Original geschrieben von Konfuzi
OK.
Wenn jemand geizig ist, hat er Angst, etwas hergeben zu müssen. Angst vor Verlust? Angst vor dem "Zuwenig-zum-Leben-Haben"? Angst, dass andere, die mehr haben, anerkannter sind?
Ich glaube, es sind diese und noch mehr Gründe, aber immer ist es eine Art Angst. Wer seinen persönlichen Geiz ablegen will, muss erst klären, welche Angst er hat.
Aber ich glaube, dass Angst die größte Triebfeder für die meisten unserer Handlungen ist.
Konfuzi
Hallo, Konfuzi, Hallo Ihr anderen!
Der psychologische Ansatzpunkt, das Lebensgefühl Angst als motivierende Varaussetzung für so manche menschlichen Handlungen, zu sehen: auch für den leidenschaftlichen Geiz ( Adorno) erscheint mir sehr plausibel.
Das Habenwollen um des Besitzes willen kann durchaus einer subjektiven Angst vor Verlusten entspringen, aber auch als gesellschaftliches Phänomen auftreten und in der Folge eben als Geiz bewertet werden.
Das ist aus der Geschichte des 20.Jahrhunderts leicht von jedermann nachzuprüfen.
In den gar nicht so goldenen 20zigerJahren des 20. Jahrhunderts verloren viele Menschen persönlich schuldlos ihr Vermögen. Und das traumatisiert.
Dieses Trauma verstärkte sich, als nach 1945 nicht nur die Flüchtlinge - ob persönlich schuldhaft oder nicht, will ich hier nicht erörtern - Vermögen, sprachliche und räumliche Heimat verloren, sondern die Deutschen und Österreicher insgesamt mit Zerstörung und Armut fertig werden mussten.
Dass es nicht mehr "leidenschaftliche" Geizkrägen in unseren beiden Ländern gibt als anderswo, vermute ich allerdings stark.
Verlustergebnisse allein können es also nicht sein, wenn Menschen aus Angst Geizige im traditionellen Sinne werden.
Es muss wohl die Existenzangst dazu kommen, die Angst vor der Zukunft, die der Geizige um jeden Preis sicher haben will.
Aber diese Angst, mehr geben zu müssen als man kriegt ( Binchen hat sie klassisch gut formuliert ), führt eben zu diesem neuen Geiz, dem eiskalten Kalkül im Umgang mit Menschen.
Geizt man
nur mit materiellem Gut oder eben auch mit menschlicher Zuwendung, mit Empathie. Gibt man erst da, wenn einem gegeben wird?
Wenn das stimmt, ist das ebenfalls ein gesellschaftliches Phänomen - wir armen Deutschen und Österreicher sind da sicher nicht alleine.
Aber dieses Geizen an Zuwendung ist doch zu beobachten, führt zu der - gräßlich, "meine" Roten hier in Ö benutzen das schon wieder als politisches Schlagwort und entwerten es damit- Kälte, die wir allenthalben im sowohl individuellen als auch gesamtgesellschaftlichen Leben beobachten können.
Und ganz in dieser Selbsterkenntnis begann ich dieses Thema.
Und nun gebe ich den Fragball an Dich, Konfuzi, zurück:
Angst wovor, wenn das von mir Beobachtete stimmt?
Marianne