• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Der Papst ist tot

  • Ersteller Ersteller Rhona
  • Erstellt am Erstellt am
R

Rhona

Guest
Wieso berührt mich als Protestantin diese Tatsache??
Ich verstehe meine Reaktion nicht. Ich bin und war nie Sympathisantin der katholischen Kirche und auch daher dem Papst und dessen Rolle eher skeptisch und ablehnend gegenüber eingestellt.
Trotzdem berührte es mich, als ich eben von seinem Tod erfuhr. Wieso??
Vielleicht weil ich ihn am Ende nur als Menschen sah und nicht als Oberhaupt der katholischen Kirche? Weil er mir nur noch Leid tat? Weil ich am Ostersonntag mit Tränen in den Augen seinen österlichen Segen "Urbi et Orbi" verfolgte und spürte, dass da nicht der "Stellvertreter Gottes auf Erden" litt und versagte, sondern der Mensch Karol Woytila!

Möge der Mensch Karol Woytila in Frieden ruhen und seinen Frieden finden.

Rhona
 
Werbung:
vielleicht liegt das auch daran, dass der papst mehr war als ein religiöses Oberhaupt. Er hat sich ja nicht nur um die Kirche gekümmert sondern auch sich viel in politische Dinge eingemischt und dadurch gezeigt, dass ihm nicht nur kirchliche Dinge sondern alle Geschehnisse der Welt wichtig sind. Auch seine vielen Auslandsreisen (104 Insegesamt!) haben gezeigt, dass die Probleme der Welt ihm nicht einfach egal sind.
 
Rhona schrieb:
Wieso berührt mich als Protestantin diese Tatsache??
Ich verstehe meine Reaktion nicht. Ich bin und war nie Sympathisantin der katholischen Kirche und auch daher dem Papst und dessen Rolle eher skeptisch und ablehnend gegenüber eingestellt.
Trotzdem berührte es mich, als ich eben von seinem Tod erfuhr. Wieso??
Vielleicht weil ich ihn am Ende nur als Menschen sah und nicht als Oberhaupt der katholischen Kirche? Weil er mir nur noch Leid tat? Weil ich am Ostersonntag mit Tränen in den Augen seinen österlichen Segen "Urbi et Orbi" verfolgte und spürte, dass da nicht der "Stellvertreter Gottes auf Erden" litt und versagte, sondern der Mensch Karol Woytila!

Möge der Mensch Karol Woytila in Frieden ruhen und seinen Frieden finden.

Rhona
Das hast Du schön gesagt..:engel1:
 
Hallo Rhona!

Geht es dir mit dem Tod des Papstes ganz anders, als mit anderen Menschen die einen großen Bekanntheitsgrad haben?
Wie ist deine Betroffenheit, wenn ein dir sehr bekannter Schauspieler oder andere Mensch des öffentlichen Lebens stirbt?

Ist es nicht so, das es bei Menschen die man zwar nicht persönlich kennt, aber mit deren Aussagen man sich selbst immer wieder beschäftigt hat, in sich selbst einfach einen Platz reserviert hat?

Ist der Tod des Papstes, als Entspannung nach dem Medienrummel - zu sehen. Und dadurch auch diese berührenden Regungen?
Ist man doch dadurch viel mehr konfrontiert worden mit den sterbenden Papst - als vielleicht mit einem sterbenden Nachbarn.

Mir selbst sind die Gedanken durch den Kopf geschossen - er hat es erledigt.
Und da wir alle diesen Weg gehen und er in einem Alter war, wo ein solcher Abgang etwas natürliches ist - ist es für mich eine Sache die ich mit etwas Wehmut für Menschen, die ich - und wenn es nur durch die Öffentlichkeit ist -empfinde.

Aber auch ich sehe nur den Menschen in ihm und nicht seine Funktion.

kundgeba
 
Irgendwie scheint mir dieses Ereignis auch ein Ersatz zu sein - öffentliches Sterben als Ersatz für den persönlichen Tod, den wir aus unserem direkten Umfeld schon ziemlich verbannt haben, delegiert an Professionelle.

Leiden wird versteckt und dieses öffentliche Leiden scheint etwas in vielen Menschen zu berühren...
 
papst und mensch

ich hatte noch nie etwas übrig für das katholische brimborium, die kirchenfürsten und ihr frömmlerisches getue finde ich nur lächerlich.

der tod von karol woytila hat mMn mit dem katholischen getue nur insofern zu tun, dass er eben der papst war und die medien schon immer über sein leben und tun, also auch von seinem tod, berichteten.
das was mich daran berührt, ist die authentizität des lebens dieses menschen. er hat das amt des papstes angenommen und seine rolle völlig ausgefüllt. sein persönliches anliegen hat er mit der rolle des papstes ganz und gar verwirklichen können.
das machte mMn auch sein charisma aus. er konnte herzen berühren, weil er das tat, was er als richtig und stimmig empfand.

das hat nichts damit zu tun, ob ich mit seinen ansichten konform gehe oder nicht. er wusste, was für ihn das richtige ist und er tat es.

jeder mensch, der authentisch lebt, wirkt auf diese weise auf andere.

herzlich
lilith51
 
De mortuis nil nisi bene

Ich glaube, daß all die Menschen, die während des Sterbens des Papstes auf dem Petersplatz sich versammelt haben und dort jetzt Trauermessen feiern, ehrlich und wahrhaftig um diesen Menschen trauern, und daß all diese Zelebrationen keineswegs Ersatzhandlungen sind. Sicherlich war dieser Papst für auch viele über seine Person hinaus zu Lebzeiten bereits ein Symbol, für allgemeine Liebe, Verständnis und Barmherzigkeit.

Kein Papst vor ihm wurde so häufig mit seinem bürgerlichen Namen genannt wie er. Das hat Karol Wojtyla von allen seinen Vorgängern unterschieden: er stand vor allem als Fürredner christlicher menschlicher Werte in dieser Welt und als ansprechbares Individuum, weniger als unfehlbarer Stellvertreter Gottes und autoritärer Hüter der abstrakten Einheit der katholischen Kirche.

Für mich schwingt in der Trauer um Karol Wojtyla auch die Sorge mit, was nach ihm kommt. Wird sein Erbe fortgesetzt werden, oder steht uns ein eiskalter Klerikaltechnokrat bevor, der die religiösen Konflikte unserer Zeit nur weiter anstachelt?
 
Der Tod des Papstes ist der Tod eines Vorbildes

Ich denke, dass der Tod dieses Papstes viele Menschen deshalb berührt, weil Johannes Paul II. ein so menschliches Gesicht gezeigt hat und nicht ein ernst dreinschauender, sich für viel zu wichtig haltender Theologe war, der nur Formeln und Floskeln präsentiert hat. Gerade in der Zeit seines Leidens, in der ich ihn eigenlich hauptsächlich erlebt habe, ist dieses menschliche Gesicht zum Vorschein gekommen. Der Papst hat gezeigt, dass das Leben nicht nur aus Freude und Gesundheit besteht sondern auch Krankheit und Leid bedeuted. Und er hat uns vorgelebt, das man seinen Glauben dennoch aufrecht erhalten kann und die Aufgabe, zu der man durch wen oder was auch immer berufen ist, auch trotz Widrigkeiten, die sich einem entgegenstellen dennoch ausführen kann. Er ist für mich ein Vorbild, nicht aufzugeben, sondern an dem festzuhalten an das man glaubt.
Das, und seine unheimliche Offenheit anderen Kulturen, Religionen und Konfessionen gegenüber, sowie seine positive Einstellung zur Jugend, ist der Grund, warum mich als Protestanten der Tod von Papst Johannes Paul II bewegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

ich bin Atheist, so habe ich natürlich keinerlei Beziehung zur Funktion Karol Voitilas. Jedoch ist das, was er vertrat, Basis für den Glauben vieler anderer Menschen.

Bisher entsprach das Weltbild des Vatikan einer zentrale Diktatur, es erhält seine Suibstanz aus Dogmen, es stimmte mit der Verharmlosung des Holocausts und des Sklavenhandels in den Vereinigten Staaten überein.

Ich schätze, die katholische Welt würde keinen Schaden nehmen, falls das Amt eines zentralen Papstes ersatzlos gestrichen und diese Religion von Grund auf reformiert werden würde.

Gruß,
lazpel
 
Werbung:
Hi lazpel,

ich bin Atheist, so habe ich natürlich keinerlei Beziehung zur Funktion Karol Voitilas.
Oh! Man kann auch schwer tief gläubig sein, ohne eine Beziehung zur Funktion des Papstes zu haben. Für mich bedeutet es allerdings ein Minimum des Respekts gegenüber dem Toten, wenigstens seinen Namen richtig zu schreiben. Mit Verlaub: Verzeihung.

Bisher entsprach das Weltbild des Vatikan einer zentrale Diktatur, es erhält seine Suibstanz aus Dogmen, es stimmte mit der Verharmlosung des Holocausts und des Sklavenhandels in den Vereinigten Staaten überein.
Ich gehe hier erstmal nur auf den Aspekt "Holocaust" ein:

Papst Johannes Paul der II. war der erste Papst in der Geschichte des Christentums, der eine Mitverantwortung der Christen an den europäischen Judenpogromen und an der Shoah wenigstens eingeräumt hat. Hier hat Karol Wojtyla sogar stellvertretend für die Ökumene gesprochen: von welchem Vertreter der evangelischen Kirche hätte man ein derartiges hochöffentliches Bekenntnis jemals gehört, ja, überhaupt nur verlangt?

Ich schätze, die katholische Welt würde keinen Schaden nehmen, falls das Amt eines zentralen Papstes ersatzlos gestrichen und diese Religion von Grund auf reformiert werden würde.
DAS ist mal eine interessante Frage. Reformation hatten wir schon. Ich meine eher, daß die "katholische Welt" zugrunde ginge, wenn man Deine Gedanken umsetzte - aber nun wird erst einmal ein neuer Papst gewählt, beziehungsweise ernannt.

Weiteres dazu bald in diesem Theater -

Erzprotestantische Grüße,
Gaius
 
Zurück
Oben