Meine Lieblingskundin war eine ältere Dame, die seit Geburt blind war und in der Nähe des Nürnberger Stadtparks lebte. Sie hatte einen Freund, der nicht bei ihr lebte und die üblichen Besorgungen für sie erledigte. Der Zivi war eigentlich nur dafür da, dreimal pro Woche für eine bis anderthalb Stunden mit ihr spazieren zu gehen. Denn sie brauchte ihre regelmäßigen Spaziergänge. Als ich anfing, war mein Vorgänger grad mit seinem Zivildienst fertig und es wurde für sie ein Nachfolger gesucht. Beim dritten Besuch fragte sie mich, ob sie mich berühren dürfe. Sie streifte sanft mit der Hand über meinen Kopf als würde sie meine Aura überprüfen, meinte schließlich, dass sie mir vertraue und sich freuen würde, wenn ich derjenige bin, der nun regelmäßig zu ihr kommt. Ich fühlte mich geehrt und sagte zu. Ich mochte die Frau, die damals schon nahe 80 war, was sie vermutlich spürte. Sie war sehr sensitiv und hatte einen enormen Geruchssinn, was dazu führte, dass sie bereits mit 50m Abstand das Blühen einer Pflanze oder Baumes zuordnen konnte. Ich besuchte sie auch nach meinem Zuvildienst noch ein paar mal, stellte ihr sogar meine damals kleine Tochter vor. Ich habe es nie bereut, Zivildienst gemacht zu haben.