Spannend finde ich an dieser wie auch an allen anderen derartigen Sendungen das „Reality-Format“. Spannend deshalb, weil man so nahe an diesem Vorgang der Wirklichkeits- (und Werte-) - konstruktion via TV dran ist.
Sind bislang nur No-Names zum Zwecke der Unterhaltung verheizt worden, haben sich nun Leute zusammengefunden, die allesamt Medienerfahrung haben und die sich via Urwaldexistenz Medienpräsenz (zum Zwecke späterer Nutzung) erhoffen. Oben drüber das klassische Deckmäntelchen des „guten Zweckes“, der aber niemanden interessiert, weil wir von dem ganzen Advent- und Weihnachts-Gutheitsterror eh noch die Nase voll haben.
Spieleshows haben offensichtlich ausgedient, die Teilnehmer werden nicht zu irgendwelchen Geschicklichkeits- oder Wissenswettbewerben herangezogen (wenngleich sich der Urwald – a la Pfadfinderspielchen dazu eignen würde!), es geht darum, eine psychisch möglichst belastende Situation herbeizuführen. Das Publikum soll sich dann daran ergötzen können, dass selbst Promis (auch wenn’s nur B-Promis sind) Nerven haben und diese auch zeigen.
Interessant, was positiv zur „Heldenbildung“ verwendet wird: freiwillig möglichst eklige Sachen über sich ergehen zu lassen, damit man selbst und die Gruppe das zu essen kriegt, das man problemlos bekäme, verließe man das Urwaldcamp. Künstlich wird eine extreme Armutssituation geschaffen, aus der genauso künstlich herbeigeführte Ekelübungen ein Mal pro Tag zumindest essensmäßig herausführen.
So sehr der Eindruck vermittelt wird, dass der Zuseher „Realität“ sieht, so sehr ist alles künstlich herbeigeführt. Wobei man eben ganz offensichtlich über den ganzen „DasIstReal“-Signalen vergisst, dass man extrem geschnittene Sequenzen einer extra zum Zwecke der Show hergestellten Welt zu sehen bekommt.
Gut zu sehen ist auch, wie sehr die Medienwirklichkeit die Gesetzmäßigkeiten der normalen Realität außer Kraft setzt: kein Mensch würde sich das freiwillig antun, fände es nicht im Rahmen einer Show statt. Die Spielregeln ersetzen den Verstand und die eigenen Erfahrungen, am meisten aber offensichtlich den Widerstandgeist. Letzeres wohl auch deshalb, weil man sich übelster medialer Konsequenzen bewusst sein muss, wenn man das Konzept aktiv infrage stellt.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass dieses Sendematerial ein wunderbarer Lehrbehelf für Medientrainings ist ("Wie wirkt was aufs Publikum", „Wie verkaufe ich mich am besten“), aber auch Studienmaterial zum Thema Meinungsbildung. Wie werden Sympathien und Antipathien erzeugt? Wie lassen sich Vernunft und Hausverstand außer Kraft setzen? Nicht zuletzt wird diese Sendung (u.ä) in vielen, vielen Jahren als kulturhistorische Quelle dienen können.
Mit Grüßen
Katharina