AW: Designerdroge TV
Lieber Axl,
da kann man nur sagen
Du hast vollkommen recht ~
es ist die überspitze Aussage von Prof. Manfred Spitzer, welche ich hier übernommen habe.
nomen est omen
Wenn Du den Vortrage gesehen und gehört hast, dann unterscheidet er zwischen Kindern und Jugendlichen, wo das Gehirn sich noch entwickelt und sich die Spuren im Gehirn (Verbindungen) aufeinander aufbauen. Wenn bei Kindern diese unteren Spuren schon desolat und verkümmert sind, wirkt sich dies auch die oberen Spuren im Gehirn in sofern aus, dass diese durch die unteren verkümmerten Spuren hindurch müssen.
Hab' ich noch nicht, aber was Kinder anbelangt, geb' ich ihm 100%ig recht.
Und als meine Kinder klein waren, gab's auch wenig bis gar kein Fernsehen.
Da war vorlesen, spielen und draußen toben angesagt.
Es interessiert sie bis heute nicht wirklich.
Ich hatte wohl noch das Glück, dass im meiner Kindheit das Fernsehn keine große Bedeutung hatte. Tagsüber wurde überhaupt kein Fernsehn geguckt, außer in den Ferien, da gab es die Märchenstunde oder mal einen Abenteuerfilm. Aber die Zeit, welche ich vor dem Fernsehn verbracht habe, war sehr gering = wenige Stunden in der Woche. Oft habe ich auch in Ferienwochen bei meinen Onkel auf dem Land gar kein Fernsehn geschaut, weil ich von früh bis späts draußen war....
Ebenso haben mich die Videospiel und PC-Spiele nicht sonderlich interessiert und sie interessieren mich auch heute nicht.
Einzige Gefahr sehe ich im Internet, wenn ich nur mal Mails abrufen und beantworten wollte und dann nach 5 Stunden merke, dass ich immer noch vor dem Bildschirm sitze.
Bei Dir wird es doch in der Kindheit und Jugend nicht anders gewesen sein. Von daher ist das Gehirn ~ also die unteren Spuren normal angelegt und eben nicht verkümmert. Daher sind die Auswirkungen des Bildschirmkonsums viel geringer, weil wir gelernt haben, wie es in echt ist.
Wir bekamen den 1. Fernseher, da war ich glaub' ich schon 16 oder 17.
Ich spiele schon ganz gern, aber eher Spiele, die ich früher auch alleine spielte. Wie Patience legen zum Beispiel.
Zu den Dokumentationen:
Ich sehe am liebsten Dokumentationen und lasse mich auch mal ein ganzes Wochenende davon berieseln. Natürlich kann man da auch etwas lernen, etwas erfahren, etwas Neues kennen lernen, aber ~ und das ist der Knackpunkt ~ das echte Erleben kann man damit nicht ersetzen. Beispielsweise bei Reisedokumentationen kann man eben nicht wissen, wie es sich anfühlt, wenn man in der Sahara in einem Sandsturm gerät oder wie es ist, wenn man in den Alpen einen hohen Berg erklimmt oder wie es duftet, wenn man in Marrakesch über den Bazar geht, an der Ostsee die salzige Luft riecht oder in Bali den Flair als GANZES mit allen Sinnen erfasst.
Und darum geht es doch!
Echt ist echt, weil alle Sinne daran beteiligt sind und sich die Sinne nicht nur ergänzen, sondern eine Sinneskompression stattfindet = Sinnesbündelung = Sinnesverstärkung!!!
Ja natürlich. Du hast vollkommen recht. Es ist nicht dasselbe als "in echt" erlebt. Aber alles was ich schon einmal erlebt habe, eben wie salzige Luft riechen, daß kann ich dann auch vor dem Fernseher. Ist auch nicht dasselbe als am Meer zu stehn. Aber schön ist es trotzdem. Ich seh' Landschaften, von denen ich sonst nicht einmal gewußt hätte daß es sie gibt.
Ich hätte in meinen besten Zeiten nicht auf den Himalaya gehn können. Auch wenn ich die Kälte nicht spüre, den Wind nicht höre, den Geruch der Yaks nicht rieche, den Yakbuttertee nicht schmecke (das ist das Einzige wofür ich sehr dankbar bin), so sehe ich wenigstens wie schön und erhaben die Landschaft ist. Weißt was ich meine?
Auch der Unterschied zwischen einen Theaterbesuch und einer Kinovorstellung ~ analog zu Deinem Beispiel Zuschauer im Philosophischen Quartett als Livegast oder am TV ~ ist ein Unterschied!
Theater ist etwas anderes. Da brauch ich den Geruch um es zu spüren. Die ganze Athmosphäre. Da hilft mir nicht einmal der gute alte Stanislawsky.
Ich schau mir zwar im Fernsehen Opern und Ballett gerne an, aber da liegt mein Focus woanders, nicht auf "mit allen Sinnen spüren".
Und da ich keine Möglichkeit hatte nach Berlin zu fahren, war ich dankbar, daß "der neue Shakespeare" im Fernsehen gezeigt wurde.
Bei den Philosophen, oder bei Martin Lesch, da genügt mir das Hören. Da muß ich mich "passiv" darauf konzentrieren, sonst versteh' ich noch weniger um was es geht. Zugegeben, beim Lesen ist das Verstehen leichter, besser "begreifbar". Da spielt es weniger Rolle wenn die eigenen Gedanken zu "laufen" beginnen, aber wenn nach einer halben Stunde die Augen brennen und ein Lesen nicht mehr möglich ist, dann wird's mit dem Hören wieder einfacher. Irgendwie beißt sich die Katze in den Schwanz
Jeder Bildschirmberieselung ist IMMER passiv, dagegen ist jeder Theaterbesuch oder der Besuch einer Vorlesung, einer Showpräsentation oder ähnliches immer aktiv. Das fängt schon bei der Sitzhaltung an und geht dann über die Konzentration, dass man aktiv das geschehen verfolgt, während am Bildschirm eine passive Konzentration einsetzt.
Ja, Du hast recht. Aber wenn man aus welchen Gründen auch immer nicht mehr "aktiv" überall dabei sein oder verreisen kann, dann finde ich ist fernsehen besser als gar nichts.
Und wenn's das Internet nicht gäbe, dann wüßt ich auch nicht, daß es Dich gibt und daß man mit Dir gut diskutieren kann.
lg.eule