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Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Hallo Kultus Maximus!

Schön, dass du den Thread wieder aufgefrischt hast!

Wäre deiner Meinung nach heute eine möglichst objektive Geschichtsschreibung Europas möglich?

Grüße Raphael
 
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AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

hallo,

überspitzt würde ich es in etwa so formulieren:
objektive geschichtsschreibung ist möglich, interessiert aber keinen

wie soll jene behauptung verstanden werden:
es ist möglich, geschichtliche fakten fest zu halten
z.b. die 1. republik wurde in österreich 1918 ausgerufen

das wäre objektive geschichtsschreibung, relativ problemlos, solange belege/beweise/dokumente vorhanden sind
das lässt sich problemlos machen, nur entstünde daraus lediglich lexikaisches wissen für "insider"
der breiten bevölkerung wäre die faktensammlung zu trocken, und ohne persönlichem bezug fehlt die motivation, sich damit zu befassen
dazu braucht man sich nur an die schulzeit erinnern
jahreszahlen auswendig lernen ohne ihre bedeutung zu fühlen, ist öde

aber interessant ist schon der name "geschichte"
geschichten können uns interessieren, geschichten können uns fesseln, können uns berühren
dazu reichen aber die harten fakten einer geschichte nicht aus, erst das, was die fakten emotional auslösen, sind der anreiz

warum schreiben die geschichtsbücher viel mehr über die jahre 1938-1945 als beispielsweise über die jahre 1955-1970 ?
im späteren zeitraum, der etwa doppelt so lang ist wie der erste, wurden demnach etwa doppelt so viele geschichtliche fakten geschaffen, und doch gibt es weniger berichte

die antwort ist eben, dass uns die fakten, die 1938-1945 geschrieben wurden, uns viel mehr berühren, und uns daher eher interessieren
daher wird auch dort mehr geforscht, daher werden dort mehr fakten ausgegraben und jene zeit aus geschichtlicher sicht aufgebläht

wenn wir geschichte als identitätsstiftendes instrument ansehen, gilt ebenso die subjektive als die relevante
wie ich meine vergangenheit sehe ist wichtiger als das faktum, wie sie war

der großteil der bevölkerung, die eine nationale identität ausmacht, ist aber weniger an trockener geschichtliche fakten als an "geschichten" interessiert;
daher ist die subjektive sichtweise die ausschlaggebende
wie sehr, siehe mein anfangsstatement


lg,
Muzmuz
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Hallo Muzmuz!

Danke für deinen Beitrag!

Grüße Raphael
 
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Zitat von Raphael.

......Wäre deiner Meinung nach heute eine möglichst objektive Geschichtsschreibung Europas möglich? ......

Hallo Raphael!

Eher, im Kontext der Länder und Dank dem Internet, besteht die Möglichkeit einer objektiveren Darstellungsweise der Länder Europas. Es gibt auch keine dringlichen Gründe der politischen Verzerrung, zumindest im christlichen Kulturkreis; aber auch in Verbindung mit der moslemischen Kultur sehe ich, zumindest in Europa gute Chancen, verlässt man den europäischen Kontinent, Richtung Afrika, oder Asien, wird es schwierig, weil die kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen extrem anders sind.

Grüße Kultus Maximus
 
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Zitat von muzmuz:

.......überspitzt würde ich es in etwa so formulieren:
objektive geschichtsschreibung ist möglich, interessiert aber keinen.....

So einfach geht das nicht, Wissenschaftsgeschichte besteht nur aus Quellen, und ist 1:1 nicht vermittelbar, (weil zu kompliziert) das stimmt schon, aber trotzdem zählt die Ausformulierung (natürlich auch in einem moralischen Kontext) zum Hauptanliegen jedes Historikers, welche bemüht sind das Bestmöglichste dem Leser -eben in Buchform- zu vermitteln.

LG Kultus Maximus
 
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Meine Frage an Interessierte:

IST DIE WAHRHEIT ZUMUTBAR?

ist Geschichtsdarstellung ein Wahrheitsanspruch?

wenn JA, wer hat was davon, wenn NEIN, warum nicht?

von Kultus Maximus
 
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Zitat von muzmuz:

.......überspitzt würde ich es in etwa so formulieren:
objektive geschichtsschreibung ist möglich, interessiert aber keinen.....

So einfach geht das nicht, Wissenschaftsgeschichte besteht nur aus Quellen, und ist 1:1 nicht vermittelbar, (weil zu kompliziert) das stimmt schon, aber trotzdem zählt die Ausformulierung (natürlich auch in einem moralischen Kontext) zum Hauptanliegen jedes Historikers, welche bemüht sind das Bestmöglichste dem Leser -eben in Buchform- zu vermitteln.

LG Kultus Maximus

Hallo Kultus Maximus,

singemäß habe ich das auch in meinen erklärungen bezüglich der überspitzung ausgeführt

lg,
Muzmuz
 
nein....da in jedem fall von einem "subjekt" verfasst.

ist geschichtsschreibung, die sich so weit wie möglich neutral verhält, möglich?
ja....wenn sie von menschen verfasst wurde, die sich persönlich aus der "betroffenheit" raus nehmen können und einen weiten horizont haben.

IST DIE WAHRHEIT ZUMUTBAR?
ja....wenn sie zur passenden zeit und in der passenden form ausgedrückt wird.
vorher wird sie ohnehin nicht angenommen.

ist Geschichtsdarstellung ein Wahrheitsanspruch?
ja....wenn die passende zeit dafür gekommen ist ...sprich die mehrheit der interessierten menschen aus der persönlichen betroffenheit draussen ist.
vorher geht es mAn nicht....(sozusagen: "der kunde wünscht es nicht" ;))
(z.b. innerhalb der trauerphase um enge angehörige, zur zeit der verarbeitung eines traumas...)

wenn JA, wer hat was davon?
die "reine" seele, das "volksgewissen".

wenn NEIN, warum nicht?
weil die "verletzten seelen" erst ihre leiden aus der geschichte verschmerzen müssen. erstreaktionen (schock, hass, trauer aus dem schicksal heraus) müssen sich erst verflüchtigen können.

soweit meine "einfachen" antworten auf die gestellten fragen.

liebe grüße
kathi
 
AW: Ist objektive Geschichtsschreibung möglich?

Zitat von Kathi: ... die "reine" seele, das "volksgewissen".

Das glaubst Du nur, weil das Christkind vor der Tür steh't, schau uns Österreicher und Deutsche an, wo hatten diese ein "Volksgewissen" im 2. Weltkrieg?
Ich denke, nur der Hunger, Gewalt, Macht und Ohmacht, Sieg und Niederlage, sowie der Lustgewinn bestimmen die menschliche Geschichte, sonst nichts. Zähmst Du all' das, ist es auch nicht besser, dann sind alle frustriert, friedlich aber unglücklich, es gibt keine heile Welt. Deshalb ist Geschichtsschreibung so heikel, man filtert aus und dichtet dazu, im besten Wissen und Gewissen, dass die Menschen besser miteinander umgehen.

Zitat:
ja....wenn die passende zeit dafür gekommen ist

oft dauert das sehr lange

Zitat:
weil die "verletzten seelen" erst ihre leiden aus der geschichte verschmerzen müssen. erstreaktionen (schock, hass, trauer aus dem schicksal heraus) müssen sich erst verflüchtigen können.

Da gebe ich Dir recht, die Zeit heilt Wunden


Liebe Grüße Kultus Maximus
 
Zuletzt bearbeitet:
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Zitat von Kathi: ... die "reine" seele, das "volksgewissen".

Das glaubst Du nur, weil das Christkind vor der Tür steh't, schau uns Österreicher und Deutsche an, wo hatten diese ein "Volksgewissen" im 2. Weltkrieg?
Ich denke, nur der Hunger, Gewalt, Macht und Ohmacht, Sieg und Niederlage, sowie der Lustgewinn bestimmen die menschliche Geschichte, sonst nichts. Zähmst Du all' das, ist es auch nicht besser, dann sind alle frustriert, friedlich aber unglücklich, es gibt keine heile Welt. Deshalb ist Geschichtsschreibung so heikel, man filtert aus und dichtet dazu, im besten Wissen und Gewissen, dass die Menschen besser miteinander umgehen.
hallo kultusmaximus,
*lach*....nein, ich bin wirklich so....das ganze jahr!

zum "volksgewissen": dass es im 2. WK so kam, wie es gekommen ist, hat ja auch eine lange historische vorgeschichte. eine geschichte von unterdrückung, gewalt, ohnmacht und armut.
so etwas lässt sich nicht aus dem gesamtkontext lösen...niemals.

so wie die heutige zeit auch in den geschichtlichen kontext zu den beiden kriegen - aber natürlich auch zur zeit dazwischen und danach zu sehen ist.

einzeln betrachtet kann mensch nur detail-analysen erstelllen.
für das erfassen des geschehens im großen ist mehr vergangenheit und mehr umfeld und mehr g´spür vonnöten.

so zumindest sehe ich das.
es sind sehr viele faktoren, die das geschehen dann so ergeben, wie es zustande kam.
das macht die geschichtliche aufarbeitung auch so interessant.
die zusammenhänge, die umstände, die wenn´s und aber´s.
und das akzeptieren, dass es so etwas wie "schicksal" gibt. :dreh::kugel::dreh:

dir auch sehr liebe grüße
k.
 
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