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Inquisition

Alzii

New Member
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2. Dezember 2002
Beiträge
2.133
Original geschrieben von wirrlicht
Murks - das hättste jetzt nicht so schreiben sollen, jetzt flaniert mir der Ratzinger wieder mal vor dem inneren Auge vorbei...

Der hat uns mal in der geschlossenen Institution, in der ich meinen Schulabschluß gemacht habe, heimgesucht. Hat nicht viel gesagt, geschlachtet hat er m.W. auch keine von uns - immerhin: seine Frisur sah gut aus :D

Tja, der Ratzinger ist der Obermacker von der inzwischen umbenannten "Glaubenskongregation".

Ehemals die heilige römische Inquisition.


Frage - wenn heute jemand Mitglied oder Führer der NSDAP oder deren direkter offizieller Nachfolgeorganisation wäre - das wäre wohl in Ordnung, oder?
 
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Original geschrieben von Alzii
Frage - wenn heute jemand Mitglied oder Führer der NSDAP oder deren direkter offizieller Nachfolgeorganisation wäre - das wäre wohl in Ordnung, oder?


Diese Organisationen kannst Du nicht gleichsetzen, gibt zu viele Unterschiede.

Zum einen ist die Glaubenskongregation nicht für sich zu sehen, sie ist Teil der röm. Kath. Kirche.

Ad zwei: sie ist nicht auf eine Nation beschränkt - und Vergangenheitsbewältigung weltweit? Utopisch!

Drittens: die Kirche ist nie von einer Siegermacht zusammengeschossen, zu Reparationsleistungen verurteilt und weltweit geächtet worden.

Und nicht zuletzt: Folter, Mord, Scheiterhaufen waren grauenhaft. Aber sie waren zu früheren Zeiten weit verbreitet, das waren ja nicht nur Kirchengepflogenheiten. Wie willst Du denn die Menschheitsgeschichte selbst aburteilen? Womöglich uns als Nachfolger dieser Geschichte verbieten?
 
Original geschrieben von wirrlicht
Diese Organisationen kannst Du nicht gleichsetzen, gibt zu viele Unterschiede.

Ich habe sie nicht gleichgesetzt, sondern wollte eine Analogie zeigen.

Wäre es in Ordnung, heute Mitglied der SS zu sein?

(Die SS ist mE zu Recht verboten, aber einmal angenommen sie wäre nicht verboten)


Die SS war dem Führer direkt unterstellt, er hatte also die Verantwortung für ihre Taten.
Die SS hätte zwar eine blutige und menschenverachtende Vergangenheit, aber heute würde sie niemanden mehr foltern, töten oder gefangennehmen, weil sie es rechtlich gar nicht mehr könnte.

Es wäre also durchaus in Ordnung, der SS beizutreten?
Die heutigen Mitglieder hätten in offizieller Mission nie einen Menschen getötet.
Warum wäre es nicht gut, Mitglied zu sein?


Wenn damals der Nationalsozialismus gesiegt hätte, dann wäre er nach 2000 Jahren weltweit verbreitet, die SS hätte sich dabei durch besondere Grausamkeiten hervorgetan.

Wäre es unter solchen Umständen für Dich in Ordnung, freiwilliges Mitglied der SS zu werden?



KZs waren damals nicht nur bei der NSDAP verbreitet, es gibt sie sogar noch heute nur heißen sie jetzt anders (das von den Amis auf Kuba zum Beispiel). Auch Angriffskriege werden noch heute geführt - sie sind alle Kinder ihrer Zeit ...


Die weltliche Folterpraxis war früher genau geregelt, jeder Angeklagte durfte vor einem weltlichen Gericht nur ein einziges Mal gefoltert werden, hat er die Folter einmal überstanden, galt das als erwiesene Unschuld und er wurde sofort freigelassen.


Der heiligen katholischen Inquisition dagegen waren diese weltlichen Regeln wohl nicht grausig genug.
Die heilige katholische Inquisition hat einen Verdächtigen so oft gefoltert, wie sie lustig war.

Die heilige katholische Inquisition hat so lange gefoltert, bis der Verdächtige auch andere Personen genannt hat, die angeblich der Ketzerei schuldig waren.
Oft wurden aus Pein völlig Unschuldige beschuldigt, die dann wiederum ohne Ende gefoltert werden konnten und so weiter.

Diese menschenverachtenden Grausamkeiten hat sich allein die heilige katholische Inquisition ausgedacht. Sie waren sonst nicht üblich.


Hitler war Katholik und er stand auf gutem Fuße mit Papst Pius XII - übrigens ebenfalls eine interessante Beziehung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Original geschrieben von Alzii
Ich habe sie nicht gleichgesetzt, sondern wollte eine Analogie zeigen.

Wäre es in Ordnung, heute Mitglied der SS zu sein?


Diese Frage ist natürlich nur rhetorisch gemeint, nicht wahr? Die Tatsache, daß es je sowas wie eine SS gegeben hat ist für mein Empfinden ebenso furchtbar wie die, daß es je eine Inquisition gegeben hat.

Deine Analogie hinkt aber meiner Meinung nach - darüber werde ich nachdenken wenn mein Urlaub (hähä - den genieße ich heute noch! :D) vorbei ist.

Sonnige Grüße aus dem wilden Osten :D

wirrlicht
 
Natürlich ist die Frage rhetorisch Wirrlicht, aber Du siehst worauf meine Argumentation hinausläuft?

Es mag sein, daß Du persönlich den katholischen Ordensschwestern viel verdankst. Keine Organisation hat nur positive oder nur negative Seiten.

Mein vorher abeitsloser Großvater hat durch Hitler und die NSDAP wieder Arbeit bekommen.


>>>>>>Wirrlicht>>>> ... wenn mein Urlaub (hähä - den genieße ich heute noch! ) ... <<<<<

Von der Billardhalle direkt in den Urlaub ... ne ne ne ... :D
 
Original geschrieben von Alzii

Von der Billardhalle direkt in den Urlaub ... ne ne ne ... :D


...und von dort direkt wieder ins Büro *maul*

Auf Deine rhetorische Einlassung werde ich später noch was antworten. Hab darüber mit meinem Freund diskutiert (der interessiert sich zwar für solche Themen nicht sonderlich, aber als Naturwissenschaftler kann der immer so nett strukturiert und logisch denken :D)
 
Zur Inquisition

Dazu eine kleine historische Richtigstellung

Ohne jetzt im Genaueren auf die Entwicklung der deutschen Rechtsgeschichte eingehen zu wollen nur so viel: Die freien Germanen der Völkerwanderungszeit und des frühesten Mittelalters unterlagen dem Stammesrecht. Im „Schwabenspiegel“ können wir noch nachempfinden, wie dieses geregelt wurde.)
Mit den beginnenden Grundherrschaften unterlagen die Unfreien und Halbfreien der „ munt“ ihres Grundherren. Dieser verfuhr im besten Falle in seiner Rechtssprechung so, dass die Arbeitskraft der “Rechtsbrecher“ erhalten blieb. Hungertürme in alten Burganlagen geben Zeugnis von dieser Rechtssprechung.
Blutgerichtsbarkeit unterlag Sonderregelungen, ebenso die Gerichtsbarkeit über die Freien. Alle diese waren an ein Königsprivileg gebunden.
Die Freien konnten sich bekriegen, wann sie wollten: sprachlicher Beweis: „den Fehdehandschuh werfen“. So war das Frühmittelalter eine unruhige und blutige Zeit.
Dazu kam noch der für uns unvorstellbare Brauch, in unbewiesenen Fällen bei Blutverbrechen das so genannte „Gottesurteil“ aufzurufen. Es war völlig unlogisch und auf reinstem – für uns heute – Aberglauben aufgebaut: Bsp. Ein Beschuldigter, der „leugnete“, wurde mit einem Stein an den Füßen ins Wasser geworfen. Ging er unter, war er unschuldig, tauchte er auf, war er schuldig und wurde vom Henker vom Leben zum Tode befördert.

In beiden Fällen hat die (damals rein)katholische Kirche ganz im Sinne des Fortschritts für Besserung der Verhältnisse gesorgt.

Im Falle des Fehderechts trat die „treuga Dei“ allmählich in ganz Europa in Kraft. Sie besagte, dass Privatkriege an den Nachfolgechristitagen (Freitag, Sonnabend/Sonntag, Donnerstag): am Ende überhaupt verboten war bei Strafe der Exkommunikation.
Hier sehen wir, dass es einst durchaus sinnvoll war, wenn Glaube und Staat zusammenarbeiteten.

Bei der Abschaffung der Gottesurteile begannen Theologen zu fragen, ob eine Verurteilung ohne Geständnis überhaupt mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren sei.
Ohne jetzt die Namen dieser Theologen ( ich hätte sie ohnedies nur in Wien in meinen Bücherln) anzugeben, ist anzumerken, dass von ihnen eben die Idee des Geständnisses ausging. Das ist ebenfalls fortschrittlich gewesen:
Tragisch und sicher von den Denkern ungewollt ist es, dass die Überbewertung des Schuldgeständnisses zur ausgefeilten Foltermethoden geführt hat und dass sie – so wie Alzii ausführte- in der Inquisition pervertierte.

Wir kennen in der modernen Geschichte nicht nur im Stalinschen Staat das gleiche Phänomen..
 
Das ist interessant, Majanna. Das führt mich zu meinem Einwand zurück, den ich Alzii zum Vergleich SS und Inquisition geben wollte. Natürlich kann man sagen, daß die Glaubenskongregation Nachfolger der Inquisition ist und damit wegen ihrer Vorläufer angreifbar. Genauso wurde auch argumentiert bei der PDS, die als Nachfolger der SED sich als Partei etabliert haben.

Eine Nachfolgeorganisation der SS würde mit Sicherheit verboten werden und das zu Recht, wie ich finde. Weil sie in unserer heutigen demokratischen Gesellschaftsform nichts zu suchen hätte. Wären wir aber als nicht-demokratischer Staat aus dem Krieg hervorgegangen, womöglich als Sieger, dann sähe das anders aus - das ist das eine. Was mir aber wesentlicher scheint: wenn man in der Geschichte zurückblickt, waren da immer wieder Mord, Folter, Totschlag - es herrschten "rauhere Sitten". Wir sind aber "Nachfolger" der Menschen, die damals gelebt haben und für die diese Sitten normal waren, oder nicht? Deswegen können wir unsere Geschichte nicht abstreifen, wir können nicht aufhören Deutsche (oder Österreicher oder Kroaten oder was wir halt gerade sind) zu sein, nur weil wir unsere Geschichte schrecklich finden.

Man kann die heutige Glaubenskongregation als Zensur-Instrument der katholischen Kirche ätzend finden und kritisieren. Aber sie nach all den Jahrhunderten mit der Inquisition gleichsetzen (doch Alzii, ich finde daß das Gleichsetzen ist - man kann nicht eine völlig veränderte Organisation für ihre geschichtlichen Vorläufer verantwortlich machen!) wäre zu billig, finde ich.

LG, wirrlicht
 
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Original von Wirrlicht
Natürlich kann man sagen, daß die Glaubenskongregation Nachfolger der Inquisition ist und damit wegen ihrer Vorläufer angreifbar.

Die Glaubenskongregation ist die heilige katholische Inquisition. Der Name hat sich geändert.

Der Katholika wurde die Macht genommen (die hat sie beileibe nicht freiwillig hergegeben!), Menschen zu foltern und verbrennen zu lassen.
Die Richtlinien, die Bücher, die Hierarchie - alles ist gleich geblieben.

Warum ist die Inquisition nicht verboten, nach ihren Meuchelmorden? Weil sie bisher immer die Sieger waren, das ist mE der einzige Unterschied.


>>>>wirrlicht>>>> Eine Nachfolgeorganisation der SS würde mit Sicherheit verboten werden und das zu Recht, wie ich finde. <<<<<<<

Und warum?
Sie könnte sich doch SG (Schutz-Gruppe) nennen und alle ihre Statuten, ihr Vermögen, ihr Personal und ihre Richtlinien beibehalten.
Nur die allgemeine Rechtslage wäre heute eine andere, wie auch im Falle der heiligen katholischen Inquisition.


>>>>wirrlicht>>> Weil sie in unserer heutigen demokratischen Gesellschaftsform nichts zu suchen hätte.<<<<<

Und warum nicht?
Was hat die heilige katholische Inquisition heute noch zu suchen?
Und was ist an der katholischen Kirche demokratisch?
Wo sieht hier jemand bei der katholischen Kirche nur den Funken eines Ansatzes von "Demokratie"?
Was hat eine sexistische und absolutistische Organisation in den heutigen "Demokratien" zu suchen?


>>>>wirrlicht>>>> Was mir aber wesentlicher scheint: wenn man in der Geschichte zurückblickt, waren da immer wieder Mord, Folter, Totschlag - es herrschten "rauhere Sitten". Wir sind aber "Nachfolger" der Menschen, die damals gelebt haben und für die diese Sitten normal waren, oder nicht? <<<<<<<

Was willst Du jetzt konkret damit sagen?
Willst Du damit die Untaten der SS und der heiligen katholischen Inquisition relativieren?

Wenn das so ist, dann ist die Mitgliedschaft in der "Schutz-Gruppe" (SE) also doch in Ordnung?
Weil es nach Deiner "Relativierung" damals ganz in Ordnung gewesen sein müßte, in der SS zu wirken.


>>>>>wirrlicht>>>> Man kann die heutige Glaubenskongregation als Zensur-Instrument der katholischen Kirche ätzend finden und kritisieren. Aber sie nach all den Jahrhunderten mit der Inquisition gleichsetzen (doch Alzii, ich finde daß das Gleichsetzen ist - man kann nicht eine völlig veränderte Organisation für ihre geschichtlichen Vorläufer verantwortlich machen!) wäre zu billig, finde ich. <<<<<<<<


Ich will es noch einmal ausdrücklich betonen - die Glaubenskongregation ist die heilige katholische Inquisition. Außer am Namen hat sich nicht viel geändert.

Diese Namensänderung fand erst 1965 statt.
Die letzte Hinrichtung eines Ketzers war vor etwa 210 Jahren um 1790.
 
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