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Rechtschreibung und Charakter

R

Robin

Guest
Spiegel und Bild (!) kehren zur alten deutschen Rechtschreibung zurück.

Auch wenn ich zugestehe, dass bei der Reform nicht alles optimal lief, kann ich eine solche Maßnahme sowie den ganzen aufgebauschten Widerstand gegen die Reform nur als Ausdruck von
Kleingeistigkeit
Gehirnstarre
Empörungsgeilheit und
Faulheit
ansehen.
Diese Charakterzüge eines gewissen Bevölkerungsteils lassen mich befürchten, dass wenn wirklich einmal jemand mit einer guter Idee zur Reformierung von Sozialsystem und Arbeitsmarkt käme, dieser dann genau an solchen Punkten scheitern müsste.
Überspitzt gesagt: Sind es nicht gerade diejenigen, die am lautesten motzen und jammern, die sich im Ernstfall am kleinkariertesten und egoistischsten zeigen?
 
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Das sind wieder die typischen Argumentationsschemen der Oppositionisten (und das sind in diesem Fall paradoxerweise diejenigen, die dem gültigen Gesetz anhängen): "Da habt ihr 'mal 'ne (anständige) Reform und dann wollt ihr sie nicht [.... mecker .... zeter]."

Warum ist es so schwer zu verstehen, dass diese Neuregelung nicht nur völlig unsinnig (weil ungewollt und uneffektiv in der Erfüllung d. eigenen Ansprüche) ist, sondern auch eine Grundfeststellung zum Thema Sprache außen vorlässt: Sprache ist ein sozio- kulturelles Normengefüge und eben *nicht* dem Gesetzgeber untergeordnet... oh, sprach ich vom Gesetzgeber? Der hat ja damit gar nichts zu tun - mein Fehler. Durchgesetzt haben das ja irgendwelche Kultusminister, die der Lobbyarbeit von irgendwelchen namenlosen Emeritus- Professoren erlegen sind, die sich seit 40 Jahren für irgendeine Umformung der Sprache "stark" gemacht haben... wenn das nicht toll ist. Auch auf die Gefahr hin, dass wir tatsächlich dem Muskelspiel des Spiegels und d. Springerverlages anhängen: Ich finde diesen Eingriff in unsere Sprachkultur als völlig unmotivierte (!!) und fragwürdig legitimierte Spielerei von irgendwelchen Altphilologen. Die Unfähigkeit anständige Reformen in relevanten Sektoren durchzusetzen soll jetzt also als Legitimation dieses Sprachwustes herangezogen werden.. DAS ist wirklich ein Armutszeugnis!

Selbst Reform- Befürworter sprechen mittlerweile eher von wirtschaftlichen Überlegungen und "Konsequenz der Politik", niemand negiert ernsthaft, dass die Verwirrung sich tatsächlich vergrößert hat und zwar reformintern und nicht im Widerstreit mit der alten Rechtschreibung! Diese Argumentation wäre wirklich nachvollziehbar.

Diese Art, Andersdenkende wg. einer derartigen Bagatelle zu diffamieren empfinde ich als tatsächlich empörend und engstiernig. Und um diese niveaulosen Unterstellungen fortzusetzen: Das ist Obrigkeitsgeilheit in Reinform: Die Reform ist Reform ihrer selbst willen und wird befolgt. Widerstand zwecklos.

Gut, dass der weltoffene Robin uns seinen Blick auf die Wahrheit enthüllt. Wer so frei von Vorverurteilung und unsachlicher Kommentare spricht muss ja Recht haben.

Ziemlich witzig wie man sich hier immernoch in innergesellschaftlichen Betrachtungen verrennt und nicht im entferntesten einen einigermaßen wertfreien Blick auf gesellschaftliche Prozesse zu werfen in der Lage ist. Wenn man das nicht vollbringen kann, könnte man ja wenigstens immernoch versuchen, seine Argumente vorzustellen (die zweifelsohne auf beiden Seiten durchaus gewichtig und sinnvoll wären). Stattdessen eine weitere Folge im Denkforen- Grabenkampf. Bretter schützen vor Kopfschüssen. Schade eigentlich.

irritiert und ignoriert

cf
 
Dem Argument der Demokratie misstraue ich in diesem Zusammenhang sehr:
Sprache mag demokratisch sein, Rechtschreibung war es nie. Die Festschreibung der Rechtschreibung durch den Duden war ein Akt der Willkür, mit all den darin enthaltenen Widesprüchlichkeiten. Hätte es damals schon ein entsprechendes mediales System gegeben, wäre es wahrscheinlich auch zu einem empörten Aufschrei gekommen.
Zum zweiten misstraue ich dem Spiegel, wenn er aus seinen Leserreaktionen Rückschlüsse auf die Stimmung in der Bevölkerung ziehen will. Da ich selbst in den Medien arbeite, weiß ich, dass die Leute, die sich beschweren, alles andere als repräsentativ sind. Es sind dies oft Leute, die sich aufregen, weil der Moderator einen falschen Genetiv gebraucht hat oder Leserbriefwichtigtuer.
Drittens behaupte ich (vielleicht arrogant), dass sich die meisten Bild-Leser auch nicht wirklich Sorgen um die Rechtschreibung machen. Haben sie denn vorher akkurat und kultiviert geschrieben? Haben sie überhaupt geschrieben? Haben sie sich über das grässliche Bild-Deutsch aufgeregt, was die deutsche Sprache tausendmal mehr verhunzt, als jede Reform?
Ich streite nicht ab, dass die Reformgegner gute Argumente haben, manchmal. Ich rege mich nur über jene Charaktere auf, die bequem in ihrem bürgerlichen Kokon hocken, denen wahres Elend relativ am Arsch vorbeigeht, die sich aber dann so etwas wie die Rechtschreibreform aussuchen, um hier mal so richtig Luft abzulassen.
Ich rege mich auch über Berichte in "Kultur"-magazinen auf, die nun hämisch behaupten, die Reform sei so gut wie tot und ihr Ende feiern.
Ich rege mich also nicht für oder gegen die Reform auf, sondern über ihre Instrumentalisierung entweder als Demonstration kultureller Überlegenheit oder als Bedienung des Empörungsbedürfnisses des "kleinen Manns".
Dazu bediene ich mich der Polemik als rhetorischem Mittel. Das hat nichts mit Grabenkampf zu tun und ist meilenwert von der persönlichen Anfeindungsrhetorik antfernt, für die du, CF, hier im Forum berüchtigt warst.

Im Übrigen sage ich, dass ich durchaus für die Reform bin (wie auch immer man sie noch modifizieren mag), denn wenn man die paar Regeln mal kapiert hat und konsequent anwendet, dann versichere ich: Es ist in den allermeisten Fällen unproblematisch und leicht. Was ich oft so an Gegenbeispielen lese, sind allzu oft exotische Grenzfälle oder gar eine völlig falsche Auslegung der Regeln. Das meinte ich dann mit Faulheit.
 
Es kommt mir ja – Rhetorik hin oder her - ziemlich kleingeistig und empörungsgeil vor, einen „gewissen Bevölkerungsteil“ kleingeistig und empörungsgeil zu nennen... :) :)
Aber ich finde, Robin, du hast vollkommen Recht... (mit deinem ersten und mit deinem zweiten Posting...) :winken1:

Mia
 
Ich begreife gar nicht, warum Du, cf, Dich so über Robins neues " Diskussionsziehpferderl" aufregst.Ich meine, Du tust das wieder gekonnt rhetorisch - hast aber meines Erachtens mit Kanonen auf Spatzen geschossen.


Ich habe dieses Thema gar nicht als Oppositionsthema gegen die Rechtschreibreform, auch nicht als Befürwortung dieser gelesen, sondern so:
Robin hat angesichts der aktuellen ( Bildzeitungsniveau)diskussion über die " Rückreform der Rechtschreibrefom" eher allgemein gefragt, ob es einen Zusammenhang zwischen " Motzern" und Reformen gibt.

Die gesellschaftlich viel drängenderen Fragen ( Rechtschreiben gehört nur in so weit dazu, dass fehlerhafter Gebrauch von Schreibsprache heute immer noch in gewissen Kreisen als soziales Absonderungszeichen dient und einer gewissen sprachlichen Normiertheit Vorschub leistet) also: viel drängendere Fragen wie eben Rentenharmonisierung ( hier in Ö), normierte Lebensarbeitszeit, gerechter Umgang mit den sozial zu verteilenden Ressourcen usw könnten mit Hilfe einer medial gelenkten Wählerschaft so geschickt " abgebogen" werden, dass die Probleme unlösbar werden könnten.


Und ich fasste dann Robins Frage so auf, ob diejenigen Menschen, die aus all den von ihm angeführten Gründen eine gewisse charakterliche Disposition haben, sich gegen jegliche gesellschaftspolitisch nötige Reform zu sperren.


Das wagte ich nicht zu beantworten - deshalb schwieg ich , was Euch ja sicher schon verwunderte: :)

Ich wage es heute noch nicht zu beantworten.

Vielleicht mag die autoritäre Grundstruktur, die von einigen Forschern ( Horkheimer) einem signifikant großen Anteil der Deutschen zugesprochen wird, eine Rolle spielen.

Am Bsp. Rechtschreibreform:

Die Anhänger der neuen Reform vertrauen auf die Kompetenz der hochkarätigen Reformmitglieder und " finden sich mit allerhand Neuem ab".
Und wenn das die Mehrheit ist, ist es auch noch demokratisch.

Die Gegner der neuen Reform vertrauten den " alten" Kompetenzen mehr, die Reform wurde von ihnen nicht anerkannt und wenn sie jetzt Morgenwind aus den Medien bekommen,die sie als ihr Weltbild formend akzeptieren, haben sie wieder die Möglichkeit, ihrem Unwillen auf etwas gestützt ( Autorität) freien Lauf zu lassen.


Nun ist mir - ich glaube auch Dir, Robin, bei der Rechtschreibreform ziemlich schnuppe, regt mich aber dazu an, nachzudenken, wie es denn mit der Agenda 2000 weitergehen soll.
Im demokratischen Spiel der Mächte werden sich dann eben doch die Mehrheitsmeinungssträger durchsetzen.. Motzer hin oder her. Und es ist ja durchaus legitim, Rechtslagen rechtmäßig wieder zu ändern.


freundliche Grüße

Marianne
 
Sommerloch

Hallo ihr Lieben,
na, mit irgendetwas muss/muß man das Sommerloch ja füllen!
Ich bin mit der alten Rechtschreibung immer gut zu Rande gekommen, aber da ich ja relativ flexibel bin, habe ich die neue/Neue? akzeptiert.
Ich fände es nur traurig, wenn ein oder zwei Verlage soviel Macht ausüben könnten, sich durchzusetzen. Ooooder sind die Auflagen so schwach, dass/daß sie sich ins Gespräch bringen müssen?
Noemi
 
Hallo!

Marianne, Noemi, ich gestehe ein, dass ich nicht ganz so lässig bei dem Thema bin, wie ich es sein könnte oder ihr mir unterstellt. Das habe ich gemerkt, als ich gestern eine Talk-Show zu dem Thema im Fernsehen sah. Ich versuchte dies darauf zu schieben, dass ich in der Sperre gegen die Reform eine allgemeine, kleingeistige Tendenz wahrnehmen wollte. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit.
Ein Thema - und vielleicht sollten wir wirklich nicht inhaltlich auf die Reform eingehen - wäre also: "Alta, warum regstn dich so uff?"
Ich muss mich also, was das Thema Empörung angeht, durchaus an die eigene Nase fassen. Ich finde es ein faszinierendes Thema und spreche es daher auch immer mal wieder an oder formuliere es in "kleingeistiger" Weise.

Eine Teilnehmerin der Talk-Show, ein Kultusministerin, sagte gestern: Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande haben andere Sorgen als die Rechtschreibung.
Recht hat sie. Außerdem schreiben die Meisten eh' Kraut und Rüben (kraut und rüben?;)). Zum Beispiel in diesem Forum. Interessieren tut es vor allem die, die gerne und viel schreiben, und da ich bestimmt schon 1000 Seiten nun in der neuen Rechtschreibung runtergetippt habe (natürlich alles andere als Fehler frei ;)) und weil es mir Spaß macht, so zu schreiben, ist dies ein weiterer Grund, warum ich mich eben aufrege.
Paradoxerweise regt mich aber auch ein Mangel an Lässigkeit bei Bild und Spiegel auf, denn es ist doch ganz klar, dass man die Sache hätte weiterlaufen lassen können, es wird sowieso laufend re-reformiert. In der Diskussion fällt dann immer der Ausdruck " eine typisch deutsche Diskussion", genauso könnte man behaupten, es sei typisch deutsch, so unlässig zu sein...und so geht das immer hin und her und weiter, und ich sitze dann vorm Bildschirm und rege mich auf. Und wer denkt an die SchülerInnen?
Aber gut. Reformen, "Pressemacht", das wird uns noch weiter beschäftigen. Oberironie der Geschichte: jetzt laufen in Ostdeutschland schon so genannte Montagsdemos gegen "Hartz IV" an. Sollen sich da Diejenigen, die für die Freiheit '89 kämpften, beleidigt fühlen? Oder sich Schröder so richtig Sorgen machen? Hier vermischt sich etwas auf einer symbolischen Ebene, Empörung, wahrscheinlich berechtigt, macht sich Luft - aber sollte man es wirklich "Montagsdemo" nennen?

Im Übrigen meine ich: Das ist ja das Schöne an diesem Forum, dass man sich um die wichtigen und die unwichtigen Dinge gleichermaßen kümmern kann - denn wer weiß schon im Endeffekt, ob dann nicht doch beides oft zusammenhängt?! :schaukel:
 
Ein Gedicht - in Anlehnung an Deine Aufgeregtheit - die ich in vielen Fällen nachvollziehen kann:
im übrigen meine ich: das ist ja das Schöne an diesem Forum, dass man sich um die wichtigen und unwichtigen Dinge gleichermaßen kümmern kann, denn wer weiß schon im Endeffekt,ob dannn nicht doch beides oft zusammenhängt?!

B.B.
Das Lied von der Moldau
Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.

Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.


Wenn das doch nur für die Körpergröße auch gälte ---- dann hätt ich noch Ausicht aufs Wachsen :)
 
Talk Show

Robin,
ja, diese Sendung haben wir auch gesehen. Du hast recht/Recht?. Ich weiß/weiss schon gar nichts/garnichts/gar Nichts? mehr...
Mein Mann hat den ganzen Abend während der Sendung nur geschimpft :wut1: und sich wahnsinnig aufgeregt. Er hat die gleiche Argumentation wie du vorgebracht.
Gruß Noemi
 
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Und hallo...

... ich will zu dem, was hier wahrscheinlich ganz treffend und richtig gesagt wurde weiter auch nichts hinzufügen, nur noch'mal zusammenfassen, dass ich als Reformgegner mich weder dafür zu rechtfertigen habe, dass

a) Dtld. offensichtlich reformunfähig ist
und
b) die Diskussion im sog. "Sommerloch" angeregt wurde
oder
c) die Bild sich ebenfalls dagegen stellt. (Übrigens reden wir nicht von der Bild, sondern vom Springer- Verlag als Ganzes)

Wie ich schon gesagt habe, können wir uns über die Sache selbst unterhalten und somit einen innergesellschaftlichen "Diskussionsradius" abstecken oder uns wiederum um die äußeren Faktoren kümmern. Beides zu argumentativ zu vermengen ist aber mehr als fraglich. Ich entnehme dem, dass die Reformbefürworter durchaus pragmatische Argumente haben und diese - eben wie Robin - "polemisch" vorbringen. Da er aber selbst eingesteht, dass er in der Sache emotionaler ist, als es der Sache selbst vll. zukäme (so wie es auch bei mir zu sein scheint) finde ich meine "persönliche Anfeindung" durchaus nicht verwerflich, war sie doch selbst in erster Linie polemisch.

Ich stimme aber völlig darüber ein - und hier liegt anscheinend das Hauptproblem - dass die ganze Debatte völlig populistisch und unsinnig ist, da die Reform zu diesem Zeitpunkt schwerlich umgekehrt werden kann. Das ist eben die pragmatische Ebene, auf der ich dir ja schon zu Beginn zugestimmt habe. Die Reform selbst ist aber eine völlig andere Ebene und eben da gehst du mit deinen Eingangsunterstellungen arg fehl.

Was du hinsichtlich des Duden ansprichst ist sicher auch durchaus korrekt, aber wenn man bedenkt, dass z.B. die Gebrüder Grimm auch schon ähnliche Unterfangen anstrebten sehe ich das eher als gesellschaftlichen Normativismus und NICHT als eine Verordnung wie im Falle der Reform. Die Normbildung der Schrift ist eine Unterebene des assoziativ- konventionellen Sprachgebrauches, der Kommunikation erst ermöglicht. Die Unterschiede zu einer diktierten und in sich kaum kohärenten Sprachverordnung scheinen mir doch sehr offensichtlich, um noch'mal auf die Zielrichtungen der beiden Vorgänge zu verweisen.

Ansonsten sehr traurig, dass ich für meine "Anfeindungen" berüchtigt gewesen sein soll, von gewissen hier nicht näher zu vertiefenden Hirnaussetzern war ich immer der Meinung, ich hätte euch ein wenig unterhalten können. *schulterzuckt*

cf
 
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