Astrologie – Wissenschaft oder Aberglaube?
Für den Skeptiker sowie den Astrophysiker lässt sich die Frage nach der Wissenschaftlichkeit der Astrologie schnell beantworten; Astrologie ist Humbug. Es gibt keine Verbindung zwischen Sternenkonstellationen und dem Schicksal von Menschen. Zumal die Sternenbilder auf denen sich die Astrologen berufen willkürlich sind.
„Im Unterschied zur Astronomie stellt die Astrologie keine Frage zu den Himmelskörpern als astronomische Körper und zu ihren Beziehungen zueinander. Die Frage der Gravitation, der Entfernung voneinander und andere Messgrößen spielen für Astrologen keine Rolle. Im Vordergrund stehen Fragen, die das menschliche Leben betreffen.“
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Schon in den 1970er Jahre hat der damals bekannte Wissenschaftsjournalist Homer von Ditfurth in der Fernsehsendung „Querschnitt“ die Astrologie vorgeführt, indem er mehrere Astrologen ins Studio eingeladen hatte und ihnen Geburtsdaten von Menschen übergab nach dem sie ein Profil erstellen sollten. Trotz schwammiger Formulierungen widersprachen sich die verschiedenen Astrologen in Bezug auf die von ihnen erstellten Profile vor laufende Fernsehkameras.
Es gibt allerdings auch erstaunliche Einzelfall-Deutungen
[MH1] , bei der die erstellten Horoskope von ihren Kunden oft als zutreffend bezeichnet werden.
Für die Wissenschaft sind zutreffende Einzelfall-Deutungen allerdings nicht zuverlässig genug. Ohne Kenntnis von Zufallserwartungen kann man über ihre Gültigkeit nichts Gesichertes aussagen.
Der Philosoph Theodor W. Adorno äußerte sich 1962 zum Thema Astrologie:
„Die Sterne lügen nicht, aber sie sagen auch nicht die Wahrheit. Dafür lügen die Menschen. Bis heute bleibt Astrologie schuldig zu sagen, warum und wie die Sterne ins Leben der Einzelnen eingreifen. Der Fragende wird abgespeist mit Wissenschaftlichen Brimborium, unbeweisbare oder unsinnige Behauptungen werden geschickt mit Elementen der Faktizität gespickt. Das Konglomerat aus rationalem und Irrationalem, das den Namen Astrologie trägt, reflektiert in solchem Zugleichsein des Unvereinbaren den kardinalen gesellschaftlichen Antagonismus. […].“
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Wissenschaftlich anerkannt sind die Arbeiten von Michel und Francoise Gauquelin
[3], denen man die beste methodische und astro-psychologischen Untersuchung auf dem Feld der Astrologie verdankt. Die nach den Regeln der wissenschaftlichen Statistik durchgeführten Untersuchungen der beiden Gauquelins stützen für sich genommen keineswegs konventionelle Annahmen der Astrologie weshalb Astrologen von den Gauquelin-Befunden nicht begeistert waren. Die Erstellung von zutreffenden Einzel Horoskopen bleibt obskur und Glaubenssache.
Doch bestätigen die Gauquelin-Untersuchungen (für Skeptiker überraschend) die Grundannahmen der Astrologie, nämlich das Vorhandensein von Korrelationen zwischen ausgezeichnete Planetenstellungen zur Zeit der Geburt und der Zukunft des zu diesen Zeitpunkt geborenen Kindes, vor allem was die Wahrscheinlichkeit einer kulturell hervorragenden Leistung im Laufe des Lebens der Neugeborenen betrifft.
Im Professionseffekt erklären die Gauquelins: „Ist der Mond über den Horizont aufgegangen, dann werden etwa 4% mehr Kinder geboren, die später berühmte Schriftsteller werden, als nach dem Zufall zu er warten ist. Der Überhang an Schriftsteller-Geburten sinkt ca. zwei Stunden nach Mondaufgang ab. , steigt aber wieder über die Zufallserwartung an, wenn der Mond den höchsten Stand erreicht. Beim Marsaufgang und bei seiner Kulmination haben zukünftige Sportler, Ärzte und Militärs größere Geburtschancen, beim Jupiteraufgang und seiner Kulmination sind es Politiker und Schauspieler , beim Saturn Wissenschaftler und Ärzte, immer mit Überfrequenzen bei dem jeweiligen Planeten in den beiden sensible Zonen. […].“
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Die Daten wurden später vom anderen Wissenschaftler bestätigt. Die Erkenntnisse der Gauquelins befriedigen Astrologiegläubige sicher nicht. Zudem bleibt es ein Faktum, dass kein Fall bekannt, in dem Astrologen eine menschliche Katastrophe beweisbar vor ihrem Eintreten vorhergesagt hat.
Die Tatsache, dass Menschen die an Astrologie glauben, trotz mangelnder Beweislage für ihre Wirksamkeit, kaum davon abzuhalten ist weiterhin daran zu Glauben. Das trifft auf alle Anhänger der Transzendenz zu, von der Hellseherei bis zur Religion. Die Astrologie bekleidet aber eine Sonderstellung im esoterischen und parawissenschaftlichen Raum, weil Astrologie nicht wie die Erlebnisse parapsychologischer Art durch individuelle Wahrnehmungs- und Gefühlsevidenzen genährt wird.
„Wir schreiben den Sternen da oben zu, was uns hier unten so dringlich fehlt. Und die kopernikanische Kränkung, von der Sigmund Freud einmal sprach, die Zumutung, nicht mehr im Mittelpunkt der Welt zu stehen, diese Kränkung nimmt der Sternenglaube zurück: wenigstens als Objekt wünscht sich der astrologiegläubige Mensch in die Mitte der Weltkräfte zurück; in der Bestimmtheit von außen sucht das Individuum seine Bestimmung des Inneren zu finden – droben, am dunklen Firmament forscht das Subjekt nach seinem eigenen Horizont, nach seinem eigenen Ich, nach seiner Identität.“
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[1] Ertel, Suitbert (2015): Astrologie auf dem Prüfstand der Statistik. In: Meyer / Schetsche / Schmied-Knittel / Vaitl (Hg.) Anomalistik. Schattauer, Stuttgart.
[2] Adorno, T. W. (1962): Aberglaube aus zweiter Hand. In: Ders. (1986): Gesammelte Schriften Bd. 8.
[3] Gauquelin, M. (1991): Neo-Astrology. A Copernican Revolution. Arkana, London.
[4] Zitiert nach Suitbert Ertel (2015): Astrologie auf dem Prüfstand der Statistik.
[5] Platta, H. (1998): Identitätsideen. Psychosozial-Verlag Gießen.
[MH1]Anomalistik, S. 320