E
Ela67
Guest
AW: Psycho-Normen als Gewaltprävention?
Herzlichen Dank für eure Antworten!
So, wie ich jetzt eure Beiträge verstehe, sind sich alle wohl mehr oder weniger einig, dass psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen vermehrt festgestellt werden.
Ursachen dafür seht ihr im Schulsystem, in den familiären Strukturen und in der Gesellschaft generell, die vermehrt auf Leistung setzt.
Hab ich das ungefähr richtig so zusammengefasst?
Nun wäre jeder einzelne dieser Punkte sicher einer vertieften Betrachtung wert.
Beim Schulsystem neige ich wie Pispezi eher zur Ansicht, dass der Druck auf die Kinder nicht unbedingt grösser geworden ist als früher. Allerdings erlebe ich es so, dass die Leistung, die eigentlich genau gleich wie früher gefordert wird, ein bisschen kaschiert daherkommt. Da wird immer (zumindest in der Schweiz beobachte ich dies) sehr stark davon gesprochen, wie wichtig es ist, den Kindern auch soziale Kompetenzen zu vermitteln, es wird viel Gewicht auf neue Unterrichtsformen gelegt um das Lernen möglichst interessant zu gestalten, es werden integrative Schulmodelle ausprobiert aber schlussendlich gehts dann eben doch darum, das Lernziel zu erreichen, bloss wird das nicht mehr so klar definiert.
Den Kindern und Eltern wird in diesem System sehr viel Verantwortung übergeben, die klaren Strukturen fehlen oft und ich habe das Gefühl, dass gerade dadurch viele Kinder (und Eltern) überfordert sind.
In den Familien beobachte ich gewaltige Unterschiede, wie die Aufgabe, Kinder zu betreuen wahrgenommen wird.
Da gibts wirklich das ganze Spektrum von völliger Vernachlässigung bis zu Überbetreuung und Kindern, die von den Eltern als eine Art "Projekt" verstanden werden, geplant und organisiert wie zuvor die Karriere.
Manchmal scheint es mir, als hätten viele Eltern ihren "Instinkt" verloren und die Fähigkeit, ihr Kind als das wahrzunehmen, was es ist.
Die Gesellschaft als Ganzes ist wohl kaum kinderfreundlicher geworden.
Natürlich brauchen wir Kinder, aber irgendwie werden sie vermehrt bloss noch als Ressource gesehen, die zwar überlebenswichtig ist, sich aber bitteschön ohne viele Umstände ins bestehende System einfügen soll.
Und wo Kinder und Jugendliche das nicht tun (haben sie es in früheren Generationen eigentlich je klaglos getan?), werden sie dann sehr rasch mal pathologisiert.
Und damit komme ich endlich zum eigentlichen Punkt, der mir doch bedenkenswert scheint:
Welches Bild haben wir eigentlich von Kindern, wenn wir sie einfach mal ganz grundsätzlich unter Verdacht stellen und sie auf Störungen untersuchen, ohne dass sie überhaupt erst auffällig geworden sind?
Und welches sind wohl die Kriterien, ein Risiko auf spätere Probleme festzustellen? Welches sind da die Normen, die erfüllt werden müssen und was wird da als latent therapiebedürftig angesehen? Wieviel Eigenart wird noch geduldet?
Und dann frage ich mich natürlich auch noch, wie solche psychologischen Vorsorgeuntersuchungen bei den Kindern selber ankommen würden.
Würden sie ihnen nicht das Gefühl vermitteln, irgendwie nicht richtig zu sein, so wie sie sind?
Liebe Grüsse
PS. Ich teile Miriams Ansicht, dass Unterstützung und Hilfe für Kinder aus solchen Verhältnissen, wie von ihr geschildert, ganz dringend notwendig ist.
Solchen Kindern helfen aber diese von Steinhausen vorgeschlagenen Massnahmen nichts. Ein aufmerksames Umfeld (alle Personen, welche mit Eltern und Kindern in Kontakt stehen) jedoch schon.
Herzlichen Dank für eure Antworten!
So, wie ich jetzt eure Beiträge verstehe, sind sich alle wohl mehr oder weniger einig, dass psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen vermehrt festgestellt werden.
Ursachen dafür seht ihr im Schulsystem, in den familiären Strukturen und in der Gesellschaft generell, die vermehrt auf Leistung setzt.
Hab ich das ungefähr richtig so zusammengefasst?
Nun wäre jeder einzelne dieser Punkte sicher einer vertieften Betrachtung wert.
Beim Schulsystem neige ich wie Pispezi eher zur Ansicht, dass der Druck auf die Kinder nicht unbedingt grösser geworden ist als früher. Allerdings erlebe ich es so, dass die Leistung, die eigentlich genau gleich wie früher gefordert wird, ein bisschen kaschiert daherkommt. Da wird immer (zumindest in der Schweiz beobachte ich dies) sehr stark davon gesprochen, wie wichtig es ist, den Kindern auch soziale Kompetenzen zu vermitteln, es wird viel Gewicht auf neue Unterrichtsformen gelegt um das Lernen möglichst interessant zu gestalten, es werden integrative Schulmodelle ausprobiert aber schlussendlich gehts dann eben doch darum, das Lernziel zu erreichen, bloss wird das nicht mehr so klar definiert.
Den Kindern und Eltern wird in diesem System sehr viel Verantwortung übergeben, die klaren Strukturen fehlen oft und ich habe das Gefühl, dass gerade dadurch viele Kinder (und Eltern) überfordert sind.
In den Familien beobachte ich gewaltige Unterschiede, wie die Aufgabe, Kinder zu betreuen wahrgenommen wird.
Da gibts wirklich das ganze Spektrum von völliger Vernachlässigung bis zu Überbetreuung und Kindern, die von den Eltern als eine Art "Projekt" verstanden werden, geplant und organisiert wie zuvor die Karriere.
Manchmal scheint es mir, als hätten viele Eltern ihren "Instinkt" verloren und die Fähigkeit, ihr Kind als das wahrzunehmen, was es ist.
Die Gesellschaft als Ganzes ist wohl kaum kinderfreundlicher geworden.
Natürlich brauchen wir Kinder, aber irgendwie werden sie vermehrt bloss noch als Ressource gesehen, die zwar überlebenswichtig ist, sich aber bitteschön ohne viele Umstände ins bestehende System einfügen soll.
Und wo Kinder und Jugendliche das nicht tun (haben sie es in früheren Generationen eigentlich je klaglos getan?), werden sie dann sehr rasch mal pathologisiert.
Und damit komme ich endlich zum eigentlichen Punkt, der mir doch bedenkenswert scheint:
Welches Bild haben wir eigentlich von Kindern, wenn wir sie einfach mal ganz grundsätzlich unter Verdacht stellen und sie auf Störungen untersuchen, ohne dass sie überhaupt erst auffällig geworden sind?
Und welches sind wohl die Kriterien, ein Risiko auf spätere Probleme festzustellen? Welches sind da die Normen, die erfüllt werden müssen und was wird da als latent therapiebedürftig angesehen? Wieviel Eigenart wird noch geduldet?
Und dann frage ich mich natürlich auch noch, wie solche psychologischen Vorsorgeuntersuchungen bei den Kindern selber ankommen würden.
Würden sie ihnen nicht das Gefühl vermitteln, irgendwie nicht richtig zu sein, so wie sie sind?
Liebe Grüsse
PS. Ich teile Miriams Ansicht, dass Unterstützung und Hilfe für Kinder aus solchen Verhältnissen, wie von ihr geschildert, ganz dringend notwendig ist.
Solchen Kindern helfen aber diese von Steinhausen vorgeschlagenen Massnahmen nichts. Ein aufmerksames Umfeld (alle Personen, welche mit Eltern und Kindern in Kontakt stehen) jedoch schon.