• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Kinder erziehen ...

AW: Kinder erziehen ...

@ Pottwal

Du beschreibst sehr schön, dass Du und Dein Mann sich wirklich Mühe geben mit der Erziehung. Das ist aber in der Tat nicht die Regel. Mindestens 30% aller Eltern sind - nach Statistiken ernsthafter Erziehungswissenschaftler - mit der Erziehung überfordert und lassen es einfach so laufen... - die Probleme in Schule und Alltag sind dann vorprogrammiert.

@ Raphael

Wenn Du Lehrer bist, kennst Du sicher ein ein bisschen Psychologie und Lerntheorie und weißt daher, dass mindestens 70% der Entwicklung eines Menschen abgeschlossen sind, wenn das Menschlein in die Schule kommt. Also sind die ersten zehn Jahre sicher wichtig gewesen, in denen Du für Deine Kinder da warst.
 
Werbung:
AW: Kinder erziehen ...

Hallo ihr Lieben!

Muss mir was von der Seele schreiben.
Als ich eure Beiträge las, fand ich einiges was ich selbst erlebt habe.

Dass in meiner Kindheit immer wer da war- auch wenn ich es NICHT wollte... und was Raphael beschreibt- eine gewisse Müdigkeit, wenn man Berufserzieher ist.

Mich frustriert manchmal, dass mein " Dienstkinder" offensichtlicher von mir nehmen als meine Söhne.

Wenn ich die Schilderungen von Pottwal lese, dann erkenn ich mein Arbeitsumfeld, denn ich arbeite in einem Dorf. Aber dort haben Handy und PC auch schon Einzug gehalten!

Es macht mich auch ein wenig wehmütig, weil es irgendwie so klingt wie es sein sollte und bei mir GARNICHT so ist. Ich war immer 40 Stunden berufstätig!!

Dann dachte ich an meine Söhne...

Ich trennte mich von ihrem Vater als sie 12 und 7 Jahre alt waren. Nach vielen Jahren liebloser Beziehung war der Auslöser mein jetziger Mann..... wir übersiedelten 3x in einem Jahr, beim 3.Mal in eine andere Stadt- 50 km vom Vater entfernt..

Der spricht seit 11 Jahren nicht mehr mit mir und ich war lange Zeit hilflos und wütend- alles übers Gericht, keine fixe Besuchrechtsregelung, keine Kontinuität für die Söhne- die den Vater so gebraucht hätten!!!

Zurzeit habe ich das Gefühl, dass mein Jüngerer(19) voller Groll gegn mich ist und ich nichts tun kann.

Manchmal ist es einfach nur zum heulen.

Und das einer ambitionierten Pädagogin, die weiss, wie schlecht das alles für die Kinder war-

Oft frage ich mich, ob es an der Basis genug war...

Ich werde weiterhin versuchen in Liebe dran zu bleiben, aber heute tut mir das Herz weh...

liebe Grüße
 
AW: Kinder erziehen ...

Liebe Menschen!

Oktoberwind hat da etwas in mir angestubst!
Den Spruch kenne ich noch aus meiner Ausbildungszeit als Heimerzieherin.

Heute sehe ich, dass wir uns selbst beschränken, indem wir uns sagen, "die Entwicklung ist ab einem gewissen Zeitpunkt abgeschlossen".

Diese Meinung haben Psychologen irgendwann mal in unsere Gehirne eingepflanzt, als ob nicht eine Unzahl von Therapeuten grad ihren Lebensunterhalt damit verdienen, den Menschen, die weit nach ihrer Kindheit und Jugendzeit draufkommen, welche Wunden sie in sich tragen, bei der Heilung dieser Wunden zu begleiten.

Das beweist doch, dass da gar nichts abgeschlossen sein kann. Doch je tiefer dieser Glaubenssatz in uns eingeprägt ist, umso schwieriger wird es, ihn auch wieder auszumerzen.

Jeder neue Tag kann ganz neu von uns angegangen werden. Wir müssen uns nur dafür entscheiden. Aber meistens ziehen wir es vor, in unseren bequemen, weil schon bekannten Hohlwegen unser fast schon automatisiertes Leben zu leben. Gewohnheiten bestimmen unseren alltäglichen Trott, doch wir sagen dazu, "so hab ich es gelernt; meine Eltern haben mir etwas Falsches beigebracht". Und damit sind wir fein raus. Leider zu unserem eigenen Schaden, weil wir es sind, die darunter leiden, aber mit der Schuldzuweisung an die Erzieher machen wir uns handlungsunfähig.

Dabei sind wir einfach nur zu träge um uns unsere Wünsche und Bedürfnisse selbst zu erfüllen.

Was das Thema mit Kindererziehung zu tun hat?
Ich sehe in jedem pädagogischen Ansatz den Versuch der Erwachsenen, ihre Kinder anzuschubsen, zu fördern und zu fordern, ihnen Spielregeln einzutrichtern, wie sie hoffentlich nicht in den selben Hohlwegen landen wie ihre Eltern.

Leider ist das auch die Ursache dafür, dass sie letztendlich in diesen Hohlwegen landen. Denn was lernen die Kinder dabei? Sich gegen das Gelaber der Erwachsenen zu wehren, sich taub zu stellen und das alles nicht ernst zu nehmen.
Das ist auch gut so, es ist eine Art Selbstschutz, denn sie sind Kinder und müssen ihre eigenen Erfahrungen machen.

Wir Eltern und alle Erwachsenen täten besser daran, unsere Wünsche selbst in die Wirklichkeit umzusetzen und nicht darauf zu warten, dass unsere Kinder das irgendwann in unserem Sinn machen werden. Wir stehlen ihnen damit ihr eigenes Leben und ihren eigenen Sinn. Wir betrachten das Leben quasi rückwärts und wollen unsere Kinder mit Lösungen für unsere Probleme von gestern an ihre heutigen Aufgaben schicken. Das kann so nicht funktionieren.
Amen!

Soweit das Wort zum Donnerstag Abend.

:blume1:

@ Westwind, dein Beitrag hat mich sehr berührt. Auch ich hab ähnliche Erfahrungen gemacht. Hab für meine eigenen Kinder viel zu Zeit gehabt, weil ich mich ehrenamtlich im Elternverein engagiert hatte und für andere mehr da war als für meine drei. Hab allerdings damals meine politische Karriere nicht angetreten, die mir aufgrund meines Engagements angeboten wurde, weil ich es dann doch bemerkt hatte, dass meine Kinder da sehr zu kurz kamen.
Heute sind sie erwachsen, aber ab und zu krieg ich es schon noch um die Ohren geschmissen, was ich damals "falsch" gemacht hab. Auch wenn wir uns heute sehr gut verstehen.
 
AW: Kinder erziehen ...

Liebe Menschen!

Oktoberwind hat da etwas in mir angestubst!
Den Spruch kenne ich noch aus meiner Ausbildungszeit als Heimerzieherin.

Heute sehe ich, dass wir uns selbst beschränken, indem wir uns sagen, "die Entwicklung ist ab einem gewissen Zeitpunkt abgeschlossen".

Diese Meinung haben Psychologen irgendwann mal in unsere Gehirne eingepflanzt, als ob nicht eine Unzahl von Therapeuten grad ihren Lebensunterhalt damit verdienen, den Menschen, die weit nach ihrer Kindheit und Jugendzeit draufkommen, welche Wunden sie in sich tragen, bei der Heilung dieser Wunden zu begleiten.

Das beweist doch, dass da gar nichts abgeschlossen sein kann. Doch je tiefer dieser Glaubenssatz in uns eingeprägt ist, umso schwieriger wird es, ihn auch wieder auszumerzen.

Lange Jahre habe ich das auch nicht akzeptieren wollen - und bin immer wieder gegen Wände, d.h. eingemauerte Verhaltensweisen angerannt.

Dann hat mir einmal ein Psychologe, der viel Anerkennung genießt für all das, was er auch nach seiner aktiven beruflichen Tätigkeit unternimmt, gesagt: Du kannst die Menschen nicht ändern.

Und mehr und mehr sehe ich es auch ein. Menschen fahren auf ihren eingefahrenen Gleisen; das, was sie von "zu Hause" mitbringen, ist vorgegeben und es macht einen Großteil der Persönlichkeit aus.

Man kann den Menschen bestenfalls Wege aufzeigen, wie sie es vielleicht anders machen könnten; aber ob sie es annehmen oder nicht, ist ihre Sache.

Ein Psychologe (oder wer auch immer in diesem Bereich), der suggeriert, du könntest Grundlegendes an den Menschen verändern, ist ein Scharlatan.
 
AW: Kinder erziehen ...

Lange Jahre habe ich das auch nicht akzeptieren wollen - und bin immer wieder gegen Wände, d.h. eingemauerte Verhaltensweisen angerannt.

Dann hat mir einmal ein Psychologe, der viel Anerkennung genießt für all das, was er auch nach seiner aktiven beruflichen Tätigkeit unternimmt, gesagt: Du kannst die Menschen nicht ändern.

Und mehr und mehr sehe ich es auch ein. Menschen fahren auf ihren eingefahrenen Gleisen; das, was sie von "zu Hause" mitbringen, ist vorgegeben und es macht einen Großteil der Persönlichkeit aus.

Man kann den Menschen bestenfalls Wege aufzeigen, wie sie es vielleicht anders machen könnten; aber ob sie es annehmen oder nicht, ist ihre Sache.

Ein Psychologe (oder wer auch immer in diesem Bereich), der suggeriert, du könntest Grundlegendes an den Menschen verändern, ist ein Scharlatan.

Hallo Oktoberwind!
Mit diesem Beitrag bestätigst du ja direkt meine Ansicht.

Du kannst die Menschen nicht ändern! Aber jeder kann sich selbst ändern, wenn er sich selbst und freiwillig dafür entscheidet.

Das ist doch genau der Knackpunkt. Es nützt überhaupt nichts, wenn ich für mich die Erfahrung gemacht habe, dass mir etwas nicht gut tut, wenn ich das jemand anderem nahebringen will. Wenn der nicht selbst einen gangbaren Weg drin sieht, dann lade ich ihm mit meinem Rat höchstens ein zusätzliches Problem zu seinen schon vorhandenen auf.

Interessant, dass dieser Umstand so schwer zu erkennen ist. Denn sehr viele Menschen glauben (und da vor allem sehr viele Psychologen), dass ein Mensch, der einen "vernünftigen Rat" nicht annehmen will, auch nicht bereit ist, etwas verändern zu wollen. Dass dieser Mensch einfach nicht bereit ist, die Vorstellungen, wie er sein Leben "besser" machen könnte, zu akzeptieren, weil sie nicht seinen eigenen Vorstellungen entsprechen (aus welchen Gründen auch immer).

Bei Kindern merke ich oft, dass sie sofort in eine Abwehrhaltung kippen, wenn sie mit jemandem konfrontiert sind, der ihnen ein bestimmtes Verhalten vorschreibt. Ihnen wird damit ihre Selbstbestimmung weggenommen, denn sie haben keine Chance mehr, zu zeigen, dass sie auch ohne Aufforderung nette Menschen sind. Der Widerstand richtet sich nicht gegen ein Verhalten, dass sie nicht zeigen wollen, sondern gegen die ständige Bevormundung.

Und das ist heutzutage leider ein Dauerbrenner. Die "Experten" wissen genau, was richtig oder falsch ist. Ohne irgendeinen Coach kann man ja heutzutage kaum noch leben.

:blume1:
 
Werbung:
AW: Kinder erziehen ...

Hi Forianer,
hab mich erst heute in diesen thread eingelesen.

Nun, stimme weitgehendst zu.
Bei Erziehung von Kindern geht es ja aber immer auch um die gesellschaftlichen Rollen, die den Kindern immer wieder begegnen. Das mag in der Schule sein, mit deren Freunden, innerhalb der Familie und auch Verwandschaft (die ist übrigens oftmals wichtiger für Kleinkinder als man gemeinhin denkt, denn da werden bereits "Erfahrungen" gesammelt, die zumeist "fernab" und auch teilweise oder überhaupt - so würde ich annehmen - ohne "elterlichen Einfluss" gemacht werden).

Ja natürlich, eine wesentliche Entwicklungsphase ist mit 6 Jahren abgeschlossen.
Aber das heißt nicht, dass die Kinder/jungen Menschen keiner "Führung" bedürfen. Schließlich werden doch andauernd Erfahrungen gemacht. Und oftmals wird nicht gewusst, wie damit umgegangen.

Ich denke auch, dass gerade das Alter zwischen 12 und 16/17 ganz dringend der "Führung" bedarf, die aber möglichst nicht als "Führung" sich darstellen sollte bzw. dürfte. Einfach eine Art von "Begleitung" durch die Turbulenzen des Erwachsenenwerdens.

Und auch hier sind manche "Hausregeln" einfach nützlich, wenn auch dauernd dagegen "rebelliert" wird. Aber allein diese "Rebellionen" machen "feststehende Konsequenzen" der Eltern/Berziehungsberechtigten notwendig. Gibt man hier zu oft nach, wird man "unglaubwürdig" als Erwachsener und handelt sich nach und nach untragbare Zustände im Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt ein.

Viel Kraft wünsch ich all jenen, die noch Kinder im Aufwachsen begleiten. Und viel, viel Freude dazu - denn auch das gibt es, die Freude mit Kindern und Jugendlichen. Die Freude, dass sich sogar noch ein 16/17-jähriger an die Seite der Mutter schmiegt und sich die Freude auf die Mutter (nämlich mich) überträgt, dass man Seite an Seite Fussballmatchs (ohne davon was zu verstehen, wie ich) mit Sohnemann ansieht und - das Wichtigste - Sohnemann sich darüber freut.

lb Gr sartchi
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben