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USA - sterbendes Imperium?

Hallo weltpolitisch Interessierte !

Eigentlich wollte ich mich ja aus der Weltpolitik heraushalten und mich nur mehr mit unserem - ohnedies genug gebeutelten - Europa befassen; durch die militärische Stärke der USA und die europäisch-türkische Verflechtung über die NATO wird das aber - zumindest zur Zeit - kaum gehen.

"Moralische Berechtigung" ist keine historische Kategorie; die hatten und haben (noch) die Macht dazu. Das ist alles. Nicht mal den kleinen Krieg im Kosovo konnte die EU ohne Untzerstützung der USA führen.
Inwieweit die moralische Berechtigung (für ein Imperium) eine historische Kategorie ist, mögen Historiker entscheiden. Wenn die USA aber immer wieder behaupten, dass sie - für die ganze Welt -
Demokratie und (die unzertrennlich damit verbundene) Freiheit
wollen, dann ist die moralische Berechtigung eine politische Kategorie. Dann ist das "Imperium USA" nur dann berechtigt, wenn es in einer weltweiten Abstimmung mehrheitlich als Imperium anerkannt wird. Hier sollten wir zwischen moralischer Berechtigung und politischer Realität unterscheiden.

Für mich persönlich stellen sich bei diesem Thema vorher noch einige
Grundsatzfragen:

Braucht die Welt überhaupt ein Imperium in Form einer Führungsmacht ?

Genügen für ein friedliches Zusammenleben der einzelnen Staaten nicht gleiche Zielsetzungen und gleiche Regeln der einzelnen Staaten ?

Ist das (staatliche bzw. staatenbündliche) Machtstreben unüberwindbar ?

Haben wir nicht genug gemeinsame Feinde in Form von Hunger, Krankheiten, Naturkatastrophen, Kriminalität und - unter Umständen - außerirdische Intelligenz ?​

Falls wir wirklich zu dumm sind, ohne Imperium auszukommen, sind mir im Augenblick - trotz G.W. Bush - die USA noch am liebsten. Mit einer Ablöse durch China ist aber - realistisch gesehen in Jahrzehnten - zu rechnen.

Liebe Grüße

Zeili
 
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Zeilinger schrieb:
Inwieweit die moralische Berechtigung (für ein Imperium) eine historische Kategorie ist, mögen Historiker entscheiden. Wenn die USA aber immer wieder behaupten, dass sie - für die ganze Welt -
Demokratie und (die unzertrennlich damit verbundene) Freiheit
wollen, dann ist die moralische Berechtigung eine politische Kategorie. Dann ist das "Imperium USA" nur dann berechtigt, wenn es in einer weltweiten Abstimmung mehrheitlich als Imperium anerkannt wird. Hier sollten wir zwischen moralischer Berechtigung und politischer Realität unterscheiden.
Herfried Münkler nennt hier als Kriterium eines Imperiums die moralische Rechtfertigung durch den Führungswillen des (amerikanischen) Volkes
Demokratie und Freiheit werden der Welt und dem US-amerikanischen Volk nur vorgegaukelt, damit man Gründe für weltweite Interventionen hat. Wenn die USA es damit ernst meinen würden, müssten sie sich von nem Haufe Verbündeter trennen.
 
Für mich ist die USA kein sterbendes Imperium. Solange noch die europäischen Staaten auf die USA hereinfallen und teilweise Helfershelfer sind wird sie nicht aussterben.
 
daimos schrieb:
Herfried Münkler nennt hier als Kriterium eines Imperiums die moralische Rechtfertigung durch den Führungswillen des (amerikanischen) Volkes
Demokratie und Freiheit werden der Welt und dem US-amerikanischen Volk nur vorgegaukelt, damit man Gründe für weltweite Interventionen hat. Wenn die USA es damit ernst meinen würden, müssten sie sich von nem Haufe Verbündeter trennen.

Von wem müßten sie sich trennen. Bei allem anderen stimme ich dir voll zu. Nur wer stoppt die USA.
 
Golesipe schrieb:
Von wem müßten sie sich trennen. Bei allem anderen stimme ich dir voll zu. Nur wer stoppt die USA.

Hallo Golesipe,

du fragst wer die USA stoppen - und ich gehe nur auf diese Frage deines Beitrags ein, hoffe dass es mir Daimos nachsieht, denn eigentlich ist deine Frage an ihm gerichtet.

Herfried Münckler zeigt in seinem Buch "Imperien", dass diese hauptsächlich dann Macht ausüben, wenn es keine stabilen Staaten gibt. Nimm zum Beispiel die europäischen Staate, in denen wir zur Zeit keine politischen Strukturen erkennen können die man tatsächlich als gefestigt bezeichnen kann. Doch das wäre schon eine erste Bedingung um den USA ein Gegengewicht zu bieten. Unter gefestigt sollte man hier verstehen einerseits eine wirtschaftliche stabile Basis die aber auch eine gesicherte, langfristige Zukunftsperspektive aufweist.
Nach Münkler ist ein Imperium zwar in erster Linie eine militärische Macht, aber auch technologisch und wirtschaftlich gefestigt. Der Überbau zeichnet sich dann unter anderem durch Demokratie und Menschenrechte aus, und ich möchte hinzufügen: wie "echt" diese gemeint sind, haben wir spätestens seit dem Irakkrieg doch alle begriffen.

Und wo steht Europa im Augenblick? Es war nichteinmal in der Lage sich über eine Verfassung zu einigen.
Die Voraussetzungen also um einem Imperium wie den USA die Machtherrschaft die es in der Welt hat zu nehmen, sind nicht vorhanden. Doch Europa könnte, ohne sich als Imperium aufzuspielen, Aufgaben erfüllen, durch die sich Imperien auch definierten. Eine dieser Aufgaben ist die Stabilität der Ränder zu sichern. Dabei wäre eine der wichtigsten Aufgaben auch die Unterstützung von demokratischen Bewegungen.

Dass in Europa die USA immer weniger als eine Weltmacht mit Führungsanspruch akzeptiert werden, ist ein erster wichtiger Schritt. Auch gibt es andere wichtige Schritte die den Einfluß Europas stärken, dazu zählen z.B. die Osterweiterung und die Ausweitung der Nato.
Europa sollte sich umfassend aus der Phase der Wirtschaftsgemeinschaft in eine der politischen Gemeinschaft entwickeln. Dazu müssten aber die Europäer auch begreifen was eine politische Macht bedeutet, die nicht den Anspruch erhebt eine imperiale Macht zu werden. Und sie müssten dies auch wollen.

Ich denke, dass der wichtigste Punkt der ist: es sollte das Imperium USA nicht durch ein anderes Imperium ersetzt werden, sondern durch gefestigte Staaten.
 
Golesipe schrieb:
Von wem müßten sie sich trennen. Bei allem anderen stimme ich dir voll zu. Nur wer stoppt die USA.
Da Miriam freundlicherweise den zweiten Teil bereits beantwortet hat, widme ich mich mal dem ersten.

Dass die USA international für Demokratie eintreten, ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits befürwortet man gern "Revolutionen" in Osteuropa und Zentralasien (wenn sie denn eine US-freundliche Regierung produzieren), andererseits stützt man zahlreiche Diktaturen im Nahen und Mittleren Osten. Erstere sind meist durch US-Zahlungen an die jeweiligen Oppositionen unterstützt worden und dienen einer Zurückdrängung der russischen Einflusssphäre im Kaukasus und in Zentralasien. Letztere äußern sich bspw. dadurch, dass es eine Abmachung zwischen Saudi-Arabien und den USA gibt, nach dem Saudi-Arabien ihr Öl ausschließlich in US-Dollar verkaufen (Stützung des Petrodollar) und die USA das monarchistische Regime in Riad stützen (Die Familien al-Saud und Bush sind miteinander befreundet. Die Sauds regieren Saudi-Arabien seit etwa 70 Jahren. Die Könige waren bisher der Staatsgründer ibn Saud und 5 Söhne seiner 37 Kinder.).
Daneben gibt es die Freundschaft zu General Pervez Musharraf, pakistanischer Diktator. Da er mit den USA kooperiert, ist er eben im Vergleich zu Saddam, der vor seinem Sturz seine Ölexporte in Euro umstellen wollte (vgl. Petrodollar), der liebe Schwiegersohn.
Dann gibt es Indien und Israel - zwei illegale Atommächte -, die von den USA im ersten Fall durch ein Nuklearabkommen enorm aufgewertet und im zweiten Fall seit jeher unterstützt werden. Dem Iran will man Atomwaffen verweigern, wenngleich man sie Ländern wie Israel, Pakistan oder auch Indien zugesteht.
Dann sei Afghanistan erwähnt. Überhaupt kennt man das Land ja erst seit September 2001. Dabei müssten die USA es doch aus den 70er/80er Jahren noch kennen. Damals haben sie die Mudschaheddin unterstützt, weil sie ja im Rahmen der Containment-Politik gegen die sowjetischen Besatzer kämpften. Damals hat man massenhaft junge radikalsierte Moslems nach Afghanistan verfrachtet. Einer von ihnen war übrigens Osama bin Laden. Über CIA und ISI (pakistanischer Geheimdienst) hat man dann die Mudschaheddin in Afghanistan mit Geld und Waffen unterstützt. Nach Abzug der Sowjets entbrannte ein Bürgerkrieg unter den unterschiedliche Söldner-Truppen (Stichwort "Warlords") und letztendlich gingen die Taliban als Sieger hervor, die man Ende 2001 dann böse, böse angegriffen hat.
So kann sich die US-Außenpolitik wandeln.

Es gibt noch unzählige weitere Beispiele - allein in Südamerika, dem "Hinterhof der USA", der sich langsam zum Leidwesen der Amerikaner "emanzipiert".

Die langfristigen Ziele der amerikanischen Außenpolitik sind:
  • Wahrung des Dollars als Welt- und Ölwährung (Petrodollar). Ohne Petrodollar müsste der Dollar massivst entwertet werden. Such einfach mal nach Petrodollar oder Bretten-Woods bzw. zur Lage des US-Dollars die US-Verschuldung, das Handelsdefizit, die M3-Geldmenge.
  • Sicherung von wichtigen Ressourcen. Seit 1999 importieren die USA mehr Erdöl als sie selbst produzieren. Im Gegensatz zur EU (Ukraine letzten Dez.) haben die USA eine Energiepolitik. Man will Einfluss über die größten Erdöl- und Erdgasfelder (Naher Osten, Kaspisches Meer, Westafrika,...)
  • Erhaltung einer internationalen Bedrohung. Das ist Legitimation von internationalen Interventionen, um seinen Führungsanspruch zu verdeutlichen. Das schreibt auch u.a. Emmanuel Todd ("Weltmacht USA. Ein Nachruf").
  • Verhinderung von Blöcken gegen die USA. Diese wären eine enorme Herausforderung der USA, ihren Führungsanspruch noch zu rechtfertigen. Als Blöcke seien hier bspw. genannt: Mercosur, EAWG, SCO, Indien, China+Vasallen und evtl. die EU.
Die EU ist sowieso ein spannendes Thema. Miriam hat's ja schon angesprochen und auch Todd verweist auf die Chance der EU. Die EU ist der weltweit größte Wirtschaftsraum. Wenn sie eine gemeinsame Politik irgendwann hinbekommen würde, dann sähe die Welt anders aus.
 
Zu euren ausführlichen Beiträgen sei vielleicht kurz angemerkt, dass es den USA im Grunde nicht um das Wohl anderer Staaten geht und auch nicht um die Demokratie als tragenden Wert. Was immer die USA tun, das tun sie berechnend und aus purem Eigeninteresse. Deshalb ist ja auch das Kyoto Protokoll gescheitert.

Nun kann man sagen, dass das ja alle so tun. Richtig! Aber eben haben nicht alle den Anspruch der Führer der Welt zu sein.

Die USA haben - zumindest derzeit - keine Berechtigung auf diese Führung. Ich kann nur hoffen, dass endlich Hillary Rodham Clinton und damit eine Frau ins Weiße Haus kommt. Vielleicht wird es ja dann etwas besser und vielleicht verlassen die Falken dann auch das Weiße Haus.
 
louiz30 Zu euren ausführlichen Beiträgen sei vielleicht kurz angemerkt, dass es den USA im Grunde nicht um das Wohl anderer Staaten geht und auch nicht um die Demokratie als tragenden Wert. Was immer die USA tun, das tun sie berechnend und aus purem Eigeninteresse. Deshalb ist ja auch das Kyoto Protokoll gescheitert.

Nun kann man sagen, dass das ja alle so tun. Richtig! Aber eben haben nicht alle den Anspruch der Führer der Welt zu sein.

Die USA haben - zumindest derzeit - keine Berechtigung auf diese Führung.

Ich kann mich Deiner Meinung nur anschließen.

Ich kann nur hoffen, dass endlich Hillary Rodham Clinton und damit eine Frau ins Weiße Haus kommt. Vielleicht wird es ja dann etwas besser und vielleicht verlassen die Falken dann auch das Weiße Haus.

Ob es mit einer Frau besser wird? Auch sie würde gewisse Abhängigkeiten
erben. Doch glaube ich auch, dass es einen Versuch wert wäre.

Liebe Grüße

suche
 
louiz30 schrieb:
Zu euren ausführlichen Beiträgen sei vielleicht kurz angemerkt, dass es den USA im Grunde nicht um das Wohl anderer Staaten geht und auch nicht um die Demokratie als tragenden Wert. Was immer die USA tun, das tun sie berechnend und aus purem Eigeninteresse. Deshalb ist ja auch das Kyoto Protokoll gescheitert.

Nun kann man sagen, dass das ja alle so tun. Richtig! Aber eben haben nicht alle den Anspruch der Führer der Welt zu sein.

Die USA haben - zumindest derzeit - keine Berechtigung auf diese Führung. Ich kann nur hoffen, dass endlich Hillary Rodham Clinton und damit eine Frau ins Weiße Haus kommt. Vielleicht wird es ja dann etwas besser und vielleicht verlassen die Falken dann auch das Weiße Haus.
Lieber Louiz,

du bringst es exakt wie immer kurz und klar auf den Punkt.
Bush äußert ja schamlos, dass keinem Amerikaner je das Öl ausgehen soll und dass sie von Gott höchstpersönlich zu dieser Anspruchshaltung berechtigt sind.
Als God's own country haben sie eben Sonder- und Führungsrechte und wer das nicht akzeptiert, kriegt eins auf die Mütze!
Grausame Parallele zu Deutschlands beschämendster Zeit. Ob die Amis sich je schämen werden?

Fortuna
 
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Fortuna schrieb:
Bush äußert ja schamlos, dass keinem Amerikaner je das Öl ausgehen soll und dass sie von Gott höchstpersönlich zu dieser Anspruchshaltung berechtigt sind.
Ich würde die US-Außenpolitik nicht immer auf Bush beschränken. Bush ist 2008 weg, der Kurs der USA wird sich ändern, aber nicht marginal. Denn beide politische Parteien wollen, dass die USA Weltmacht bleibt. Man kann zwar von Hillary Clinton schwärmen, aber auch ihr Mann hat so einigen Mist gebaut. Das internationale Schachbrett ist anarchistisch - der mit der meisten Macht diktiert eben die anderen durch die Landschaft. Auch Hillary wird - falls sie denn in zwei Jahren gewählt würde - grob gesehen an der US-Politik festhalten. Seit Ende des II. Weltkriegs haben die Amerikaner ihre Bestimmung, ihr "manifest destiny" auf die globale Ebene übertragen. Sie wollen die Welt demokratisieren und befrieden, amerikanische Werte in die Welt tragen. Da rührt noch vom Gründungsgedanken her: Wir sind die Besseren, weil wir ja als Erste die Demokratie hatten.
Die religiöse Färbung ist nur ein i-Tülfelchen. Im Grunde steckt als Denkfabrik das Project for a New American Century (PNAC, neokonservativer Think Tank) dahinter. Die Kurzfassung ihrer Ideologie gibt's hier, ihr "Manifest" nennt sich "Rebuilding Americas Defenses". Sieht man sich die Unterzeichner an, entdeckt man den Weltbankchef, den US-Botschafter im Irak, den US-Botschafter bei den UN, den texanischen Gouverneur, den Vize-Präsidenten, den Verteidigungsminister, Politikwissenschaftler etc. Nur Bush fehlt. ;)
Fortuna schrieb:
Als God's own country haben sie eben Sonder- und Führungsrechte und wer das nicht akzeptiert, kriegt eins auf die Mütze!
Grausame Parallele zu Deutschlands beschämendster Zeit. Ob die Amis sich je schämen werden?
Erklär mir mal diese Parallele. Ich bezweifel, dass die Amerikaner Juden in Konzentrationslager stecken und industriell umbringen.
 
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