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Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Freyfrau

Active Member
Registriert
14. Januar 2011
Beiträge
2.966
Ich habe ein Problem.
Eins, das ich zumindest just im Moment
nicht allein gelöst bekomme.
Jedenfalls nicht so,
dass es mich zufrieden fühlen ließe.
Vielleicht kann mir ja Austausch helfen.

Besagtes Problem
lässt sich mit 'Märtyrertum' übertiteln.
Ich scheitere regelmäßig daran.
Aktuell betrifft es mir wichtigen Menschen.
Er ist krank. Sehr krank.
Und er kämpft. Mit ganz harten Bandagen.
Was meines Erachtens Teil seiner Krankheit ist.

Ich war auch mal sehr krank.
Und weiß noch sehr genau,
was mir spürbar geholfen hat.
Kein Heititei, wie das der RG,
die sich nur am Kranksein anderer labt,
sondern ziemlich gnadenlose Hilfe.
Die mich genau dort auf den Pott setzte,
wo es mir zukam,
auf den Pott gesetzt zu werden.
Das war ziemlich lehrreich.
Weshalb ich diesem Kurs folge.

Trotzdem geht's mir nicht gut,
wenn ich miterlebe,
wie sich Menschen, an denen mir liegt,
fertig machen.
Weil sie irgendwie denken,
dies sei der notwendige Preis
für ihr spezifisches Dasein.
Wüsst ich Mittel gegen diese Krankheit -
ich würd es bis zum letzten Atemzug verabreichen.
Aber ich weiß keines.
Und reagiere darum immer so,
wie es mir grade sinnvoll erscheint.
Zuweilen auch sehr hart.
Was mir nicht wirklich entspricht.
Aber ich weiß einfach keinen anderen Weg,
saugendem Märtyrerdenken zu begegnen.

Grade denk ich:
Eigentlich hab ich gar kein Problem.
Abgesehen von dem,
dass sich mal wieder ein Herzensmensch
von diesem Dasein verabschieden zu müssen meint.
Entweder tut er es oder er besinnt sich anders.
Ich geh einfach mit bis zum Limit.
Anderen Weg seh ich nicht.

Bin ich darum blind?
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Grade denk ich:
Eigentlich hab ich gar kein Problem.
Abgesehen von dem,
dass sich mal wieder ein Herzensmensch
von diesem Dasein verabschieden zu müssen meint.
Entweder tut er es oder er besinnt sich anders.
Ich geh einfach mit bis zum Limit.
Anderen Weg seh ich nicht.
Zuerst möchte ich Dir mein Mitgefühl ausdrücken.

Es gehört sicherlich zu einer der schwersten Übung,
Herzensmenschen beizustehen und sie,
wenn sie wollen, gehen zu lassen.
Deine Liebe für diesen Menschen
ist das Mittel für seine Seele.
Und Dein Dasein für ihn.

Ich wünsche Dir viel Kraft.:)
 
AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Deine Liebe für diesen Menschen
ist das Mittel für seine Seele.
Und Dein Dasein für ihn.

Mein Dasein für ihn
ist durch mein Dasein begrenzt.
Ich kann nicht mehr für ihn tun,
als mir in diesem möglich ist.
Das an und in mir zu akzeptieren,
ist eigentlich die schwerste Übung.
Die ich nur bewältigen kann,
indem ich mir ständig vergegenwärtige,
was meines und was anderes ist.
Freyheit bedeutet nicht,
beliebig zu denken und zu agieren,
sondern das zu tun,
was einem nach reiflicher Überlegung
einzig richtig erscheint.
Mensch ist sich selbst größter Feind.
Bis er irgendwann beschließt,
sich selbst Freund zu sein.
Einzig echtes Zünglein an der Waage.

Ich danke Dir für Deine Worte, Irana.
Einmal mehr helfen sie mir.
:winken3:
 
AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Hallo Freyfrau!


Mir ist nicht richtig klar geworden, was denn nun genau dein Problem mit dem Märtyrertum ist!
Ist dein kranker Nächster ein Märtyrer und du kommst nicht mit seinem Verhalten klar oder bist du es selber und neigst dazu, dich für Andere aufzuopfern? :confused:


LG

EarlyBird
 
AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Trotzdem geht's mir nicht gut,
wenn ich miterlebe,
wie sich Menschen, an denen mir liegt,
fertig machen.
Weil sie irgendwie denken,
dies sei der notwendige Preis
für ihr spezifisches Dasein.

Ich begegne eigentlich auch öfter Menschen, die sich selbst fertigmachen. Mir dient das als Erinnerung daran, daß ich nicht vorhabe, mich selbst fertigzumachen.

Oft meine ich zu beobachten, daß diejenigen, die am härtesten kämpfen auch am härtesten bekämpft werden. Ich denke dann manchmal an Don Quijote aber nicht an Märtyrer. :)

Übrigens macht derjenige, der sich selbst fertigmacht immer auch andere mit fertig. Stimmt´s?
 
AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Hallo Freyfrau !

Habe Deinen Eingangsthread zur Gänze gelesen.

Höflich und schöngeistig umschrieben beschreibst Du offenbar einen Dir nahestehenden, lebensmüden Mann.

Nun, ich bin kein Arzt, falls ich falsch liege, solltest Du mir sofort widersprechen.

Falls ich richtig liege - warum habt Ihr eigentlich noch keinen Arzt hinzugezogen ? Soweit ich informiert bin, gehen die Ärzte, bis sie Ärzte sind, ein Studium- und Praktikum von 7 Jahren oder mehr durch. Das nimmt man nicht auf sich und hält es nicht durch, wenn man nicht zumindest ein bisschen beseelt ist von dem Wunsch, kranken Menschen zu helfen.

Es ist also ein persönliches Märtyrertum weder nötig noch moralisch gefordert, auch nicht gegenüber Verwandten, Partnern und Freunden.

Liebe Grüße

Zeili
 

Der richtige Grauton.

Freyfrau schrieb:
[...]
Grade denk ich:
Eigentlich hab ich gar kein Problem.

Abgesehen von dem, dass sich mal wieder ein Herzensmensch
von diesem Dasein verabschieden zu müssen meint.
Entweder tut er es oder er besinnt sich anders.
Ich geh einfach mit bis zum Limit.
Anderen Weg seh ich nicht.

Bin ich darum blind?

Freyfrau,
ich denke nicht, dass du blind bist.

Vielmehr scheinst du vor exakt jener Herausforderung zu stehen,
die schon mit dem Titel dieses Themas treffend beschrieben ist:

Vor der Notwendigkeit, das richtige Mischungsverhältnis von "sowohl, als auch" zu finden.

Sowohl die höchstpersönlichen Entscheidungen des Mitmenschen zu respektieren,
als auch nach Maßgabe der eigenen Möglichkeiten stützend und helfend einzugreifen.

Möge dir der "richtige" Grauton gelingen.


Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.

 
AW: Nicht Schwarz-Weiß, sondern Grau

Sprache kann schon ziemliches Mistviech sein.
Da dachte ich, mich klar ausgedrückt zu haben
und stolper jetzt über solche Verwirrung. Tststs ... :)

Nein, ich neige nicht zum Märtyrertum.
Hab wohl oft genug Don Quichote gespielt.
Ich versuche es nochmal anders zu erklären.
Jener Mensch ist de facto krank.
Aber das ist nicht das Hauptproblem.
Sondern sein Umgang damit.

Manches Menschenleben verläuft recht ruhig und unspektakulär.
Aber es gibt auch solche Leben,
die von Anfang an unter ungutem Stern zu stehen scheinen.
Einige sogar unter sehr ungutem.
Die Crux dabei: Selbst wenn sich die Umstände
in glücklichere wandeln, tragen die Betreffenden
ihre entsprechenden Erfahrungen als Teil ihrer selbst in sich.
Und setzen damit das fort, dem sie entkommen wollen.
Aus Opfern werden grundsätzlich Täter.
Mindestens temporär.

Kompensation ist eine geniale Schutzstrategie der Seele,
kann aber auch irgendwann zum luftdichten Panzer werden,
der verhindert, dass darunterliegende Verletzung abheilt.
Die langlebigste und isolierendste Dichtungsmasse
heißt 'Ich bin nicht gut genug'.
Sie sitzt vorzugsweise in ganz tiefen Fugen,
an die man nicht ohne weiteres rankommt,
weil der Mörtel davor aus Trotz besteht.
Ich-bin-nicht-gut-genug-Masse und Trotz-Mörtel
bilden zusammen nahezu undurchdringliche Substanz.
Die sich wohl abtragen lässt über lange Zeit,
allerdings nicht, wenn statt guter Erfahrungen
weiterhin schlimme gesammelt werden.
Die den Schutzwall so sehr weiter verfestigen,
dass er irgendwann nur noch Gefängnismauer ist:
Die draußen können nicht rein
und der drinnen kann nicht raus.

Im aktuellen Fall steh ich draußen und seh den,
der drin sitzt. Und seine Selbstbefreiungsversuche.
Und eben die machen mir Sorge.
Denn es ist ein Mensch mit sehr viel Kraft.
Entsprechend heftig und kompromisslos geht er zu Werke.
Meine Sorge dreht sich darum,
dass er statt der Mauer womöglich tragende Balken demoliert
und so zwar sein Gefängnis sprengt,
nur eben halt auch sich selbst in Gänze gleich mit.

Hätten wir eine Liebesbeziehung,
lägen die Dinge vermutlich etwas anders.
Weil Liebe sehr sanft auszuspülen versteht.
Haben wir aber nicht.
Wir kennen uns nicht mal besonders gut,
liegen uns 'nur' freundschaftlich am Herzen.
Darum weiß ich auch nicht genau,
wie stark er wirklich ist bzw. wie dick die Mauer.
Meinereine ist ziemlich gute Mauernbeseitigerin.
Und möchte ihm schon gern helfen.
Aber im Falle eines Zusammensturzes
halt auch nicht zu nah dran sein.
Dafür sorg ich schon selbst.
Was er sich aber offensichtlich nicht vorstellen kann.
Hm .....

Just im Moment geht mir auf,
dass ich dieses Spiel wirklich gut kenne.
Ohoh, da heben sich aber plötzlich Schleier.
Und wisst Ihr was?
Lasst uns bitte die ganze Geschichte
als Thema erstmal vergessen.
Denn mich dünkt grade,
dass es in Wirklichkeit noch um was anderes geht.
Darüber muss ich erstmal nachdenken.

Euch danke ich für Eure Antworten
und vor allem dafür, dass sie mir ermöglichten,
meine Gedanken zu sortieren.
Gefühle - besonders freundschaftliche - sind ja was Schönes,
aber zuweilen vernebeln sie auch den Verstand.
Und im Übrigen ist der Kerl wirklich stark.
Soll er doch seine Grenzen testen und finden.
Hab ich mir schließlich auch nicht nehmen lassen.

:waesche1: :danke:
 
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