LarsOliver
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Ein Dialog über Kunst
A: „Zunächst einmal wird in der abstrakten Kunst Freiheit vorgeführt. Das ist aber nicht erzählbar. Darüber hinaus ist es ein subtiles Farbenspiel. Kunst macht sensibel. Diese Art von Sensibilität ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Dass die Medien uns anlügen können, haben wir vor allem dem Niedergang der Kultur zu verdanken. Die Künstler die ich kenne, kann man allesamt nur schwer anlügen, warum wohl?
Meine Schwiegeroma fragte mich: "Was soll das vorstellen???" Es waren zuvor 100 Jahre Kunstgeschichte spurlos an ihr vorüber gegangen und nun sollte ich in 5 Minuten erklären, wozu ich 20 Jahre gebraucht hatte. Sie war der Meinung, dass der Bildinhalt erzählt werden könnte. Das Liniengewirr auf einem Stöhrer kann man aber nicht erzählen. Es ist optische Musik, die man über das Auge hört. Es bauen sich Spannungen auf und lösen sich wieder, genau wie in der klassischen Musik. Bei einer Helene Fischer funktioniert das eher weniger, die "Metaebene" rauscht. Die schöne Stimme kann darüber nicht hinwegtäuschen.“
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B: Kunst braucht also eine Bedienungsanleitung, am besten ein langes Studium der Kunstgeschichte. Das ist freilich ein luxuriöses Hobby- falls man nicht zu den Wenigen gehört, die von Kunst ganz gut leben können. Deine Oma hat ihr Leben wahrscheinlich vor allem mit Arbeit und Alltagssorgen verbracht, die konnte sich so ein aufwändiges Hobby nicht leisten. Das war ihre Freiheit, die Freiheit als pure Einsicht in die Nowendigkeiten des Lebens als armer Mensch.
Wenn moderne Kunst Freiheit ist- dann fragt sich, wessen Freiheit und Freiheit wozu? Dazu, sich neben den täglichen Sorgen manchmal einbilden zu können, man sei ein Schöpfer, der selbstbestimmt das tut, was er will? Das mag tatsächlich für ein paar Stunden gelingen, kleiner werden die realen Sorgen und Abhängigkeiten dadurch nicht.
Ja, man kann sich berauschen an einem halbwegs gelungenen selbst gemalten Bild. Man kann aber auch saufen. Oder beides tun- Udo Lindenberg malte ja auch mit Likör. Und dann mag es passieren, dass jemand Bilder "hören" kann, ein anderer riecht sie gar- und ein dritter wischt sich mit einem aus dem Rahmen gelösten Ölbild den Arsch ab, weil sich das für ihn geil anfühlt. Geschmäcker sind verschieden. Aber immerhin- da wurde man sensibilisiert. Beim Sehen, Hören und am Anus.
Kunst hat etwas Religiöses. Die Metaebene erinnert an Metaphysik- da ist Gott ganz in der Nähe. Dass so etwas schöne Gefühle- und viel Einbildung- erzeugen kann, ist unbestreitbar. Doch viel mehr ist es dann auch nicht. Gefühle sind kein Wissen. (Ich kenne einen ulkigen Buchtitel eines Komikers: "Gefühltes Wissen")
Ob man Künstler schwer anlügen kann? Warum nicht? Sie wissen weit weniger, als sie fühlen. Frage mal Künstler nach konkreten Dingen, etwa "Was ist Kapitalismus?" Auf die Antworten bin ich gespannt- oder besser: ich kenne viele solcher Antworten. Sie stehen in Interviews mit Künstlern, die in Zeitungen abgedruckt sind. O Gott!
„Liebhaber von Kultur wissen meist auch, dass sie schon ziemlich lange währt und nicht zuletzt deswegen Achtung genießt. Denn als Reich der Freiheit wird sie geschätzt, von nicht wenigen, und von den in ihr Tätigen schon gleich, für wertvoller und wahrer angesehen, als das schnöde Reich der Notwendigkeiten. Anlass genug, einmal dem eigentümlichen Gebrauch der Freiheit, die in kulturellen Belangen zum Zuge kommt, nachzugehen und das einigermaßen instrumentelle Verhältnis zu den Niederungen des gesellschaftlichen Alltags und zu den gehobeneren Sphären der modernen Herrschaften zu erläutern.“
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kultur-geht
A: „Zunächst einmal wird in der abstrakten Kunst Freiheit vorgeführt. Das ist aber nicht erzählbar. Darüber hinaus ist es ein subtiles Farbenspiel. Kunst macht sensibel. Diese Art von Sensibilität ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Dass die Medien uns anlügen können, haben wir vor allem dem Niedergang der Kultur zu verdanken. Die Künstler die ich kenne, kann man allesamt nur schwer anlügen, warum wohl?
Meine Schwiegeroma fragte mich: "Was soll das vorstellen???" Es waren zuvor 100 Jahre Kunstgeschichte spurlos an ihr vorüber gegangen und nun sollte ich in 5 Minuten erklären, wozu ich 20 Jahre gebraucht hatte. Sie war der Meinung, dass der Bildinhalt erzählt werden könnte. Das Liniengewirr auf einem Stöhrer kann man aber nicht erzählen. Es ist optische Musik, die man über das Auge hört. Es bauen sich Spannungen auf und lösen sich wieder, genau wie in der klassischen Musik. Bei einer Helene Fischer funktioniert das eher weniger, die "Metaebene" rauscht. Die schöne Stimme kann darüber nicht hinwegtäuschen.“
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B: Kunst braucht also eine Bedienungsanleitung, am besten ein langes Studium der Kunstgeschichte. Das ist freilich ein luxuriöses Hobby- falls man nicht zu den Wenigen gehört, die von Kunst ganz gut leben können. Deine Oma hat ihr Leben wahrscheinlich vor allem mit Arbeit und Alltagssorgen verbracht, die konnte sich so ein aufwändiges Hobby nicht leisten. Das war ihre Freiheit, die Freiheit als pure Einsicht in die Nowendigkeiten des Lebens als armer Mensch.
Wenn moderne Kunst Freiheit ist- dann fragt sich, wessen Freiheit und Freiheit wozu? Dazu, sich neben den täglichen Sorgen manchmal einbilden zu können, man sei ein Schöpfer, der selbstbestimmt das tut, was er will? Das mag tatsächlich für ein paar Stunden gelingen, kleiner werden die realen Sorgen und Abhängigkeiten dadurch nicht.
Ja, man kann sich berauschen an einem halbwegs gelungenen selbst gemalten Bild. Man kann aber auch saufen. Oder beides tun- Udo Lindenberg malte ja auch mit Likör. Und dann mag es passieren, dass jemand Bilder "hören" kann, ein anderer riecht sie gar- und ein dritter wischt sich mit einem aus dem Rahmen gelösten Ölbild den Arsch ab, weil sich das für ihn geil anfühlt. Geschmäcker sind verschieden. Aber immerhin- da wurde man sensibilisiert. Beim Sehen, Hören und am Anus.
Kunst hat etwas Religiöses. Die Metaebene erinnert an Metaphysik- da ist Gott ganz in der Nähe. Dass so etwas schöne Gefühle- und viel Einbildung- erzeugen kann, ist unbestreitbar. Doch viel mehr ist es dann auch nicht. Gefühle sind kein Wissen. (Ich kenne einen ulkigen Buchtitel eines Komikers: "Gefühltes Wissen")
Ob man Künstler schwer anlügen kann? Warum nicht? Sie wissen weit weniger, als sie fühlen. Frage mal Künstler nach konkreten Dingen, etwa "Was ist Kapitalismus?" Auf die Antworten bin ich gespannt- oder besser: ich kenne viele solcher Antworten. Sie stehen in Interviews mit Künstlern, die in Zeitungen abgedruckt sind. O Gott!
„Liebhaber von Kultur wissen meist auch, dass sie schon ziemlich lange währt und nicht zuletzt deswegen Achtung genießt. Denn als Reich der Freiheit wird sie geschätzt, von nicht wenigen, und von den in ihr Tätigen schon gleich, für wertvoller und wahrer angesehen, als das schnöde Reich der Notwendigkeiten. Anlass genug, einmal dem eigentümlichen Gebrauch der Freiheit, die in kulturellen Belangen zum Zuge kommt, nachzugehen und das einigermaßen instrumentelle Verhältnis zu den Niederungen des gesellschaftlichen Alltags und zu den gehobeneren Sphären der modernen Herrschaften zu erläutern.“
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kultur-geht