Im "Ignorieren heißt sich aufgeben" - thread tauchte beiläufig eine Unklarheit über einen bemerkenswerten Begriff auf, ich setze darum hier fort:
(@Gunter, sartchi, Marianne
Der inzwischen ungebräuchliche Begriff des "Islamfaschismus" ist heute dank der analytischen Bemühungen vornehmlich west-orientierter deutscher Linksintellektueller (Matthias Küntzel, Thomas von der Osten-Sacken) relativ klar definiert:
Als "islamfaschistisch" können (nicht: müssen) Staaten bezeichnet werden, die die Scharia nicht nur als Straf-, sondern als Staatsrecht einsetzen (was die Scharia nicht von sich aus ermöglicht) - das kann gegenwärtig nur von Iran behauptet werden, im Sudan, auch in Nigeria gibt es Tendenzen dahin, die bislang jedoch keine Macht über den Staat erlangen konnten (sofern man von einem sudanischen Staat überhaupt sprechen kann.) Ganz unklar ist die innere Situation des Yemen.
Zu unterscheiden ist zwischen "islamischem Fundamentalismus" und "orthoxem Islam", auch wenn diese Unterscheidung mitunter schwerfällt.
"Orthodoxer Islam" sieht die Befolgung sämtlicher vom Propheten Mohammed gegebenen Lebensregeln vor - darin sehr vage, mit sehr viel Vorsicht vergleichbar dem orthodoxen Judentum, das ebenso das gesamte Alltagsleben durch Regeln ordnet. Vergleichbare Regelversuche hat es im Christentum nie gegeben. Wichtig: alle orthodoxen Regeln beziehen sich ausschließlich auf das Leben des Einzelnen und der Familie. Insbesondere wird die familiäre Abstammung geregelt.
"Islamischer Fundamentalismus" bezeichnet die ganze, meist nur teilweise Übertragung dieser Regeln auf größere soziale Gebilde wie Gemeinden oder Staaten. Die meisten arabischen Staaten haben eine Mischform zwischen Nationalstaatlichkeit nach europäischem (nicht: amerikanischem!) Vorbild und Islamischem Fundamentalismus ausgebildet. Allerdings bewirkt die Orientierung auf die islamische Rechtsform auch, daß Initiativen einzelner Staatsangehöriger in der Regel wirkungslos bleiben. Neben der kapitalfressenden Korruption ist dies der Hauptgrund dafür, daß viele arabische (und afrikanische) Länder sich trotz globaler Hilfe noch nicht zu eigenständigen Wirtschaftsräumen entwickeln konnten, geschweige denn Investoren anlocken. - Wie auch, wenn der Familienvater die wichtigste Ansprechperson ist und die erstgeborene Tochter nicht frei wählen darf, wen sie heiratet - und es keine höhere Rechtsinstanz gibt, an die sie sich wenden kann?
Der arabischen Misere gegenüber steht ein relativ reiches islamisches Land wie Malaysia. Wie kam nun das? Soll man rassistisch konstatieren, daß Malayen fleißiger sind als, sagen wir, Jemeniten? Oder daß man in Malaysia den Akzent stärker auf den Handel gelegt hat als auf familiäre Abkunft? Nun wird in Malaysia das islamische Recht auch nicht gerade zimperlich ausgelegt. Daß alle genug zu essen haben, scheint dennoch nicht das Thema zu sein, das islamorientierte Politiker bevorzugen.
-----
Zu erwähnen bleibt darüberhinaus die bemerkenswerte Nähe prominenter Muslime wie des Großmufti von Jerusalem zum Dritten Reich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Amin_al-Husseini
Auch diese Allianz aus der Vergangenheit ermöglicht, den Begriff des "Islamfaschismus" mit Sinn zu erfüllen und skeptisch zu bleiben gegenüber allen Sinn-Angeboten, die nicht auf von Menschen gemachtem, prüfbaren und modifizierbaren Recht fußen.
Herzlich,
Thorsten
(@Gunter, sartchi, Marianne
Der inzwischen ungebräuchliche Begriff des "Islamfaschismus" ist heute dank der analytischen Bemühungen vornehmlich west-orientierter deutscher Linksintellektueller (Matthias Küntzel, Thomas von der Osten-Sacken) relativ klar definiert:
Als "islamfaschistisch" können (nicht: müssen) Staaten bezeichnet werden, die die Scharia nicht nur als Straf-, sondern als Staatsrecht einsetzen (was die Scharia nicht von sich aus ermöglicht) - das kann gegenwärtig nur von Iran behauptet werden, im Sudan, auch in Nigeria gibt es Tendenzen dahin, die bislang jedoch keine Macht über den Staat erlangen konnten (sofern man von einem sudanischen Staat überhaupt sprechen kann.) Ganz unklar ist die innere Situation des Yemen.
Zu unterscheiden ist zwischen "islamischem Fundamentalismus" und "orthoxem Islam", auch wenn diese Unterscheidung mitunter schwerfällt.
"Orthodoxer Islam" sieht die Befolgung sämtlicher vom Propheten Mohammed gegebenen Lebensregeln vor - darin sehr vage, mit sehr viel Vorsicht vergleichbar dem orthodoxen Judentum, das ebenso das gesamte Alltagsleben durch Regeln ordnet. Vergleichbare Regelversuche hat es im Christentum nie gegeben. Wichtig: alle orthodoxen Regeln beziehen sich ausschließlich auf das Leben des Einzelnen und der Familie. Insbesondere wird die familiäre Abstammung geregelt.
"Islamischer Fundamentalismus" bezeichnet die ganze, meist nur teilweise Übertragung dieser Regeln auf größere soziale Gebilde wie Gemeinden oder Staaten. Die meisten arabischen Staaten haben eine Mischform zwischen Nationalstaatlichkeit nach europäischem (nicht: amerikanischem!) Vorbild und Islamischem Fundamentalismus ausgebildet. Allerdings bewirkt die Orientierung auf die islamische Rechtsform auch, daß Initiativen einzelner Staatsangehöriger in der Regel wirkungslos bleiben. Neben der kapitalfressenden Korruption ist dies der Hauptgrund dafür, daß viele arabische (und afrikanische) Länder sich trotz globaler Hilfe noch nicht zu eigenständigen Wirtschaftsräumen entwickeln konnten, geschweige denn Investoren anlocken. - Wie auch, wenn der Familienvater die wichtigste Ansprechperson ist und die erstgeborene Tochter nicht frei wählen darf, wen sie heiratet - und es keine höhere Rechtsinstanz gibt, an die sie sich wenden kann?
Der arabischen Misere gegenüber steht ein relativ reiches islamisches Land wie Malaysia. Wie kam nun das? Soll man rassistisch konstatieren, daß Malayen fleißiger sind als, sagen wir, Jemeniten? Oder daß man in Malaysia den Akzent stärker auf den Handel gelegt hat als auf familiäre Abkunft? Nun wird in Malaysia das islamische Recht auch nicht gerade zimperlich ausgelegt. Daß alle genug zu essen haben, scheint dennoch nicht das Thema zu sein, das islamorientierte Politiker bevorzugen.
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Zu erwähnen bleibt darüberhinaus die bemerkenswerte Nähe prominenter Muslime wie des Großmufti von Jerusalem zum Dritten Reich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Amin_al-Husseini
Auch diese Allianz aus der Vergangenheit ermöglicht, den Begriff des "Islamfaschismus" mit Sinn zu erfüllen und skeptisch zu bleiben gegenüber allen Sinn-Angeboten, die nicht auf von Menschen gemachtem, prüfbaren und modifizierbaren Recht fußen.
Herzlich,
Thorsten
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