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Hedonismus als Lebenssinn

AW: Hedonismus als Lebenssinn

Hedonismus als Lebenssinn dürfte ziemlich schnell zu Frustrationen führen. Irgendwann läßt sich jede Lust übersättigen, und wer danach strebt, immer neue Lust- und Genußerlebnisse zu haben, wird die "Dosis" von was auch immer erhöhen müssen.

Deshalb bin ich der Überzeugung, daß Genuß nur wirklich befriedigen kann, wenn man zugleich Verzicht übt, und das ganz bewußt.

Das allerdings ist in einer Welt, in der fast alles problemlos zu bekommen ist, ziemlich schwierig.
:bier:
Leider fehlt ein Beifall-Klatsch-Smiley, und so belibt mir nur eine hedonistische Spende!
 
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AW: Hedonismus als Lebenssinn

Der Sinn des Hedonismus liegt darin, dass er einen Ausgleich für Menschen schafft, die den einzigen Sinn des Lebens in der Arbeit sehen (die, da die Anzahl der Arbeitsplätze mit der Bevölkerungszunahme nicht mithält, langsam aber sicher verzweifeln müssten). Auch bildet er ein Gegengewicht für alle manisch Depressiven und Nihilisten, die selbstmordgefährdet sind bzw. überhaupt keinen Sinn im Leben sehen.

Gefährlich wird der Hedonismus dann, wenn er sich mit Faschismus, Chauvinismus oder Egoismus paart, das heißt wenn eine Partei, eine Nation oder ein einzelner Mensch zur Überzeugung kommt, nur sie (er) hat ein Recht, das Leben zu genießen. Das muss sich dann logischerweise früher oder später gegen das Leben richten.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Hedonismus als Lebenssinn

Hall Jacques, freut mich, dich schreiben zu sehen.
Ich weiße noch darauf hin, dass Houellebecq mit seinen Romanen "Ausweitung der Kampfzone", "Elemenarteilchen" dem Hedonismus (nicht zufällig in den 90ern) ein negatives Denkmal gesetzt hat. Er greift den 68er Hedonismus an, den sexuellen Hedonismus der "freien Liebe"
Ich würde mich nicht auf die Diskussion dualistisch oder nicht einlassen, sondern eher sagen, dass dem Hedonismus eine paradoxe Konstruktion zugrunde liegt: Sinn zu erzeugen ohne den Gegensinn. Der Hedonist muss das Nichtgenießen verdrängen, obwohl er es zum Genießen braucht. Aber mit der hedonistischen Lebensweise erzeugt er automatisch Qualen: entweder bei sich zeitversetzt (Kater, schlechtes Gewissen) und/oder bei Anderen (die zum Beispiel die sexuelle Freiheit nicht umsetzen können, da sie nicht attraktiv genug sind.)
Weiser ist es dann, dass Paradox zu akzeptieren, statt von ihm davon zu laufen: Dass man Genuss nur temporär haben kann oder im Gegensatz zu etwas (arbeiten etwa...)
Was nicht das Rätsel löst, wie man einen Sinn über dem Sinn des Genießens konstruieren kann oder : gegen den Sinn des Genießens...


Finde ich interessant, dass du auf Houellebecq verweist, auf den wär ich jetzt gar nicht gekommen, auch wenn ich die beiden von dir angeführten Werke sogar gelesen habe. Aber klar, der Hedonist leidet, sein Genuss hat einen bitteren Nachgeschmack, da immer wieder von neuem die Wurzel seines Leidens verdrängt zu werden hat. (Nebenbemerkung: Deshalb würde ich auch nie auf die Idee kommen, zu behaupten, ein Hedonist wäre ein Atheist. Es gibt Hedonisten, die haben ihren Gott getötet, vermenschlicht und das Leiden universalisiert. Das heisst aber nicht, dass sie sich von Gott befreit hätten, im Gegenteil!)
So auch bei der von dir angeführten 'sexuellen Freiheit', die bei Houellebecq kritisiert wird: Da diese vermeintliche Freiheit eben nur eine vermeintliche ist, ist ein Ja des Hedonisten zu ihr ein wertloses. Ein Ja gegen den Hedonismus wäre eines, das Nein zum (universellen) Leiden sagt, das der Hedonist braucht, um Sinn zu produzieren und damit seine Vorstellung vom (unbefriedigbaren) Genuss durchzusetzen.
 
AW: Hedonismus als Lebenssinn

Es gibt Hedonisten, die haben ihren Gott getötet, vermenschlicht und das Leiden universalisiert. Das heisst aber nicht, dass sie sich von Gott befreit hätten, im Gegenteil!

Menschen,
die ihren Gott töten
und das Leidern universalisieren,
sind
ATHEISTEN

(es sei denn,
das Leiden begründet auf unkonventionelle Art und Weise den Gottersatz,
aber das tut es nicht einmal bei der church of satan)

Deshalb würde ich auch nie auf die Idee kommen, zu behaupten, ein Hedonist wäre ein Atheist.

das ist schade

Aber klar, der Hedonist leidet, sein Genuss hat einen bitteren Nachgeschmack, da immer wieder von neuem die Wurzel seines Leidens verdrängt zu werden hat.

wenn der Genuß einen bitteren Nachgeschmack haben sollte,
dann wäre es doch ratsam,
auf ihn zu verzichten
(und nur die Süchtigen könnten das dann nicht)

Hedonisten = (Drogen)Süchtige ?

ich weiss nicht so recht

Hedonisten scheinen sich doch vielmehr für den Nachgeschmack ihres Genußes nicht zu interessieren
(nach mir die Sintflut)
was eben auf ein niedriges kulturelles Niveau
oder auf einen von uns unverstandenen Kulturkreis hindeutet

diejenigen,
die sich tatsächlich für den Nachgeschmack interessieren,
den andere Menschen hinterlassen,
leiden unter Weltschmerz

sie fühlen mit
und haben aus berechtigten Gründen Mitleid mit den Opfern
und nicht mit den Tätern

Weltschmerz = Hedonisten ?

Ein Ja gegen den Hedonismus wäre eines, das Nein zum (universellen) Leiden sagt, das der Hedonist braucht, um Sinn zu produzieren

Ein Ja gegen den ATHEISMUS wäre eines, das Nein zum (universellen) Leiden sagt, das der ATHEIST (= triebgesteuerter Nihilist) braucht, um Sinn zu produzieren

und damit seine Vorstellung vom (unbefriedigbaren) Genuss durchzusetzen.

daher die Bezeichnung NIHILIST

der Mörder mordet einfach weiter, bis nichts mehr da ist
und allein macht es auf der Welt schließlich auch kein Spaß ...

Hedonisten = (Selbst)Mörder ?
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Hedonismus als Lebenssinn

Als ich das Thema hier hereinstellte, habe ich natürlich auch schon einiges “vorgedacht”.

Allerdings sahen meine “Gedankenflüge” eher so aus.
Wir alle streben nach Glück. Das ist natürlich eine Vorannahme - aber auf ihr beruhten meine Überlegungen.

Seit Epikur wird allerdings Glück eher als ein länger dauernder Zustand definiert. Die Wege zu diesem zu gelangen, sind vielfältig.
Einer dieser Wege ist auch, Glück = Lebenssinn im hedonistischen Lebenssinn zu finden.

Nur, lieber Robin, das ist sicher nicht nur das grobe / oder süße / oder/ oder Triebbefriedigungsausleben. Lust zu finden und zu suchen ist mehr und umfasst - mMn - sehr viele Bereiche des materiellen und geistigen Lebens.
Einige ( Dextra, Scilla, Jacques ) sehen das genau so. Und, Jaques, Du weist darauf hin, dass Lust sogar als Gegenprinzip zu Glück gesehen wurde / wird. - Scilla schaufelt nach mit seiner Theorie des Dualismus.

Eure Gedanken sind mir sehr nachvollziehbar.
Ich habe aber etwas anderes im Hinterkopf gehabt.
Und zwar die Verbindung mit der zeitlichen Dauer. Der Genuss ist - mMn - etwas sehr ( relativ) Kurzfristiges im Leben. Wenn ich also Genusssuche und Befriedigung des Genusses als meinen Lebenssinn ansehe, eile ich von Genuss zu Genuss . ( sinngemäß zitiert: Faust: Im Genuss vergeh ich vor Begierde) Eine solche Haltung kann - und das zeigen auch die Ausführungen von Jacques - nicht dauernd glücklich machen, wenn sie nur mit einer Art des Genusses - Sex, Trinken, Essen -
verbunden wird. Ich glaube, das nennen die Philosophen materiellen Hedonismus. Für mich gilt aber - ich bin bekennende Hedonistin - , dass ich alles mit großer sinnlicher Freude erleben kann. Das oben Gesagte - Naturerlebnisse - Bücher lesen - mit FreundInnen rauchen, ratschen, lachen, mit meinen Händen über Stoff - oder halt auch über die Haut des geliebten Menschen zu streichen usw. usw...

In solchen Akten kann ich die Entfremdung - das Verlassenheitsgefühl, das Leid an der strukturellen Ungerechtigkeit vergessen. - Sicherlich nicht auf Dauer - aber das liegt ja in meiner Definition des Genusses als zeitlich begrenzte Erfüllung meines Seins.

Und so: ich schlussfolgere mal meine eigenen Argumente - und so kann auch Genuss eher als Dauerzustand angestrebt und erlebt werden. Die Kehrseite ( dualistische Sicht) ist es eben, den Zustand des Nichtgenusses / des Leidens oder auch der Gleichgültigkeit ändern zu wollen. Das meine ich durchaus auch in politischer Arbeit.Heine sang das, was ich a u c h als Genuss erleben, den Weg für Gerechtigkeit bereiten - bereits in seinem Werk.
: "Deutschland, ein Wintermärchen"
Caput I

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.
Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Das Miserere ist vorbei,
Die Sterbeglocken schweigen.
http://gutenberg.spiegel.de/heine/wintmrch/wintmrch.htm





Marianne
 
AW: Hedonismus als Lebenssinn

Hedonismus als Lebenssinn dürfte ziemlich schnell zu Frustrationen führen. Irgendwann läßt sich jede Lust übersättigen, und wer danach strebt, immer neue Lust- und Genußerlebnisse zu haben, wird die "Dosis" von was auch immer erhöhen müssen.

Deshalb bin ich der Überzeugung, daß Genuß nur wirklich befriedigen kann, wenn man zugleich Verzicht übt, und das ganz bewußt.

Das allerdings ist in einer Welt, in der fast alles problemlos zu bekommen ist, ziemlich schwierig.

also da stimm ich wirrlicht absolut zu.
was bringt uns den dazu entwas zu geniessen?

lg binchen
 
AW: Hedonismus als Lebenssinn

In solchen Akten kann ich die Entfremdung - das Verlassenheitsgefühl, das Leid an der strukturellen Ungerechtigkeit vergessen. - Sicherlich nicht auf Dauer - aber das liegt ja in meiner Definition des Genusses als zeitlich begrenzte Erfüllung meines Seins.

Den Vertrag mit Mephistopheles,
der ihm die Erfüllung seines Wunsches nach höchster Lebenintensität verspricht,
bekräftigt Faust abschließend mit den Worten:
Werd' ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!

Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
dann will ich gern zugrunde gehn! (1699-1702)

zitiert aus:
www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/faust/faust_IIV.de
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Hedonismus als Lebenssinn

Die Frage also: Spielt der Genuss, das Genießen-Können, eine Rolle in der Frage nach dem Sinn des Lebens?

Selbstverständlich. Sinnlichkeit und Sinn hängen natürlich zusammen. Was nicht sinnlich wird, kann nie und nimmer überzeugend SINN sein.

Ob deswegen die Sinnlichkeit gleich zum Sinn schlechthin erklärt werden muss, bezweifle ich. Sinnlichkeit ist eines Merkmale oder Medien von Sinn. Ok. Aber ist es sein einziges? (Oder anders gefragt: Was ist überhaupt Sinnlichkeit?)

Anders herum gefragt: Erlebt man als genießender Mensch das Leben als sinnhafter als jemand, der nicht genießt?

Ja, sicher. Trotzdem fehlt hier für meinen GESCHMACK die Wahrheits- oder Wertfrage. Bei mir ist es so, dass es mit dem Genuss bald aus ist, wenn nichts dahinter steckt. Ich meine damit aber jetzt nicht die Dauer. Dauer ist relativ. Sondern ich meine den Wert.

Genuss ist an WERT gebunden. (Schade, dass scilla das bloß angedeutet hat.) Für mich ist das ein klarer Hinweis darauf, dass Genuss nicht das höchste Prinzip sein kann: Man kann den Genuss garnicht endlos verlängern, ohne anderen Menschen oder sich selbst Gewalt anzutun.

In verschiedenen Richtungen wäre der Hedonismusbegriff also zu erweitern: etwa in Richtung auf die Gemeinschaft (das entspricht gerade dem klassischen Hedonismus. Das waren Griechen.) Ich zum Beispiel genieße VIEL besser, wenn andere auch mit genießen. Auf solitäre Genüsse gebe ich nichts.

Also WESSEN Genuss, WESSEN Glück ist hier gemeint?

(Du-lose Denke dreht sich immer im Kreis und gelangt nirgendwo hin. Schon garnicht zum SINN.)

BG

pergola
 
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AW: Hedonismus als Lebenssinn

Hallo, wertvolle Pergola,

Ja, sicher. Trotzdem fehlt hier für meinen GESCHMACK die Wahrheits- oder Wertfrage. Bei mir ist es so, dass es mit dem Genuss bald aus ist, wenn nichts dahinter steckt. Ich meine damit aber jetzt nicht die Dauer. Dauer ist relativ. Sondern ich meine den Wert.
Genuss ist an WERT gebunden. (Schade, dass scilla das bloß angedeutet hat.) Für mich ist das ein klarer Hinweis darauf, dass Genuss nicht das höchste Prinzip sein kann: Man kann den Genuss garnicht endlos verlängern, ohne anderen Menschen oder sich selbst Gewalt anzutun.

Erlaube mir, dass ich zu dieser Philosophie oder Weltanschauung nur JA sagen kann.

Ich zum Beispiel genieße VIEL besser, wenn andere auch mit genießen. Auf solitäre Genüsse gebe ich nichts.

Auch ich genieße erst richtig, wenn ich merke, dass es auf Gegenseitigkeit beruht.

Ich bin froh, dass es Dich gibt.

Herzliche Grüße

suche :blume1:
 
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