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1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

S

Sofia

Guest
1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)
Die Kopernikanische Wende

Was kann ich wissen?
Die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten
(Kopernikanische Wende)


Das Vertrauen in die Metaphysik ist erschüttert. Ein Philosoph sagt dieses, der andere jenes. Kants «Kritik an der reinen Vernunft» will diesen Widerspruch beheben. Es geht um die Vernunft, die den Anspruch erhebt, gedanklich (spekulativ) zu einer Erkenntnis zu kommen (unabhängig von einer Erfahrung). Die Kritik der reinen Vernunft versucht zu klären, was die Vernunft zu erkennen vermag und was nicht. Ist die Vernunft überhaupt für eine wissenschaftliche, für eine begründete Metaphysik tauglich?

Kant’s Resultat:
Erfahrung ist nicht etwas ursprünglich Einfaches, sondern etwas aus Teilen Vereinheitlichtes. Bei jeder Erfahrung, die ich mache, sei es dass ich etwas anschaue oder bedenke, findet dieses Vereinheitlichen aus Teilen statt (Synthese). Nur: sie geschieht so spontan, dass ich davon gar nichts merke. Normalerweise komme ich nicht auf den Gedanken, dass sich meine jeweiligen Erfahrungen aus Faktoren zusammensetzen, dass meine Erfahrung kein unmittelbares, kein einfaches ist, denn zu jedem Zeitpunkt habe ich es mit dem Produkt des Erfahrungsprozesses zu tun. Wenn aber etwas in meine Erfahrung eingreift, wovon ich nichts weiss, weil ich es nicht miterfahre, dann muss geklärt werden, was Erfahrung überhaupt ist.

Was ist Erfahrung? Form + Stoff = Erfahrung
Erfahrung ist das, was wir als Sinneseindrücke empfangen (Stoff) und das, was unser Erkenntnisvermögen aus sich selbst hinzufügt (Formen).
Sowohl Anschauen als auch Denken verwendet solche Formen. Sie sind
apriorisch, weil sie den Erfahrungen als notwendige Bestandteile vorausgehen, weil erst durch ihre Beteiligung Erfahrungen zustandekommen können. Form und Stoff = Erfahrung.
Die apriorischen Formen der Erfahrung sind bei allen Menschen gleich. Es sind unveränderliche Strukturen des Geistes, die in den «rohen Stoff sinnlicher Eindrücke», in das Chaos der Empfindungen, etwas Ordnendes hineinbringen. Mit diesen apriorischen Formen wird durch das Anschauen und das Denken in den Stoff etwas Notwendiges und Allgemeingültiges hineingeschrieben und dadurch eine gesetzmässig strukturierte Erfahrung hergestellt. Im Nachhinein kann dieses Notwendige und Allgemeingültige aus der Welt, wie wir sie erfahren, wieder mit Hilfe der Wissenschaften herausgefunden werden, da wir von den Dingen nur das von vornherein erkennen, was wir selbst in sie legen.

Beispiel
Angenommen, der Mensch könnte nur dann überhaupt etwas sehen, wenn er eine Brille mit blauem Glas trüge. Und angenommen er trüge immer schon eine solche Brille, wüsste aber nichts davon. Beim Sehen würden dann die Sehempfindungen (Stoff) durch die Brille (Form) zu blauen Seherfahrungen geformt werden. Ohne Form – aber auch: ohne Stoff – kame keine dieser Erfahrungen zustande.

Misslich wäre es, von einer solchen gleichsam apriorischen Brille gar nichts zu wissen und subjektive Bedingungen des Erkennens – hier: blaubes Glas – mit Eigenschaften des Objektes zu verwechseln (die Gegenstände sind blau). Infolge dieser Verwechslung verfiele das erkennende Subjekt dem Schein einer falschen Unmittelbarkeit. Um dies zu verhindern, versucht Kant alle apriorischen Formen – alle Erkenntnisbrillen – zu ermitteln. Seine Philosophie ist deshalb eine Transzendentalphilosophie, eine Lehre von den apriorischen Voraussetzungen jeder Art von Erfahrung. Hier gilt es auf einen begrifflichen Unterschied zu achten soweit ein mögliches Missverständnis zu vermeiden;

1. Der Ausdruck transzendental (das, was der Erfahrung a priori vorhergeht und durch geistige, formgebende Zutaten Erfahrung möglich macht) ist nicht zu verwechseln mit «transzendent» (das, was über alle Erfahrung hinausgeht; übersinnlich, jenseitig).
2. Apriorische Formen meinen bei Kant keinesfalls zum Beispiel psychologische oder biologische im Verlauf der Evolution erworbene Erkenntnisvoraussetzungen. Unser Brillenbeispiel ist nur eine Metapher und greift, um das Verständnis zu erleichtern, unerlaubterweise auf Dinghaftes zurück. Erkennen heisst bei Kant nicht, dass sich der jeweilige Gegenstand in einem erkennenden Subjekt widerspiegelt, sondern von diesem erzeugt wird (Form). Das, was wir bewusst an formalen Gesetzmässigkeiten in der erfahrbaren Realität erkennen, ist das, was wir selbst vorgängig vorbewusst – in diese Realität hineingeformt haben.

Unsere Sinnlichkeit formt a priori Raum und Zeit (Anschauungsformen in das Gewühl der Sinnesempfindungen), so dass aus diesen die Empfindungen die räumlich und zeitlich strukturierte Sinneswahrnehmung entsteht. Der Verstand überformt diese Sinneswahrnehmungen noch einmal a priori mit seinen Denkformen. Die Gegenstände, die von uns räumlich oder zeitlich angeschaut oder kategorial gedacht werden, sind Erscheinunen (Phänomena), nicht Dinge an sich (Noumena). Nur für uns, für unsere Art zu erkennen, erscheinen die Gegenstände in Raum und Zeit oder zb. als
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Was die Gegenstände unabhängig von unserer Erkenntnis sind, ist uns ganz und gar unbekannt. (Das Ding an sich kann nicht erkannt werden. Bei Schopenhauer ist dies dieser «Wille», den wir erfahren können).

In der aktiven schöpferischen Tätigkeit unseres Erkennens wird das, worauf sich unser Erkennen richtet, geformt, gegenständlich anschaubar und begrifflich denkbar gemacht. Wäre ich kein identisches, denkendes Ich, gäbe es für mich keine einheitliche Erkenntnis, keine Erfahrung von identischen Gegenständen.
Kant vergleicht seine Revolutionierung des Denkens mit Kopernikus. Dieser konnte die Himmelsbewegungen nicht gut erklären mit den angestammter Vorstellung, wenn er also annahm, das Sternenheer drehe sich um den Zuschauer. So versuchte er es , ob es nicht besser gelinge, wenn er den Zuschauer sich um das Sternenheer drehen lasse und die Sterne in Ruhe liesse. Kant dazu: Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten (Koperkanische Wende) Nicht das Bewusstsein macht sich dem Sein ähnlich, sondern das Bewusstsein macht das Sein ähnlich. Dies ist Kants berühmte Koperkanische Wende.
Metaphysik im traditionellen Sinn als Wesenswissen von Seele, Weltganzem, Gott, ist nicht möglich, geht über die Kräfte des Menschen. Wir können die Welt unserer Erfahrungen nicht metaphysisch übersteigen. Wir erkennen die Dinge an sich (wie auch unser Ich) nur als Erscheinungen in den vorgegebenen Formen der Anschauung und des Denkens. Begriffe wie Seele, Welt, Gott sind «Ideen» unserer Vernunft, mit denen wir zur besseren Orientierung die von unserer Sinnlickeit und unserem Verstand geformten einzelnen Erfahrungen noch einmal zusammenfassen.
Angeblich übersinnliche Erfahrungen sind falsch interpretierte Erfahrungen. Die tratditionelle Metaphysik als theoretische Erkenntnis von Gegenständen ist gescheitert.

Fazit: Vom Uebersinnlichen ist keine Erkenntnis möglich.

Zur Aufgabe der Kritik der reinen Vernunft gehört es deshalb, den falschen Schein des sophistischen Blendwerks zu kritisieren und abzuweisen.
Oberste Erkenntniskraft ist für Kant die Vernunft, die das durch den Verstand schon bearbeitete Erfahrungsmaterial unter die höchste Einheit des Denkens bringt. Dies leisten die Ideen: Seele, Weltganzes und Gott. Die Ideen lenken die menschliche Erkenntnis, die immer nur aus Teilerfahrungen bestehen kann, in Richtung auf die höchste Einheit des Erkenntnisprozesses.
 
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AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Fazit: Vom Uebersinnlichen ist keine Erkenntnis möglich.

Das heisst: Niemand kann Gott erkennen, es sei denn, Gott offenbart sich von sich aus. Das ist auch das, was die Bibel sagt: In der Parabel des verlorenen Schafes (Mensch) sucht der Hirte (Gott) das Schaf so lange, bis er es gefunden hat.
 
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Das heisst: Niemand kann Gott erkennen, es sei denn, Gott offenbart sich von sich aus. Das ist auch das, was die Bibel sagt: In der Parabel des verlorenen Schafes (Mensch) sucht der Hirte (Gott) das Schaf so lange, bis er es gefunden hat.

Und dann so ein Salto mortale!
Unbegreiflich!

Gruß Fritz
 
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

In der reinen Wissenschaft sind diese Fragen scheinbar nicht so wichtig, denn ob nun mit blauer oder roter Brille liefert die Wissenschaft mittlerweile Ergebnisse ab die ertaunlich sind. Das Erstaunlichste aber daran ist dass die Wissenschaft sogar die einzige "Sparte" ist welche hochwirksame 'Erfolge' verzeichnet. Keine andere Richtung oder Disziplin kommt da mit, und selbst Kunst MUSS heute fast immer wissenschaftlich erschaffene Medien nutzen!

Für mich hat die Philosophie insofern versagt, indem sie es nicht schaffte den Menschen innerlich, seelisch oder geistig zu befreien. Auch dieses wird wohl letztendlich noch die Wissenschaft in Form der Gentechnik, Substanzen oder gezielten Stromstößen ins Gehirn etc. zu leisten versuchen.

Momentan scheint als wenn alle Richtungen von Philosophie über Esoterik, Spiritualität und sogar Kunst gegenüber den mittlerweile teils unglaublichen Ergebnissen der Wissenschaft die Segel einstreichen müssen!

Erkenntniss und Wahrheit hin und her: Wissenschaftliche "Erkenntnisse und Wahrheiten" scheinen mehr und mehr alle anderen zu toppen.Und die philosophische Diskussion wissenschaftlicher Atombomben interessieren letztendlich doch ohnehin niemanden: Die Dinger wurden abgeworfen und fertig!

Genauso wird 'volle Kanone' geklont, gescannt, Robotisiert und ver-GENT werden. Egal welche philosophischen Diskussionen etwas in Frage stellen oder nicht. Die Philosophie wurde nicht jenes was sie sein wollte, sollte oder könnte. Leute wie Kant waren nicht fähig Philosophie zum Allgemeingut und zum wahren Lebensratgeber für viele zu machen!
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Hallo Sofia,

neben der Kritik der reinen Vernunft und anderen richtungsweisenden Werken hat Kant auch Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft verfasst. Kannst du auch dazu ein paar Zeilen schreiben oder deine Sicht dazu darlegen?


Ein Zitat aus Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft :

"Moral also führt unumgänglich zur Religion, wodurch sie sich zur Idee eines machthabenden moralischen Gesetzgebers außer dem Menschen erweitert, in dessen Willen dasjenige Endzweck (der Weltschöpfung) ist, was zugleich der Endzweck des Menschen sein kann und soll."

LG,
Harald
 
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Und was ist von einem Philosophen zu halten, der das "Ding an sich" nicht zu erkennen vermochte :confused:
moebius, sich darüber freuend, dass er sein Ding an sich erkannt hat ...:banane:
Nichts für ungut:lachen: - und viele Grüße :clown2:
 
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Und was ist von einem Philosophen zu halten, der das "Ding an sich" nicht zu erkennen vermochte

... manchmal sagen wir ... es sind da merkwürdige Dinge im Spiel. Wir meinen dabei keine Gebrauchsgegenstände und dergleichen ... du hast dein Ding erkannt ... ich habe so ein Ding nicht ... dafür zwei andere Dinge ... die ich zwar auch erkenne ... auch wenn es merkwürdige Dinge sind, die so im Spiel sein können ... wenn man eine Erkenntnis hat und nichts damit anzufangen weiß. Kant ist so eine Sache ... oder sollte ich "Ding" dazu sagen?

Servus umananda
 
AW: 1. Leitsatz Kants (theoretische Philosophie)

Und was ist von einem Philosophen zu halten, der das "Ding an sich" nicht zu erkennen vermochte :confused:
moebius, sich darüber freuend, dass er sein Ding an sich erkannt hat ...:banane:
Nichts für ungut:lachen: - und viele Grüße :clown2:

Dann ist doch alles paletti bei Dir und kannst Dich zu recht wie ein:schnt: :koenig:freuen!
 
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Staub ansetzen

Sie stehen im Bücherregal, die Philosophen, eine Staubschicht bildet sich darauf, ab und an erbarmt sich der Wedel. Das Ding an sich ist offensichtlich nicht mein Ding.

Platon kann kein Philosoph gewesen sein, denn ich las so einiges gerne, das Gastmahl vor allem.

Die anderen? Setzen halt Staub an und warten auf den Wedel. Man lebt gut ohne sie, sehr gut sogar...
 
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