• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Der Papst ist tot

  • Ersteller Ersteller Rhona
  • Erstellt am Erstellt am
Hi lazpel!
Die Protestanten sind nicht zentral organisiert, es ist also nicht so einfach möglich, hier eine zentrale Aussage zu erhalten.
Um so schlimmer: es ist also für einen protestantischen Geistlichen gar nicht möglich, eine allgemein verbindliche, konkrete und wirkungsmächtige Aussage zur Verantwortung der christlichen Kirchen an der Judenverfolgung zu treffen. Allenfalls läuft es auf Bekenntnisse Einzelner hinaus. Ein Punkt mehr für den Katholizismus!

Warum die "katholische Welt" unterginge, wenn das Papsttum abgeschafft würde und die Kirche reformiert (Reform oder Reformation?) würde? Ganz einfach: es käme der Selbstabschaffung gleich. Wo wäre denn dann noch ein Unterschied zur evangelischen Kirche zu erkennen? Über die Veränderung gewisser Standpunkte der Sexualmoral ließe sich reden; das Zölibat und die Ablehnung der Empfängnisverhütung sind anachronistisch. Aber letzteres nehmen die Katholiken ja gar nicht so genau. Da kann einer beichten gehen: "Herr Pfarrer, ich habe schon wieder! ein Kondom benützt", dann wird ihm die Sünde verziehen und gut ist! Aber was wäre der Katholizismus ohne die italienischen Radiosender, die rund um die Uhr Rosenkränze runterleiern, ohne die leibliche Aufnahme der Heiligen Jungfrau in den Himmel, ohne Engelschöre, Weihrauchschwenken und Heiligenverehrung, ohne den Kannibalenritus des Abendmahls? ...eine ganze kindlich-bunte Bilderwelt stürzte ein... nö, will ich nicht, für die spröde Bilderlosigkeit sind andere Religionen zuständig. Oder der Atheismus.

Grüße, Gaius
 
Werbung:
Rhona schrieb:
Tun es die Jugendlichen, die heute immer noch in kommunistisch-sozialistisch geführten Ländern leben, ausschließlich aus Freude und Überzeugung?
Der Sozialismus WAR bis in die 80er hinein eine breit getragene Vision. Die meisten sagten: Sozialismus, ja - aber NICHT so, wie in der UdSSR oder in der DDR! Aber durch den Zusammenbruch des Ostblocks hat auch die (noch nie verwirklichte) Vision sehr gelitten. Und durch die Globalisierung ist der Kapitalismus so mächtig geworden, dass die Vision als Siberstreif am Horizont von diesem verschwunden zu sein scheint. Der GLAUBE (an den Sozialismus) fehlt auf einmal. Dafür hat der Glaube an Gott wieder zugenommen.

Gysi
 
Der Papst ist tot, es lebe der Papst!

Mir scheint, es ist ein Unterschied, den Tod eines Papstes zu beklagen - sein ganz persönliches Leben ( oft genug aus einer Adabeihaltung heraus) noch einmal mit Hilfe aller Massenmedien nicht nur vor seinem geistigen Auge Revue passieren zu lassen und der Tatsache, dass die Institution Papsttum ein Hort konservativster Kräfte ist.


Diese beiden Aspekte werden mir augenblicklich zu sehr vermischt.

Marianne
 
Aber doch nicht ausschließlich der Zusammenbruch der kommunistisch-sozialistisch regierten Länder kann Grund für die Zunahme an Gläubigen sein.
Der Glaube an Gott kann doch nicht die Ersatzreligion für Ex-Sozialisten sein.
Vielleicht liegt es nur daran, dass dieser Papst aus einem sozialistischen Land kam und sich vehement gegen Kommunismus und Sozialismus einsetzte.

Wieso kann man nicht einfach sagen: Ich hab mit der kath. Kirche nichts am Hut, aber ich respektiere das, was dieser Papst geleistet hat und ich befürchte, dass es ohne ihn nur noch schlimmer wird und die Kirche noch tiefer im moralinen und erzkonservativen Matsch versinkt.
Und vergessen sollte man nicht, dass jeder Papst, egal wie konservativ, fundamentalistisch oder aber auch reformerisch und nonkonformistisch orientiert er ist, ans kanonische Recht und Gesetz gebunden ist, das ihm kaum Spielraum lässt.

Rhona
 
Hallo Marianne -

entschuldige, was ist eine "Adabeihaltung"? Von "Haltung" hab ich schon mal was gehört. Dein Satz war auch nicht ganz klar.

Gegen das "Papsttum als Hort konservativster Kräfte" hätte ich auch was; nein, vielleicht doch nicht, auch diese Kräfte muß es geben, und es ist gut, wenn sie gehortet werden, sich also nicht verteilen - aber es ist eher zu befürchten, daß der Nachfolger Johannes Paul des II. (wird das eigentlich ein Pius, ein Calixt, ein Innocentius, ein Coelestinus, ein Gelasius, ein Hormisdas, ein Pelagius, ein Silverius, ein Theodor, Martin oder Eugen, ein Vitalian, ein Konon oder ein Sisinnus - oder am Ende gar ein Gaius?) im Vergleich zu dem selig Verstorbenen rückständigst reaktionärst bis zur Hölle sich benehmen wird - ein Gegenstück zum absoluten Rechtsaußen der amerikanischen evangelikalen Rechten, was man von Johannes Paul dem Zweiten so ja nun wirklich guten Gewissens nicht behaupten kann.

Rhona -

besser als Du könnte ich diese Problematik kaum formulieren. Nur zu einem Aspekt möchte ich hinzufügen: Karol Wojtyla alias Johannes Paul II. hat dem polnischen Volk ja, weil er einer der Ihren war, gerade erst den inneren Mut gegeben, sich aus der sowjetischen (nicht: sozialistischen) Herrschaft zu befreien. Da ist auch kein Übersprung vom Sozialismus zum Glauben geschehen. Erzkatholisch waren die Polen auch vorher schon, das bedurfte nicht eines aus Polen kommenden Papstes (und vielleicht bleibt sogar der Sozialismus eine Option, wenn er neu gedacht wird). Es zeigt sich wie bei den irakischen Schiiten: eine im Volk wirklich verwurzelte Religion kann man nicht unterdrücken. Im Falle Polens hat der Katholizismus, oder die Gemeinschaft des katholischen Glaubens, jüngst zu einer politischen Befreiung eines Volkes wesentlich beigetragen.

Ätsch, Gysi.

Grüße, Gaius
 
Gaius schrieb:
Hallo Marianne -

entschuldige, was ist eine "Adabeihaltung"? Von "Haltung" hab ich schon mal was gehört. Dein Satz war auch nicht ganz klar.



Grüße, Gaius



Adabei = Auch dabei - ist das in Österreich gebräuchliche Synonym für einen( oder eine) KlatschspaltenreporterIn.
Wer diese Gesellschaftsberichte liest, hat ein Adabeihaltung.



Marianne
 
Adabei = Auch dabei, da hätte ich eigentlich von selbst drauf kommen sollen... :autsch:

und was, Marianne, ist nun so schlimm an dem ehrlich konservativen Benehmen der katholischen Kirche?

fragt offen, freundlich und diskussionswillig
Gaius
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Gaius, ich meinte auch nicht ausschließlich das polnische Volk, sondern alle Länder, die unter sowjetischer Herrschaft standen.
Dass die Polen Hardcore-Katholiken waren und sind, das ist allgemein bekannt. Selbst ein schwarzer Papst oder ein asiatischer würde an dieser Tatsache nichts ändern, denn im polnischen Volk ist der Glaube zu tief verwurzelt.
Hingegen widerspreche ich der These, dass nur der Zusammenbruch des Kommunismusses für den Zuwachs an Gläubigen gesorgt hat. Fest verwurzelten Glauben kann kein Regime unterdrücken, höchstens dessen aktive Ausübung. (Aber da sind wir ja einer Meinung)

Rhona, die heute schulfrei hat :weihnacht
 
Der erste Bilderbuch-Papst

Von und in den Bildern, die in den Herzen der Wallfahrer, sprich Touristen mit Weltumsegelungsgewöhnung, sich vervielfältigen, drückt sich sicherlich so eine Sehnsucht nach einem integeren Welt-KAISER aus, egal in welcher Verkleidung; von dem Herzensglauben der Wartenden will ich nicht negativ sprechen...

Allgemein aber halte ich eine wackere und bewährte Schizophrenie in Moral- und Amtsfragen (wie in alltäglichen Steuerfragen) für gegeben, auch für gerechtfertigt, ob der vielen Verbote, Unwillensäußerungen, Einschränkungen, Relativierungen, Abkündigungen - nicht nur in der Sex- und Priesterfrage. Die typische strukturelle Lüge also, die jede IDEAL-Welt kennt, die nicht die Nächstenliebe einklagt.
*
Fast alle Begegnungen und Abmachungen und Dokumente aus 26 Jahren wurden durch ihre Widersprechungen oder Gegendokumente durch Kardinäle, meist Ratzinger, entwertet.
Gott sei Dank - dass dieser Papst die Jahrtausende alte Friedenspflicht, das Tötungsverbot im Krieg - endlich - durchsetzen wollte. (Warum aber nur vergeblich...?)
*
Was dort auf dem alten Circus Maximus, in dem Petrus wohl getötet wurde, läuft - neben den Bildern - ist Vergessenheit, Bedeutungsaufladung, Teilhabe an öffentlicher Erhebung.
Das ist Diana-BILD-und Show-Erleben ... Die Eigen-Paparazzi sind unterwegs; angelockt durch die Medien.

Alles, was seit dem mühsam-geduldig-optimistischen Vaticanum II vor 40 Jahren möglich gewesen wäre, an Verständigung, Interkonfession, Ökumene und Interkommunion - alles ist preisgegeben worden - durch Phantasielosigkeit und Wissenschaftsfreiheit, die sich ein Klerikal-Patron uner Alten Männern leistet: Sex ist nur biologisch sinnvoll, sonst ist er Sünde. Frauen sind untertänig, sie sind kein Ebenbild in und durch Gott zum Manne. Zur Heiligsprechung gehören Wunder, die durch Unterschleif und Betrug von Erbötigen beurkundet werden.

Dieses Christentum ist Schau - die Verurteilten, die Verhungernden, Verreckenden, die Verdammten, die AIDS-Sündigen - sie alle fehlen - wo Kleirkalismus sich zelebriert.
Dass das in toto massenhaft akklamiert, simpel hingenommen wird - ist ein Wunder an Unterwerfung und Verdrängung (für meine Wahrnehmung und mein Geschichtsbewusstsein.)

Es wird weitergehen - als wir erwarten...
:winken1:
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
Gaius schrieb:
Karol Wojtyla alias Johannes Paul II. hat dem polnischen Volk ja, weil er einer der Ihren war, gerade erst den inneren Mut gegeben, sich aus der sowjetischen (nicht: sozialistischen) Herrschaft zu befreien. Da ist auch kein Übersprung vom Sozialismus zum Glauben geschehen. Erzkatholisch waren die Polen auch vorher schon, das bedurfte nicht eines aus Polen kommenden Papstes (und vielleicht bleibt sogar der Sozialismus eine Option, wenn er neu gedacht wird). Es zeigt sich wie bei den irakischen Schiiten: eine im Volk wirklich verwurzelte Religion kann man nicht unterdrücken. Im Falle Polens hat der Katholizismus, oder die Gemeinschaft des katholischen Glaubens, jüngst zu einer politischen Befreiung eines Volkes wesentlich beigetragen.

Ätsch, Gysi.
Jaja... :D Im Phönix hörte ich ht. nachmittag Jaruselski: "Die Zeit für einen Zusammenbruch des Ostblocks war da. Karol Woityla hatte viel dazu beigetragen.Aber 20 Jahre vorher hätte auch der nicht ausgerichtet."
Wir Menschen suchen nach den Super-Ikonen. Das hat was mit unserer eigenen Ohnmacht zu tun. So kürten wir unser aller HELMUT KOHL zur Super-Ikone der deutschen Einheit. Ohne Gorbi hätte der - und auch nicht der Papst - keine Schnitte gekriegt! DER ist die Figur, die gerne vergessen wird? Warum? Weil der Atheist ist? :dontknow:

Gysi
 
Zurück
Oben