Als vor ein paar Jahren mein Schwager starb, habe ich dessen Geschäft
anschließend aufgelöst und drei Monate lang Ausverkaufsaktionen gemacht.
Das war eine interessante Erfahrung für mich. Dass er damit sehr viel Geld verdiente, kann man nicht sagen. Er war Rentner und für ihn war es ein Nebenerwerbsgeschäft, das einerseits zur Aufstockung seine
Altersbezüge diente und andererseits auch noch eine eher soziale
Funktion für ihn hatte.
Warum manche Menschen lieber selbständig sind, auch wenn damit meist
nicht mehr verdient ist, als in einem Angestelltenverhältnis, kann ich gut verstehen. Jemand hat mal bildhaft dazu gesagt, dass es nicht jedem Menschen gegeben ist, zu schweigen, wenn der Chef sagt, die Erde sei
eine Scheibe.
Beide Erwerbsmodelle haben ihre Vor- und Nachteile. Der Begriff
Ausbeutung ist aber überwiegend unangemessen, weder für die eine, noch die andere Seite.
Man hat halt ein anderes Verhältnis zu seiner Arbeit, wenn man selbst
der Chef, der Verantwortliche und auch der Haftende ist. Eine Mutter hat auch ein anderes Verhältnis zu ihrem Kind als die Erzieherin ihres
Kindes in der Kita.
Allerdings muss man sich auch klar machen, dass viele Selbständige nur
Nebenerwerb betreiben, weshalb damit auch keine Familie ernährt werden
muss. Wenn man an einer kleinen Boutique oder einem Praxisschild für
Naturheilverfahren vorbei geht und dort einen weiblichen Besitzer
Katarina Müller aufgedruckt sieht und daneben ein Schild mit Hermann Müller, Immobilienmakler, sieht, dann dürfte klar sein, wer hier die Familie ernährt und wer sich einfach ein wenig nebenher beschäftigt, weil die Kinder inzwischen in der Schule sind.
Die meisten Selbständigen haben keine Mitarbeiter und investieren
vergleichsweise viel Zeit in ihr Geschäft, was bedeutet, dass der faktische Stundenlohn oftmals unter dem Mindestlohn liegt.
Heutzutage besteht ein großer Teil der kleineren Selbständigen aus
Menschen mit Migrationshintergrund, weil hier die Familie noch mithilft
(Dönerbude, Asia-Imbiss, Werkstatt usw.)
Durch diverse gesetzliche Vorgaben wird das für Deutsche zunehmend
weniger lukrativ, kleine Geschäfte zu führen, weshalb heute auch viele
Brötchen in der Tankstelle gekauft werden. Denn die kleine Bäckerei, die
mal ein paar andere Rezepte anbietet, kann sich meist noch nicht einmal für alle Mitarbeiter den Mindestlohn leisten.
Deshalb müssen wir damit leben, dass in den meisten
Wirtschaftsbereichen, in denen es früher auch sehr viele kleine Geschäfte gab, immer mehr Monopolisierung gibt.