei nicht länger das eigentliche Thema oder die vorher beschrittene Diskussionsebene, sondern lediglich das direkte Gefecht vom Ich zum Du - und das ist eben das, was ich dir unlängst als mangelnde Fähigkeit zur Differenzierung vorhielt.

Ich muss mich nicht zwangläufig persönlich angegriffen fühlen, wenn jemand meine Gedanken kritisch beleuchtet, ich habe durchaus die Möglichkeit zwischen meinem Selbst - also der Gesamtheit dessen, was mich ausmacht, bzw. worüber ich mich selbst identifiziere - und dem zu unterscheiden, worüber ich mich gerade austausche. Sicher, wenn ich Schwierigkeiten habe zu unterscheiden und all meine Gedanken als für und über mein Selbst und dessen Seinsstabilität entscheidend betrachte, dann ist ein Andersdenken schlicht nicht möglich, ohne dabei alsogleich in eine Identitätskrise zu stürzen.

Ich hoffe, dass ich nicht zu direkt schreibe und somit der konstruktive Grundgedanke dieser Kritik an dich ersichtlich bleibt.

Viele Grüße,

Philipp
 
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