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Islamfaschismus reloaded

Thorsten

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26. März 2007
Beiträge
1.114
Im "Ignorieren heißt sich aufgeben" - thread tauchte beiläufig eine Unklarheit über einen bemerkenswerten Begriff auf, ich setze darum hier fort:

(@Gunter, sartchi, Marianne:)

Der inzwischen ungebräuchliche Begriff des "Islamfaschismus" ist heute dank der analytischen Bemühungen vornehmlich west-orientierter deutscher Linksintellektueller (Matthias Küntzel, Thomas von der Osten-Sacken) relativ klar definiert:

Als "islamfaschistisch" können (nicht: müssen) Staaten bezeichnet werden, die die Scharia nicht nur als Straf-, sondern als Staatsrecht einsetzen (was die Scharia nicht von sich aus ermöglicht) - das kann gegenwärtig nur von Iran behauptet werden, im Sudan, auch in Nigeria gibt es Tendenzen dahin, die bislang jedoch keine Macht über den Staat erlangen konnten (sofern man von einem sudanischen Staat überhaupt sprechen kann.) Ganz unklar ist die innere Situation des Yemen.

Zu unterscheiden ist zwischen "islamischem Fundamentalismus" und "orthoxem Islam", auch wenn diese Unterscheidung mitunter schwerfällt.

"Orthodoxer Islam" sieht die Befolgung sämtlicher vom Propheten Mohammed gegebenen Lebensregeln vor - darin sehr vage, mit sehr viel Vorsicht vergleichbar dem orthodoxen Judentum, das ebenso das gesamte Alltagsleben durch Regeln ordnet. Vergleichbare Regelversuche hat es im Christentum nie gegeben. Wichtig: alle orthodoxen Regeln beziehen sich ausschließlich auf das Leben des Einzelnen und der Familie. Insbesondere wird die familiäre Abstammung geregelt.

"Islamischer Fundamentalismus" bezeichnet die ganze, meist nur teilweise Übertragung dieser Regeln auf größere soziale Gebilde wie Gemeinden oder Staaten. Die meisten arabischen Staaten haben eine Mischform zwischen Nationalstaatlichkeit nach europäischem (nicht: amerikanischem!) Vorbild und Islamischem Fundamentalismus ausgebildet. Allerdings bewirkt die Orientierung auf die islamische Rechtsform auch, daß Initiativen einzelner Staatsangehöriger in der Regel wirkungslos bleiben. Neben der kapitalfressenden Korruption ist dies der Hauptgrund dafür, daß viele arabische (und afrikanische) Länder sich trotz globaler Hilfe noch nicht zu eigenständigen Wirtschaftsräumen entwickeln konnten, geschweige denn Investoren anlocken. - Wie auch, wenn der Familienvater die wichtigste Ansprechperson ist und die erstgeborene Tochter nicht frei wählen darf, wen sie heiratet - und es keine höhere Rechtsinstanz gibt, an die sie sich wenden kann?

Der arabischen Misere gegenüber steht ein relativ reiches islamisches Land wie Malaysia. Wie kam nun das? Soll man rassistisch konstatieren, daß Malayen fleißiger sind als, sagen wir, Jemeniten? Oder daß man in Malaysia den Akzent stärker auf den Handel gelegt hat als auf familiäre Abkunft? Nun wird in Malaysia das islamische Recht auch nicht gerade zimperlich ausgelegt. Daß alle genug zu essen haben, scheint dennoch nicht das Thema zu sein, das islamorientierte Politiker bevorzugen.

-----

Zu erwähnen bleibt darüberhinaus die bemerkenswerte Nähe prominenter Muslime wie des Großmufti von Jerusalem zum Dritten Reich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Amin_al-Husseini

Auch diese Allianz aus der Vergangenheit ermöglicht, den Begriff des "Islamfaschismus" mit Sinn zu erfüllen und skeptisch zu bleiben gegenüber allen Sinn-Angeboten, die nicht auf von Menschen gemachtem, prüfbaren und modifizierbaren Recht fußen.

Herzlich,
Thorsten
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Islamfaschismus reloaded

Danke, Thorsten

Ich hatte keine Lust, mich so genau mit diesem Begriffskomplex auseinander zu setzen....
habe aber - so glaubte ich aber - in dem von Dir so glänzend umrundeten Begriff argumentiert. Deine Informationen sind so einsichtig und klar , dass ich sie sofort in meinen Islamordner übertragen werde.

Grüßchen - das zweite schon heute morgen

Marianne
 
AW: Islamfaschismus reloaded

Auch diese Allianz aus der Vergangenheit ermöglicht, den Begriff des "Islamfaschismus" mit Sinn zu erfüllen und skeptisch zu bleiben gegenüber allen Sinn-Angeboten, die nicht auf von Menschen gemachtem, prüfbaren und modifizierbaren Recht fußen.

Mir bleibt nach lesen deines Beitrags, da ich mit den Begriffen nicht viel anzufangen weiß und sie nicht "vor Ort" überprüfen kann, nichts anderes übrig, sie, wie jede andere Medienberichterstattung auch, und wie auch von dir selbst empfohlen, skeptisch in mein Denken, als Sinn-Angebot zu integrieren. Vielen Dank.
 
AW: Islamfaschismus reloaded

Marianne, wenn Dich das Thema (Islamismus und die europäische Haltung dazu) näher interessiert, schau doch mal in das Angebot des ca-ira-Verlages. In Wien gibts auch noch das "Café critique", das sehr aufschlußreiche Veranstaltungen bietet. Aber obacht: mit roten Socken bist Du da vielleicht zu konservativ gekleidet!

Kuss auf die linke Backe, und:
I möcht amal wieder in Grinzing sein, beim Wein...

Bis bald, Thorsten
 
AW: Islamfaschismus reloaded

hallo thorsten, du schreibst: vergleichbare regelversuche hat es in der kath.
kirche nie gegeben.dann sag mir doch bitte, was die kath. kirche tausend
jahrelang gemacht hat. es konnte doch kein kaiser, könig oder fürst ohne die
zustimmung der kirche regieren.unsere gesetzgebung wurde doch von der kirche diktiert und basiert auf den zehn geboten und wenn wir das wort faschismus benützen, dann waren doch die päpste die ersten faschisten. wenn auch der begriff mit mussolini das erste mal angewandt wurde, so muss
doch jede art von gewaltsamer durchsetzung einer idee oder ideologie zur
staatsform als faschismus betrachtet werden.
die in deinem link dargestellte figur von al-husseini finde ich ebenfalls sehr
einseitig.es wurde nirgends geschrieben, warum dieser grossmufti von jerusalem diesen weg bestritten hat.es wird kein wort darüber verschwendet,
was die haganah und die irguna unter der bevölkerung der palästinenser für
greueltaten angerichtet haben.dass sich die palästinenser durch die gespräche
von th.herzl und ben gurion in london bedroht fühlten, wird doch jeder verstehen, sie hatten schliesslich recht.
ich bin weder antichrist noch antisemit, aber ich bin für die anhörung beider
seiten, auch wenn es oft nicht angenehm und opportun ist.

das meint euer bakunin
 
AW: Islamfaschismus reloaded

@Thorsten

Malaysia - rassistisch - Ich denke ,abweichend vom Thema,daß man es nicht als rassistisch (bei mir ein Unwort,weil nicht zutreffend) bezeichnen kann mit der Behauptung, kein Volk ist so wie ein anderes,denn alle Völker haben ihre eigenen
Wurzeln und Geschichte - daher müssen sie sich geradezu von einander unterscheiden .

Das ist natürlich ohne Wertmaßstäbe anzuwenden und infolge dessen wurden auch die neu hereinkommnden Religionen angepasst.Siehe die Christianisierung zB Österreichs.Und im Falle des Islams wurden eben viel ältere (Un) Bräuche übernommen oder hineininterpretiert ,die bis jetzt andauern..
 
AW: Islamfaschismus reloaded

@Thorsten

Malaysia - rassistisch - Ich denke ,abweichend vom Thema,daß man es nicht als rassistisch (bei mir ein Unwort,weil nicht zutreffend) bezeichnen kann mit der Behauptung, kein Volk ist so wie ein anderes,denn alle Völker haben ihre eigenen
Wurzeln und Geschichte - daher müssen sie sich geradezu von einander unterscheiden .

Das ist natürlich ohne Wertmaßstäbe anzuwenden und infolge dessen wurden auch die neu hereinkommnden Religionen angepasst.Siehe die Christianisierung zB Österreichs.Und im Falle des Islams wurden eben viel ältere (Un) Bräuche übernommen oder hineininterpretiert ,die bis jetzt andauern..

ja, das sind natürlich Punkte die zumeist übersehen werden. Und gerade die unterscheiden sich oft, wobei generell viele Ur-Gebräuche dann von den Religionen einfach übernommen und adaptiert wurden. Siehe unsere eigene Geschichte.

sartchi
 
AW: Islamfaschismus reloaded

Im "Ignorieren heißt sich aufgeben" - thread tauchte beiläufig eine Unklarheit über einen bemerkenswerten Begriff auf, ich setze darum hier fort:

(@Gunter, sartchi, Marianne:)

Der inzwischen ungebräuchliche Begriff des "Islamfaschismus" ist heute dank der analytischen Bemühungen vornehmlich west-orientierter deutscher Linksintellektueller (Matthias Küntzel, Thomas von der Osten-Sacken) relativ klar definiert:

Als "islamfaschistisch" können (nicht: müssen) Staaten bezeichnet werden, die die Scharia nicht nur als Straf-, sondern als Staatsrecht einsetzen (was die Scharia nicht von sich aus ermöglicht) - das kann gegenwärtig nur von Iran behauptet werden, im Sudan, auch in Nigeria gibt es Tendenzen dahin, die bislang jedoch keine Macht über den Staat erlangen konnten (sofern man von einem sudanischen Staat überhaupt sprechen kann.) Ganz unklar ist die innere Situation des Yemen.

Zu unterscheiden ist zwischen "islamischem Fundamentalismus" und "orthoxem Islam", auch wenn diese Unterscheidung mitunter schwerfällt.

"Orthodoxer Islam" sieht die Befolgung sämtlicher vom Propheten Mohammed gegebenen Lebensregeln vor - darin sehr vage, mit sehr viel Vorsicht vergleichbar dem orthodoxen Judentum, das ebenso das gesamte Alltagsleben durch Regeln ordnet. Vergleichbare Regelversuche hat es im Christentum nie gegeben. Wichtig: alle orthodoxen Regeln beziehen sich ausschließlich auf das Leben des Einzelnen und der Familie. Insbesondere wird die familiäre Abstammung geregelt.

"Islamischer Fundamentalismus" bezeichnet die ganze, meist nur teilweise Übertragung dieser Regeln auf größere soziale Gebilde wie Gemeinden oder Staaten. Die meisten arabischen Staaten haben eine Mischform zwischen Nationalstaatlichkeit nach europäischem (nicht: amerikanischem!) Vorbild und Islamischem Fundamentalismus ausgebildet. Allerdings bewirkt die Orientierung auf die islamische Rechtsform auch, daß Initiativen einzelner Staatsangehöriger in der Regel wirkungslos bleiben. Neben der kapitalfressenden Korruption ist dies der Hauptgrund dafür, daß viele arabische (und afrikanische) Länder sich trotz globaler Hilfe noch nicht zu eigenständigen Wirtschaftsräumen entwickeln konnten, geschweige denn Investoren anlocken. - Wie auch, wenn der Familienvater die wichtigste Ansprechperson ist und die erstgeborene Tochter nicht frei wählen darf, wen sie heiratet - und es keine höhere Rechtsinstanz gibt, an die sie sich wenden kann?

Der arabischen Misere gegenüber steht ein relativ reiches islamisches Land wie Malaysia. Wie kam nun das? Soll man rassistisch konstatieren, daß Malayen fleißiger sind als, sagen wir, Jemeniten? Oder daß man in Malaysia den Akzent stärker auf den Handel gelegt hat als auf familiäre Abkunft? Nun wird in Malaysia das islamische Recht auch nicht gerade zimperlich ausgelegt. Daß alle genug zu essen haben, scheint dennoch nicht das Thema zu sein, das islamorientierte Politiker bevorzugen.

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Zu erwähnen bleibt darüberhinaus die bemerkenswerte Nähe prominenter Muslime wie des Großmufti von Jerusalem zum Dritten Reich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Amin_al-Husseini

Auch diese Allianz aus der Vergangenheit ermöglicht, den Begriff des "Islamfaschismus" mit Sinn zu erfüllen und skeptisch zu bleiben gegenüber allen Sinn-Angeboten, die nicht auf von Menschen gemachtem, prüfbaren und modifizierbaren Recht fußen.

Herzlich,
Thorsten

Thorsten,
erst mal Dank bzgl. des Wortes Islamfaschismus.

Zur Bemerkung Faschismus:
aus Bedeutungswörterbuch Duden:

extrem nationalistische, nach dem Führerprinzip organisierte, antiliberale und antimarxistische Bewegung oder solch ein Herrschaftssystem.

Fast das ganze Europa wurde von den Römern besetzt und es wurde die "heilbringende Botschaft" des Glaubens indoktiniert. Da war alles nach dem Führerprinzip ausgerichtet. Hochgradig organisiert und selbst der Kleinste der Kleinen und der Größte der Großen musste sich unterordnen.
Wir hatten ein Herrschersystem das vom Vatikan direkt und indirekt diktiert wurde - selbstverständlich mit Einverständnis jeweiliger Herrscher und den daraus resultierenden Kriegen und Angriffen und Verhinderungen einer sich etwas früher entwickelnden Medizin und Wissenschaft.

Zum Islam möchte ich soviel anmerken:
Im Islam gibt es keinen weltlichen Herrscher der das Sagen hat.
Es gibt auch keine Hierarchie, die wir so sehr hier in Europa aufdoktriniert bekommen haben, dass es anscheinend manche Menschen blind macht für eine komplett andere und befreiendere Sichtweise.

Von daher kann ich - da ich Arabisch kann - so einem verallgemeinernden Ausdruck keinesfalls was abgewinnen.
Tut mir leid, aber das ist nun mal so.
Und einige obige Ausführungen deinerseits, Thorsten, bedürfen einer Komplettierung, sonst sind sie für Diskussionsgrundlagen viel zu einseitig.

Aber danke für die Mühe Thorsten,
sartchi
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Islamfaschismus reloaded

Ich denke, Thorsten hat in diesem Thread, Jeròme und ich im "Vorgängerthread" wesentlich zielgenauer und historisch korrekt die Schwierigkeiten --- vor allem
islaminterne ( Kampf zwischen alten gottesstaatlichen und neueren, europäischen Säkularstaatsideen - argumentiert als es die Dudenkurzdefinition kann.

Im Online-Brockhaus gibt es keine Erklärung mehr für Islamfaschismus. 2 für Islamismus

http://www.brockhaus.de/

Es ist doch - mMn - eher eine Zumutung, hier im Politforum eine Definition des Begriffes Faschismus " zu kopieren", liebe sartchi.
Traust Du uns so gar keine Grundkenntnisse zu?


freundlich
Marianne
 
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AW: Islamfaschismus reloaded

Ich denke, Thorsten hat in diesem Thread, Jeròme und ich im "Vorgängerthread" wesentlich zielgenauer und historisch korrekt die Schwierigkeiten --- vor allem
islaminterne ( Kampf zwischen alten gottesstaatlichen und neueren, europäischen Säkularstaatsideen - argumentiert als es die Dudenkurzdefinition kann.

Im Online-Brockhaus gibt es keine Erklärung mehr für Islamfaschismus. 2 für Islamismus

http://www.brockhaus.de/

Es ist doch - mMn - eher eine Zumutung, hier im Politforum eine Definition des Begriffes Faschismus " zu kopieren", liebe sartchi.
Traust Du uns so gar keine Grundkenntnisse zu?


freundlich
Marianne

Marianne,
warum schreibst du von Zumutung ?
Ich wollte eher klarstellen, dass dies eigentlich ein sehr westlich geprägtes Wort ist und meiner Meinung nach nicht passend für zu viele verschiedene Völker die alle eher einen verschiedenen Gebrauch der islam. Religionen haben.
Wie auch wir in den westl. Ländern von den christl. Religionen hatten und noch haben.

Was mich gestört hatte und deshalb schrieb ich auch, dass hier etwas völlig missverstanden wird.
Aber bei den heutigen Massenmedieninformationen nimmt dies auch kein Wunder und ist natürlich auch sehr schwierig.

Schlagwörter mag ich grundsätzlich nicht, denn sie vereinfachen etwas, was sehr differenziert betrachtet werden sollte.

Und ich wollte auch einmal klar machen bzgl. der Hierarchie.
Denn ich vermisste eine eigene Denkweise. Es wurde zwar liebenswürdigerweise von Thorsten - schließlich war mir dieser Ausdruck unbekannt - auf meine Frage hin versucht etwas Klarheit zu bringen.
Aber leider wurde halt wieder nur in erster Linie kopiert und keine eigene Meinung, d.h. über eine Sache sich selbst den Kopf zerbrochen, dargestellt.

Aber sei's drum - mir ist klar, durch die vielen Massenmedien wird es heutzutage sehr schwer gemacht, sich selbst durch verschiedene Dinge durchzulesen und etwas kritisch zu beurteilen.

PS: Marianne: wo ist etwas historisch korrekt wie du anführst?
Ich denke mal historisch korrekt kann nur etwas sein, wenn verschiedene Meinungen zur Anschauung gebracht werden.

sartchi
 
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