AW: Eva Herman
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Aber, wer sich die Audiodatei mit dem vollständigen Zitat auf der PK angehört hat, der wird feststellen müssen, dass sie nicht den unfassbaren "Werten des Dritten Reichs" huldigt. Sie spricht ganz klar von den Werten (Familien, Zusammenhalt etc.) die bereits vor dem Krieg vorhanden waren, die während des 3. Reichs einen Einbruch erlitten bzw. mißbraucht wurden, welche sich dann wieder etablierten um ab 68 wieder eingestampft zu werden.
Sie sagt also nichts anderes, als das die Werte immer vorhanden waren für die Familien, durch alle Zeiten, sich aber aufgrund der Kriegspolitik und der 68er-Bewegung veränderten.
Mir reicht eine solche Meinungsbekundung nicht als Begründung aus, denjenigen der sie äußerte nun kollektiv abzuurteilen und fertig zu machen.
Also, ich finde, es gibt nichts, das dafür ausreicht, jemanden kollektiv abzuurteilen, und schon gar nichts reicht als Grund aus, jemanden fertig zu machen. Dies gleich einmal als Klarstellung.
Was mir hier ziemlich quer entgegenkommt ist die Bemerkung, die 68er hätten irgendwelche lang bewährten Werte eingestampft (sinngemäß). Das kann ich nun wirklich nicht unwidersprochen lassen.
Ich war zwar nicht mitten im Mainstream der 68er-Bewegung, damals, der spielte sich ja hauptsächlich in Frankreich und in Deutschland ab, aber auch in Österreich, und da vor allem in der Wiener Studentenszene, war allerhand los. Und ich studierte an einer Schule für Erzieherinnen für "Schwererziehbare Kinder" (wie das damals sehr aufschlussreich genannt wurde). Dies zur Erklärung, warum mir gerade die familiären Werte sehr fragwürdig erschienen.
Da ging es um grundlegende Aufbrüche von längst überholten Ansichten, Institutionen, autoritären Hierarchien. In meinem Umfeld machte sich das weniger (aber auch) in der Politik bemerkbar als in den Familien.
Und Leute, ich kann euch sagen, es war höchste Zeit da etwas zu ändern.
Denn die Werte, auf die Frau Herman da so unschuldig hinweist, die waren nichts wert, weil sie durch die autoritäre patriarchalische Erziehung erzwungen worden waren und immer noch wurden. Es ging um absoluten Gehorsam und um Pflichterfüllung. Gefühle und Verständnis hatten in der Kindererziehung wenig bis keinen Platz, waren höchstens ein kleines bisschen belächelte und geduldete Beigabe von sentimentalem mütterlichen Getue.
Die Menschen, die schon seit mehreren Generationen so aufwuchsen, ließen sich aufgrund dieser Erziehung zur Pflicht und Gehorsam auch in zwei Kriege drängen. Das 3. Reich konnte nur aufgrund der gefühlskalten Pflichterfüller so grausame Handlanger hervorbringen, weil die angeblich mit so wichtigen und guten familiären Werten erzogenen Menschen vom Beginn ihres Lebens nichts anderes gewöhnt waren als Gefühlskälte und Grausamkeit im Mäntelchen von Gehorsam und notwendiger Pflichterfüllung.
Das haben die 68er eingestampft,
GLÜCKLICHERWEISE! Und ich bin stolz darauf, dabei mitgewirkt zu haben.
In dieser Zeit druften auch erstmals Gefühle gezeigt werden, es war erlaubt, Erwachsenen zu widersprechen, es war erstmals möglich, auch wichtigen öffentlichen Personen zu widersprechen.
Vielleicht kann sich außer mir noch jemand daran erinnern, dass Kinder nicht sprechen durften, ohne gefragt zu werden. Kinder waren rechtlos, Eltern, die ihre Kinder in der Schule vor brutalen Übergriffen von Lehrern schützen wollten, durften mit dem Hinweis, "schulfremde Personen" zu sein, vom Direktor hinausgeworfen werden.
Familie, Geborgenheit, fröhliche und freie Entwicklung und Entfaltung von Fähigkeiten, Anerkennung und liebevolle Unterstützung, all das gab es vorher nicht. Es gab Richtlinien, Kontrollen, Sanktionen, Vorschriften, #Gebote, Verbote. Kein lebendiges Miteinander und aneinander Wachsen.
Dieser Mief wurde von den 68ern ausgeräumt.
Vielleicht hatten manche Kinder damals das Glück, Eltern zu haben, die ihnen Liebe und Schutz geben konnten. Aber das waren Ausnahmen.
Was heute an den Auswirkungen der 68er kritisiert wird, sind einerseits die gewaltsamen Auswüchse, die ich hier nicht weiter berühren will, andererseits die sogenannte "antiautoritäre Erziehung", die fälschlicherweise als Wurzel des Übels der Verwahrlosung der Jugend gilt.
Was es aber nicht ist.
Es gab die Alternativschule "Summerhill" als Vorzeigeprojekt für antiautoritäre Erziehung, es gab die "Familienkonferenz" von Thomas Gordon, die erstmals einen Zusammenhang zwischen dem Gesprächsklima in einer Familie und dem Wohlbefinden der Kinder und Eltern herstellte. Dies nur 2 Beispiele.
Mein Herz blutet, wenn ich diese dümmliche Aussage von Frau Herman lesen muss, die offensichtlich auch von den 68ern keine Ahnung hat.
Von rechtem Gedankengut ist hier absolut keine Spur zu erkennen.
Liebe Salem, wenn ich "rechts" als "konservativ" verstehe, dann kann ich hier mehr als nur Spuren davon erkennen.