Ich kann Salems Erfahrungen im Umgang mit Behinderten nur bestätigen.
Mehrmals versuchte ich alten, körperbehinderten Menschen aus dem Bus zu helfen, erntete aber nur Beschimpfungen.
Ob es der zu hoch gehaltene Rollator war, der beim Aussteigen aus dem Bus behinderte, oder ob es meine angebotene Hilfe beim Überqueren der Straße betraf, irgendwie kam mein Hilfsangebot nie so richtig rüber.
Festgestellt habe ich allerdings, dass geistig Behinderte jeder Art von Helfen positiv eingestellt sind, während die körperlich Behinderten es als einen Eingriff in ihre Privatsphäre sehen.
Wenn ich morgens mit dem Bus fahre, steigt meistens an der nächsten Haltestelle ein Mann ein, der max. 50 ist, und aufgrund eines operierten Kehlkopftumors nicht mehr verständlich reden kann.
Da ich mitbekam, dass er dem Busfahrer das Fahrziel akustisch nicht rüberbringen konnte, übernahm ich eines Morgens die Aufgabe (ok, das unaufgefordert) und nannte dem Busfahrer die Haltestelle, an der dieser Mann immer ausstieg. Mag ja sein, dass dieser Mann an diesem Morgen irgendwoanders hinwollte, aber ich konnte und wollte mir an diesem Morgen nicht die Diskussion zwischen einem Kehlkopflosen und einem Angstellten im öffentlichen Dienst antun, und erkläre daher dem Busfahrer, dass der Mann für gewöhnlich bis zur Haltestelle......... führe und auch dementsprechend eine Fahrkarte bräuchte.
Ich werde sowas nie wieder machen, denn der Mann giftete mich während der ganzen Fahrt nur an, und vermittelte mir damit das Gefühl, ihn herablassend und seine Behinderung außer Acht lassend, behandelt zu haben.
Auf der anderen Seite fiel er mir seit Monaten nur dadurch auf, dass er, wenn er den Bus betrat, demonstrativ seine Hand auf das Loch an seinem Hals hielt, und alle Insassen mit krächzender "Stimme" begrüßte. Für mich kam es immer so rüber, als wenn er deutlich machen wollte, dass er behindert ist, und daher einen Bonus erwartete.
Dasselbe erlebte ich mit alten Menschen, denen ich, samt ihrem Rollator, aus dem Bus helfen wollte. Nur die wenigsten von ihnen wollen aktive Hilfe. Oft denke ich, dass sie ihre Rollatoren als Zeichen bzw. Signum des Altseins vor sich her schieben, egal, ob sie das Ding brauchen oder nicht.
Geistig Behinderte reagieren auf Hilfe völlig anders und normal. Sie nehmen sie gerne und als selbstverständlich an.
Natürlich spielt es eine Rolle,ob man behindert geboren wird, oder es erst im Laufe eines Lebens wird. Die Akzeptanz der eigenen Schwäche ist es, die Hilfe auch as Hilfe gelten lässt, was bei geistig Behinderten anders ist, weil sie meist mit dieser Behinderung geboren wurden, und es nicht anderes kennen, als Hilfe als etwas Normales hinzunehmen.
Rhona