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Nationalitätenzugehörigkeit als beliebiges Vorstellungskonstrukt?

Original geschrieben von Pantau
@Mara:

M.E. geht es deshalb NICHT an der Realität vorbei, weil ich diese Haltung so erlebe (nicht nur in meinem Freundeskreis) und diese Haltung dominant ist. DEIN Einwand bez. der Ausländerfeindlichkeit zum Beispiel geht aus meiner Sicht dagegen völlig an der Realität vorbei. Nach einer Studie eines amerikanischen Professors für Soziologie (Name müsste ich noch mal nachsehen...) wurden bei Untersuchungen in über sechzig Nationen die Haltung der Bevölkerung gegenüber Ausländern gemessen. Sieger: Deutschland und Schweden! Allerdings ist die Sensibilität der Medien in Deutschland teilweise hysterisch-überempfindlich (Beispiel: Sebnitz!). In einem Achzigmillionenvolk wird es IMMER praktisch JEDE Straftat geben. Wer sich an jedem Einzelfall hoch zieht, sich als Deutscher meint schämen zu müssen und sich in Sack und Asche hüllt, ist maßlos.

Auch die Ausländer aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis - ausschließlich positive Erfahrungen in Deutschland. Ich gebe zu, dass die Wahrnehmung von solchen Dingen wie Nationalmasochismus oder Ausländerfeindlichkeit unter Umständen sehr stark von der eigenen Region und dem Umfeld abhängt, in dem man lebt.
Gruß,Michael

Das vermute ich auch mal ... Ich schätze den Ausländeranteil unter meinen Kollegen auf ca. 80% ... und es sind die weniger "gebildeten" in der Überzahl und die Mehrheit beherrscht die deutsche Sprache nicht bis nur unzureichend ...

Ich erlebe es nicht nur jeden Tag von der Kundschaft, wobei mir allerdings sehr stark aufgefallen ist, dass es sehr überwiegend die alte Generation ist. Verallgemeinerungen sind die Tagesordnung und die Abneigung unter den deutschen Kollegen nimmt langsam kriegerische Zustände an ... Ausnahmen bestätigen die Regel ... Am meisten Stimmung macht mE die Presse, gerade die Regionale Presse, die sich hier z.Zt. auf Taxifahrer eingeschossen hat. Ich frage immer wieder: Warum eigentlich ... aber es scheint leider keiner wirklich an einer Antwort oder Lösung interessiert zu sein ... Warum regt sich keiner über Busfahrer auf oder über Verkäufer, die mE genauso dienstleistungsmäßig zu Wünschen übrig lassen. Das Taxigewerbe reißt sich mittlerweile ein Bein aus, die Dienstleistung steht höher als irgendwo anders, aber immer weiter wird dieses negative Bild aufrechterhalten ...

Und wer ist schuld? Die Ausländer. Die kennen den Weg nicht, die können kein Deutsch, die verstehen nichts, sind dumm, nur darauf aus, die Kundschaft zu betrügen usw. usw. ...

Ein Beispiel: Ich habe eine Dialyse-Patientin gefahren, die 3 mal die Woche die gleiche Strecke fährt. Ich habe dann gesagt, sie kennen den Weg vermutlich besser als ich, also können sie mir ja sagen, wo es langgeht. Gesagt, getan ... irgendwann sagte sie dann zu mir: Letzte Woche hat mich einer ihrer ausländischen Kollegen gefahren, der hat auch gesagt, ich solle im den Weg zeigen. Da habe ich aber gesagt: Wer ist den hier Taxifahrer - sie oder ich ? Ich habe sie angesehen und gesagt: Das verstehe ich nicht. Sie sagen mir doch jetzt auch den Weg, wo ist der Unterschied. - Daraufhin hat sie mit mir kein Wort mehr gesprochen ...

Klar gibt es auch sehr viel positive Erfahrungen, aber die sind für mich eigentlich selbstverständlich ... Ist es nicht auch traurig, wenn eine Oma anruft und mir ausdrücklich aufträgt, den netten ausländischen Kollegen zu grüßen, der ja so zuvorkommend war ? Und dann folgt eine Litanei darüber, dass sie ja zum Glück nicht alle gleich seien usw.

Ist das denn keine Feindlichkeit gegenüber "Ausländern" ? Wobei es größtenteils ja noch nicht mal "Ausländer" sind, denn sie leben und wohnen und arbeiten ja hier in Deutschland genau wie Du und ich ...

Aber vielleicht hast Du ja recht und ich sehe das zu eng ... aus dem Aspekt des sich schämen Deutsch zu sein, habe ich es noch nie betrachtet und ich sehe auch keinen Grund dazu ... Ich schäme mich manchmal einfach für die menschliche Feigheit und Mentalität, die alles was "anders" ist ablehnt, weil es angst macht ...

Aber ich sage schon gar nicht mehr so oft was ... eine unserer Aushilfen merkt selber gar nicht mehr, dass sie grundsätzlich am Funk dann einen Kollegen nicht versteht, wenn er nicht gut deutsch spricht, ihn 3 mal wiederholen läßt und dann meist genervt sagt: Ich versteh denn nicht, hat er Pech gehabt. Soll die Nuss doch erstmal Deutsch lernen.
ich schaue sie mir dann immer an und bedenke ihre Lebensumstände und denke mir meinen Teil ... :)

Aber es sind diese Erlebnisse, die mir eben die Meinung gebildet haben, dass es mit der Nationalitätentoleranz nicht weit her ist ... !

lg mara
 
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Noch ein Nachtrag, Michael ...

Du glaubst doch nicht wirklich an eine Umfrage ?

Bei der Meinungsmache in Fernsehen und presse, wer traut sich denn da, wirklich zu sagen, was er denkt ?
Selbst bei uns ist es ein Problem ... denn es ist tatsächlich ein Problem, wenn Kollegen (vorallen Dingen nachts und am Wochenende) kein Deutsch sprechen und so den arbeitsablauf behindern ... etwas dagegen zu unternehmen ist schwierig, weil es dann unter ausländerfeindlichkeit fällt, wenn man solche Kollegen aussortiert ...
Ganz davon abgesehen, dass es eine Zumutung ist, wenn so ein Kollege mal in Not gerät. Ich habe mal eine viertel Stunde versucht aus einem rauszukriegen wo er ist, während ich im Hintergrund ständig hörte, wie man auf ihn einschlug ...

Aber niemand traut sich mal durchzugreifen, weil wir ja nicht ausländerfeindlich sein wollen ...

Und für verbindende Vorschläge ist kein Mensch offen. Überall stößt man auf taube Ohren, auch bei den betroffenen Kollegen. Da wird mir dann gesagt, dass man den verbrecherischen Machenschaften einiger Iraner kein Einhalt gebieten kann, weil die Gruppen unter sich zerstritten sind und sich nicht zugehörig fühlen ... Ich habe mir bald die Haare gerauft. "Aber es betrifft euch doch alle, das schlechte Image trifft Euch gemeinsam. Wer interessiert sich schon für diese internen Querelen. Ihr seid jetzt hier in Deutschland und alle zusammen Taxifahrer" Schulterzucken war die einzige Reaktion ...

Im Moment scheint die Not sie noch mehr zu trennen, aber wenn es noch schlimmer wird, habe ich die Hoffnung, dass es sie vielleicht doch noch irgendwann erkennen läßt, dass sie nur zusammen dadurch kommen werden ... :(

lg mara
 
Original geschrieben von majanna
Du, Manni, meinst Du im Konkreten, dass ich nur deutsch/ spanisch usw bin, weil ich es denke?
Meinst Du, dass ich durch bloßes Umdenken plötzlich statt deutsch spanisch bin und umgekehrt?

Nein ich meine, dass zum Umdenken immer auch eine Veränderung des Daseins gehört - zumindest dann, wenn es um Lebenswichtiges geht. Im Zusammenhang mit dem Thema bedeutet dies: Eine bestimmte Nationalität zu haben, heißt nicht nur den Pass eines bestimmten Landes zu besitzen, obwohl es das auch bedeuten kann, sondern auch eine ethnische und kulturelle Verwurzelung in einer bestimmten Nation.
Würde ich beispielsweise einen chinesischen Pass erhalten, fühlte ich mich nicht als Chinese. Ich würde mich höchsten als chinesischen Staatsbürger ansehen, wenn es eine derartige Begrifflichkeit in China überhaupt gibt.

gruß
manni
 
Original geschrieben von PhilippP
, einem Denken zu folgen, welches den Menschen einfach einmal nicht als zwangsläufig national zugehörig begreift, so wie ich dies in meinem Ursprungsposting versuchte....Schlicht, die eigentlichen Allmöglichkeiten unseres Handeln sollte man einfach im Auge behalten. ...Ich sehe die Nationalität im Grunde als ein Paradoxon, kreiert durch beschränktes menschliches Reflektieren und Denken und ich hoffe, dass das menschliche Denken in Zukunft solcherlei Denkbarrieren überwinden wird....Ich wäre bereits dazu in der Lage, nur dumm, das mich die Anderen nicht lassen, da sie so handeln, dass auch ich gezwungenermaßen anders handeln muss, als ich dies gerne würde. Ich handle also meinem Denken zuwider, um dem zu entsprechen, was andere als real empfinden und behaupten ;)

Philipp, das erinnert mich an die Geschichte eines Ehemannes, der sich nicht gegen seine Ehefrau behaupten kann, aber seinen vermeintlichen Mut unterstreichend, erklärte, er habe sich zwar nichts zu sagen getraut, dafür aber ganz empört geguckt!

Aber Spaß beiseite: Denkbarrieren sollten überwunden werden, und eigene Einsichten nicht zu verwirklichen, bloß weil andere anders denken, das zeugt von Uneinsichtigkeit, die du doch wünschst - oder?

gruß manni
 
Original geschrieben von mwirthgen
Nein ich meine, dass zum Umdenken immer auch eine Veränderung des Daseins gehört - zumindest dann, wenn es um Lebenswichtiges geht. Im Zusammenhang mit dem Thema bedeutet dies: Eine bestimmte Nationalität zu haben, heißt nicht nur den Pass eines bestimmten Landes zu besitzen, obwohl es das auch bedeuten kann, sondern auch eine ethnische und kulturelle Verwurzelung in einer bestimmten Nation.
Würde ich beispielsweise einen chinesischen Pass erhalten, fühlte ich mich nicht als Chinese. Ich würde mich höchsten als chinesischen Staatsbürger ansehen, wenn es eine derartige Begrifflichkeit in China überhaupt gibt.

gruß
manni



Gut, Manni, dann meinen wir akurat dasselbe.

Nicht der Pass allein macht die Nationalität, sondern die kulturelle Eingebundenheit eines Menschen in "seine" Umwelt.


Und um diese muss man sich bemühen - so gesehen ist nationale Identität auch ein Willensakt. Aber eben nie ein reiner Denkakt.
 
Original geschrieben von mwirthgen
Nein ich meine, dass zum Umdenken immer auch eine Veränderung des Daseins gehört - zumindest dann, wenn es um Lebenswichtiges geht. Im Zusammenhang mit dem Thema bedeutet dies: Eine bestimmte Nationalität zu haben, heißt nicht nur den Pass eines bestimmten Landes zu besitzen, obwohl es das auch bedeuten kann, sondern auch eine ethnische und kulturelle Verwurzelung in einer bestimmten Nation.
Würde ich beispielsweise einen chinesischen Pass erhalten, fühlte ich mich nicht als Chinese. Ich würde mich höchsten als chinesischen Staatsbürger ansehen, wenn es eine derartige Begrifflichkeit in China überhaupt gibt.

gruß
manni

Interessanter Aspekt, das ...

Ich habe mir gerade überlegt, welche Gründe ich wohl haben könnte, mich um einen chinesischen Pass zu bemühen und da liegt wohl der Hase im Pfeffer ...

a) ich will da unbedingt arbeiten, weil ich Yen schöner finde als Euros ...

Dann ist mir das Land, die Sprache, die Tradition usw. wohl ziemlich schnuppe ... hauptsache der Rubel rollt ...

b) ich habe mich in das Land und Leute verliebt und identifiziere mich damit ...

Dann will ich Sprache lernen und alles über das Land wissen, was es zu wissen gibt und ich werde den Kontakt suchen, zu den Einheimischen ...


So habe ich das noch nie gesehen !
 
Liebe Manni!


Hier ein Ergebnis Deines Denkanstoßes.

Vaterland - Vater Land?

Mutter Sprache - Mutter Sprache?


Dieses gab mir Regeln.
Jene Sicherheit.
Regeln kann ich ändern.
Kann ich das bei meiner Sprache auch?
Ich denke, fühle in ihr.


lbg: Majanna
 
@Mara

Von einer UMFRAGE habe ich nichts geschrieben, sondern von einer [wissenschaftlichen] Studie. Ich selbst verstehe zwar mehr von Physik als von Soziologie, aber ich weiß, dass den entsprechenden Fachleuten die Fehlerquellen bei Untersuchungen in IHREM Fachbereich weit besser bekannt sind als Laien. Daher gibt es Methoden, diese Fehler zu minimieren und ihre verbleibende Größe abzuschätzen.

Wenn in einer solchen Untersuchung Deutschland und Schweden an der Spitze liegen, kann auf Grund von Ungenauigkeiten [die jeder Studie innewohnen] wohlmoglich die Wirklichkeit ein wenig anders sein. Aber eben nicht viel. Der Wissenschaftler wird vermutlich in den Ländern die Meinungen von DEN Ausländern ausgewertet haben, welche zusätzliche Erfahrungen mit anderen Ländern gemacht haben, wo sie auch Ausländer wahren, statt einfach jeden Deutschen zu fragen, wie nett er sich selbst findet.

Aber davon abgesehen, die Dinge, welche du schilderst, werden natürlich weder dadurch besser, dass in vielen anderen Ländern solche Probleme deutlich stärker sind (auch wenn sie durch die Medien nicht wahr genommen werden). Ebenfalls halte ich es für eine besonders scheinheilige Variante von Ausländerfeindlichkeit, sich über den Ausländer zu freuen, der mich NICHT beklaut hat oder der NICHT mit Drogen handelt.

Aber man muss sich fragen, woher solche Verhaltensweisen kommen und womit sie wechselwirken. Eine solche Fragestellung wird leider zu oft ideologisiert und es wird zu oft moralisiert. Wenn es Regionen in Deutschland gibt, wo bei einer Schulklasse vonn 22 Schülern die beiden deutschen Schüler 20 türkische Schüler intergrieren müssen, läuft irgend was falsch.

Gruß,
Michael
 
Wie wäre es mit einer Nummer kleiner?
Ersetzt doch mal z.B. "Deutschland" durch "mein Heimatort" oder noch ein Schritt weiter "meine Familie"- anstelle von MEIN STAMM etwa. Im Prinzip wäre das doch dasselbe - oder ? Aber womöglich freier von Larmoyanz.
johko
 
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Johko, Du gehst am Thema vorbei- denke ich.

Es geht nicht um Weinerlichkeit, es geht , wenn ich Philipp verstanden habe - und das hat er mir am Beginn des Threads bestätigt -, um die Frage, welche Faktoren es bewirken,dass wir uns mit unserer Nationalität identifizieren: was für subjektiv-interne Vorgänge ablaufen, dass wir dieses tun oder eben - wie es hier bei einigen Schreibern schien, dass wir es nicht tun.

Da ist meine - diesmal nicht metaphorische - Antwort, dass dieser Vorgang entscheidend durch Sprache geprägt wird.

Hättest Du den ganzen Thread gelesen - vielleicht hast Du es -, könntest Du nicht alle unsere Meinungen mit Weinerlichkeit abtun.
Eine Schreiberin z.B. bekennt sich ziemlich unverblümt zu der ehrlichen Aussage: Wo es mir gut geht, ist mein Vaterland.


Sei`s drum: Auch "ein paar Schuhe kleiner" bleibt es die Sprache, die Familie, Wohnort usw mitbestimmt.

Denk mal in diesem Zusammenhang auch an die sozio-kulturelle Aussagekraft der Sprache.


Und zum Schluss: Bist Du lieber Niedersachse ( oder was immer Deine Heimat ist) als Deutscher? Bist Du ein solcher und kein Deutscher? Kannst Du Dich nur mit Deiner Familienvaterrolle identifizieren? Warum "spielst " Du mit deutscher Sprache?


gar nicht besonders liebenswürdig

Majanna
 
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