Minni schrieb:
Hallo zusammen,
der Braunbär, der in den Alpen die Menschen in Aufruhr versetzte, ist erschossen worden.
Wochenlang jagten ihn u. a. finnische Spezialisten, und kaum ist er zum Töten freigegeben, haben sie ihn erlegt. Zufall?
- wenn man ihn töten kann, wieso nicht auch narkotisieren?
- kann Mensch und (Wild-)Tier nicht zusammenleben?
- war es wirklich so tragisch, daß der Bär Bienenstöcke plünderte oder Ziegen tötete?
- sind Lebewesen gleich viel „wert“, oder steht der Mensch über dem Tier?
- wo ist der Unterschied, ob man ein Tier oder einen Menschen aus Angst tötet?
Was meint ihr?
Minni
Hi Minni,
ich halte es nicht für einen Zufall, dafür war man zu eifrig bei der Sache. Gab es eigentlich Geld für den erfolgreichen Abschuß? Oder ging es den "Jägern" um die bloßen Lorbeeren jener Panikmacher?
Ich denke auch, es hätte andere Wege gegeben, sei es mit Fallen oder mit einer vernünftigen Narkotisierung, beides hätte jedoch weitere Zeit und weiteres Geld gekostet. Das man ihn aber so schnell, nach Freigabe zum Abschuß erwischt hat, zeigt mir man wußte offensichtlich doch genauer seinen Aufenthalt zu lokalisieren, oder rennen nun alle in Bayern mitten in der Nacht mit der Flinte rum? Natürlich ist Tierfang mit Geduld verbunden und dabei ist es auch schwierig den Tieren zu vermitteln, in welchem Zeitfenster sie sich bitte einzufinden haben. ;-) Ja man könnte jetzt auch darüber diskutieren wie viel Zeit jeder noch so ok gefunden hätte, aber das bringt ja jetzt nix mehr. Nur wie gesagt, wochenlang tut sich nix und dann wird er schwuppsdiwupps erwischt, da stinkts meiner Meinung nach.
Eine Narkotisierung ist sicherlich kein leichtes Unterfangen, aber es wird tagtäglich an verschiedensten (für den Menschen gefährlich werden könnenden) Wildtieren überall auf der Welt praktiziert. Warum ging es nicht hier? Für mich ist die eventuell ansteigende Aggressivität kein Argument, da eine Narkose immer ein Risiko birgt, es wäre mEn verzeihlicher gewesen, wäre der Bär bei einer zu hohen Dosierung gestorben. Hätte diesen Schritt zumindest eher verstanden, wenn man gesagt hätte "ok um einen Amoklauf des Bären zu verhindern, schießen wir lieber etwas mehr vom Narkosemittel".
Ich denke Mensch und Wildtier können sehr wohl nebeneinander leben, miteinander wohl eher nicht, wäre auch nicht "natürlich" und soll wohl auch nicht so sein. Zumindest können die Wildtiere eher neben uns leben, als die meisten von uns neben ihnen. Warum? Weil uns infolge vieler Veränderungen die Antennen für das Leben neben diesen Tieren verloren gegangen ist. Als Beispiel sollten die menschliche Arroganz (mein Haus, mein Garten, meine Welt) und unser ewiges Streben nach immer mehr Besitz (sei es nun "Grund und Boden" oder materielle Dinge, welches ein Zerstören der Natur/Umwelt erzwingen und somit den Lebensraum wilder Tiere verringern) erstmal ausreichen. Über Industriealisierung usw. braucht man gar nicht reden.
Wir könnten diese Fähigkeit zurückgewinnen, aber wollen wir?
Ich fand es nicht tragisch, dass der Bär gewildert hat. Ich fand es tragisch, dass hier niemand in der Lage war den Menschen die Angst zu nehmen. In anderen Ländern ist es Usus, dass die Leute dort wilde Tiere in der Nähe haben, dort ist die "Gefahr" auf ein Wildtier zu stoßen wesentlich höher, werden dort die Kinder dauerhaft eingesperrt? Nein, dort hat man gelernt, neben den Tieren zu leben, man hat gelernt, "sie zu lesen" und somit auch ganz andere Verhaltensregeln im Geiste (Bzw. man hat es nicht
verlernt). Ob irgendjemand aus Brunos Geschichte etwas über das Verhalten dieser Tiere gelernt hat? Hatte in der kurzen Zeit überhaupt jemand die Chance dazu?
Wem es bei den erwilderten Hoftieren um Geld geht, so sind diese in der Regel versichert und/oder es wird ein Ausgleich vom Staat gezahlt. Eine Existenzzerstörung wird also nicht zu erwarten sein.
Ich würde nicht davon sprechen, ob der Mensch über dem Tier steht oder nicht. Pauschal kann man das vielleicht so sagen. Im Einzelfall kommt es auf die Bindung und auf die Liebe an die man empfindet. Meine ehemalige Chefin, zieht ihre Hunde jeder zwischenmenschlichen Beziehung vor, sie ist verheiratet, und ja sie liebt auch Menschen, aber im Zweifelsfall verläßt sie lieber einen Menschen als ihre Tiere. Für sie ganz persönlich sind Tiere also mindestens auf gleicher Ebene. Global sieht es aber anders aus. Was man sagen kann, ist dass jedes Tier und jeder Mensch ein Recht auf Respekt und Lebensraum hat. Wenn wir Menschen immer mehr für uns vereinnahmen, muß man sich nicht wundern, auch mal auf verhaltensgestörte Tiere zu treffen. Das diese besondere Eingriffe durch Menschenhand, zum Schutze aller, nach sich ziehen ist auch klar, nur war es bei Bär Bruno m.M.n. der falsche Weg. Zumindest war er stark verfrüht.
Wo genau der Unterschied liegt ob man ein Tier oder einen Menschen aus Angst tötet, mag ich gar nicht definieren. Es geht mir um die Art und Weise. Wäre es bei uns üblich, so wie in einigen anderen Ländern, dass wir die Schrotflinte hinter der Haustür haben und sie auch nur bei akuter Gefahr einsetzen, so würde ich es moralisch anders werten, als wenn man prophylaktisch ein Tier erschießt. Jemand der den Bär unmittelbar vor der Haustür hat, der hat wohl auch das Recht aus Selbstschutz zu schießen. Genauso wie man auf einen Einbrecher wohl mit dem Knüppel losgeht. Aber so lange der Einbrecher nur mein Auto ausräumt, wär ich ja schön blöd mit dem Knüppel hinter ihm her zu rennen.
Und nochwas zur Gefahr für Kinder: Während sich alle auf einen Bären konzentrieren, wurden innerhalb einer Woche 3 schwere Fälle von Kindesmißhandlung z.T. mit Todesfolge bekannt.
Ich weiß für manche hinkt der Vergleich, aber ich vermute eine Antwort a la "Muß der Bär erst jemanden anfallen?" und in Anbetracht dessen und der Unwahrscheinlichkeit über einen solchen Angriff frage ich mich: "Haben wir keine anderen Probleme als freilaufende Bären?" Lassen wir uns nur zu gern durch Vogelgrippe, Schweinepest, Bären und Wölfen (tauchen ja auch ab und an immer mal auf) von den Dingen ablenken, bei denen wir durch genaueres Hinsehen zwar viel schlechtes verhindern, aber auch Kritik ernten könnten?
LG
Sal