• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Freier Wille als Selbstbeobachtung

  • Ersteller Ersteller Robin
  • Erstellt am Erstellt am
R

Robin

Guest
Schopenhauer argumentierte in etwa so:
Wenn ich jetzt, um zu beweisen, dass es den freien Willen gibt, eine freie Entscheidung fälle, dann kann diese ja nicht frei sein, da sie der Fremdmotivation unterlag, etwas beweisen zu wollen...
Wie immer man aber letzendlich frei definieren wird: Freier Wille, so wie wir ihn empfinden, kann letztendlich nur aus einer Art der Selbstbeobachtung entspringen. Dass wir also nicht dem ersten Gefühl nachgeben, "aus dem Bauch heraus" entscheiden. Sondern unsere Entscheidung und unsere Entscheidungsgründe beobachten, und, wenn wir auch die Entscheidung nicht korregieren müssen, sie doch benutzen sollten, um unser System der Selbstbeobachtung zu schärfen. Als Beispiel dient eine "unvernünftige" Entscheidung (noch ein Stück Schokolade aus dem Kühlschrank holen), die man sich in Selbstbeobachtung als unvernünftig vor Augen führt, und dann hoffen kann, mit der so impägnierten Selbstbeobachtung irgendwann eine übergeordnete Entscheidung trifft, wie man etwa von der süßen Sucht wegkommen kann.
Ein grundsätzliches Merkmal dieser übergeordneten, "freieren" Entscheidung, sollte sein, dass sie anderen Kriterien gehorcht, als die unmittelbare Entscheidung "erster Ordnung". Bevor ich also die Entscheidung selbstbeobachtend untersuche, sollte ich als Untersuchungskriterium versuchen, ein anderes oder "probeweise" ein entgegengesetztes Kriterium dieser Untersuchung zugrunde zu legen. Beim Schokoladenbeispiel darf man also nicht weiter der Lust folgen, sondern Kriterien wie Gesundheit und Selbstdisziplin. Man muss auch eher nach Methoden suchen, also nach einer Systematik der Entscheidungen, als einfach neue Entscheidungen abzuarbeiten.
Ich frage nach diesen Betrachtungen kritisch: Impliziert solch eine INterpretaion von "freiem" Willen, dass dieser von der Fähigkeit, komplexe Prozesse zu verarbeiten, also auch von Intelligenz abhängt? Eine elitäre Sicht auf Möglichkeiten der Freiheit?
 
Werbung:
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

Ein Beispiel, wie durch Beobachtung der eigenen Entscheidungsfindung eine höhere Qualität der Entscheidungsfindung erfolgt - "contraintuitiv"...;)
 
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

Impliziert solch eine INterpretaion von "freiem" Willen, dass dieser von der Fähigkeit, komplexe Prozesse zu verarbeiten, also auch von Intelligenz abhängt?
Grundsätzlich ja.

Eine elitäre Sicht auf Möglichkeiten der Freiheit?
der Mensch, die Krone der Schöpfung oder dumme Menschen haben weniger freien Willen? Wieder ein ja.

fussel
 
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

Ein grundsätzliches Merkmal dieser übergeordneten, "freieren" Entscheidung, sollte sein, dass sie anderen Kriterien gehorcht, als die unmittelbare Entscheidung "erster Ordnung".

Freiheit (auf griechisch: praxis) umfasst

autarkie
autonomie
eleutherie (sich selbst entfalten)

Impliziert solch eine INterpretaion von "freiem" Willen, dass dieser von der Fähigkeit, komplexe Prozesse zu verarbeiten, also auch von Intelligenz abhängt? Eine elitäre Sicht auf Möglichkeiten der Freiheit?

fühlen, denken, handeln (in dieser Reihenfolge)
ist nur insofern 'intelligent'

als daß handeln, fühlen, denken (in dieser Reihenfolge)
'dumm' ist
 
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

Schopenhauer argumentierte in etwa so:
Wenn ich jetzt, um zu beweisen, dass es den freien Willen gibt, eine freie Entscheidung fälle, dann kann diese ja nicht frei sein, da sie der Fremdmotivation unterlag, etwas beweisen zu wollen... Komische Argumentation - er hat doch selber beweisen wollen, oder nicht?

...

Ich frage nach diesen Betrachtungen kritisch: Impliziert solch eine INterpretaion von "freiem" Willen, dass dieser von der Fähigkeit, komplexe Prozesse zu verarbeiten, also auch von Intelligenz abhängt? Eine elitäre Sicht auf Möglichkeiten der Freiheit? Ja.

Jawoll. Aber ich finde diese Interpretation nicht zu Ende gedacht:

Warum kommt man denn überhaupt darauf, beispielsweise über die Schokolade das eigene Verhalten zu reflektieren? Da muss doch offensichtlich die normalerweise unbewusste Informationsverarbeitung im Gehirn die bewusste zu Hilfe gerufen haben. Diese letztere wiederum entscheidet aus "Gründen" - d.h. die Verarbeitung ist weit komplexer, ihr Ergebnis aber entweder
-notwendig, automatisch oder
-zufällig, willkürlich.
Anscheinend zeitigt die bewusste Verarbeitung oft dem Organismus dienlichere Ergebnisse (es wird einem nicht schlecht von zu viel Schokolade), also lernt man daraus und, weil's so gut geklappt hat, versucht's in ähnlichen Situationen wieder auf die bewusste Art.

So betrachtet, ist Freiheit nichts weiter als die bewusste, komplexe, intelligente Problemlösung - nicht von der Intelligenz abhängig, sondern gleichbedeutend.

Ob allerdings elitär... Nur wenn man Intelligenz als Wert an sich ansetzt. Bewusste Entscheidungen sind nicht immer die besten.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

JDa muss doch offensichtlich die normalerweise unbewusste Informationsverarbeitung im Gehirn die bewusste zu Hilfe gerufen haben. Diese letztere wiederum entscheidet aus "Gründen" - d.h. die Verarbeitung ist weit komplexer, ihr Ergebnis aber entweder
-notwendig, automatisch oder
-zufällig, willkürlich.
So wie ich die letzten Ergebnisse der Hirnforschung verstanden habe, entstehen sdie meisten Entscheidungen "vorbewusst", ohne dass der Entscheider es bemerkt. Das Bewusstsein liefert dann "im Nachhinein" sozusagen die Gründe, um die Entscheidungen zu rechtfertigen. Nach außen (und auch "nach innen") erscheint es aber so, als sei die Entscheidung "vernünftig", sozusagen frei zustande gekommen.
Meine Ausführungen zielen darauf hin, ob dieser Mechanismus "auszutricksen" sei durch Selbstbeobachtung, und ab das dann irgendwie eine größere Freiheit darstellt, wenn man das so machen kann. WIchtig dann, wie gesagt, das Schema zu wechseln, denn bleibt man im selben Denkschema, wird man, wie auch immer, die Entscheidung nur festigen.


Nur wenn man Intelligenz als Wert an sich ansetzt. Bewusste Entscheidungen sind nicht immer die besten.
INtelligenz wird - vor allem von den "Intelligenten" meist als Wert an sich gesehen. Auch wenn man es vielleicht bei direkter Befragung abstreitet.
Freiheit gilt aber als allgemeiner Wert - wäre es nicht prekär, wenn ein allgemeiner Wert von einem elitären Wert abhängt?
 
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

So wie ich die letzten Ergebnisse der Hirnforschung verstanden habe, entstehen sdie meisten Entscheidungen "vorbewusst", ohne dass der Entscheider es bemerkt. Das Bewusstsein liefert dann "im Nachhinein" sozusagen die Gründe, um die Entscheidungen zu rechtfertigen. Nach außen (und auch "nach innen") erscheint es aber so, als sei die Entscheidung "vernünftig", sozusagen frei zustande gekommen.
Meine Ausführungen zielen darauf hin, ob dieser Mechanismus "auszutricksen" sei durch Selbstbeobachtung, und ab das dann irgendwie eine größere Freiheit darstellt, wenn man das so machen kann. WIchtig dann, wie gesagt, das Schema zu wechseln, denn bleibt man im selben Denkschema, wird man, wie auch immer, die Entscheidung nur festigen.

Ich denke nicht, dass man ihn "austricksen" kann. Denn wie sollte das gehen? Auch "Selbstbeobachtung" ist ja eine Hirnleistung. Wie soll sich das Bewusstsein sozusagen am eigenen Haar aus dem Sumpf ziehen? Wie kann die Entscheidung, bewusst, "frei", zu entscheiden, ihrerseits bewusst, "frei" sein?

Meine These: Bewusste Entscheidungen sind ebenso frei oder unfrei wie unbewusste, nur komplexer. Man bemüht sich um Selbstbeobachtung? Meinetwegen, aber wie kommt man darauf? Wie kommt man darauf, andere Schemata zu entwickeln und anzuwenden?

Freiheit = Schematavielfalt? Die Möglichkeit, auf viele verschiedene Weisen die Dinge anzugehen? Das gefällt mir!

INtelligenz wird - vor allem von den "Intelligenten" meist als Wert an sich gesehen. Auch wenn man es vielleicht bei direkter Befragung abstreitet.
Freiheit gilt aber als allgemeiner Wert - wäre es nicht prekär, wenn ein allgemeiner Wert von einem elitären Wert abhängt?

Wahrscheinlich ist es nur normal, dass jeder seine Talente für "Werte an sich" annimmt. Jedenfalls beobachte ich das in meiner Familie täglich. Und so lange man es nicht übertreibt, ist das ja auch gesundes Selbstbewusstsein.

Was genau meinst du mit "elitärer Wert"? Einen, den nur eine Minderheit erreichen kann, während die anderen aufgrund angeborener Merkmale auf ewig von seiner Erreichung ausgeschlossen bleiben, und sich also minderwertig fühlen müssen?
 
Werbung:
AW: Freier Wille als Selbstbeobachtung

Auch nicht für Tiger...
:haare:

Also bei uns Tigern sind die Entscheidungen schon frei, man darf nur nicht den Fehler machen, zu denken,dass das langsam arbeitete und unter Informationsarmut leidende Bewußtsein würde diese Entscheidungen treffen. Das Zusammenspiel aus dem emotionalen und kognitiven System ergibt meinen freien Tigerwillen. Das Bewußstsein spielt bei der Frage nach einen freien Willen nur eine untergeordnete Rolle, vielleicht als Berater für spätere, langristigere Entscheidungen, z.B. Wird mir Robin schwer im Magen liegen oder ist er gut verdaulich.;)

Was ist für dich eine größere Freiheit?
Sagt die Anzahl der Alternativen etwas über die Größe der Freiheit aus?

fussel
 
Zurück
Oben