Als ich heute die zwei Beiträge die Zwetsche im Thread "Eva Herman" so treffend formuliert hat las (#69 und #70), dachte ich mir, dass wir uns mit dem ganzen Komplex dieser Thematik befassen müssten.
Warum es mir trotzdem schwer fällt: ich habe die Zeiten der so genannten Idealisierung der Juden als Kind miterlebt – und weiß wo diese geendet hat.
Vorab aber diese Bemerkung: es geht mir hier überhaupt nicht um diesen einen Aspekt, sondern um die Fehleinschätzung allgemein dessen was der ganze Komplex des neonazistischen Gedankengutes eigentlich bedeutet.
Zwar kommen viele der NPD-Köpfe – wenn man sie überhaupt so bezeichnen kann – aus dem Westen, es gibt aber eine Gegend in Deutschland in der die NPD eine - zwar relative - Mehrheit erzielt hat, so dass es zum Beispiel in Reinhardtsdorf-Schöna fast zur Wahl eines NPD-Bürgermeisters kam.
Der Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass diejenigen die dieser Partei angehören völlig normal ins Leben und ins Dorfbild integriert sind, als Nachbarn mit denen leben, die sich vielleicht nur nicht trauen ihr Unbehagen dabei kund zu tun.
In Reinhardtsdorf-Schöna hat zuletzt jeder vierte bei den Wahlen seine Stimme der NPD gegeben. Viele der Handwerker auf die man Tag für Tag angewiesen ist sind Mitglieder der NPD, noch zahlreicher sind natürlich diejenigen die diese Partei wählen (25%).
Die oben erwähnte Ortschaft befindet sich in der Sächsischen Schweiz - und diese ist im Allgemeinen stark von der NPD geprägt – hier ist man vielerorts so richtig unter sich.
Dass auf den Bürgersteigen manchmal Schmierereien stehen wie "Juden raus" – stößt nur bei manchen Bewohnern auf offene Empörung. Und wie so oft in der Geschichte: es werden antisemitische Parolen verbreitet, dort wo fast keine Juden eigentlich leben.
Natürlich ist der Antisemitismus nur eine Facette des Gedankengutes der NPD. Erschütternd ist, wie ich es schon oben erwähnte, dass es in Reinhardtsdorf-Schöna fast zur Wahl eines NPD-Bürgermeisters gekommen ist, und dies an den Kirchen, an den anderen Parteien vorbei und man kann auch sagen: trotz der großen Präsenz der Medien.
NPD-Funktionäre wie Mario Viehrig ist NPD-Gemeinderatmitglied und war früher Betreuer der SSS (Skinheads Sächsische Schweiz) – die später verboten wurde.
Auf die Aktivitäten der SSS und ihrer Vertreter in der Sächsischen Schweiz, wies schon in 2004 ein Artikel im Stern hin:
http://www.stern.de/politik/deutschland/index.html?id=527611&p=2&nv=ct_cb
Michael Jacobi, Besitzer einer Heizungsbaufirma, ist ebenfalls NPD-Gemeinderat - auch er einer der schon durch seinem Beruf bestens in die Ortschaft integriert ist.
Als in diesem Jahr die Kirmes stattfand und man die Präsenz der Medien da vermutete, erteilte Jacobi vor seinem Haus der NPD-Jugend den Befehl diese zu meiden. Denn die Gefahr von TV-Bildern scheint man doch zu kennen.
Andere wieder bitten die Reporter ihre Kinder nicht zu filmen, so auch der parteilose ehrenamtliche Bürgermeister Olaf Ehrlich, der sich auch nicht mehr traut seine Kinder ins Zeltlager zu schicken, wegen seines Engagements gegen Rechts.
Wenn man früher die Glatzen schnell ausmachen konnte, ist dies jetzt schwierig geworden, man gibt sich so auf Anhieb nicht mehr zu erkennen.
Dass sich gegen die Wahl eines NPD-Bürgermeisters fast im Alleingang eine Frau engagierte, beweist letztendlich, dass Zivilcourage doch ihr Ziel erreichen mag, sogar gegen das Schweigen oder dem Mitläufertum einer Mehrheit.
Auch wenn ihr Kampf erst fast dem eines weiblichen Don Quichotte glich, wurde Bianca Richter aktiv und gründete eine Wählerinitiative die den parteilosen Olaf Ehrlich als Bürgermeisterkandidaten aufstellte. Letztendlich gewann dieser auch die Wahlen und wurde Bürgermeister in Reinhardtsdorf-Schöna.
Bianca Richter wurde zwar erst von der Kirche unterstützt durch die Pfarrerin Christiane Rau – die mit viel Zivilcourage sich von der Kanzel gegen die Braunen aussprach. Dies geschah aber nur bis 2006, danach wurde ihre Stelle gestrichen – angeblich wegen einer zu geringen Anzahl an Kirchenbesucher. So übernahm ein Pfarrer einer anderen Gemeinde die Mitbetreuung der Kirche in Reinhardtsdorf-Schöna. Dieser aber möchte sich nicht auf diesem Wege engagieren und betont, dass die NPD erst durch die Medien so viel Zulauf erfahren habe.
Bianca Richter die Psychologin ist, erklärt in einer Studie wie schwer es ist die NPD-Leute in einem solchen Dorf auszugrenzen, da die Menschen im Dorf sich so zu sagen einer Schweigespirale anpassen. Man positioniert sich nicht öffentlich gegen den Rechtsextremismus bzw. der NPD, weil man der falschen Wahrnehmung unterliegt, dass man sich in einer Minderheit befindet.
Der eigentlich couragierte Bürgermeister hat Angst um seine Kinder – die NPD lässt wiederholt verlauten, dass sie den längeren Atem hat.
Marianne – falls du hier vorbeischaust: auch hier erweist es sich noch einmal, dass Schweigen oft nicht Gold ist.
Siehe dazu auch:
http://www.tagesschau.de/inland/meldung128174.html
und:
http://de.altermedia.info/general/r...parteienpolitikern-die-kante-130306_4773.html
Freundliche Grüße
Miriam
Warum es mir trotzdem schwer fällt: ich habe die Zeiten der so genannten Idealisierung der Juden als Kind miterlebt – und weiß wo diese geendet hat.
Vorab aber diese Bemerkung: es geht mir hier überhaupt nicht um diesen einen Aspekt, sondern um die Fehleinschätzung allgemein dessen was der ganze Komplex des neonazistischen Gedankengutes eigentlich bedeutet.
Zwar kommen viele der NPD-Köpfe – wenn man sie überhaupt so bezeichnen kann – aus dem Westen, es gibt aber eine Gegend in Deutschland in der die NPD eine - zwar relative - Mehrheit erzielt hat, so dass es zum Beispiel in Reinhardtsdorf-Schöna fast zur Wahl eines NPD-Bürgermeisters kam.
Der Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass diejenigen die dieser Partei angehören völlig normal ins Leben und ins Dorfbild integriert sind, als Nachbarn mit denen leben, die sich vielleicht nur nicht trauen ihr Unbehagen dabei kund zu tun.
In Reinhardtsdorf-Schöna hat zuletzt jeder vierte bei den Wahlen seine Stimme der NPD gegeben. Viele der Handwerker auf die man Tag für Tag angewiesen ist sind Mitglieder der NPD, noch zahlreicher sind natürlich diejenigen die diese Partei wählen (25%).
Die oben erwähnte Ortschaft befindet sich in der Sächsischen Schweiz - und diese ist im Allgemeinen stark von der NPD geprägt – hier ist man vielerorts so richtig unter sich.
Dass auf den Bürgersteigen manchmal Schmierereien stehen wie "Juden raus" – stößt nur bei manchen Bewohnern auf offene Empörung. Und wie so oft in der Geschichte: es werden antisemitische Parolen verbreitet, dort wo fast keine Juden eigentlich leben.
Natürlich ist der Antisemitismus nur eine Facette des Gedankengutes der NPD. Erschütternd ist, wie ich es schon oben erwähnte, dass es in Reinhardtsdorf-Schöna fast zur Wahl eines NPD-Bürgermeisters gekommen ist, und dies an den Kirchen, an den anderen Parteien vorbei und man kann auch sagen: trotz der großen Präsenz der Medien.
NPD-Funktionäre wie Mario Viehrig ist NPD-Gemeinderatmitglied und war früher Betreuer der SSS (Skinheads Sächsische Schweiz) – die später verboten wurde.
Auf die Aktivitäten der SSS und ihrer Vertreter in der Sächsischen Schweiz, wies schon in 2004 ein Artikel im Stern hin:
http://www.stern.de/politik/deutschland/index.html?id=527611&p=2&nv=ct_cb
Michael Jacobi, Besitzer einer Heizungsbaufirma, ist ebenfalls NPD-Gemeinderat - auch er einer der schon durch seinem Beruf bestens in die Ortschaft integriert ist.
Als in diesem Jahr die Kirmes stattfand und man die Präsenz der Medien da vermutete, erteilte Jacobi vor seinem Haus der NPD-Jugend den Befehl diese zu meiden. Denn die Gefahr von TV-Bildern scheint man doch zu kennen.
Andere wieder bitten die Reporter ihre Kinder nicht zu filmen, so auch der parteilose ehrenamtliche Bürgermeister Olaf Ehrlich, der sich auch nicht mehr traut seine Kinder ins Zeltlager zu schicken, wegen seines Engagements gegen Rechts.
Wenn man früher die Glatzen schnell ausmachen konnte, ist dies jetzt schwierig geworden, man gibt sich so auf Anhieb nicht mehr zu erkennen.
Dass sich gegen die Wahl eines NPD-Bürgermeisters fast im Alleingang eine Frau engagierte, beweist letztendlich, dass Zivilcourage doch ihr Ziel erreichen mag, sogar gegen das Schweigen oder dem Mitläufertum einer Mehrheit.
Auch wenn ihr Kampf erst fast dem eines weiblichen Don Quichotte glich, wurde Bianca Richter aktiv und gründete eine Wählerinitiative die den parteilosen Olaf Ehrlich als Bürgermeisterkandidaten aufstellte. Letztendlich gewann dieser auch die Wahlen und wurde Bürgermeister in Reinhardtsdorf-Schöna.
Bianca Richter wurde zwar erst von der Kirche unterstützt durch die Pfarrerin Christiane Rau – die mit viel Zivilcourage sich von der Kanzel gegen die Braunen aussprach. Dies geschah aber nur bis 2006, danach wurde ihre Stelle gestrichen – angeblich wegen einer zu geringen Anzahl an Kirchenbesucher. So übernahm ein Pfarrer einer anderen Gemeinde die Mitbetreuung der Kirche in Reinhardtsdorf-Schöna. Dieser aber möchte sich nicht auf diesem Wege engagieren und betont, dass die NPD erst durch die Medien so viel Zulauf erfahren habe.
Bianca Richter die Psychologin ist, erklärt in einer Studie wie schwer es ist die NPD-Leute in einem solchen Dorf auszugrenzen, da die Menschen im Dorf sich so zu sagen einer Schweigespirale anpassen. Man positioniert sich nicht öffentlich gegen den Rechtsextremismus bzw. der NPD, weil man der falschen Wahrnehmung unterliegt, dass man sich in einer Minderheit befindet.
Der eigentlich couragierte Bürgermeister hat Angst um seine Kinder – die NPD lässt wiederholt verlauten, dass sie den längeren Atem hat.
Marianne – falls du hier vorbeischaust: auch hier erweist es sich noch einmal, dass Schweigen oft nicht Gold ist.
Siehe dazu auch:
http://www.tagesschau.de/inland/meldung128174.html
und:
http://de.altermedia.info/general/r...parteienpolitikern-die-kante-130306_4773.html
Freundliche Grüße
Miriam
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