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Besinnliches zum Wochenende

Z

zwetsche

Guest
Hallo liebe Christen, Atheisten und Agnostiker!

Kurz vorm Schlafengehen liegt mir doch noch ein Thema sprichwörtlich auf der Seele.

Vorab: Ich habe keine abwertende Einstellung gegen den Glauben, sondern begegne ihm mit Respekt und auch einer gewissen wohlwollenden Neugier. Ich denke, daß ich mich dazu zB. gegenüber Fussel und auch anderen ausführlich geäußert habe. Ich bete sogar abends mit den Kindern, schicke sie regelmäßig in den Kindergottesdienst, gehe selbst gelegentlich, wenn auch selten, in die Kirche, gehöre zu den seltenen Exemplaren, die bei der Predigt zuhören und sich bei den Liedern als einzige singen hören und wir haben sogar eine kirchliche Kinderzeitschrift abboniert. Nur das Abendmal lehne ich ab. Ich krieg immer Stellen im Mund, wenn ich mit andern Leuten aus dem selben Becher saufe. Außerdem ist mir der Wein zu süß, ich bevorzuge trockene Tropfen.

Eine Sache hat mich heute morgen allerdings ziemlich genervt. Und es wundert mich selbst, daß ich nicht schon viel früher darauf gekommen bin. In unserer regionalen Tageszeitung erscheint allsamstaglich die "Besinnung zum Wochenende", eine Kolumne, in der vom Pastor bis zum Kaplan jeder seinen mehr oder weniger frommen Senf den Lesern mit auf den Weg gibt, bevor diese sich ins mehr oder weniger sündige Wochenende stürzen. Manche dieser Beiträge sind ganz erträglich, mehr positives kann ich ihnen leider nicht abgewinnen. Im Gegensatz zu vielen guten Beiträgen von Glaubensvertretern im Denkforum beschränken sich die ev.luth., röm.kath. oder frei (evangelikal.) pastoralen Ergüsse auf frömmelige Banalitäten ohne jede Selbstreflektion.
Nun gut, damit müßte ich leben - die Geschmäcker sind schließlich verschieden und der "Glauben light", d.h. der möglich "unkomplizierte" Glaube bis hin zum Fundamentalismus gewinnt leider auch im Christentum mMn immer mehr Freunde. Es ist halt so schön leicht, alles dem Herrn Jesus zu überlassen, die Welt in Schwarz und Weiß einzuteilen, den Verstand an der Garderobe aufzuhängen und die Bibel am besten gleich beim Wort zu nehmen (auch wenn ich jetzt nicht jeden Schreiberling damit meine, für den Fall daß einer der Damen oder Herren sich zufälligerweise ins DF verirrt und auf den Schlips getreten fühlt- falls dies geschieht, werden es eh die eher gemäßigten Vertreter sein).

Nein, was mich wirklich ärgert, sind zwei Punkte:

1. Mir ist bekannt, daß es in derlei Zeitungen Gang und Gebe ist, daß Vertreter anderer gesellschaftlicher Gruppen manchmal auch gerne "publizieren" möchten, es manchmal sogar tun (z.B. Mediziner, Handwerker, Anwälte, Physiker usw.) Letzteren wird dies auch durchaus gestattet...Aber bitte nur gegen entsprechende Bezahlung gegenüber der Zeitung, das sei ja eigentlich Werbung. Schon möglich, denn wir leben nicht in einer altruistischen Gesellschaft. Trotzdem haben auch Nicht-Pastoren vielleicht anderen Menschen Dinge mitzuteilen, die diese durchaus sehr interessieren könnten, vielleicht den ein oder anderen mehr als die Frage, warum der arme Sünder morgens mit Kopf- oder Leistenbeschwerden neben einer fremden Frau aufwacht (obgleich letztere Frage zugegebendermaßen nicht uninteressant ist).
Ich frage mich dann, ob die Kirchen, Sekten usw. eigentlich auch Geld dafür abdrücken müssen, daß permantent - wenn auch grottenschlechte - Werbung für ihren Verein gemacht wird.

2. Außerdem leben wir doch wohl immer noch in einer säkularen Gesellschaft. Ich frag mich, was die Zeitung sagen würde, wenn z.B. Atheisten, Agnostiker, Darwinisten Gleichberechtigung verlangten und sich regelmäßig an dieser Kolumne beteiligten, alle 4-5, nein eigentlich sogar alle zwei Wochen.

Möglicherweise habe ich auch irgendeinen feinen Unterschied einfach nicht verstanden. Könnt ihr mir helfen, diesen aufzuklären. Und in der Zeitung würde man meinen Beitrag als Artikel kaum abdrucken. Er wäre einfach....zu lang.

Gute Nacht oder Guten Morgen
Zwetsche:sekt:
 
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AW: Besinnliches zum Wochenende

Ich hab vorsichtshalber noch mal nachgeschaut: Die Kolumne heißt "Besinnung zum Wochenende"
 
AW: Besinnliches zum Wochenende

Ich frag mich, was die Zeitung sagen würde, wenn z.B. Atheisten, Agnostiker, Darwinisten Gleichberechtigung verlangten und sich regelmäßig an dieser Kolumne beteiligten, alle 4-5, nein eigentlich sogar alle zwei Wochen.

Vielleicht wäre die Zeitung etwas verwundert, aber befürworten würde sie es
bestimmt.

Ich frage mich nur: ist das dort ein sogenanntes "Käseblatt"?
Dann würde wahrscheinlich niemand jemanden anderen als die Geistlichkeit dazu bringen, die Leser zur Besinnung aufzurufen.

Mich würde mehr interessieren, wieviele Leser sich von dieser Rubrik überhaupt angesprochen fühlen.
 
AW: Besinnliches zum Wochenende

Ich sehe das, was du schriebst, mit den Veröffentlichungen der Glaubensvertreter in einer allgemeinen politischen Bewegung. Ich empfinde es so, dass bestimmte Politiker und Medien wieder bewußt christliche Formulierengen und „Inhalte“ mit in den allg. Sprachgebrauch einbinden. In meinen Augen erleben wir ein Rückbesinnen, das aus verschiedenen Motiven gespeist wird. Mitgliederschwund, Wettrüsten der Köpfe gegen die „muslemischen Eindringlinge. Jede freiheitlich orientierte gesell. Bewegung erzeugt eine gewisse Attraktivität „des Alten“...(siehe vorgabenlosere Kindererziehung und sexuelle Freiheiten)...die „stabilen Werte des Alten“ werden damit für einen bestimmten Teil der Menschen immer wieder interessanter werden...und das wird m.E. ebenso ausgenutzt.U.a.

Das Prinzip ist einfach. Trenne die Menschen von Schönem. Sage ihnen, dass sie das Schöne nur über dich und deine Ziele erreichen können. Sorge dafür (Pädagogik), dass deine Ziele zu ihren Zielen werden. Schüre Angst und kreiere eine Bedrohungssituation. Dann bist du als Politiker und Pfarrer (u. Eltern) unabdinglich. Heiße Luft hat die Eigenschaft, unheimlich doll herumzuwirbeln.

Dass die Religion in bestimmten Zeiten näher an die Politik rutscht, um Vorteile zu bekommen und die Politik auch die Kirche sucht, um bestimmte Hebelchen in den Köpfen der Wählerschaft zu bedienen, ist wohl nicht zu leugnen. Dass die Medien darauf aufspringen, wird der Begrenztheit ihrer Motive entsprechen. Auflage und damit Geld. Vielleicht fließt es bereits anders als du denkst. Man könnte vielleicht verlangen, dass über den Texten der Sekten steht, „ANZEIGE“.

Ich fühle mich grundsätzlich von diesen plumpen oder subtilen Werbeversuchen nicht belästigt. Die Leute müssen selbst entscheiden, wie weit sie sich verdummen und Knöpfchen ins Ohr setzen lassen, um Leistung zu bringen und sich versklaven lassen. Sie halten sich für frei, dann sollen sie es „so sein“. Sie glauben, dass sie glücklich sind, wenn sie Ziele erreichen und Bedingungen erfüllen...dann sollen sie diesen nachlaufen und glücklich sein.

Liebe Grüße
Bernd
 
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AW: Besinnliches zum Wochenende

Vielleicht wäre die Zeitung etwas verwundert, aber befürworten würde sie es
bestimmt.

Ich frage mich nur: ist das dort ein sogenanntes "Käseblatt"?
Dann würde wahrscheinlich niemand jemanden anderen als die Geistlichkeit dazu bringen, die Leser zur Besinnung aufzurufen.

Mich würde mehr interessieren, wieviele Leser sich von dieser Rubrik überhaupt angesprochen fühlen.


Hallo Fidelitas,

es handelt sich um die regionale Tageszeitung. Ich kann leider nicht sagen, wer die Rubrik regelmäßig liest. Die religiös aktivste Gruppe sind wohl die Spätaussiedler aus Kasachstan (zum großen Teil evangelikal) Die haben aber oft aus Sparsamkeitsgründen gar keine Tageszeitung. Ich lese das schon gelegentlich, da es in der Tat auch noch viel "schlimmere" Lokalberichte gibt (Kaninchenzüchter, Feuerwehr, Schützen, Landfrauen usw.).

Zitat von Bernd:

Code:
Dass die Medien darauf aufspringen, wird der Begrenztheit ihrer Motive entsprechen. Auflage und damit Geld. Vielleicht fließt es bereits anders als du denkst. Man könnte vielleicht verlangen, dass über den Texten der Sekten steht, „ANZEIGE“.

Ja ich glaube, das wird der schlichte Grund sein. Wobei eine gewisse wie soll man sagen "Volksfrömmelei" damit hochgehalten wird. Vielleicht habe ich mit dem Begriff "Sekten" eine etwas zu harte Formulierung gegenüber den Freikirchen gewählt. Vom Standpunkt der aufgeklärten Einstellung, die hier im DF vorherrscht, wird man dies aber gerade noch so vertreten können.

Viele Grüße
Zwetsche
 
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