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Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

Zeilinger

Well-Known Member
Registriert
22. Mai 2004
Beiträge
16.499
Hallo alle Psychologen, Philosophen, psychologisch und philosophisch Interessierten !

>administrator, moderatoren: falls das Thema eher in Philosophie passt, bitte verschieben.
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Als ich noch beruflich tätig war, sagte einmal ein Vertriebsleiter zu uns - ca. 30 - Verkaufswilligen, recht überzeugend:

"Wenn Sie sich nicht vorstellen können,
etwas fertig zu bringen, dann werden Sie es auch nicht fertigbringen."​

Danach müsste aber zumindest an der Vorstellungskraft etwas dran sein. Was aber - zumindest mir - noch keineswegs klar ist: Bedeuten diese 3 Begriffe (Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit) dasselbe, sind es zwei Paar Schuhe oder gar drei ? Gläubigkeit ist hier nicht nur auf die Gottgläubigkeit beschränkt.
Rein nach meinem Gefühl bedeuten alle drei dasselbe; aber schon meldet sich der "Gründliche" in mir, der fragt, warum gibt es dann überhaupt drei Begriffe ? Es könnten alle drei Begriffe an anderen Orten entstanden sein, die Menschen meinten aber immer dasselbe; ich gehe einmal davon aus.

Wir (über)leben auch, wenn wir nur unsere Triebe, unsere Sinne und unseren Verstand haben, ich finde aber, ohne Fantasie leben wir nicht gut. Wir hätten keine Musik, keine Lyrik und auch in der Malerei und Bildhauerei nur den Teil, den wir aus der Natur quasi kopiert haben. Nicht nur einmal fragten mich meine Lehrer und Vorgesetzten, wenn ich irgendetwas nicht "gewusst" hatte:
was glauben Sie oder was glaubst Du ?​

Wenn jemand jetzt der Meinung ist - ich bin es in diesem Fall nicht - dass er keine Vorstellungskraft hat,
hat er eine Chance, sich eine zu erarbeiten, quasie aus anderen Eigenschaften eine zu entwickeln oder
ist er/sie darauf angewiesen, dass sie ihm/ihr angeboren ist ?​

Im Handel kaufen kann er/sie sich sicher keine.

Was meint Ihr zu diesem Thema ?

Mit österlichen Grüßen aus Wien

Zeili
 
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AW: Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

Ich denke das es schon drei verschiedene Dinge sind, die aber in Verbindung stehen. Fantasie ist die Möglichkeit, sich Dinge auszudenken, die nicht unbedingt in der Realität eine Basis finden müssen, aber manchmal auch reale Dinge einbezieht.
Vorstellungskraft ist hier ähnlich, geht aber darüber hinaus, weil sie sich auch darauf bezieht Möglichkeiten zu durchdenken, wie man Fantasie in der Realität umsetzen kann.
Glaube wiederum bedeutet, dass man auf etwas aufbaut, was genug Wahrscheinlichkeitsmomente aufweist, dass es richtig sein könnte, ohne dass man es wirklich im Moment beweisen kann.
Wenn ich daran glaube, dass ich etwas schaffen kann, basiert das darauf, dass ich mich und meine Möglichkeiten kenne und mir zutraue mit auftretenden Schwierigkeiten auf die eine oder andere Art fertig zu werden und weiß dass ich bereit bin, dafür viel Energie aufzuwenden.
Und hier entsteht der Unterschied zum religiösen Glauben, denn nur weil ich glaube, dass meine Freundin beispielsweise mir die Wahrheit gesagt hat und ich, weil ich sie kenne weiß, dass sie normalerweise die Wahrheit sagt, muss ich noch lange nicht glauben, was mir fremde Menschen mir über Religion erzählen oder was in Büchern steht, die in hunderten von Jahren zigmal übersetzt und ausgelegt wurden. Da sind für mich nicht genug Gründe vorhanden eine Wahrscheinlichkeit anzunehmen und daran zu glauben.

Das sind so meine Gedanken zu deiner Frage.
 
AW: Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

Und hier entsteht der Unterschied zum religiösen Glauben, denn nur weil ich glaube, dass meine Freundin beispielsweise mir die Wahrheit gesagt hat und ich, weil ich sie kenne weiß, dass sie normalerweise die Wahrheit sagt, muss ich noch lange nicht glauben, was mir fremde Menschen mir über Religion erzählen oder was in Büchern steht, die in hunderten von Jahren zigmal übersetzt und ausgelegt wurden. Da sind für mich nicht genug Gründe vorhanden eine Wahrscheinlichkeit anzunehmen und daran zu glauben.

Das sind so meine Gedanken zu deiner Frage.
Hier sind wir auf einer Linie, Lidania; der große Unwille und der Frust, der bei vielen Menschen beim Thema "Glaube" und "Gläubigkeit" ausgelöst wird, rührt sicher vorwiegend daher, dass man es sofort mit dem Glauben an ein überirdisches, übermächtiges Wesen verbindet. Zum Beispiel kann - vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen - kaum eine Vertrauensbasis entstehen, wenn nicht zumindest zwei Menschen bereit sind, sich gegenseitig zu glauben; da brauche ich Gott noch gar nicht zu bemühen.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

Die Wichtigkeit aller drei Begrifflichkeiten ist nur all zu häufig unterschätzt.

Ohne die Vorstellungskraft bleiben die Grundemotionen einzeln, lose und schwach. Precht definiert unsere Gefühle, als Produkt der menschlichen Grundemotion mal der Vorstellungskraft. Damit bekommt die Vorstellungskraft einen entscheidenden Faktor, der die Intensität der Gefühle anzeigt.

Auszug:
DENKSCHRIFT TEIL 1

Sinne - Logik – Denken

2. Gefühle – Benzin für das Leben
Eins steht fest: Ohne Gefühle wären wir tot. Erst die Gefühle machen uns zu lebendigen Wesen und helfen uns so, zu überleben, ja überhaupt lebensfähig zu sein.
Die Gefühle oder besser gesagt das Gefühlte kann dabei so unterschiedlich und individuell sein, wie der Mensch selbst. Es sind nicht nur die himmlischen und schönen Momente des Lebens - nein - vielmehr sind Leiden und Leidenschaften untrennbar mit den Gefühlen vereint.
Die Philosophen der Antike hatten sich bereits mit den Gefühlen der Menschen beschäftigt und mit den Begriffen >>pathos<< und >>passio<< die Gefühle und die Leiden eng miteinander verbunden.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat sich die Psychologie der Fragen um unsere Gefühle angenommen. Es wurden Kataloge aufgestellt und diverse Theorien entwickelt. So entstand in den 20er Jahren eine 12er-Liste:
1. Glück
2. Trauer
3. Wut
4. Angst
5. Ekel
6. Dankbarkeit
7. Scham
8. Liebe
9. Stolz
10. Mitleid
11. Hass
12. Schreck
die in den letzen Jahren um folgende Begriffe erweitert wurde:
13. Verachtung
14. Zufriedenheit
15. Erleichterung
16. Schuldgefühl

Die Trauer (Punkt 2) wurde als zu komplexes Gefühl (Mischung von mehreren Einzelgefühlen) wieder gestrichen.

Das Unerträglichste an den Gefühlen ist es, dass Sie sich nur sehr schwer abstellen lassen bzw. herbeizuführen sind.
Der Bestsellerautor des Buches „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“, Richard David Precht, nachfolgend Precht genannt, bezeichnet Gefühle als „eine spezielle Mixtur aus Emotionen und Vorstellungen“, die dem innersten persönlichen Raum entspringen.

...

Die Gefühle sind nicht vollständig zu enträtseln. Und dies ist auch gut so. Ist es nicht gerade das, was uns so menschlich macht? Sind es doch unsere Gefühle, die unsere Aufmerksamkeit erregen, die unser Leben hauptsächlich bestimmen. ...
Jeder hat seine eigenen Vorstellungen, aufgrund seiner Erfahrungen, seiner Erlebnisse und seiner Erziehung. Selbst wenn bestimmte Emotionen auf uns alle gleich wirken, wie z.B. eine traurige Melodie, die von jedem Menschen, unabhängig seiner Kultur, seiner Erfahrung, seiner Erlebnisse, als traurig empfunden wird, macht erst die eigene Vorstellungskraft die Gefühlsintensität aus.

Es ist doch das Zusammenspiel von Emotion und Vorstellung, die über die Intensität der Gefühle entscheidet und damit eine der wichtigsten Faktoren für die Bedeutsamkeit unserer Gefühle ist.

Denkschrift Teil 1:
https://www.denkforum.at/threads/7306

Phantasie und Gläubigkeit sind mit der Vorstellungskraft einhergehend. Die Phantasie beflügelt und die Gläubigkeit besänftigt die Sinne und Emotionen.

Ohne Phantasie wären die Menschen wohl Primaten im Busch geblieben, ohne Gläubigkeit, könnte man die Gewissheit nicht erfahren, weil wir eben nichts wissen, sondern nur glauben, dass wir wissen können, ohne selbst dieses Wissen zu haben.

Der Sokrates-Check "Ich weiß, dass ich nichts weiß." selbst mit dem popperschen Zusatz: "...und selbst das." zeigt es doch an.

Der Mensch stellt sich Fragen, weit über dem Tatsächlichen hinaus und versucht diese Fragen zu beantworten. Die Phantasie ist dabei wie der bewusst erlebte Traum, der die Möglichkeiten dessen, was möglich sein könnte aufzeigt und abwägt, in wiefern dies so sein könnte oder eben nicht so ist.

Das der Mensch als fühlendes und denkendes Wesen mit seiner beschränkten Wahrnehmung aber nichts wirklich wissen kann, entsteht automatisch eine Gläubigkeit die man auch bewusst annehmen oder aber verleugnen und verdrängen kann.

Die Freiheit des Individuum ist aber von all diesen Faktoren abhängig und nicht nur dass, ich erlebe es so, dass meine Vorstellungskraft, meine Phantasie, meine Gläubigkeit dazu führt, mein eigenes Selbst erst in GANZHEIT entfalten zu können. Die richtige Mischung macht es - wie überall im echten Leben. Die Ausgewogenheit zwischen Phantasie, Gläubigkeit und Vorstellungskraft ist der harmonische Spannungsreflex. Eine natürliche Spannung zwischen diesen Faktoren sorgt dafür, dass man selbst lebendig ist und diese Lebendigkeit auch entfalten kann.

Fazit:
Phantasie ist die Kreativität des Geistes, die so groß ist, dass man über der Wahrnehmung und Wirklichkeit hinaus denkt.
Die Vorstellungskraft potenziert unsere Grundemotionen und ist daher der wichtigste Katalysator für unsere Gefühle.
Die Gläubigkeit schließt die Lücke, zwischen der beschränkten eigenen Wahrnehmung und der Welt als GANZES. Sie stabilisiert das selbst und gibt halt.

Lieben Denkergruß
Axl
 
AW: Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

Sind wir weitgehend auf einer Linie, Aktivdenker (Beitrag Nr. 4).

Wo nicht ?
Die Gläubigkeit (nicht die Leichtgläubigkeit) kann ich ja gerade noch als eigene Kraft sehen, Fantasie und Vorstellungskraft sind für mich dasselbe.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Fantasie, Vorstellungskraft und Gläubigkeit

"Wenn Sie sich nicht vorstellen können,
etwas fertig zu bringen, dann werden Sie es auch nicht fertigbringen."​
Das unterschreibe ich blind.


Dürfen auch Sethianer dazu Stellung beziehen? :)
Unsere Welt ist nur so wie sie ist, weil wir es glauben, sprich fest davon überzeugt sind. Unternimmt man eine Reise in die Materie, in die kleinsten Einheiten wird man feststellen, dass ausser geladenen Teilchen hauptsächlich nichts ist. Würden wir nicht kollektiv glauben, dass Materie hart ist, würden wir hindurchgreifen.
 
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